S 18 AS 111/05 ER

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Detmold (NRW)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
18
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 18 AS 111/05 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Der Antrag auf Gewährung einstweligen Rechtsschutzes wird abgelehnt. Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Der Antragsteller begehrt im Wege einstweiligen Rechtsschutzes die Weitergewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB II) für die Zeit ab dem 01.10.2005 sowie die Aufhebung eines Rücknahme- und Erstattungsbescheides der Antragsgegnerin vom 14.09.2005.

Der am 24.08.1963 geborene und ledige Antragsteller hatte am 26.10.2004 erstmals einen Antrag auf Leistungen nach dem SGB II gestellt. Im Rahmen seines Antrags hatte er erklärt, dass er mit der am 20.12.1961 geborenen K seit dem Jahre 1998 in einer eheähnlichen Gemeinschaft lebe. Ferner würden in dem gemeinsamen Haushalt auch die minderjährigen Kinder seiner Partnerin, E, geboren am 31.10.1988, und M, geboren am 02.04.1992, leben. Beide Kinder waren zum Zeitpunkt der Antragstellung Schüler.

Im Hinblick auf das Einkommen seiner Partnerin hatte der Antragsteller deren Verdienstabrechnungen aus dem Monat Juli 2004 sowie aus einem weiteren Monat (Blatt 8 der beigezogenen Verwaltungsakte) vorgelegt, wonach sie ein Bruttogehalt in Höhe von 2.764,00 EUR erzielt hatte. Zu seinem eigenen Einkommen hatte der Antragsteller angegeben, einer geringfügigen Tätigkeit bei der Firma E GmbH nachzugehen und eine entsprechende Einkommensbescheinigung über den Monat Februar 2005 vorgelegt.

Hinsichtlich der von dem Antragsteller und seiner Partnerin angemieteten Wohnung hatte er angegeben, dass eine Kaltmiete in Höhe von 775,00 EUR sowie Heizkosten in Höhe von 60,00 EUR monatlich anfielen.

Die Antragsgegnerin hatte dem Antragsteller, seiner Partnerin und deren Kindern E und M als Bedarfsgemeinschaft Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II einschließlich eines befristeten Zuschlags nach Bezug von Arbeitslosengeld bis zum 30.06.2005 bewilligt. Dabei hatte sie sowohl das Einkommen der Partnerin als auch das Einkommen des Antragstellers sowie das für die Kinder gezahlte Kindergeld berücksichtigt. Im Hinblick auf die Kosten für Unterkunft und Heizung hatte die Antragsgegnerin die tatsächliche Kaltmiete sowie Heizkosten in Höhe von 49,20 EUR (60,00 EUR abzüglich 18 Prozent Abschlag wegen Warmwasser) zugrunde gelegt. Im Rahmen des diesbezüglichen Antragsverfahrens hatte die Antragsgegnerin den Antragsteller ausserdem darauf hingewiesen, dass die Kosten der Kaltmiete bei einem 4-Personen-Haushalt unangemessen hoch seien und von einer angemessenen Kaltmiete in Höhe von 460,00 EUR auszugehen sei. Der Antragsteller hatte daraufhin die Kenntnisnahme eines entsprechenden Informationsblatts sowie den Hinweis, dass ab dem 01.07.2005 lediglich die angemessenen Kosten der Unterkunft gemäß § 22 SGB II berücksichtigt werden können, mit Datum vom 01.04.2005 unterschriftlich bestätigt.

Aufgrund eines Fortzahlungsantrags vom 21.06.2005 hatte die Antragsgegnerin mit Bewilligungsbescheid vom 21.06.2005 der Bedarfsgemeinschaft weiterhin Leistungen nach dem SGB II bis zum 30.09.2005 bewilligt, wobei sie die Miete in der bisherigen Höhe berücksichtigt hatte. In diesem Zusammenhang hatte sie den Antragsteller erneut darauf hingewiesen, dass eine Kaltmiete nur in Höhe von 460,00 EUR angemessen sei.

