S 13 AS 62/05 ER

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Detmold (NRW)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
13
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 13 AS 62/05 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, ab dem 18.11.2005 monatliche Leistungen für Unterkunft in Höhe von 658,00 EUR an den Antragsteller und ab dem 06.10.2005 monatliche Leistungen für Heizung in Höhe von 230,00 EUR unmittelbar an das Energieversorgungsunternehmen RWE-Westfalen-Weser bis zur Entscheidung über den Widerspruch gegen den Bescheid vom 20.10.2005, längstens bis zum 31.03.2006 zu erbringen. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt. Die Antragsgegnerin hat dem Antragsteller 3/5 der notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten um die Höhe der zu erbringenden Leistungen für Unterkunft und Heizung.

Der Antragsteller stellte bei der Antragsgegnerin am 06.10.2005 einen Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Sozialgesetzbuch, Zweites Buch (SGB II). Er gab an, dass er 25 Jahre selbständig gewesen sei und vor 3 Jahren habe Insolvenz anmelden müssen. Seit dieser Zeit sei er ohne Arbeit und habe von Ersparnissen gelebt, die nunmehr aufgebraucht seien. Sein bisheriges Guthaben könne er nicht nachweisen, da er kein Konto habe. Seine Ehefrau lebt von dem Antragsteller getrennt in C. Sie ist Eigentümerin des Hauses C-Straße 7 in X, welches der Antragsteller bewohnt. Mit dem Antrag legte der Antragsteller eine Mietbescheinigung seiner getrennt lebenden Ehefrau vor, nach der er eine möblierte Wohnung bestehend aus 3 Räumen mit ca. 80 Quadratmetern für eine Kaltmiete von 580,00 EUR monatlich von ihr angemietet habe. Es seien zusätzlich Kommunalabgaben in Höhe von 67,25 EUR, Stromkosten in Höhe von 43,00 EUR und Kosten für die Gasheizung in Höhe von 230,00 EUR monatlich und damit zusammen 920,25 EUR monatlich zu entrichten. Mit Bescheid vom 20.10.2005 bewilligte die Antragsgegnerin für die Zeit vom 06.10. bis zum 31.10.2005 anteilig 384,99 EUR und für die Zeit vom 01.11.2005 bis zum 31.03.2006 monatlich 444,22 EUR. Dabei wurde für die Zeit ab November ein monatlicher Kostenanteil für Unterkunft und Heizung in Höhe von 99,22 EUR angerechnet. Dieser Betrag setzt sich zusammen aus 63,22 EUR monatlich für Kommunalabgaben und 36,00 EUR für Gaskosten. Bei den Gaskosten wurden 80 Cent pro angemessene 45 Quadratmeter Wohnung zugrundegelegt.

Hiergegen erhob der Antragsteller Widerspruch und trug vor, in dem Wohnhaus seiner Ehefrau sei ihm ein Wohnrecht auf Lebenszeit eingeräumt. Ihm sei von der Antragsgegnerin (mündlich) mitgeteilt worden, dass er in diesem Haus nicht wohnen bleiben könne. Das Reihenhaus sei von der Wohnfläche her zu groß. Die von ihm geltend gemachten Kosten der Unterkunft dienten in erster Linie der Finanzierung des Hauses und diese könne nicht übernommen werden. Er sei aufgefordert worden, sich eine angemessene Unterkunft zu suchen.

