Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Gießen (HES)
Aktenzeichen
S 6 KN 106/04 KR
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 1 KR 183/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 16. August 2005 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig der Anspruch des Klägers auf Kostenerstattung einer Perücke.
Bei dem geborenen Kläger besteht aufgrund einer Chemotherapie totaler Haarausfall.
Am 20. April 2004 beantragte er bei der Beklagten unter Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung des Internisten Dr. M. (Klinikum X.) die Kostenübernahme für eine Perücke. Mit Bescheid vom 22. April 2000 lehnte die Beklagte den Antrag ab, da eine Kostenübernahme nur in Ausnahmefällen in Betracht komme, wie beispielsweise bei entstellenden Veränderungen an der Kopfhaut. Mit seinem Widerspruch vom 7. Mai 2004 machte der Kläger geltend, als Leiter einer Ausbildungswerkstatt habe er ständig Kontakte nach außen. Seine Krebserkrankung stelle ohnehin eine schwere seelische Belastung dar; diese Belastung werde durch den Haarverlust noch verstärkt.
Mit Widerspruchsbescheid vom 21. Juli 2004 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Hiergegen hat der Kläger am 6. August 2004 bei dem Sozialgericht Gießen Klage erhoben und geltend gemacht, dass er aufgrund reaktiver Depressionen seit März 2004 in psychotherapeutischer Behandlung sei. Hierzu hat er eine medizinische Stellungnahme der behandelnden Fachärztin für psychotherapeutische Medizin Dr. E.-S. vom 1. September 2004 vorgelegt. Des Weiteren weist er daraufhin, dass Beamte eine Perücke bezahlt bekämen. Dies stelle einen Verstoß gegen Artikel drei Grundgesetz (GG) dar. Zur Bezifferung seines Anspruchs hat er noch die Rechnung des Zweithaarstudios " Le Figaro" vom 22. April 2004 über 700.- EUR vorgelegt.
Mit Urteil vom 16. August 2005 hat das Sozialgericht Gießen die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat es ausgeführt: Nach dem Hilfsmittelverzeichnis müssten die Krankenkassen Haarersatz nur bei entstellenden Veränderungen der Kopfhaut gewähren. Sofern bei unfreiwilligem Haarverlust psychische Probleme entstünden, seien diese mittels einer Psychotherapie zu behandeln.
Gegen dieses dem Kläger gegen Empfangsbekenntnis am 31. August 2005 zugestellte Urteil hat er am 29. September 2005 bei dem Hessischen Landessozialgerichts Berufung eingelegt.
Unter Wiederholung seines erstinstanzlichen Vorbringens beantragt er,
das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 16. August 2005 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 22. April 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Juli 2004 zu verurteilen, ihm die Kosten für eine Haarperücke in Höhe von 700,- EUR zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den übrigen Akteninhalt Bezug genommen sowie auf den der Akten der Beklagten, der Gegenstand der Beratung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die Entscheidung konnte durch den Berichterstatter als Vorsitzenden an Stelle des Senats ohne mündliche Verhandlung ergehen, da sich die Beteiligten übereinstimmend mit dieser Verfahrensweise einverstanden erklärt haben (§§ 155 Abs. 3 und 4, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).
Die Berufung ist zulässig aber unbegründet (§§ 143, 144 Abs. 1, 151 SGG).
Nach § 27 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung - (SGB V) in Verbindung mit § 33 Abs. 1 S. 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs. 4 ausgeschlossen sind.
Zunächst kommt lediglich die Alternative " eine Behinderung auszugleichen " in Betracht. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 18. Februar 1981 - 3 RK 49/79 in: SozR 2200 § 182b Nr. 18) stellt der Haarausfall bei Männern keine Behinderung dar. Bei ihnen ist das Ansehen und die soziale Stellung weder auf beruflichem noch auf gesellschaftlichem Gebiet durch einen mehr oder minder starken Haarausfall beeinträchtigt. Das bedeutet, dass bei Männern der Haarausfall allein jedenfalls keine wesentliche Beeinträchtigung ihrer äußeren Erscheinung darstellt (Bayerisches Landessozialgericht, Urteile vom 13. September 1978 - L 4 KR 45/77 und vom 13. Dezember 1990 - L 1 KR 6/88).