Am 02.08.2005 teilte der Antragsteller sowohl telefonisch als auch schriftlich (Eingang am 05.08.2005) mit, dass die eheähnliche Gemeinschaft mit K seit dem 31.07.2005 nicht mehr bestehe und somit eine Bedarfsgemeinschaft ebenfalls nicht mehr gegeben sei. Dies gab er erneut in seinem Fortzahlungsantrag vom 17.08.2005 an. Ferner teilte er im Rahmen dieses Antrags mit, dass der Sohn E seit dem 01.08.2005 nicht mehr im Haushalt wohne.

Nach den Ermittlungen der Antragsgegnerin ist E laut Auskunft aus dem Melderegister am 01.07.2005 aus der von dem Antragsteller und Frau K angemieteten Wohnung ausgezogen.

Ferner veranlasste die Antragsgegnerin die Durchführung eines Hausbesuchs am 07.09.2005. Im Hinblick auf das Ergebnis dieses Hausbesuchs wird auf den Bericht vom 08.09.2005 (Blatt 53 bis 54 der beigezogenen Verwaltungsakte) verwiesen.

Mit Bescheid vom 13.09.2005 lehnte die Antragsgegnerin die Weitergewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II mit der Begründung ab, dass der Antragsteller nicht hilfebedürftig im Sinne des SGB II sei. Es sei davon auszugehen, dass die eheähnliche Gemeinschaft auch seit dem 01.08.2005 weiterhin bestehe. Da E ab dem 01.07.2005 weder Mitglied der Bedarfsgemeinschaft noch der Haushaltsgemeinschaft sei, dürfe die Höhe der angemessenen Kaltmiete bei einem Haus mit dem Baujahr 2000 bei 3 Personen lediglich 384,00 EUR betragen. Die tatsächliche Kaltmiete betrage 775,00 EUR. Am 01.04.2005 sei er darüber aufgeklärt worden, dass ab dem 01.07.2005 lediglich die angemessenen Kosten der Unterkunft übernommen würden. Das entsprechende Informationsblatt habe er unterschrieben. Es sei jedoch bis zum 30.09.2005 weiterhin die tatsächliche Kaltmiete bewilligt worden. Dadurch, dass ab dem 01.10.2005 die angemessene Kaltmiete übernommen werde, übersteige ab dem 01.10.2005 das Einkommen den Bedarf. Daher bestehe ab dem 01.10.2005 kein Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II.

Ferner nahm die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 14.09.2005 die Bewilligung der Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 01.07.2005 bis zum 30.09.2005 zurück und machte die Erstattung von 375,61 EUR geltend. Zur Begründung führte sie aus, dass entgegen der Angaben des Antragstellers E bereits seit dem 01.07.2005 nicht mehr Mitglied der Haushaltsgemeinschaft sei. Am 09.09.2005 habe er dies auch als "Versprecher" eingeräumt. Durch die nicht rechtzeitige Bekanntgabe dieser Tatsache sei es in der Zeit vom 01.07.2005 bis zum 30.09.2005 ungerechtfertigterweiser zu einer Zahlung von Leistungen in Höhe von insgesamt 375,61 EUR gekommen. Die Zahlungen beruhen auf Angaben, die er grob fahrlässig und unrichtig gemacht habe. Eine teilweise Rücknahme werde für angemessen und notwendig gehalten.

Am 19.09.2005 legte der Antragsteller gegen den Bescheid vom 14.09.2005 Widerspruch ein und beantragte darüber hinaus die Stundung der Rückforderung.

