Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Stendal (SAN)
Aktenzeichen
S 1 AL 63/01
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 2 AL 70/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 11a AL 57/05 R
Datum
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Ob ein Arbeitnehmer von einer unbefristeten Beschäftigung in eine befristete Beschäftigung mit wichtigem Grund wechseln kann, richtet sich danach, ob es sich um eine befristete Einstellung für eine an sich unbefristete Beschäftigung handelt, bei der die Befristung als Probezeit dient und/oder der ungewissen Auftragslage bzw. saisonalen Einflüssen geschuldet ist, oder ob es sich ihrer Natur nach um eine befristete Aufgabe handelt (Fortentwicklung von BSG, Urteil vom 26. Oktober 2004 - B 7 AL 98/03 R - SGb 2005 S. 294). Ein Arbeitnehmer des Baugewerbes kann eine unbefristete Beschäftigung zugunsten einer befristeten Beschäftigung auch dann aufgeben, wenn er im Hinblick auf die witterungsabhängige Arbeit und die Verhältnisse auf dem Bauarbeitsmarkt nicht unmittelbar im Anschluss an das Ende der Befristung im Dezember mit einer Weiterbeschäftigung rechnen kann.
Die Berufung der Beklagten wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beklagte verurteilt wird, dem Kläger Arbeitslosengeld für die Zeit vom 23. Dezember 2000 bis 4. März 2001 zu zahlen.
Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten auch des Berufungsverfahrens zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger während der Zeit vom 23. Dezember 2000 bis 4. März 2001 Anspruch auf Zahlung von Arbeitslosengeld hat.
Der am 1978 geborene Kläger meldete sich am 22. Dezember 2000 bei der Beklagten arbeitslos und beantragte die Zahlung von Arbeitslosengeld. Er war vorher vom 1. August 1995 bis 17. Dezember 1998 bei der Firma S. Ö. - und T. GmbH (SÖT) in S. als Auszubildender und Arbeitnehmer beschäftigt gewesen. Am 7. Januar 1999 nahm er wiederum Arbeit auf und beendete das Arbeitsverhältnis bei der Firma SÖT durch Kündigung vom 4. September 2000 zum 15. September 2000. Vom 18. September bis 22. Dezember 2000 arbeitete der Kläger als Tiefbauarbeiter bei der Firma O. S. T. mbH in W ... Das Arbeitsverhältnis mit der Firma O. S. war bis zum 22. Dezember 2000 befristet.
Bei der Firma SÖT bezog der Kläger von Januar bis August ein durchschnittliches Monatsentgelt von 2.899,34 DM. Bei der Firma O. S. erhielt er in den Monaten Oktober und November 2000 ein Bruttomonatsentgelt von 3.330,00 DM bzw. 3.142,00 DM. Auf Befragen gab der Kläger an, er habe das Arbeitsverhältnis mit der Firma SÖT aus persönlichen Gründen gekündigt.
Mit Bescheid vom 24. Januar 2001 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass eine Sperrzeit vom 23. Dezember 2000 bis 16. März 2001 (zwölf Wochen) eingetreten sei, während der sein Anspruch auf Arbeitslosengeld ruhe. Er habe durch die Kündigung zum 15. September 2000 das Beschäftigungsverhältnis mit der Firma SÖT selbst aufgegeben. Die Arbeitsaufgabe sei für den Eintritt der Arbeitslosigkeit ursächlich geblieben, denn das Anschlussarbeitsverhältnis sei von vornherein befristet gewesen.
Der Kläger erhob Widerspruch und trug vor, da er eine Mietwohnung habe, seien monatliche Mietzahlungen zu entrichten. Des weiteren seien monatliche Versicherungsbeiträge fällig. Sein Pkw müsse unterhalten werden. Daraus ergebe sich, dass eine zwölfwöchige Sperrzeit für ihn eine besondere Härte sei.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 15. März 2001 zurück und führte aus, der Kläger habe für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses keinen wichtigen Grund gehabt. Es wäre ihm zuzumuten gewesen, das Beschäftigungsverhältnis so lange fortzusetzen, bis er nahtlos ein neues (unbefristetes) Arbeitsverhältnis hätte eingehen können, sodass der Eintritt der Arbeitslosigkeit vermieden worden wäre. Eine besondere Härte liege nicht vor, weil die wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse dabei keine Berücksichtigung fänden. Deshalb sei die Sperrzeit nicht herabzusetzen.
Hiergegen hat der Kläger am 17. April 2001 beim Sozialgericht Stendal Klage erhoben. Er hat sein bisheriges Vorbringen wiederholt und ausgeführt, dass der neue Arbeitsvertrag wegen des Wintereinbruchs nicht verlängert worden sei. Die Arbeitslosigkeit sei durch den Wintereinbruch, nicht durch sein Verschulden entstanden. Seit dem 5. März 2001 sei er mit einem unbefristeten Arbeitsvertrag bei der Firma O. S. beschäftigt.