Der Kläger macht auch nicht seinen Haarausfall als Krankheit geltend, sondern verweist insbesondere auf seine psychische Beeinträchtigung. Diese führt jedoch nicht zu einem Anspruch auf Kostenerstattung. Die von den Krankenkassen geschuldete Krankenbehandlung umfasst grundsätzlich nur solche Maßnahmen, die unmittelbar an der eigentlichen Krankheit ansetzen. Bei seelischen Störungen ist demgemäß eine Behandlung mit Mitteln der Psychiatrie beziehungsweise Psychotherapie angezeigt (BSG, Urteile vom 10. Februar 1993 - B 1 RK 14/92 und vom 9. Juni 1998 - B 1 KR 18/96 R; Landessozialgericht für den Freistaat Sachsen, Urteil vom 14. August 2002 - L 1 KR 3/02; Urteile des erkennenden Senats vom 27. November 2003 - L 1 KR 586/03 und L 1 KR 818/03).
Soweit der Kläger noch darauf hinweist, dass Beamte einen Anspruch auf Kostenerstattung hätten, ist dies nicht nachvollziehbar. Das BVerwG hat lediglich zu einer Vorschrift in der baden-württembergischen Beihilfeverordnung entschieden, dass eine Regelung, nach der die Aufwendungen für die Beschaffung einer Perücke für männliche Personen nur beihilfefähig sind, wenn eine bestimmte Altersgrenze nicht überschritten ist, während eine solche Altersgrenze bei Frauen nicht vorgeschrieben ist, das Gleichbehandlungsgebot des Artikel 3 Abs. 3 Grundgesetz verletze (BVerwG, Urteil vom 31. Januar 2002 - in: NJW 2002, 2045 - 2046; dagegen SG Dresden, Urteil vom 30. Juni 2005 - S 18 KR 1380/04). Ein solcher Sachverhalt liegt hier jedoch nicht vor.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen von § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig der Anspruch des Klägers auf Kostenerstattung einer Perücke.
Bei dem geborenen Kläger besteht aufgrund einer Chemotherapie totaler Haarausfall.
Am 20. April 2004 beantragte er bei der Beklagten unter Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung des Internisten Dr. M. (Klinikum X.) die Kostenübernahme für eine Perücke. Mit Bescheid vom 22. April 2000 lehnte die Beklagte den Antrag ab, da eine Kostenübernahme nur in Ausnahmefällen in Betracht komme, wie beispielsweise bei entstellenden Veränderungen an der Kopfhaut. Mit seinem Widerspruch vom 7. Mai 2004 machte der Kläger geltend, als Leiter einer Ausbildungswerkstatt habe er ständig Kontakte nach außen. Seine Krebserkrankung stelle ohnehin eine schwere seelische Belastung dar; diese Belastung werde durch den Haarverlust noch verstärkt.
Mit Widerspruchsbescheid vom 21. Juli 2004 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Hiergegen hat der Kläger am 6. August 2004 bei dem Sozialgericht Gießen Klage erhoben und geltend gemacht, dass er aufgrund reaktiver Depressionen seit März 2004 in psychotherapeutischer Behandlung sei. Hierzu hat er eine medizinische Stellungnahme der behandelnden Fachärztin für psychotherapeutische Medizin Dr. E.-S. vom 1. September 2004 vorgelegt. Des Weiteren weist er daraufhin, dass Beamte eine Perücke bezahlt bekämen. Dies stelle einen Verstoß gegen Artikel drei Grundgesetz (GG) dar. Zur Bezifferung seines Anspruchs hat er noch die Rechnung des Zweithaarstudios " Le Figaro" vom 22. April 2004 über 700.- EUR vorgelegt.