Ferner hat er am 20.09.2005 einen Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes mit dem Begehren gestellt, die Antragsgegnerin zu weiteren Leistungen nach dem SGB II ab dem 01.10.2005 zu verpflichten und den Rücknahmebescheid vom 14.09.2005 aufzuheben. Mit seinem Antrag trägt er vor, dass ab dem 31.07.2005 die eheähnliche Gemeinschaft nicht mehr bestehe. Voraussetzung einer eheähnlichen Gemeinschaft sei die Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft, in der die Partner zunächst den gemeinsamen Lebensunterhalt sicherstellen, bevor sie das persönliche Einkommen zur Befriedigung eigener Bedürfnisse verwenden. Ändere ein Partner sein bisheriges Verhalten und verwende sein Einkommen ausschließlich zur Befriedigung eigener Bedürfnisse oder zur Erfüllung eigener Verpflichtungen bestünde eine eheähnliche Gemeinschaft nicht mehr. Seit dem 01.08.2005 zahle er ein Drittel der tatsächlich anfallenden Miet- und Nebenkosten. Lebensmittel und der sonstige Haushaltsbedarf würde ebenfalls anteilig geleistet. Er bewohne das Zimmer, in das bis zum 01.07.2005 E gewohnt habe und er habe zusätzlich im Dachgeschoss ein Büro-/Wohnzimmer. WC, Bad, Küche und Waschkeller würden gemeinsam genutzt. Leistungen von Frau K würden ihm nicht mehr gewährt werden. Ein Auszug aus der Wohngemeinschaft sei für ihn mit erheblich höheren Kosten verbunden, als die anteiligen Kosten, die er zur Zeit aufbringen müsse. Wenn er den Abmeldetermin von E in dem Fortzahlungsantrag irrtümlicherweise mit dem 01.08.2005 angegeben habe, so sei die Abmeldung tatsächlich bereits zum 01.07.2005 erfolgt. Er habe dieses Datum angenommen, weil die Berufsausbildung von E am 01.08.2005 begonnen und E bereits, wie jedes Jahr, mit Schulferienbeginn zu seinem Vater in die Ferien gefahren sei. Dies habe er den Mitarbeitern der Antragsgegnerin entsprechend auch erklärt.

Sein Antrag sei auch eilbedürftig. Er habe zwar am 04.10.2005 eine gewerbeliche Vollzeittätigkeit aufgenommen, da er eine Vergütung aus dieser Beschäftigung jedoch erst ab dem 15.11.2005 erhalte, befinde er sich nach wie vor in einer Notlage. Er halte ferner eine Entscheidung im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes für erforderlich, da er nur einen zunächst auf 6 Monate befristeten Arbeitsvertrag mit einer wöchentlichen Kündigungsfrist erhalten habe.

Zu seinem Antrag hat er eine eidesstattliche Versicherung von K vom 18.09.2005 vorgelegt, auf deren Inhalt (Blatt 4 der Gerichtsakte) Bezug genommen wird. Der Antragsteller beantragt schriftsätzlich sinngemäß,

die Antragsgegnerin im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zu verpflichten, für die Zeit ab 01.10.2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II zu gewähren und den Rücknahmebescheid vom 14.09.2005 aufzuheben.

Die Antragsgegnerin beantragt schriftsätzlich,

den Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes abzulehnen.

Nach ihrer Auffassung sei der Antrag unbegründet, weil nach dem Ergebnis des durchgeführten Hausbesuches davon auszugehen sei, dass die nicht eheliche Lebensgemeinschaft mit Frau K weiter bestehe. Es sei lediglich der Versuch gemacht worden, ein Getrenntleben darzustellen. Der Antragsteller habe mehrmals zum Ausdruck gebracht, lediglich aus finanziellen Gründen ein Getrenntleben darstellen zu wollen. Es würden jedoch die festgestellten Tatbestände für eine mehrjährige gemeinsame und einverständliche Lebensführung überwiegen. Es sei auch nicht nachgewiesen worden, dass der Antragsteller monatliche Zahlungen an Frau K bezüglich der Mietkosten und weiterer Kosten leiste.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Antragsgegnerin, die bei der Entscheidung vorgelegen haben, Bezug genommen.

II. Der zulässige Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes hat keinen Erfolg.

Soweit der Antragsteller im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Aufhebung des Rücknahme- und Erstattungsbescheides vom 14.09.2005 begehrt, handelt es sich um ein reines Anfechtungsbegehren, welches nur im Rahmen des § 86 b Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) Berücksichtigung finden kann. Die Aufhebung des Bescheides vom 14.09.2005 im Rahmen eines Erlasses einer einstweiligen Anordnung nach § 86 b Abs. 2 SGG ist daher nicht möglich und auch nicht zulässig.