Das Sozialgericht Stendal hat mit Urteil vom 26. Mai 2003 den Bescheid der Beklagten vom 24. Januar 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. März 2001 aufgehoben. Zur Begründung hat das Sozialgericht ausgeführt, der Kläger habe für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit der Firma SÖT einen wichtigen Grund gehabt. Der Wechsel von einem Arbeitsverhältnis in ein anderes, um insbesondere höhere Einkünfte zu erzielen, sei regelmäßig ein legitimer und bedeutender Grund. Damit sichere und verbessere der Arbeitnehmer seine Existenzgrundlage. Zugleich leiste er durch höhere Steuern und Sozialabgaben einen größeren Beitrag für das Gemeinwesen und die Solidargemeinschaft. Der Umstand, dass das neu eingegangene Arbeitsverhältnis befristet gewesen sei, sei im besonderen Fall des Klägers unerheblich. Die Erklärung des Klägers, dass er bei seiner Entscheidung, in das befristete Arbeitsverhältnis zu wechseln, aus den Erfahrungen der Vergangenheit damit habe rechnen müssen, ohnehin zum Winter seinen Arbeitsplatz zu verlieren, sei plausibel und stimme tatsächlich mit der bisher von ihm erlebten Praxis der Firma SÖT überein. Ferner scheine es nach der Abschaffung des Schlechtwettergeldes mittlerweile üblich geworden zu sein, dass in Baubetrieben die Arbeitnehmer, deren Einsatz von der Witterung abhänge, für die Wintermonate entlassen würden, diese für diese Zeit Arbeitslosengeld bezögen und im Frühjahr wieder im Baubetrieb eingestellt würden. Unter Berücksichtigung des für die Entscheidung des Klägers bedeutsamen Aspekts der unweigerlichen Arbeitslosigkeit in den Wintermonaten sei ihm letztlich nichts anderes übrig geblieben, als entweder die ihm gebotene Chance eines neuen finanziell günstigeren Arbeitsverhältnisses zu wahren, in dem er sich bewähren und damit den Grundstein für eine Festeinstellung habe legen können, oder die Chance nicht zu nutzen und in dem finanziell schlechteren Arbeitsverhältnis bis zum Winter zu verbleiben. Letzteres sei dem Kläger nicht zuzumuten gewesen. Andernfalls würde ihm in der derzeit herrschenden Arbeitsmarktsituation die Möglichkeit genommen, sich finanziell zu verbessern, sich von seinem Lehrbetrieb zu lösen, um den Anschein einer notwendigen Behütung zu vermeiden und bei anderen Arbeitgebern neue Berufserfahrung zu sammeln, um dadurch seinen Marktwert zu verbessern. Gerade junge Arbeitnehmer, wie der Kläger, brauchten diese Arbeitschancen. Die Sperrzeit sei deshalb eine unverhältnismäßige Einschränkung der Arbeitsplatzsuche und eine unzulässige Einschränkung der Berufsausübungsfreiheit.
Das Urteil ist am 26. Juni 2003 vom Sozialgericht Stendal versandt worden und das Empfangsbekenntnis am 3. Juli 2003 undatiert an das Sozialgericht zurückgekommen.
Die Beklagte hat am 1. August 2003 Berufung eingelegt. Sie ist der Meinung, der Kläger habe für die Kündigung keinen wichtigen Grund gehabt. Es treffe nicht zu, dass der Kläger die Erfahrung der permanenten Winterarbeitslosigkeit habe sammeln müssen. Vor Eintritt des sperrzeitbegründenden Ereignisses sei er lediglich in der Zeit vom 16. Dezember 1998 bis 6. Januar 1999 arbeitslos gewesen. Der Geschäftsführer der Firma SÖT habe in einem Parallelprozess bestätigt, dass weitere Arbeitnehmer nicht gekündigt hätten und ihnen auch nicht gekündigt worden sei. Der Kläger hätte weiter beschäftigt werden können. Es treffe deshalb nicht zu, dass er, wie das Sozialgericht ausgeführt habe, "die ihm gebotene Chance eines neuen finanziell günstigeren Arbeitsverhältnisses zu wahren" gehabt habe. Dem Sozialgericht Stendal könne darin gefolgt werden, dass ein junger Mensch Möglichkeiten zur finanziellen Verbesserung, der Lösung von seinem Lehrbetrieb und der Sammlung neuer Berufserfahrungen bei anderen Arbeitgebern durchaus nutzen sollte, jedoch könnten diese Entwicklungschancen nicht von der Solidargemeinschaft der Beitragszahler finanziert werden. Der Kläger habe gewusst, dass er nach dem 22. Dezember 2000 keine Beschäftigungsaussicht gehabt habe.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stendal vom 26. Mai 2003 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen und die Beklagte zu verurteilen, ihm vom 23. Dezember 2000 bis 4. März 2001 Arbeitslosengeld zu zahlen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend und führt ergänzend aus: Er habe den Beruf eines Straßenbauers und Tiefbauers gelernt. Seine Ausbildung habe er zunächst nach zwei Jahren mit der Qualifikation Tiefbau und nach einem weiteren Jahr mit einer weiteren Qualifikation Straßenbau jeweils mit einer Prüfung abgeschlossen. Bei der Firma SÖT habe er den Mindestlohn von 16,30 DM erhalten. Teilweise seien Überstunden auf ein Gutkonto geschrieben und im Winter ausgezahlt worden. Montagearbeiten habe es nicht gegeben. Er sei entsprechend seiner Qualifikation eingesetzt worden und habe Pflasterarbeiten ausgeführt. Bei der Firma SÖT seien die Maschinen nicht auf dem neuesten Stand gewesen, sie hätten verhältnismäßig viel mit der Hand machen müssen. Er und ein Kollege hätten sich deshalb beruflich verbessern und unter moderneren Bedingungen ihre Arbeit ausführen wollen. Das sei bei der Firma S. T. GmbH, wo er nur noch Tiefbauarbeiten, wie Rohrverlegen, Kabelarbeiten etc., ausführe, möglich. Bei der Firma SÖT sei er auch mit den Leuten nicht mehr so klargekommen, das Ganze habe nicht mehr so gepasst. Wenn er bei der Firma SÖT geblieben wäre, dann würde er heute noch zu Hause sitzen. Inzwischen sei dort auch keine Arbeit mehr da. Bei der Firma O. S. habe der Chef am letzten Arbeitstag gesagt, dass er weiterarbeiten könne, sobald Arbeit da sei. Für ihn sei damit klar gewesen, dass er mit der Arbeit zufrieden gewesen sei und es sich nur um die Winterpause handele. Nach Beendigung der knapp dreimonatigen Arbeitslosigkeit sei er auch wieder eingestellt worden.
Beide Beteiligte haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Akte der Beklagten und die Gerichtsakte verwiesen. Die Akten haben vorgelegen und sind vom Senat bei seiner Entscheidung berücksichtigt worden.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte mit dem Einverständnis der Beteiligten nach § 124 Abs. 2, 153 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden.