Am 18.11.2005 hat der Antragsteller einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt. Er trägt vor, er lebe in der alten Ehewohnung und habe monatliche Kosten für Hypotheken in Höhe von 760,00 EUR zu tragen. Die Ehefrau sei an dem Hausgrundstück nicht interessiert. Der Antragsteller, der ursprünglich das Haus finanziert habe, aber wegen des Insolvenzverfahrens nicht selbst habe kaufen können, sei weiter an dem Erhalt des Einfamilienhauses interessiert und habe die notwendigen Kosten bisher auch tragen können. Wegen eines Unfalls seien seine Einkommensquellen jedoch weggefallen. Er sei nach einem Unfall nicht mehr in der Lage gewesen, Pflegetätigkeiten auszuführen und geringfügige Tätigkeiten zu verrichten, so dass er bedürftig geworden sei. Sein ganzes Vermögen sei inzwischen aufgebraucht. Wegen des Konkurses seiner Firma bekomme er kein eigenes Girokonto mit Kredit. Deshalb benutze er das Konto der Ehefrau, welches sie noch am alten Wohnsitz zu diesem Zwecke beibehalten habe. Von diesem Konto seien in der Vergangenheit alle notwendigen Zahlungen getätigt worden. Er habe aus seinem damals noch vorhandenen Vermögen regelmäßig Bareinzahlung auf dieses Konto getätigt und auf diese Weise das Haus unterhalten. Dies sei jetzt jedoch nicht mehr möglich. Da er nicht mehr zahlen könne, drohe die Zwangsversteigerung des Hauses. Die Ehefrau habe keine finanziellen Möglichkeiten, das Haus zu unterhalten. Sie lebten seit Jahren getrennt und in Gütertrennung. Das lebenslange Wohnrecht des Antragstellers in dem Haus beinhalte, dass er für alle fälligen Zahlungen zuständig sei. Neben den bereits im Antrag genannten Kosten fielen Schornsteinfegerkosten von 29,68 EUR pro halbes Jahr und Kosten für die Gebäudeversicherung von jährlich 209,12 EUR an. Ferner sei für die Haftpflichtversicherung seines PKW halbjährlich ein Betrag von 172,44 EUR, für die Hausratversicherung jährlich 107,00 EUR und für eine zusätzliche Unfallversicherung halbjährlich 83,45 EUR aufzubringen. Diese Beträge seien von der Antragsgegnerin nicht berücksichtigt worden. Der Dispositionskredit auf dem Konto der Ehefrau sei nunmehr ausgereizt und er könne von den bewilligten Leistungen seinen Lebensunterhalt bei weitem nicht sichern. Wegen Zahlungsrückständen in Höhe von 932,23 EUR habe die RWE angedroht, die Lieferung von Gas einzustellen. Er habe dafür Sorge zu tragen, dass den Mitarbeitern der RWE ab dem 10.01.2006 Zutritt zu dem Haus für die Durchführung der Sperrmaßnahmen gewährt werde. Er sei damit einverstanden, dass die Kosten für Heizung direkt an die RWE überwiesen würden. Die Antragsgegnerin habe ihn zwar aufgefordert, eine angemessene Wohnung zu suchen. Dies sei aber innerhalb von 3 Monaten nicht möglich. Wenn er auf sein Wohnrecht verzichte, stehe das Familienwohnheim leer. Es müsse gleichzeitig eine Vermietung des Hauses angestrengt werden, damit dieses nicht der Zwangsvollstreckung unterfalle. Dies alles lasse sich aber innerhalb von 3 Monaten nicht erreichen. In X gebe es auch nicht viele Wohnungen mit einer Größe von 45 Quadratmetern für eine Kaltmiete von 165,00 EUR, so dass er bisher auch keine anderweitige Wohnung gefunden habe. Zur Glaubhaftmachung verweist der Antragsteller auf verschiedene Kontoauszüge über das Konto seiner Ehefrau, verschiedene Darlehensangebote der Sparkasse C und Empfangsbescheinigungen über Einzahlungen auf das Konto seiner Ehefrau. Ferner legt er eine eidesstattliche Versicherung vom 28.12.2005 vor. Darin erklärt der Antragsteller, dass er nicht über Einkommen und Vermögen verfüge und insbesondere seine von ihm getrennt lebende Ehefrau keine Unterhaltszahlungen an ihn leiste und auch sonst Dritte keine Zahlungen an ihn leisten. Er selbst sei bisher für die Kosten der Unterkunft und Heizung aufgekommen.