Mit Urteil vom 16. August 2005 hat das Sozialgericht Gießen die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat es ausgeführt: Nach dem Hilfsmittelverzeichnis müssten die Krankenkassen Haarersatz nur bei entstellenden Veränderungen der Kopfhaut gewähren. Sofern bei unfreiwilligem Haarverlust psychische Probleme entstünden, seien diese mittels einer Psychotherapie zu behandeln.
Gegen dieses dem Kläger gegen Empfangsbekenntnis am 31. August 2005 zugestellte Urteil hat er am 29. September 2005 bei dem Hessischen Landessozialgerichts Berufung eingelegt.
Unter Wiederholung seines erstinstanzlichen Vorbringens beantragt er,
das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 16. August 2005 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 22. April 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Juli 2004 zu verurteilen, ihm die Kosten für eine Haarperücke in Höhe von 700,- EUR zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den übrigen Akteninhalt Bezug genommen sowie auf den der Akten der Beklagten, der Gegenstand der Beratung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die Entscheidung konnte durch den Berichterstatter als Vorsitzenden an Stelle des Senats ohne mündliche Verhandlung ergehen, da sich die Beteiligten übereinstimmend mit dieser Verfahrensweise einverstanden erklärt haben (§§ 155 Abs. 3 und 4, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).
Die Berufung ist zulässig aber unbegründet (§§ 143, 144 Abs. 1, 151 SGG).
Nach § 27 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung - (SGB V) in Verbindung mit § 33 Abs. 1 S. 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs. 4 ausgeschlossen sind.
Zunächst kommt lediglich die Alternative " eine Behinderung auszugleichen " in Betracht. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 18. Februar 1981 - 3 RK 49/79 in: SozR 2200 § 182b Nr. 18) stellt der Haarausfall bei Männern keine Behinderung dar. Bei ihnen ist das Ansehen und die soziale Stellung weder auf beruflichem noch auf gesellschaftlichem Gebiet durch einen mehr oder minder starken Haarausfall beeinträchtigt. Das bedeutet, dass bei Männern der Haarausfall allein jedenfalls keine wesentliche Beeinträchtigung ihrer äußeren Erscheinung darstellt (Bayerisches Landessozialgericht, Urteile vom 13. September 1978 - L 4 KR 45/77 und vom 13. Dezember 1990 - L 1 KR 6/88).
Der Kläger macht auch nicht seinen Haarausfall als Krankheit geltend, sondern verweist insbesondere auf seine psychische Beeinträchtigung. Diese führt jedoch nicht zu einem Anspruch auf Kostenerstattung. Die von den Krankenkassen geschuldete Krankenbehandlung umfasst grundsätzlich nur solche Maßnahmen, die unmittelbar an der eigentlichen Krankheit ansetzen. Bei seelischen Störungen ist demgemäß eine Behandlung mit Mitteln der Psychiatrie beziehungsweise Psychotherapie angezeigt (BSG, Urteile vom 10. Februar 1993 - B 1 RK 14/92 und vom 9. Juni 1998 - B 1 KR 18/96 R; Landessozialgericht für den Freistaat Sachsen, Urteil vom 14. August 2002 - L 1 KR 3/02; Urteile des erkennenden Senats vom 27. November 2003 - L 1 KR 586/03 und L 1 KR 818/03).
Soweit der Kläger noch darauf hinweist, dass Beamte einen Anspruch auf Kostenerstattung hätten, ist dies nicht nachvollziehbar. Das BVerwG hat lediglich zu einer Vorschrift in der baden-württembergischen Beihilfeverordnung entschieden, dass eine Regelung, nach der die Aufwendungen für die Beschaffung einer Perücke für männliche Personen nur beihilfefähig sind, wenn eine bestimmte Altersgrenze nicht überschritten ist, während eine solche Altersgrenze bei Frauen nicht vorgeschrieben ist, das Gleichbehandlungsgebot des Artikel 3 Abs. 3 Grundgesetz verletze (BVerwG, Urteil vom 31. Januar 2002 - in: NJW 2002, 2045 - 2046; dagegen SG Dresden, Urteil vom 30. Juni 2005 - S 18 KR 1380/04). Ein solcher Sachverhalt liegt hier jedoch nicht vor.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen von § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
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