Die Berufung ist nach den §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 2 SGG statthaft, da der Beschwerdewert die Berufungsgrenze von 500,00 EUR übersteigt. Sie ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden (§ 151 SGG).
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das angefochtene Urteil ist rechtmäßig. Der Kläger hat gegen die Beklagte für die Zeit vom 23. Dezember 2000 bis 4. März 2001 Anspruch auf Zahlung von Arbeitslosengeld.
Gegenstand des Rechtsstreites ist der Bescheid der Beklagten vom 24. Januar 2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 15. März 2001, mit dem die Beklagte dem Kläger die Zahlung von Arbeitslosengeld für die Zeit vom 23. Dezember 2000 bis 16. März 2001 wegen des Eintritts einer Sperrzeit verweigert hat. Das Sozialgericht ist allerdings von einer isolierten Anfechtungsklage ausgegangen, tatsächlich kann der Kläger sein Ziel nur mit der Anfechtungs- und Verpflichtungsklage erreichen, weil die Beklagte für die Zeit vom 23. Dezember 2000 bis zum 4. März 2001 Arbeitslosengeld nicht bewilligt hatte. Insoweit war der Antrag nach § 99 Abs. 3 Nr. 2 SGG zu erweitern und der Urteilstenor zu ergänzen.
Nach § 117 Abs. 1 des Sozialgesetzbuches – Drittes Buch – Arbeitsförderung (SGB III) hat Anspruch auf Arbeitslosengeld ein Arbeitnehmer, der arbeitslos ist, sich beim Arbeitsamt arbeitslos gemeldet und die Anwartschaftszeit erfüllt hat. Diese Voraussetzung erfüllt der Kläger. Er war am 23. Dezember 2000 arbeitslos, weil er vorübergehend nicht in einem mehr als kurzzeitigen Beschäftigungsverhältnis stand und eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende Beschäftigung suchte (§ 118 Abs. 1 SGB III). Er war bereit, alle Möglichkeiten zu nutzen, um seine Beschäftigungslosigkeit zu beenden, und stand den Vermittlungsbemühungen des Arbeitsamtes zur Verfügung (§ 119 Abs. 1 SGB III). Nach der mehrjährigen versicherungspflichtigen Beschäftigung innerhalb der dreijährigen Rahmenfrist hat er auch die Anwartschaftszeit erfüllt (§§ 123, 124 SGB III). Das ist unter den Beteiligten nicht streitig. Der Anspruch auf Arbeitslosengeld hat entgegen der Ansicht der Beklagten während der Zeit vom 23. Dezember 2000 bis 4. März 2001 nicht wegen des Eintritts einer Sperrzeit geruht.
Nach § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGB III in der Fassung des Arbeitsförderungs-Reformgesetzes (AFRG) vom 24. März 1997 (BGBl. I S. 594) tritt eine Sperrzeit von zwölf Wochen ein, wenn der Arbeitslose das Beschäftigungsverhältnis gelöst oder durch ein arbeitsvertragswidriges Verhalten Anlass für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses gegeben und dadurch die Arbeitslosigkeit vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt hat, ohne für sein Verhalten einen wichtigen Grund zu haben. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Zwar hat der Kläger sein Arbeitsverhältnis gelöst und sich dann zumindest grob fahrlässig arbeitslos gemacht, er hatte für sein Verhalten jedoch einen wichtigen Grund.
Das Beschäftigungsverhältnis mit der Firma S. T. war von Anfang an befristet und konnte deshalb vom Kläger nicht rechtswirksam gelöst werden. Er hat jedoch das vorangegangene unbefristete Beschäftigungsverhältnis bei der Firma SÖT durch Eigenkündigung zum 15. September 2000 beendet und die befristete Beschäftigung bei der Firma S. T. aufgenommen. Die ab 23. Dezember 2000 eingetretene Arbeitslosigkeit war deshalb durch die Lösung des Arbeitsverhältnisses mit der Firma SÖT in Verbindung mit der Aufnahme eines befristeten Arbeitsverhältnisses verursacht (LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 7. Oktober – L 9 AL 58/04; Schweiger, NZS 2002 S. 79, 81).
Der Kläger hat die durch die Kündigung zum 15. September 2001 verursachte und am 23. Dezember 2000 eingetretene Arbeitslosigkeit zumindest grob fahrlässig verursacht, weil er wissen musste, dass am 23. Dezember 2000 bei der neuen Arbeitgeberin eine Weiterbeschäftigung nicht wahrscheinlich war (vgl. hierzu Pilz in SGb 2005 S. 310 m.w.N.), auch wenn er nach der branchenüblichen Winterpause mit einer Weiterbeschäftigung rechnen konnte. Er musste deshalb erkennen, dass er voraussichtlich ab 23. Dezember 2000 arbeitslos sein werde, weil er keine konkrete Aussicht auf eine unmittelbare Anschlussbeschäftigung hatte. Im Hinblick auf die witterungsabhängige Arbeit und die Verhältnisse auf dem Bauarbeitsmarkt konnte er nicht erwarten, dass der Arbeitsvertrag nahtlos ab 23. Dezember 2000 verlängert werden würde.
Der Kläger hatte jedoch für sein Verhalten einen wichtigen Grund im Sinne des § 144 Abs. 1 SGB III. Was nach § 144 Abs. 1 SGB III als wichtiger Grund anzusehen ist, hat der Gesetzgeber nicht näher bestimmt. Die Sperrzeitregelung beruht auf dem Gedanken, dass sich eine Versichertengemeinschaft gegen Risiken wehren muss, deren Eintritt der Versicherte selbst zu vertreten hat oder an deren Behebung er unbegründet nicht mithilft. Eine Sperrzeit soll im Allgemeinen immer dann eintreten, wenn dem Arbeitnehmer unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung seiner Interessen mit den Interessen der Versichertengemeinschaft ein anderes Verhalten zugemutet werden kann (Bundessozialgerichts - BSG, Urteil vom 13. Mai 1987 – 7 RAr 38/86 – NZA 1987, S. 717).
