L 24 B 28/06 KR ER

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
24
1. Instanz
SG Potsdam (BRB)
Aktenzeichen
S 7 KR 311/05 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 24 B 28/06 KR ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Potsdam vom 13. Dezember 2005 (S 7 KR 311/05 ER) wird zurückgewiesen. Kosten haben die Beteiligten einander auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Das Sozialgericht hat – nach Auffassung des Senats zutreffend – folgenden Sachverhalt festgestellt:

Der Antragsteller begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Übernahme der Kosten für den medizinisch notwendigen Zahnersatz.

Der am geborene Antragsteller ist versichertes Mitglied der Antragsgegnerin und beantragte am 28.09.2005 unter Vorlage einer Kostenzusammenstellung für Zahnersatz vom 12.09.2005 die Kostenübernahme in Höhe von insgesamt 1.744,29 EUR. Mit Schreiben vom 26.10.2005 teilte der behandelnde Zahnarzt mit, dass bei dem Antragsteller eine Teleskopprothese im Unterkiefer notwendig sei, da eine Klammerprothese nicht anwendbar sei. Die Kosten würden dafür ca. 140,00 EUR betragen, die der Antragsteller nicht allein tragen könne.

Durch die Antragsgegnerin erfolgte eine Kostenzusage in Höhe von 1.464,40 EUR, wobei die Härtefallregelung berücksichtigt wurde. Mit Bescheid vom 01.11.2005 lehnte die Antragsgegnerin eine Kostenübernahme für die Federelemente ab, da dies nicht als kassenärztliche Leistung vorgesehen sei. Dagegen legte der Antragsteller Widerspruch ein.

Am 24.11.2005 hat der Antragsteller vor dem Sozialgericht Potsdam Klage erhoben. Gleichzeitig begehrte er im Wege des einstweiligen Rechtschutz die vollständige Kostenübernahme, da er finanziell nicht in der Lage sei, auch nur ratenweise sich an den Kosten zu beteiligen und die Versorgung medizinisch notwendig sei.

Der Antragsteller beantragt,

im Wege des einstweiligen Rechtschutzes die Antragsgegnerin zu verpflichten, die Kosten für den Zahnersatz vollständig zu übernehmen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Sie weist daraufhin, dass weder ein Anordnungsgrund noch ein Anordnungsanspruch gegeben seien. Insbesondere ergebe sich kein Anordnungsanspruch. Nach den §§ 55 bis 57 SGB V sei unter Berücksichtigung des Vorliegens eines Härtefalles nach § 55 Abs. 2 SGB V die Bewilligung in Höhe der gesetzlich vorgesehenen Festzuschüsse erfolgt. Die begehrten Federelemente seien keine Kassenleistung. Die verbleibende Differenz sei durch den Antragsteller zu zahlen.

Mit Beschluss vom 13. Dezember 2005 hat das Sozialgericht den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Zur Begründung hat es ausgeführt:

Gemäß § 86 b Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch die Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Voraussetzung für den Erlass einer einstweiligen Anordnung ist die Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruches und eines Anordnungsgrundes. Der Anordnungsgrund besteht in der Eilbedürftigkeit der einstweiligen Anordnung; der Anordnungsanspruch ist der materiell rechtliche Anspruch, der für den vorläufigen Rechtschutz begehrt wird, wonach der Antragsteller glaubhaft machen muss, dass ihm aus dem Rechtsverhältnis ein Recht zusteht, für das wesentliche Gefahren drohen.

Im vorliegenden Fall ist weder ein Anordnungsgrund noch ein Anordnungsanspruch gegeben. Durch die Antragsgegnerin ist eine Kostenzusage in Höhe von 1.464,40 EUR erteilt worden. Dabei hat sie die Grundsätze der §§ 55 bis 57 SGB V beachtet und die hier vorgesehenen Festzuschüsse bewilligt. Gleichzeitig hat sie das Vorliegen eines Härtefalles nach § 55 Abs. 2 SGB V berücksichtigt. Eine Ablehnung ist lediglich hinsichtlich der Federelemente erfolgt, die nicht als Kassenleistung zu erbringen ist, da es sich um ein Therapieverfahren handelt, welches bisher nicht zur medizinischen Versorgung gehört. Nach dem Kostenvoranschlag verbleiben somit 279,89 EUR, die vom Antragsteller zu tragen sind. Im Rahmen der summarischen Prüfung im einstweiligen Rechtschutzverfahren ist die bisher erfolgte Kostenzusage der Antragsgegnerin nicht zu beanstanden, so dass der Antrag abzulehnen war. Gegebenenfalls muss der Antragsteller bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens eine Zahlungsvereinbarung mit dem behandelnden Zahnarzt treffen. Dabei wird jedoch ausdrücklich darauf verwiesen, dass die vom Antragsteller begehrte Leistung nicht in den Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung fällt.