Ferner kann der Antragsteller mit seinem Begehren auf Aufhebung des Bescheides auch nicht im Rahmen des § 86 b Abs. 1 SGG durchdringen, sondern es kommt lediglich ein Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Bescheides gemäß § 86 b Abs. 1 Ziffer 2 SGG in Betracht, da der Bescheid der Antragsgegerin vom 14.09.2005 gemäß § 39 Ziffer 1 SGB II keine aufschiebende Wirkung hat. Das Gericht geht daher zu Gunsten des Antragstellers davon aus, dass sich sein Antragsbegehren zumindest auf die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des streitigen Bescheides richtet. Ein solcher Antrag ist jedoch nicht begründet, denn die Voraussetzungen für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Bescheides vom 14.09.2005 liegen nach der im einstweiligen Rechtsschutz gebotenen summarischen Überprüfung nicht vor. Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung eines Bescheides kommt nur dann in Betracht, wenn der betreffende Verwaltungsakt offenbar rechtswidrig ist und der Betroffene dadurch in seinen subjektiven Rechten verletzt ist. Nur dann kann ein überwiegendes öffentliches Interesse oder das Interesse eines Dritten an der Vollziehung des Verwaltungsaktes nicht erkennbar sein.

Eine offenbare Rechtswidrigkeit des Rücknahme- und Erstattungsbescheides vom 14.09.2005 kann nicht festgestellt werden. Die Antragsgegnerin stützt ihre Entscheidung auf § 45 Abs. 2 S. 3 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB X).

Gemäß § 45 Abs. 1 SGB X darf ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt (begünstigender Verwaltungsakt), auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden, soweit er rechtswidrig ist. Gemäß § 45 Abs. 2 S. 1 SGB X darf ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an der Rücknahme schutzwürdig ist. Nach Satz 2 dieser Vorschrift ist das Vertrauen in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdissposition getrofffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Nach Satz 3 dieser Vorschrift kann sich der Begünstigte nicht auf Vertrauen berufen, soweit

1.er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestehung erwirkt hat,

2.der Verwalltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vor- sätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder

3. er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat.

Gemäß § 40 Abs. 1 Ziffer 1 SGB II finden die Vorschriften des Dritten Buches über die Aufhebung von Verwaltungsakten (§ 330 Abs. 1, 2, 3 S. 1 und 4) Anwendung.

Gemäß § 330 Abs. 2 SGB III ist der Verwaltungsakt auch mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, wenn die gemäß § 45 Abs. 2 S. 3 SGB X genannten Voraussetzungen für die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes vorliegen.

Vorliegend hat die Antragsgegnerin in ihrem Bescheid vom 14.09.2005 zutreffend festgestellt, dass die Bewilligung der Leistungen nach dem SGB II für die Zeit ab 01.07.2005 bis zum 30.09.2005 insofern rechtswidrig war, als der minderjährige E noch der Bedarfsgemeinschaft zugerechnet wurde und dementsprechend Leistungen nach dem SGB II gezahlt wurden. Der Antragsteller kann sich insoweit auch nicht auf einen Vertrauensschutz im Sinne des § 45 Abs. 2 S. 1 und S. 2 SGB X berufen, denn es ist davon auszugehen, dass er den Auszug des E zum einen grob fahrlässig zunächst unrichtig und auch verspätet angegeben hat (§ 45 Abs. 2 S. 3 Ziffer 2 SGB X) sowie auch die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte (§ 45 Abs. 2 S. 3 Ziffer 3 SGB X). Nach dem hier anzuwendenden subjektiven Fahrlässigkeitsmassstab hätte der Antragsteller nach seinen individuellen Fähigkeiten und unter Anstrengung einfachster, naheliegender Überlegungen seine Mitteilungspflicht erkennen und rechtzeitig wahrnehmen können. Insofern kommt auch dem Umstand Bedeutung zu, dass der Antragsteller ausweislich der Aktenlage juristisch nicht unkundig ist.

Ausserdem ist der Antragsteller bereits mit der Erstbewilligung der Leistungen nach dem SGB II auf seine Hinweispflichten bezüglich der Änderung der tatsächlichen Verhältnisse hingewiesen worden. Ferner räumt er selbst ein, den Auszug des E in seinem Antrag vom 17.08.2005 zunächst unrichtig mit dem 01.08.2005 angegeben zu haben. Erst später erklärte der Antragsteller gegenüber der Antragsgegnerin, den Auszug von E versehentlich nicht mit Datum vom 01.07.2005 angegeben zu haben. Es war dem Antragsteller bereits zu einem früheren Zeitpunkt ohne Weiteres möglich, sich die Information zu beschaffen, wann E von seinem Wohnsitz abgemeldet worden ist, und dies entsprechend an die Antragsgegnerin weiterzuleiten. Wenn der Antragsteller zunächst irrtümlich von dem Ausbildungsbeginn des E zum 01.08.2005 ausgegangen ist, ist ihm dieser Irrtum auch zuzurechnen.