Der Kläger war berechtigt, das alte Arbeitsverhältnis aufzugeben, um ein neues Arbeitsverhältnis einzugehen, auch wenn dieses zunächst befristet war. Ihm war es nicht zuzumuten, weiterhin bei der Firma SÖT darauf zu warten, dass er ein günstigeres Arbeitsangebot für eine Dauerbeschäftigung bekommen werde.
Die Gründe, die den Kläger bewogen haben, das Arbeitsverhältnis mit der Firma SÖT zu kündigen, rechtfertigen die Aufgabe der unbefristeten Beschäftigung zugunsten der befristeten Beschäftigung. Maßgeblich waren für ihn die bessere Bezahlung, die andere Arbeitsausführung mit modernerer Technik und die Montagearbeit. Der Kläger hat zusätzlich erklärt, er sei mit den Kollegen nicht mehr klargekommen, habe sich verändern und beruflich vorwärts kommen wollen. Das Unbehagen des Klägers an der Beschäftigung bei der Firma SÖT wurde wohl auch dadurch bestärkt, dass er dort gelernt hatte und es für ihn wichtig war, andere betriebliche Strukturen und andere Arbeitstechniken kennen zu lernen, um seine Qualifikation zu erhöhen. Mit dem Wechsel des Klägers von der Firma SÖT zu seiner derzeitigen Arbeitgeberin hat er erlaubterweise von seinem Grundrecht auf Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) Gebrauch gemacht (vgl. HessLSG, Urteil vom 9. Mai 2001 – L 6 AL 1328/00; Schweiger a.a.O. S. 82).
Nach der Rechtsprechung des BSG sind bei der Beurteilung, ob ein wichtiger Grund vorliegt, auch die Veränderungen in den gesellschaftlichen Lebensverhältnissen zu berücksichtigen (Urteil vom 17. Oktober 2002 - B 7 AL 98/00 R - SozR 3-4100 § 119 Nr. 26). So hat das BSG es für maßgeblich gehalten, dass in der Rechtswirklichkeit der Arbeitswelt eine – auch politisch gewollte – Tendenz zum Abschluss von befristeten bzw. kurzfristigen Arbeitsverhältnissen festzustellen sei, und hierzu auf das Gesetz über Teilzeit- und befristete Arbeitsverträge (TzBfG) hingewiesen. Diese Situation schließe es aus, den Wechsel aus einem unbefristeten Beschäftigungsverhältnis in ein befristetes bei einem Unternehmen, das seine Rechte aus § 14 Abs. 2a TzBfG in der Neufindungsphase ausschöpfe, generell nicht als wichtigen Grund anzusehen. Darüber hinaus hat das BSG einen wichtigen Grund anerkannt, wenn bei Vertragsschluss eine konkrete Aussicht bestanden hat, dass sich das zunächst befristete Arbeitsverhältnis unbefristet verlängern kann. Grundsätzlich muss Arbeitnehmern nach Art. 12 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) auch die Möglichkeit offen stehen, befristete – ihnen attraktiv erscheinende – Arbeitsverhältnisse zu (Un)Gunsten unbefristeter Arbeitsverhältnisse aufzunehmen (BSG, Urteil vom 26. Oktober 2004 - B 7 AL 98/03 R - SGb 2005 S. 294 mit Anmerkung von Pilz).
Das BSG hat allerdings Zweifel angemeldet, ob ein Wechsel von einem unbefristeten Arbeitsverhältnis in eine befristete Beschäftigung dann mit wichtigem Grund geschieht, wenn von vornherein feststeht, dass das befristete Arbeitsverhältnis zu einem bestimmten Zeitpunkt enden wird und keinerlei konkrete Aussicht auf eine Verlängerung besteht, selbst wenn sich das befristete Arbeitsverhältnis für den Arbeitnehmer als äußerst attraktiv erweist. Denn dann wechselt der Versicherte nach Meinung des BSG nicht nur in ein besser bezahltes oder aus sonstigen Gründen attraktiveres Beschäftigungsverhältnis, sondern geht das Risiko der Arbeitslosigkeit ein und führt damit den Versicherungsfall bewusst herbei (Urteil vom 26. Oktober 2004, a.a.O.).
Der Wechsel eines unbefristet beschäftigten Arbeitnehmers in ein anderes Arbeitsverhältnis ist immer mit einem Risiko verbunden, auch wenn die neue Beschäftigung nicht befristet ist. Kein Arbeitnehmer kann sicher sein, dass er während der Probezeit den Anforderungen des neuen Arbeitsplatzes genügt und seine Arbeit zur Zufriedenheit des Arbeitgebers verrichtet. Auch nach dem Ende der Probezeit ist seine Stellung wegen der kurzen Betriebszugehörigkeit unsicherer als die anderer Arbeitnehmer (vgl. § 1 Abs. 3 des Kündigungsschutzgesetzes). Trotz dieser Gefährdung einer kontinuierlichen Beschäftigung verhält sich der Arbeitnehmer, der eine sichere Beschäftigung aufgibt, um eine neue Arbeit zu übernehmen, regelmäßig nicht versicherungswidrig im Sinne von § 144 SGB III, sondern nutzt das ihm zustehende Grundrecht der Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG.
Die Unterscheidung, ob ein Arbeitnehmer von einer unbefristeten Beschäftigung in eine befristete Beschäftigung mit wichtigem Grund wechseln kann, ist grundsätzlich danach zu treffen, ob es sich um eine befristete Einstellung für eine an sich unbefristete Beschäftigung handelt, bei der die Befristung als Probezeit dient und/oder der ungewissen Auftragslage bzw. saisonalen Einflüssen geschuldet ist, oder ob es sich ihrer Natur nach um eine befristete Beschäftigung handelt, z. B. zur Vertretung für einen vorübergehend verhinderten Arbeitnehmer oder für ein begrenztes Projekt.