Gegen den ihm spätestens am 21. Dezember 2005 zugestellten Beschluss richtet sich die Beschwerde des Antragstellers vom 19. Januar 2006:

Sein Schriftsatz vom 02. Dezember 2005 scheine keinen auch nur gedanklichen Eingang bei dem entscheidenden Gericht gefunden zu haben. Er habe dort insbesondere dargelegt, dass zur Abwendung wesentlicher Nachteile eine umgehende Versorgung mit Zahnersatz des Unterkiefers erforderlich sei. Auch werde in dem Beschluss verschwiegen, dass die Kostenzusage in Höhe von 1.464,40 EUR an bestimmte Voraussetzungen gebunden sei. Der Kostenvoranschlag des Zahnlabors ende mit 1.087,51 EUR. Bei Hinzurechnung des Zahnarzthonorars in Höhe von 444,29 EUR ergeben sich insgesamt Kosten in Höhe von 1.531,00 EUR. Sein Zahnarzt habe auf dem Kostenvoranschlag des Labors bereits die Beträge kenntlich gemacht, die die Krankenkasse streichen würde. Der Zahnarzt dürfe nicht zu einer Leistung verpflichtet werden, für die er keine Gewährleistung übernehmen könne. Seine Versorgung sei nur in der vom Zahnarzt vorgeschlagenen Weise mit zusätzlichen Federelementen möglich. Die Antragsgegnerin habe es abgelehnt, die Notwendigkeit einer abgewandelten Versorgung überprüfen zu lassen. In Folge der Verzögerung der beantragten einstweiligen Anordnung werde er wohl erneut einen Zahn verlieren, da die Schmerzen so nicht mehr in den Griff zu bekommen seien.

Die Antragsgegnerin hat sich auf die Ausführungen im Verwaltungsverfahren, sowie ihr Vorbringen gegenüber dem Sozialgericht bezogen. Sie hält den angefochtenen Beschluss für zutreffend.

Das Sozialgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen (Entscheidung vom 06. Februar 2006) und sie dem Landessozialgericht zur Entscheidung vorgelegt (Eingang 08. Februar 2006).

II.

Die Beschwerde ist gemäß § 172 SGG zulässig, sie ist jedoch nicht begründet. Der Senat weist sie aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück und sieht insoweit von einer weiteren Begründung ab (§ 142 Abs. 2 Satz 3 SGG).

Soweit der Antragsteller im Beschwerdeverfahren vorträgt, das Sozialgericht habe seinen Ausführungen – insbesondere im Schriftsatz vom 04. Dezember 2005 – nicht berücksichtigt, sei darauf hingewiesen, dass das Sozialgericht diesem Vorbringen zu Recht keinen Anordnungsgrund entnommen hat. Der Antragsteller begehrt eine Regelungsanordnung im Sinne von § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG, wonach die Regelung zu Abwendung wesentlicher Nachteile in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis notwendig sein muss. Die Ausführungen des Antragstellers im Schriftsatz vom 04. Dezember 2005 mögen zwar die schnelle Versorgung mit Zahnersatz notwendig erscheinen lassen, sie machen aber nicht hinreichend glaubhaft, dass diese schnelle Versorgung ausschließlich an der Ablehnung der begehrten Mehrkosten durch die Antragsgegnerin scheitern. Zu Recht weist die Antragsgegnerin im Schriftsatz vom 28. November 2005 daraufhin, dass insoweit jegliche Angaben zu den Einkünften und zum Vermögen des Antragstellers fehlen, die nachvollziehbar machen könnten, dass er tatsächlich nicht in der Lage wäre, den verbleibenden Differenzbetrag zwischen 1.464,40 EUR und 1.531,00 EUR (vgl. Schriftsatz des Antragstellers vom 18. Januar 2006) von 66,60 EUR selbst zu erbringen. Daran ändert auch nichts, dass im ursprünglichen Kostenplan Gesamtkosten in Höhe von 1.744,29 EUR vorgesehen waren. Dies kann jedoch letztlich ebenso dahinstehen, wie das Vorbringen des Antragstellers, er sei allein durch die beantragte Versorgung mit Zahnersatz in der Lage, sich "normal mit Festnahrung" zu ernähren.

Selbst bei Annahme eines Anordnungsgrundes ergibt sich der geltend gemachte Anordnungsanspruch auch nicht aus dem weiteren Vorbringen des Antragstellers im Beschwerdeverfahren. Es mag zutreffend sein, dass erst die begehrten Federelemente einen annehmbaren Sitz des Zahnersatzes bewirken können. Der Antragsteller verkennt allerdings, dass er gegen die Antragsgegnerin keinen Anspruch auf Versorgung mit Zahnersatz hat, sondern entsprechend § 55 ff Sozialgesetzbuch, 5. Buch (SGB V) allein auf "befundbezogene Festzuschüsse" (§ 55 Abs. 1 SGB V). Insoweit kommt es nicht darauf an, was der erforderliche Zahnersatz tatsächlich kostet, es besteht in jedem Falle Anspruch nur auf einen Zuschuss auf die Kosten der Regelversorgung. Diesen Zuschuss hat die Antragsgegnerin vorliegend zutreffend in Anwendung der Härtefallregelung mit einem Festzuschuss von 1.464,40 EUR errechnet (vgl. Bl. 12 VA mit den beigefügten Anlagen zu diesem Beschluss). Ein weitergehender Anspruch auf Zuschuss steht dem Antragsteller ebenso wenig zu, wie jedem anderen Versicherten bei dem Kosten über die Regelversorgung hinaus entstehen. Entgegen dem Vorbringen des Antragstellers hat sich das Sozialgericht insoweit auch nicht "als Zahnmediziner betätigt", denn was zur zahnmedizinischen Regelversorgung gehört, ist den Richtlinien des "Gemeinsamen Bundesausschusses" nach § 56 SGB V zu entnehmen. Wenn die Federelemente dort nicht aufgeführt sind, gehören sie auch nicht zur Regelversorgung. Dementsprechend hat auch der Zahnarzt des Antragstellers – wie dieser vorträgt – die entsprechenden Positionen des Kostenvoranschlages mit "flugs zwei Kringelchen" markiert, die die Antragsgegnerin streichen würde.

Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechende Anwendung von § 193 SGG.

Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde angefochten werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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