Wenn der Antragsteller darüber hinaus geltend macht, dass er die Antragsgegnerin bereits im August 2005 über das Auszugsdatum des E informiert habe und die Antragsgegnerin die Möglichkeit gehabt habe, eine Überzahlung für den Monat September 2005 zu vermeiden, hätte er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes hinsichtlich der Bewilligung für den Monat September 2005, nach der davon ausgegangen wird, dass E weiterhin zur Bedarfsgemeinschaft gehört, erkennen müssen, auch insofern ist dem Antragsteller ein grob fahrlässiges Verhalten im Sinne von § 45 Abs. 2 S. 3 Ziffer 3 SGB X anzurechnen. Denn es lag für den Antragsteller auf der Hand, dass E zumindest für den Monat September 2005 nicht mehr zur Bedarfsgemeinschaft gehört.

Die Antragsgegnerin hat daher zu Recht die für die Zeit vom 01.07.2005 bis zum 30.09.2005 bewilligte Leistungen nach dem SGB II in Höhe von 375,61 EUR aufgehoben. Dabei handelt es sich nicht um eine Ermessensentscheidung, sondern gemäß des hier anzuwendenden § 330 Abs. 2 SGB III um eine gebundene Entscheidung.

Im Hinblick auf das Antragsbegehren, die Antragsgegnerin im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zur Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II für die Zeit ab dem 01.10.2005 zu verpflichten, kommt der Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 86 b Abs. 2 SGG in Betracht.

Gemäß § 86 b Abs. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Sicherungsanordnung).

Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Regelungsanordnung).

Im vorliegenden Fall kommt eine Regelungsanordnung zur Abwendung wesentlicher, bei Zuwarten des Hauptsacheverfahrens nicht mehr abwendbarer Nachteile in Betracht.

Der Erlass einer solchen Regelungsanordnung setzt voraus, dass der Antragsteller das Bestehen eines Anordnungsanspruchs und eines Anordnungsgrundes (§ 86 b Abs. 2 S. 4 SGG in Verbindung mit § 920 der Zivilprozessordnung – ZPO -) glaubhaft macht.

Das Gericht hat im Rahmen einer auch hier gebotenen summarischen Überprüfung festzustellen, ob dem Antragsteller ein Anordnungsanspruch im materiell rechtlichen Sinne zusteht. Erst wenn die tatsächlichen Voraussetzungen eines Anspruchs glaubhaft dargetan sind, stellt sich die Frage nach der Dringlichkeit bzw. Unzumutbarkeit des weiteren Zuwartens. Grundsätzlich darf im Wege einer einstweiligen Anordnung die endgültige Entscheidung in der Hauptsache nicht vorweggenommen werden. Dabei hat das Gericht zwischen dem Interesse des Antragstellers an einer vorläufigen Leistung zur Abwendung von wesentlichen Nachteilen und dem Interesse der Antragsgegnerin, eine möglicherweise unberechtigte Leistung zu verweigern, abzuwägen. Im Interesse der Effektivität des einstweiligen Rechtsschutzes kann es aber ausnahmsweise erforderlich sein, der Entscheidung in der Hauptsache vorzugreifen, wenn sonst Rechtsschutz nicht erreichbar und für den Antragsteller unzumutbar wäre (Meyer-Ladewig, SGG, Kommentar, 7. Auflage, § 86 b, Rndr-Nr. 31).

Nach der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren gebotenen summarischen Überprüfung steht dem Antragsteller ein Anordnungsanspruch im materiell rechtlichen Sinne nicht zu.

Gemäß § 7 Abs. 3 Ziffer 3 b SGB II ist K in die Bedarfsgemeinschaft einzubeziehen, weil davon auszugehen ist, dass sie nach wie vor in einer eheähnlichen Gemeinschaft mit dem Antragsteller lebt. Ihr Einkommen und ihr Vermögen ist daher nach § 9 Abs. 2 S. 1 SGB II bei der Feststellung der Hilfebedürftigkeit des Antragstellers zu berücksichtigen. Die sich aus der Aktenlage und dem Vorbringen der Beteiligten ergebende Sachlage spricht mehr für die Nichtauflösung und das weitere Bestehen der eheähnlichen Gemeinschaft über den 30.07.2005 hinaus als dagegen.