Der Antragsteller hat schriftsätzlich sinngemäß beantragt,

die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm ab Antragstellung neben den Regelleistungen auch Leistungen für Unterkunft und Heizung nach dem SGB II zu gewähren.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Mietkosten seien wegen ihrer Unangemessenheit und ungeklärter Einkommensverhältnisse noch nicht bei der Bewilligung berücksichtigt worden. Es werde derzeit ermittelt, ob Unterhaltsansprüche gegenüber der Ehefrau bestünden. Darüber hinaus fehle ein Mietvertrag, genaue Angaben und Nachweise über die Eigentums- und Nutzungsrechte sowie über die anfallenden Kosten des Hauses. Auch Angaben zu dem nach dem Vortrag des Antragstellers bestehenden Schadenersatzanspruch seien bisher nicht vorhanden. Ein Grund für eine einstweilige Anordnung sei nicht gegeben, da eine Kündigung bzw. Obdachlosigkeit bei verspäteter Leistung der KDU nicht drohen.

Der Antragsteller habe auch im bisherigen Gerichtsverfahren die Vertragsgrundlage für sein Wohnrecht und die sich daraus für ihn möglicherweise ergebenden Verpflichtungen nicht offengelegt. Er habe außerdem bisher nicht nachgewiesen, dass er selbst und nicht seine Ehefrau in der vorangegangenen Zeit die Kosten für die Darlehenszinsen getragen habe. Die vorgelegten Kontoauszüge seien lückenhaft. Die Einzahlungsquittungen ließen nicht erkennen, wer die Einzahlung vorgenommen habe. Da die Anspruchsvoraussetzungen insoweit ungeklärt seien, erscheine es annehmbar, vorläufig davon auszugehen, dass die getrennt lebende Ehefrau Unterhalt in Form von unentgeltlichem Überlassen des Wohnraums geleistet habe und weiterhin leiste.

Eine Belehrung des Antragstellers über die Unangemessenheit der Unterkunftskosten sei bereits bei Antragstellung erfolgt. Soweit der Kläger nachweise, dass er unmittelbar vor Antragstellung die Kosten für seine Unterkunft selbst erbracht habe, könne höchstens eine fiktive Miete von 580,00 EUR für eine angemessene Zeit vorübergehend übernommen werden. Als angemessen käme aber nur eine Zeit von 3 Monaten in Betracht, weil der Antragsteller bereits seit der Antragstellung genügend Zeit gehabt habe, sich um angemessenen Wohnraum zu bemühen. Die angemessenen Mietkosten beliefen sich am Wohnort des Klägers für eine alleinstehende Person mit einer Wohnung von ca. 45 Quadratmetern aus dem Baujahr 1960 auf 165,00 EUR monatlich.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird Bezug genommen auf den Inhalt der Streitakte und der ALG II-Akte der Antragsgegnerin.

II.

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist zulässig und teilweise begründet.

Nach § 86b Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines bestehenden Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Sicherungsanordnung). Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Regelungsanordnung). Erforderlich ist in beiden Fällen, dass dem Antragsteller ein Anordnungsanspruch und ein Anordnungsgrund zusteht (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Auflage, § 86b Rn 27).