Der Anerkennung eines wichtigen Grundes im Sinne des Sperrzeitrechts steht hier nicht entgegen, dass der Kläger - anders als die Klägerin in dem vom BSG am 26. Oktober 2004 entschiedenen Fall - keine Aussicht hatte, unmittelbar nach dem 22. Dezember 2000 von der Firma S. T. GmbH weiter beschäftigt zu werden. Er hat damit das Risiko einer Arbeitslosigkeit nicht in nennenswert größerem Umfang erhöht als bei einem Wechsel in eine unbefristete Beschäftigung; denn es handelt sich um eine Einstellung für einen nicht seiner Natur nach befristeten Arbeitsplatz, sondern um eine Beschäftigung, die im Winter branchenbedingt unterbrochen war. Im Baubereich, insbesondere im Tiefbau, kann im Winter entweder witterungsbedingt gar nicht gearbeitet werden oder es liegen wegen der ungewissen Witterungslage Aufträge für Baufirmen nicht oder nur in sehr geringem Maße vor. So meldeten sich im Dezember 2000 87.754 Arbeitnehmer der Baubranche unmittelbar aus einer Erwerbstätigkeit arbeitslos, im Januar 2001 waren es sogar 149.965 Arbeitnehmer der Baubranche, die im Anschluss an eine Beschäftigung arbeitslos waren (ANBA 2001 S. 143, 257). Die Zahl der gemeldeten Arbeitslosen der Baubranche stieg zwischen November 2000 und Januar 2001 von 218.469 auf 339.078 (ANBA 2001 S. 59, 263). Wie die Arbeitslosigkeit des Klägers im Winter 1998/1999 zeigt, war auch sein Arbeitsplatz bei der Firma SÖT nicht vor kürzeren saisonbedingten Unterbrechungen gesichert.
Auch wenn es im Winter 2000/2001 für die Beschäftigten der Firma SÖT keine Unterbrechung gegeben hat, wie die Beklagte behauptet, musste der Kläger bei Abschluss des Vertrages mit der Firma S. T. GmbH damit rechnen, dass unabhängig von der Vertragsgestaltung eine Arbeitsunterbrechung im Winter eintreten konnte. Hierzu kommt es nicht darauf an, ob nach dem Baurahmentarifvertrag eine witterungsbedingte Kündigung zulässig gewesen wäre, weil tatsächlich Bauarbeiter heute vielfach im Winter mit der Zusage einer Weiterbeschäftigung im Frühjahr entlassen werden. In der Zeit zwischen Weihnachten und Mitte Januar werden Baubetriebe häufig ganz geschlossen und die Arbeitnehmer entweder entlassen oder gezwungen, Urlaub zu nehmen.
Bei der Prüfung des wichtigen Grundes zur Aufgabe der unbefristeten Beschäftigung zugunsten einer befristeten Einstellung ist außerdem - worauf auch das BSG in seinem Urteil vom 26. Oktober 2004 hingewiesen hat - zu berücksichtigen, dass die Neueinstellung von Arbeitnehmern heute vielfach zunächst befristet erfolgt. Nach einer Untersuchung von Bookmann und Hagen über die Rolle befristeter Arbeitsverträge in der Arbeitsplatzdynamik am Beispiel baden-württembergischer Betriebe im Jahre 2001 erfolgten mehr als ein Viertel aller Einstellungen mit befristeten Verträgen (MittAB 2002 S. 385, 395). In schrumpfenden Betrieben lag der Anteil bei 44 % (S. 396). Die hohe Zahl der befristeten Einstellungen führte nicht zu einer dauerhaften Umwandlung von unbefristeten Arbeitplätzen in befristete Beschäftigungen. Von den befristet eingestellten Arbeitnehmern verblieben ca. 51 % nach Auslaufen des befristeten Vertrages im Betrieb, 49 % schieden aus. Hierbei war der Anteil der in wachsenden Betrieben Beschäftigten größer als der in schrumpfenden Betrieben (S. 396). Von den befristeten Einstellungen diente die Befristung bei 20 % der Erprobung, 19 % der Arbeitnehmer gaben an, keine unbefristete Beschäftigung zu finden (S. 396). Der Anteil der befristet eingestellten Arbeitnehmer im Baubereich im Jahr 2000 ist nicht bekannt. Für Bremen ist der Anteil der befristeten Einstellungen an allen Neueinstellungen im Baubereich für das Jahr 2003 mit 21 % angegeben, während branchenübergreifend 44 % der Neueinstellungen befristet erfolgten (Landsberg/Wehling, IAB-Betriebspaneel Bremen 2003, hrsg. vom Institut für Wirtschaftsforschung, S. 6).
Die Gründe, die den Kläger bewogen haben, bei der Firma SÖT zu kündigen, sind als wichtige Gründe im Sinne des § 144 Abs. 1 SGB III anzuerkennen. Eine Sperrzeit ist nicht eingetreten. Der Kläger hat Anspruch auf Zahlung von Arbeitslosengeld für die Zeit vom 23. Dezember 2000 bis 4. März 2001.
Das Urteil des Sozialgerichts Stendal ist rechtmäßig. Der Urteilsausspruch musste allerdings um die Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung des noch nicht bewilligten Arbeitslosengeldes erweitert werden. Die Berufung der Beklagten war zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 Abs. 1 SGG.
Der Senat hat die Revision nach § 160 Abs. 2 SGG zugelassen, weil die Frage, ob der Wechsel aus einer unbefristeten Beschäftigung in eine befristete Beschäftigung auch dann im Sinne des § 144 SGB III gerechtfertigt ist, wenn eine Weiterbeschäftigung erst nach einer saisonbedingten Unterbrechung erwartet werden kann, vom BSG noch nicht entschieden ist.
Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten auch des Berufungsverfahrens zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger während der Zeit vom 23. Dezember 2000 bis 4. März 2001 Anspruch auf Zahlung von Arbeitslosengeld hat.