Die eheähnliche Gemeinschaft ist nach einhelliger gefestigter Rechtsprechung definiert als die Lebensgemeinschaft eines Mannes und einer Frau, die auf Dauer angelegt ist, daneben keine weitere Lebensgemeinschaft gleicher Art zulässt und sich durch innere Bindungen auszeichnet, die ein gegenseitiges Einstehen der Partner für einander begründen, also über die Beziehung einer reinen Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft hinausgehen (BverfG E 87, 234, 264 ff; vgl. auch BSG, Urteil vom 29.04.1998, Aktenzeichen: B 7 AL 56/97 R, abgedruckt in SozR 3 – 4100, § 119 Nr. 15).

Als wichtige Indizien für die Feststellung einer solchen eheähnlichen Gemeinschaft hat das Bundesverfassungsgericht die lange Dauer des Zusammenlebens, die Versorgung von Kindern und Angehörigen im gemeinsamen Haushalt und die Befugnis, über Einkommen und Vermögensgegenstände des anderen Partners zu verfügen, genannt (BverfG E, Urteil vom 17.11.1992, SozR 3 – 4100, § 137 Nr. 3). Hinsichtlich der Dauer des Zusammenlebens sind wichtige Hinweise Tatsachen über die Dauer und Intensität der Bekanntschaft vor Gründung der Wohngemeinschaft, der Anlass für das Zusammenziehen, die konkrete Lebenssituation der streitgegenständlichen Zeit und die nach außen erkennbare Intensität der Gemeinschaft (LSG NRW, Beschluss vom 21.04.2005, Aktenzeichen: L 9 B 6/05 SOER, m. w. N. zur Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts). Hiermit werden jedoch nicht abschließend aufgezählte Indizien für eine eheähnliche Lebensgemeinschaft beschrieben, die zudem nicht kummulativ vorliegen müssen. Vielmehr sind damit für den Rechtsanwender nur die (maßgeblichen) Umstände mit individueller Bedeutung zur Ausfüllung des unbestimmten Rechtsbegriffs "eheähnliche Gemeinschaft" erläutert. Für die Beurteilung, ob eine eheähnliche Gemeinschaft vorliegt, ist stets maßgebend, ob das "Gesamtbild" aller zu wertenden Tatsachen die Annahme des Vorliegens einer solchen Gemeinschaft rechtfertigen (einhellige Meinung: BverwG E 98, 195 ff.; = NJW 90, 2802; BSG SozR – 4100, § 137 Nr. 3; Rotkegel, Sozialhilferecht, Teil III, Kapitel 13, Rndr.-Nr. 10 ff.; Grube/Warendorf, SGB XII, § 20, Rndr-Nr. 111 ff.).

Hiervon ausgehend hat der Antragsteller nicht glaubhaft gemacht, dass die eheähnliche Gemeinschaft mit K mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ab dem 31.07.2005 aufgelöst wurde. Unstreitig ist, dass eine eheähnliche Gemeinschaft von 1998 an bis zum 30.07.2005 bestanden hat. Die Partner haben gemeinsam mehrfach den Wohnsitz gewechselt und darüber hinaus eine Haushaltsgemeinschaft mit den Kindern der K geführt. Allein die Tatsache, dass der Antragsteller nunmehr das ursprünglich von E bewohnte Zimmer selbst nutzt und ihm ein Büroraum zur Verfügung steht, reicht nicht aus, von der Auflösung der eheähnlichen Gemeinschaft und damit der bisher bestehenden Bindung zwischen den Partnern auszugehen. Soweit der Antragsteller angibt, dass er und K verschiedende Konten führen und keine gegenseitige Kontovollmachten bestünden, ist dies insoweit unbeachtlich, als die Partner bereits während des Bestehens der eheähnlichen Lebensgemeinschaft ebenfalls eine getrennte Kontoführung hatten. Der Antragsteller trägt zwar vor, dass er anteilig Mietkosten sowie Lebenshaltungskosten an K abführe, hat dies jedoch weder im Verwaltungs- noch im einstweiligen Rechtsschutzverfahren entsprechend nachgewiesen. Ein getrenntes Wirtschaften ist damit nicht glaubhaft gemacht worden. Unbeachtlich ist ferner der Vortrag des Antragstellers, dass K nicht bereit sei, ihn finanziell zu unterstützen und außerdem nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch keine Unterhaltspflichten bestünden, denn die Einkommens- und Vermögensberücksichtigung nach § 9 Abs. 2 SGB II ist eine Regelung allein des öffentlichen Rechts und knüpft nicht an bürgerlich rechtlichen Unterhaltspflichten an (Mecke in Eicher/Spellbrink, SGB II, § 9, Rndr.-Nr. 27).