Nach summarischer Überprüfung der Sach- und Rechtslage sind diese Voraussetzungen hier gegeben, denn nach dem Vortrag der Beteiligten und dem Inhalt der Akten ist es unter dem Vorbehalt der Überprüfung im Hauptsacheverfahren ausreichend wahrscheinlich, dass dem Antragsteller erhebliche höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II zustehen, als dies von der Antragsgegnerin mit Bescheid vom 20.10.2005 festgestellt wurde. Die Leistungen sind zwar nicht so hoch, wie gemäß dem Vortrag in diesem Verfahren von dem Antragsteller begehrt. Aber es liegt ein erheblicher Nachteil vor, den der Antragsteler nicht bis zur Entscheidung in der Hauptsache hinzunehmen hat. Der Antragsteller hat den Anspruch auf Leistungen für Unterkunft nach § 22 Abs. 1 SGB II glaubhaft gemacht. Das Gericht hält es aufgrund der vorgelegten Unterlagen und der ausdrücklichen eidesstattlichen Versicherung des Antragstellers, dass er bisher die Kosten der Unterkunft allein aus seinem noch vorhandenen Vermögen getragen hat, dieses erschöpft ist und er keine Unterhaltsleistungen von seiner getrennt lebenden Ehefrau erhält, für glaubhaft, dass der Antragsteller bedürftig und aufgrund der tatsächlichen Gegebenheiten gezwungen ist, für die Aufrechterhaltung seiner Unterkunft, die tatsächlich anfallenden notwendigen Kosten zu tragen. Ob diese Notwendigkeit der Kostentragung durch den Antragsteller sich aus dem Wohnrecht, einem konkludent mit der Ehefrau geschlossenen Mietvertrag oder andersartigen zivilrechtlichen Konstrutkionen ergibt, kann dahinstehen. Die Zielsetzung des § 22 Abs. 1 SGB II ist gegenüber allen Formen von Unterkunftskosten neutral. Nicht nur Mietzinszahlungen, sondern auch sonstige Nutzungsentschädigungen oder andere die Unterkunft sichernde Zahlungen kommen als Kosten der Unterkunft in Betracht (Eicher/Spellbrink, Lang, SGB II, § 22 Rn 16 ff.). Dabei geht das Gericht davon aus, dass es sich bei den als glaubhaft gemacht angenommenen Einzahlungen des Klägers auf das Konto seiner Ehefrau und den entsprechenden weiteren Zahlungen von diesem Konto und den Überweisungen zur Regulierung der Nebenkosten um Leistungen handelt, die letztlich der Ehefrau als Eigentümerin des Grundstückes zu Gute kommen. Es kann letztlich keinen Unterschied machen, ob diese Zahlungen des Antragstellers als Mietzins oder sonstiges Nutzungsentgelt deklariert werden oder nicht. Nach allgemeiner Lebenserfahrung kann jedenfalls nicht davon ausgegangen werden, dass eine seit Jahren getrennt lebende Ehefrau als Eigentümerin des Hausgrundstückes, dieses dem Ehemann auf Dauer unentgeltlich zur Verfügung stellt. Das Gericht hält es nicht für wahrscheinlich, dass die Ehefrau des Antragstellers im Rahmen einer bestehenden Unterhaltspflicht das Hausgrundstück zur kostenlosen Nutzung zur Verfügung stellt und auch die Unterkunftskosten durch Bareinzahlung auf das vom Antragsteller benannte Konto trägt. Ob eine solche Unterhaltsverpflichtung besteht, lässt sich im Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht aufklären. Das Gericht hält es aufgrund der vorgelegten Einzahlungsquittungen und der eidesstattlichen Versicherung des Antragstellers für glaubhaft, dass er die Unterkunftskosten getragen hat. Zwar ergibt sich aus diesen Empfangsbescheinigungen nicht die Person des Einzahlers, aber die Tatsache, dass der Antragstellers in Besitz dieser Quittungen ist, spricht dafür,dass er auch die entsprechenden Beträge eingezahlt hat. Eventuell bestehende, aber nicht realisierte Unterhaltsansprüche gegen die Ehefrau können dem Antragsteller auch nicht als Vermögen im Sinne des § 12 SGB II angerechnet werden. Dies ergibt sich insbesondere aus der Möglichkeit des Übergangs von Unterhaltsansprüchen nach § 33 SGB II. Danach können Unterhaltsansprüche nur in bestimmten Fällen durch den Träger in Höhe der erbrachten Leistungen übergeleitet werden. Daraus folgt im Umkehrschluss, dass auch im Falle eines überleitbaren Unterhaltsanspruches stets Leistungen zu erbringen sind (Eicher/Spellbrink, Mecke, SGB II, § 12 Rn 22). Gleiches gilt für eventuell bestehende Forderungen des Antragstellers auf Schadensersatz. Ob diese tatsächlich bestehen, steht nicht fest. Zum Vermögen zählen aber nur Werte, die zum maßgeblichen Zeitpunkt tatsächlich vorhanden sind und zur Verfügung stehen (Brühl in LPK-SGB II, § 12 Rn 4).