Der am 1978 geborene Kläger meldete sich am 22. Dezember 2000 bei der Beklagten arbeitslos und beantragte die Zahlung von Arbeitslosengeld. Er war vorher vom 1. August 1995 bis 17. Dezember 1998 bei der Firma S. Ö. - und T. GmbH (SÖT) in S. als Auszubildender und Arbeitnehmer beschäftigt gewesen. Am 7. Januar 1999 nahm er wiederum Arbeit auf und beendete das Arbeitsverhältnis bei der Firma SÖT durch Kündigung vom 4. September 2000 zum 15. September 2000. Vom 18. September bis 22. Dezember 2000 arbeitete der Kläger als Tiefbauarbeiter bei der Firma O. S. T. mbH in W ... Das Arbeitsverhältnis mit der Firma O. S. war bis zum 22. Dezember 2000 befristet.
Bei der Firma SÖT bezog der Kläger von Januar bis August ein durchschnittliches Monatsentgelt von 2.899,34 DM. Bei der Firma O. S. erhielt er in den Monaten Oktober und November 2000 ein Bruttomonatsentgelt von 3.330,00 DM bzw. 3.142,00 DM. Auf Befragen gab der Kläger an, er habe das Arbeitsverhältnis mit der Firma SÖT aus persönlichen Gründen gekündigt.
Mit Bescheid vom 24. Januar 2001 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass eine Sperrzeit vom 23. Dezember 2000 bis 16. März 2001 (zwölf Wochen) eingetreten sei, während der sein Anspruch auf Arbeitslosengeld ruhe. Er habe durch die Kündigung zum 15. September 2000 das Beschäftigungsverhältnis mit der Firma SÖT selbst aufgegeben. Die Arbeitsaufgabe sei für den Eintritt der Arbeitslosigkeit ursächlich geblieben, denn das Anschlussarbeitsverhältnis sei von vornherein befristet gewesen.
Der Kläger erhob Widerspruch und trug vor, da er eine Mietwohnung habe, seien monatliche Mietzahlungen zu entrichten. Des weiteren seien monatliche Versicherungsbeiträge fällig. Sein Pkw müsse unterhalten werden. Daraus ergebe sich, dass eine zwölfwöchige Sperrzeit für ihn eine besondere Härte sei.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 15. März 2001 zurück und führte aus, der Kläger habe für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses keinen wichtigen Grund gehabt. Es wäre ihm zuzumuten gewesen, das Beschäftigungsverhältnis so lange fortzusetzen, bis er nahtlos ein neues (unbefristetes) Arbeitsverhältnis hätte eingehen können, sodass der Eintritt der Arbeitslosigkeit vermieden worden wäre. Eine besondere Härte liege nicht vor, weil die wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse dabei keine Berücksichtigung fänden. Deshalb sei die Sperrzeit nicht herabzusetzen.
Hiergegen hat der Kläger am 17. April 2001 beim Sozialgericht Stendal Klage erhoben. Er hat sein bisheriges Vorbringen wiederholt und ausgeführt, dass der neue Arbeitsvertrag wegen des Wintereinbruchs nicht verlängert worden sei. Die Arbeitslosigkeit sei durch den Wintereinbruch, nicht durch sein Verschulden entstanden. Seit dem 5. März 2001 sei er mit einem unbefristeten Arbeitsvertrag bei der Firma O. S. beschäftigt.
Das Sozialgericht Stendal hat mit Urteil vom 26. Mai 2003 den Bescheid der Beklagten vom 24. Januar 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. März 2001 aufgehoben. Zur Begründung hat das Sozialgericht ausgeführt, der Kläger habe für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit der Firma SÖT einen wichtigen Grund gehabt. Der Wechsel von einem Arbeitsverhältnis in ein anderes, um insbesondere höhere Einkünfte zu erzielen, sei regelmäßig ein legitimer und bedeutender Grund. Damit sichere und verbessere der Arbeitnehmer seine Existenzgrundlage. Zugleich leiste er durch höhere Steuern und Sozialabgaben einen größeren Beitrag für das Gemeinwesen und die Solidargemeinschaft. Der Umstand, dass das neu eingegangene Arbeitsverhältnis befristet gewesen sei, sei im besonderen Fall des Klägers unerheblich. Die Erklärung des Klägers, dass er bei seiner Entscheidung, in das befristete Arbeitsverhältnis zu wechseln, aus den Erfahrungen der Vergangenheit damit habe rechnen müssen, ohnehin zum Winter seinen Arbeitsplatz zu verlieren, sei plausibel und stimme tatsächlich mit der bisher von ihm erlebten Praxis der Firma SÖT überein. Ferner scheine es nach der Abschaffung des Schlechtwettergeldes mittlerweile üblich geworden zu sein, dass in Baubetrieben die Arbeitnehmer, deren Einsatz von der Witterung abhänge, für die Wintermonate entlassen würden, diese für diese Zeit Arbeitslosengeld bezögen und im Frühjahr wieder im Baubetrieb eingestellt würden. Unter Berücksichtigung des für die Entscheidung des Klägers bedeutsamen Aspekts der unweigerlichen Arbeitslosigkeit in den Wintermonaten sei ihm letztlich nichts anderes übrig geblieben, als entweder die ihm gebotene Chance eines neuen finanziell günstigeren Arbeitsverhältnisses zu wahren, in dem er sich bewähren und damit den Grundstein für eine Festeinstellung habe legen können, oder die Chance nicht zu nutzen und in dem finanziell schlechteren Arbeitsverhältnis bis zum Winter zu verbleiben. Letzteres sei dem Kläger nicht zuzumuten gewesen. Andernfalls würde ihm in der derzeit herrschenden Arbeitsmarktsituation die Möglichkeit genommen, sich finanziell zu verbessern, sich von seinem Lehrbetrieb zu lösen, um den Anschein einer notwendigen Behütung zu vermeiden und bei anderen Arbeitgebern neue Berufserfahrung zu sammeln, um dadurch seinen Marktwert zu verbessern. Gerade junge Arbeitnehmer, wie der Kläger, brauchten diese Arbeitschancen. Die Sperrzeit sei deshalb eine unverhältnismäßige Einschränkung der Arbeitsplatzsuche und eine unzulässige Einschränkung der Berufsausübungsfreiheit.
