S 8 AS 109/05 ER

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Detmold (NRW)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
8
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 8 AS 109/05 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt. Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten über die Kosten der Unterkunft. Hintergrund ist, dass mit Beschluss vom 31.05.2005 im Streitverfahren S 8 AS 42/05 ER die Antragsgegnerin verpflichtet wurde, 490,00 EUR monatlich als angemessene Mietkosten dem Antragsteller zu gewähren. Gegen diesen Beschluss legte die Antragsgegnerin Beschwerde ein. Der Antragsteller legte seinerzeit keine Beschwerde ein.

Mit seinem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung vom 30.08.2005 macht der Antragsteller geltend, dass ihm nur die aus Sicht der Antragsgegnerin angemessene Miete gezahlt worden sei. Er mache darüber hinaus eine höhere Zahlung von Mietkosten geltend. Er mache insbesondere die volle Auszahlung der Unterkunftskosten im Zeitraum vom 23.03.2005 bis 30.06.2005 geltend.

Der Antragsteller beantragt schriftsätzlich sinngemäß,

die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, dem Antragsteller höhere Kosten der Unterkunft nach dem SGB II nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.

Die Antragsgegnerin beantragt schriftsätzlich,

den Antrag abzuweisen.

Sie verweist darauf, dass der Antragsteller in dem Parallelverfahren S 8 AS 42/05 ER keine Beschwerde eingelegt habe. Soweit der Antragsteller aber darüber hinausgehende Leistungen erstreiten wolle, hätte er dies durch Beschwerde gegen die Entscheidung im Parallelverfahren tun müssen. Es fehle daher vorliegend am Rechtsschutzinteresse.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes im Übrigen wird verwiesen auf die Gerichtsakte.

II.

Entgegen der Auffassung des LSG NRW im Beschluss vom 24.11.2005 – Az.: L 9 B 87/05 AS ER – ist Antragsgegner die Stadt Minden. Denn unter Anwendung des Rechtsträgerprinzipes (Beteiligter ist die juristische Person, deren Behörde sachlich zuständig ist) (vgl. hierzu Meyer-Ladewig/Keller/Leiterer, SGG, 8. Auflage, § 70 Rdnr. 4) ist passiv legitimiert derjenige Rechtsträger, der materiell verpflichtet ist. Sachlich zuständig und materiell verpflichtet zur Erbringung der mit dem Antrag begehrten Leistung ist die Stadt Minden.

Vor diesem materiell rechtlichen Hintergrund ist es unerheblich, dass der Kreis Minden-Lübbecke grundsätzlich gemäß § 6 a SGB II zugelassener Träger für die Grundsicherung für Arbeitssuchende ist. Denn der Kreis Minden-Lübbecke hat die Aufgaben entsprechend § 5 Abs. 2 AG-SGB II NRW durch Satzung an die Stadt Minden delegiert. Durch den Rechtsakt der Delegation hat der Kreis Minden-Lübbecke die ihm grundsätzlich eingeräumte Befugnis zum Erlass von Hoheitsakten auf die Stadt Minden übertragen. Aufgrund der Leistungsverpflichtung der Stadt Minden kann vorliegend Antragsgegner nicht der Kreis Minden-Lübbecke sein. Dass nach § 8 der zitierten Satzung vom 16.12.2004 der Kreis Minden-Lübbecke zur Durchführung der Streitverfahren ermächtigt ist, stellt eine bloße Befugnis zur Prozessvertretung in gerichtlichen Streitigkeiten dar. Aus dieser Prozessvertretungsbefugnis folgt nicht die Zuständigkeit in der materiellen Umsetzung der eventuell bestehenden Leistungsansprüche von Antragstellern.

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist zulässig, aber unbegründet.

Nach § 86 b Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden würde (Sicherungsanordnung). Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Regelungsanordnung), § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG.

Erforderlich ist in beiden Fällen, dass dem Antragsteller ein Anordnungsanspruch und ein Anordnungsgrund zustehen (Meyer-Ladewig, Kommentar zum SGG, 8. Auflage, § 86 b Rndr. 27 ff.). Ein Anordnungsanspruch setzt die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines in der Sache gegebenen materiellen Leistungsanspruches voraus. Zu berücksichtigen ist dabei, dass eine endgültige Entscheidung der Hauptsache grundsätzlich nicht vorweggenommen werden darf. Das Gericht hat bei einer Entscheidung zugleich die Interessen des Antragstellers an einer vorläufigen Verpflichtung des Antragsgegners zur Feststellung eines Anspruches abzuwägen mit den Interessen des Antragsgegners ein möglicherweise unberechtigtes Verwaltungshandeln zu verweigern. Vorläufiger Rechtsschutz ist somit nur zu gewähren, wenn dem Antragsteller anderenfalls schwere und unzumutbare, nicht anders abwendbare Nachteile entstehen, zu deren nachträgerlicher Beseitigung auch die Entscheidung in der Hauptsache nicht in der Lage ist.

Vorliegend ist aus Sicht des Gerichts bereits kein Anordnungsgrund glaubhaft gemacht, denn mit dem Parallelbeschluss vom 31.05.2005 – S 8 AS 42/05 ER – ist die Antragsgegnerin zur Leistung von wesentlichen Teilkosten der Unterkunft verpflichtet worden. Es ist aus Sicht des Gerichts nicht erkennbar, das dem Antragsteller entweder unmittelbar der Verlust der Wohnung oder andere nicht gut zu machende Nachteile drohen. Der Antragsteller ist somit auf die Durchführung des Hauptsacheverfahrens zu verweisen. Vorsorglich verweist das Gericht darauf, dass offensichtlich auch in dem Parallelrechtsschutzverfahren S 8 AS 42/05 ER die Beschwerdeentscheidung nicht zu einer Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung geführt hat. Ein Ansatzpunkt für den Erlass einer einstweiligen Anordnung besteht somit nicht.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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