Dem Antragsteller stehen nach vorläufiger Überprüfung der Sach- und Rechtslage monatliche Leistungen für Unterkunft in Höhe von 658,00 EUR zu. Dabei geht das Gericht von monatlichen (Miet-) Kosten in Höhe von 580,00 EUR aus. Dieser Betrag wurde von dem Antragsteller mit Antrag vom 06.10.2005 angegeben und durch Mietbescheinigung belegt. Zwar trägt der Antragsteller nunmehr vor, er müsse monatlich 760 EUR Hypothekenbelastung tragen. Dies ergibt sich zwar auch aus den vorgelegten Kontoauszügen. Es ist jedoch nicht ersichtlich, dass der Antragsteller auch verpflichtet ist, Leistungen in dieser Höhe zu erbringen. Die vorgelegten Darlehensangebote der Sparkasse C sind für diese Frage unergiebig. Auf welcher Grundlage die Zahlungen in Höhe von 760,00 EUR pro Monat erfolgen sollen, ist nicht ersichtlich. Es ist auch nicht ersichtlich, ob versucht wurde, mit der Sparkasse C aufgrund der eingetretenen Notlage zumindest eine Stundung der Tilgungsleistungen zu vereinbaren. Zur Behebung einer gegenwärtigen nicht anders abwendbaren Notlage hält es das Gericht deshalb für angemessen, dem Antragsteller deshalb die von ihm selbst angegebene monatliche Belastung zuzusprechen. Hinzukommen monatliche Beträge für Grundbesitzabgaben in Höhe von 63,22 EUR, für Gebäudeversicherung in Höhe von 17,42 EUR und die Schornsteinfegerkosten in Höhe von monatlich 4,94 EUR. Dies ergibt zusammen einen Betrag von 665,58 EUR. Abzuziehen ist der Warmwasseranteil der Gaskosten, denn dieser wird von dem Regelsatz abgedeckt. Erfahrungsgemäß werden für die Warmwasseraufbereitung pro Person und Jahr 2200 kwh benötigt (vgl. Eicher/Spellbrink, Lang, SGB II, § 22 Rn 34 ff.). Bei einem Preis von 0,041724 EUR pro kwh ergibt dies einen monatlichen Betrag von 7,65 EUR für die Warmwasserversorgung. Dieser Betrag ist hier abzuziehen, da – wie nachfolgend dargestellt – die Abschlagszahlungen für den Gasverbrauch direkt an den Energieversorger vollständig zu entrichten sind. Dies ergibt einen monatlichen Betrag von 657,93 EUR, gemäß § 41 Abs. 2 SGB II aufgerundet auf 658,00 EUR.

Soweit der Antragsteller Kosten für den Betrieb des Pkw, eine Hausratversicherung, eine Unfallversicherung, Telefon- und Stromkosten geltend macht, können diese keine Berücksichtigung finden, da diese aus der Regelleistung zu bestreiten sind. Kosten für eine Krankenversicherung werden künftig für den Antragsteller nicht mehr anfallen, weil er nach § 5 Abs. 1 Nr. 2a SGB V versicherungspflichtig ist.