Das Urteil ist am 26. Juni 2003 vom Sozialgericht Stendal versandt worden und das Empfangsbekenntnis am 3. Juli 2003 undatiert an das Sozialgericht zurückgekommen.
Die Beklagte hat am 1. August 2003 Berufung eingelegt. Sie ist der Meinung, der Kläger habe für die Kündigung keinen wichtigen Grund gehabt. Es treffe nicht zu, dass der Kläger die Erfahrung der permanenten Winterarbeitslosigkeit habe sammeln müssen. Vor Eintritt des sperrzeitbegründenden Ereignisses sei er lediglich in der Zeit vom 16. Dezember 1998 bis 6. Januar 1999 arbeitslos gewesen. Der Geschäftsführer der Firma SÖT habe in einem Parallelprozess bestätigt, dass weitere Arbeitnehmer nicht gekündigt hätten und ihnen auch nicht gekündigt worden sei. Der Kläger hätte weiter beschäftigt werden können. Es treffe deshalb nicht zu, dass er, wie das Sozialgericht ausgeführt habe, "die ihm gebotene Chance eines neuen finanziell günstigeren Arbeitsverhältnisses zu wahren" gehabt habe. Dem Sozialgericht Stendal könne darin gefolgt werden, dass ein junger Mensch Möglichkeiten zur finanziellen Verbesserung, der Lösung von seinem Lehrbetrieb und der Sammlung neuer Berufserfahrungen bei anderen Arbeitgebern durchaus nutzen sollte, jedoch könnten diese Entwicklungschancen nicht von der Solidargemeinschaft der Beitragszahler finanziert werden. Der Kläger habe gewusst, dass er nach dem 22. Dezember 2000 keine Beschäftigungsaussicht gehabt habe.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stendal vom 26. Mai 2003 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen und die Beklagte zu verurteilen, ihm vom 23. Dezember 2000 bis 4. März 2001 Arbeitslosengeld zu zahlen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend und führt ergänzend aus: Er habe den Beruf eines Straßenbauers und Tiefbauers gelernt. Seine Ausbildung habe er zunächst nach zwei Jahren mit der Qualifikation Tiefbau und nach einem weiteren Jahr mit einer weiteren Qualifikation Straßenbau jeweils mit einer Prüfung abgeschlossen. Bei der Firma SÖT habe er den Mindestlohn von 16,30 DM erhalten. Teilweise seien Überstunden auf ein Gutkonto geschrieben und im Winter ausgezahlt worden. Montagearbeiten habe es nicht gegeben. Er sei entsprechend seiner Qualifikation eingesetzt worden und habe Pflasterarbeiten ausgeführt. Bei der Firma SÖT seien die Maschinen nicht auf dem neuesten Stand gewesen, sie hätten verhältnismäßig viel mit der Hand machen müssen. Er und ein Kollege hätten sich deshalb beruflich verbessern und unter moderneren Bedingungen ihre Arbeit ausführen wollen. Das sei bei der Firma S. T. GmbH, wo er nur noch Tiefbauarbeiten, wie Rohrverlegen, Kabelarbeiten etc., ausführe, möglich. Bei der Firma SÖT sei er auch mit den Leuten nicht mehr so klargekommen, das Ganze habe nicht mehr so gepasst. Wenn er bei der Firma SÖT geblieben wäre, dann würde er heute noch zu Hause sitzen. Inzwischen sei dort auch keine Arbeit mehr da. Bei der Firma O. S. habe der Chef am letzten Arbeitstag gesagt, dass er weiterarbeiten könne, sobald Arbeit da sei. Für ihn sei damit klar gewesen, dass er mit der Arbeit zufrieden gewesen sei und es sich nur um die Winterpause handele. Nach Beendigung der knapp dreimonatigen Arbeitslosigkeit sei er auch wieder eingestellt worden.
Beide Beteiligte haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Akte der Beklagten und die Gerichtsakte verwiesen. Die Akten haben vorgelegen und sind vom Senat bei seiner Entscheidung berücksichtigt worden.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte mit dem Einverständnis der Beteiligten nach § 124 Abs. 2, 153 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden.
Die Berufung ist nach den §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 2 SGG statthaft, da der Beschwerdewert die Berufungsgrenze von 500,00 EUR übersteigt. Sie ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden (§ 151 SGG).
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das angefochtene Urteil ist rechtmäßig. Der Kläger hat gegen die Beklagte für die Zeit vom 23. Dezember 2000 bis 4. März 2001 Anspruch auf Zahlung von Arbeitslosengeld.
Gegenstand des Rechtsstreites ist der Bescheid der Beklagten vom 24. Januar 2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 15. März 2001, mit dem die Beklagte dem Kläger die Zahlung von Arbeitslosengeld für die Zeit vom 23. Dezember 2000 bis 16. März 2001 wegen des Eintritts einer Sperrzeit verweigert hat. Das Sozialgericht ist allerdings von einer isolierten Anfechtungsklage ausgegangen, tatsächlich kann der Kläger sein Ziel nur mit der Anfechtungs- und Verpflichtungsklage erreichen, weil die Beklagte für die Zeit vom 23. Dezember 2000 bis zum 4. März 2001 Arbeitslosengeld nicht bewilligt hatte. Insoweit war der Antrag nach § 99 Abs. 3 Nr. 2 SGG zu erweitern und der Urteilstenor zu ergänzen.