Der Antragsteller hat ebenfalls nicht glaubhaft gemacht, dass die für eine eheähnliche Gemeinschaft maßgebenden inneren Bindungen aufgelöst wurden. Sowohl nach seinem eigenen Vorbringen als auch nach dem Ergebnis des Hausbesuches vom 07.09.2005 sind offenbar allein finanzielle Gründe dafür maßgeblich gewesen, die Auflösung der eheähnlichen Gemeinschaft darzulegen. Gründe, die Anhalt dafür geben, dass die Partner auch ihre innerlichen Bindungen aufgegeben haben, sind dagegen nicht ersichtlich und auch nicht vorgetragen worden. Solche Gründe gehen auch nicht aus der eidesstattlichen Versicherung der K vom 18.09.2005 hervor.

Insgesamt vermag die vorgenannte eidesstattliche Versicherung auch nicht solche tatsächlichen Umstände zu stützen, die auf eine Auflösung der eheähnlichen Gemeinschaft hinweisen.

Sofern der Antragsteller darauf hinweist, eine eigene Wohnung zu suchen, hat er hierüber ebenfalls keinen Nachweis erbracht. Insofern ist sein eigenes Vorbringen auch widersprüchlich, denn er hat mehrfach vorgetragen, dass ein Auszug aus der Wohngemeinschaft für ihn mit erheblich höheren Kosten verbunden sei als diejenigen Kosten, die er zur Zeit aufbringen müsse. Der Umzug in eine eigene Wohnung sei für ihn völlig unwirtschaftlich.

Insgesamt ergibt sich ein Gesamtbild, dass die Auflösung der eheähnlichen Lebensgemeinschaft unwahrscheinlich erscheinen lässt.

Im Rahmen der Ablehnung der Weiterbewilligung von Leistungen nach dem SGB II durch Bescheid vom 13.09.2005 ist die Antragsgegnerin ferner zutreffend davon ausgegangen, dass nunmehr nur noch eine angemessene Kaltmiete in Höhe von 384,00 EUR bei einem 3-Personen-Haushalt zu berücksichtigen ist. Hierauf ist der Antragsteller entsprechend hingewiesen worden. Bereits mit seiner unterschriftlich bestätigten Erklärung vom 01.04.2005 war er darüber informiert, dass die tatsächliche Kaltmiete in Höhe von 775,00 EUR selbst bei einem 4-Personen-Haushalt nicht als angemessen zu erachten ist.

Der Antrag der Bedarfsgemeinschaft auf Leistungen nach dem SGB II für die Zeit ab 01.10.2005 ist zu Recht abgelehnt worden, denn unter Anrechnung des Einkommens der Sabine Johannleweling, des geringfügigen Einkommens des Antragstellers sowie des Kindergeldes für M ergibt sich nunmehr unter Berücksichtigung der angemessenen Miet- und Heizkosten ein erheblicher Einkommensüberhang, der dazu führt, dass die Bedürftigkeit der Bedarfsgemeinschaft zu verneinen ist.

Da kein Anspruch auf Arbeitslosengeld II besteht, hat der Antragsteller auch keinen Anspruch auf den befristeten Zuschlag nach Bezug von Arbeitslosengeld gemäß § 24 Abs. 1 SGB II, denn ein solcher Zuschlag kommt nur bei dem Bezug eines realisierbaren Arbeitslosengeldes II-Anspruchs in Betracht (siehe auch Ricksen in Eicher/Spellbrink, § 24. Rndr.-Nr. 3).

Nach allem konnte dem Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes nicht stattgegeben werden.
Rechtskraft
Aus
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