Zutreffend weist die Antragsgegnerin daraufhin, dass diese Kosten der Unterkunft unangemessen sind. Nach § 22 Abs. 1 Satz 2 sind sie trotzdem solange zu berücksichtigen, wie es dem Hilfebedürftigen nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für 6 Monate. Diese Regelfrist ist bisher nicht abgelaufen. Aus dem Vortrag der Antragsgegnerin und aus den Akten ist nicht ersichtlich, wie der Antragsteller ohne Umzug die Kosten senken soll. Im Bescheid vom 20.10.2005 wurde der Antragsteller nicht aufgefordert, seine Unterkunftskosten zu senken. Die Zahlung der Kosten der Unterkunft wurden nur mit Hinweis auf eventuell bestehende Unterhaltsansprüche gegen die Ehefrau versagt. Im Übrigen hat der Antragsteller vorgetragen, ihm sei es bisher nicht möglich gewesen, eine geeignete Wohnung zu finden. Ob am Wohnort des Antragstellers genügend tatsächlich mietbarer Wohnraum bis zu einer Größe von 45 qm zu angemessenen Preisen vorhanden ist, lässt sich dem Vortrag der Antragsgegnerin und den Akten nicht entnehmen. Unter diesen Voraussetzungen kann vor Ablauf der Regelfrist nicht angenommen werden, dass es dem Antragsteller möglich ist, die Kosten der Unterkunft zu senken. Ob über den bisherigen Bewilligungszeitraum bis zum 31.03.2006 hinaus die Kosten der Unterkunft in tatsächlicher Höhe zu übernehmen sind, ist hier nicht zu entscheiden, da schon der notwendige Folgeantrag bisher nicht gestellt sein dürfte. Hinzuweisen ist jedoch darauf, dass der Antragsteller auch während des Laufs der Regelfrist nach § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II verpflichtet ist, sich darum zu bemühen, die Kosten der Unterkunft – auch durch Umzug – zu senken. Entsprechende Bemühungen werden nachzuweisen sein. Das Gericht vermag ferner nicht der Argumentation des Antragstellers zu folgen, dass zunächst das vom ihm bewohnte Haus der Ehefrau zu vermieten ist, da andernfalls mit einer Zwangsvollstreckung zu rechen sei. Das Risiko der Zwangsvollstreckung in das Vermögen der Ehefrau kann bei der Abwägung im Rahmen des § 22 SGB II nicht berücksichtigt werden. Der Antragsteller genießt die Vorteile, die mit einer Vermögensübertragung auf seine Ehefrau verbunden sind und muss daher auch die mit einer solchen Vermögensübertragung einhergehenden Nachteile in Kauf nehmen. Die Leistungen für Unterkunft sind zu gewähren ab Antragstellung bei Gericht am 18.11.2005. Soweit der Antragsteller auch Leistungen für Unterkunft für Zeiträume geltend macht, die vor der Antragstellung bei Gericht liegen, ist ein Anordnungsgrund nicht gegeben. Ein in der Vergangenheit liegender Bedarf vermag eine Eilentscheidung in der Regel nicht zu rechtfertigen (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., § 86b Rn 28).

Der Antragsgegner hat gemäß § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II trotz Unangemessenheit für die Übergangsfrist auch die tatsächlichen Kosten für die Heizung zu erbringen. § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II gilt nicht nur für die Kosten der Unterkunft, sondern auch für die Kosten der Heizung (Eicher/Spellbrink, Lang, a.a.O., § 22 Rn 58; LSG NRW, Beschluss vom 07.10.2005 – L 12 B 50/05 AS ER). Die monatlichen Kosten für Gas betragen 230,00 EUR. Im Einverständnis mit dem Antragsteller sind diese gemäß § 22 Abs. 4 SGB II direkt an die Empfangsberechtigte RWE-Westfalen-Weser auf das im Schriftsatz des Antragstellers vom 05.01.2006 angegebene Konto zu zahlen.

Entgegen dem oben dargestellten Grundsatz sind hier die Gaskosten bereits ab Antragstellung am 06.10.2005 nachzuzahlen. Im Hinblick auf in der Vergangenheit liegende Rechtsbeeinträchtigungen ist eine Leistungsanordnung zwar grundsätzlich ausgeschlossen. Dies gilt jedoch nicht für Fälle, in denen eine erhebliche zukünftige Rechtsbeeinträchtigung zu befürchten ist, die bei einer nicht rückwirkenden Leistungsgewährung, also bei Nichtnachholung der in der Vergangenheit nicht gewährten Leistungen für die Zukunft droht (Krodel, Das sozialgerichtliche Eilverfahren, Rn 259 m.w.N.). Diese Voraussetzungen liegen hier vor, denn durch die Nichtzahlung in der Vergangenheit konnte der Antragsteller die Gaskostenabschlagszahlungen an die RWE nicht bedienen. Hierdurch ist inzwischen eine akute Notsituation mit der Androhung der Absperrung der Gaszufuhr eingetreten. Diese ist nur abzuwenden, durch die unverzügliche Nachzahlung direkt an den Gasversorger.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG in entsprechender Anwendung.
Rechtskraft
Aus
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