Nach § 117 Abs. 1 des Sozialgesetzbuches – Drittes Buch – Arbeitsförderung (SGB III) hat Anspruch auf Arbeitslosengeld ein Arbeitnehmer, der arbeitslos ist, sich beim Arbeitsamt arbeitslos gemeldet und die Anwartschaftszeit erfüllt hat. Diese Voraussetzung erfüllt der Kläger. Er war am 23. Dezember 2000 arbeitslos, weil er vorübergehend nicht in einem mehr als kurzzeitigen Beschäftigungsverhältnis stand und eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende Beschäftigung suchte (§ 118 Abs. 1 SGB III). Er war bereit, alle Möglichkeiten zu nutzen, um seine Beschäftigungslosigkeit zu beenden, und stand den Vermittlungsbemühungen des Arbeitsamtes zur Verfügung (§ 119 Abs. 1 SGB III). Nach der mehrjährigen versicherungspflichtigen Beschäftigung innerhalb der dreijährigen Rahmenfrist hat er auch die Anwartschaftszeit erfüllt (§§ 123, 124 SGB III). Das ist unter den Beteiligten nicht streitig. Der Anspruch auf Arbeitslosengeld hat entgegen der Ansicht der Beklagten während der Zeit vom 23. Dezember 2000 bis 4. März 2001 nicht wegen des Eintritts einer Sperrzeit geruht.
Nach § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGB III in der Fassung des Arbeitsförderungs-Reformgesetzes (AFRG) vom 24. März 1997 (BGBl. I S. 594) tritt eine Sperrzeit von zwölf Wochen ein, wenn der Arbeitslose das Beschäftigungsverhältnis gelöst oder durch ein arbeitsvertragswidriges Verhalten Anlass für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses gegeben und dadurch die Arbeitslosigkeit vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt hat, ohne für sein Verhalten einen wichtigen Grund zu haben. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Zwar hat der Kläger sein Arbeitsverhältnis gelöst und sich dann zumindest grob fahrlässig arbeitslos gemacht, er hatte für sein Verhalten jedoch einen wichtigen Grund.
Das Beschäftigungsverhältnis mit der Firma S. T. war von Anfang an befristet und konnte deshalb vom Kläger nicht rechtswirksam gelöst werden. Er hat jedoch das vorangegangene unbefristete Beschäftigungsverhältnis bei der Firma SÖT durch Eigenkündigung zum 15. September 2000 beendet und die befristete Beschäftigung bei der Firma S. T. aufgenommen. Die ab 23. Dezember 2000 eingetretene Arbeitslosigkeit war deshalb durch die Lösung des Arbeitsverhältnisses mit der Firma SÖT in Verbindung mit der Aufnahme eines befristeten Arbeitsverhältnisses verursacht (LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 7. Oktober – L 9 AL 58/04; Schweiger, NZS 2002 S. 79, 81).
Der Kläger hat die durch die Kündigung zum 15. September 2001 verursachte und am 23. Dezember 2000 eingetretene Arbeitslosigkeit zumindest grob fahrlässig verursacht, weil er wissen musste, dass am 23. Dezember 2000 bei der neuen Arbeitgeberin eine Weiterbeschäftigung nicht wahrscheinlich war (vgl. hierzu Pilz in SGb 2005 S. 310 m.w.N.), auch wenn er nach der branchenüblichen Winterpause mit einer Weiterbeschäftigung rechnen konnte. Er musste deshalb erkennen, dass er voraussichtlich ab 23. Dezember 2000 arbeitslos sein werde, weil er keine konkrete Aussicht auf eine unmittelbare Anschlussbeschäftigung hatte. Im Hinblick auf die witterungsabhängige Arbeit und die Verhältnisse auf dem Bauarbeitsmarkt konnte er nicht erwarten, dass der Arbeitsvertrag nahtlos ab 23. Dezember 2000 verlängert werden würde.
Der Kläger hatte jedoch für sein Verhalten einen wichtigen Grund im Sinne des § 144 Abs. 1 SGB III. Was nach § 144 Abs. 1 SGB III als wichtiger Grund anzusehen ist, hat der Gesetzgeber nicht näher bestimmt. Die Sperrzeitregelung beruht auf dem Gedanken, dass sich eine Versichertengemeinschaft gegen Risiken wehren muss, deren Eintritt der Versicherte selbst zu vertreten hat oder an deren Behebung er unbegründet nicht mithilft. Eine Sperrzeit soll im Allgemeinen immer dann eintreten, wenn dem Arbeitnehmer unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung seiner Interessen mit den Interessen der Versichertengemeinschaft ein anderes Verhalten zugemutet werden kann (Bundessozialgerichts - BSG, Urteil vom 13. Mai 1987 – 7 RAr 38/86 – NZA 1987, S. 717).
Der Kläger war berechtigt, das alte Arbeitsverhältnis aufzugeben, um ein neues Arbeitsverhältnis einzugehen, auch wenn dieses zunächst befristet war. Ihm war es nicht zuzumuten, weiterhin bei der Firma SÖT darauf zu warten, dass er ein günstigeres Arbeitsangebot für eine Dauerbeschäftigung bekommen werde.
Die Gründe, die den Kläger bewogen haben, das Arbeitsverhältnis mit der Firma SÖT zu kündigen, rechtfertigen die Aufgabe der unbefristeten Beschäftigung zugunsten der befristeten Beschäftigung. Maßgeblich waren für ihn die bessere Bezahlung, die andere Arbeitsausführung mit modernerer Technik und die Montagearbeit. Der Kläger hat zusätzlich erklärt, er sei mit den Kollegen nicht mehr klargekommen, habe sich verändern und beruflich vorwärts kommen wollen. Das Unbehagen des Klägers an der Beschäftigung bei der Firma SÖT wurde wohl auch dadurch bestärkt, dass er dort gelernt hatte und es für ihn wichtig war, andere betriebliche Strukturen und andere Arbeitstechniken kennen zu lernen, um seine Qualifikation zu erhöhen. Mit dem Wechsel des Klägers von der Firma SÖT zu seiner derzeitigen Arbeitgeberin hat er erlaubterweise von seinem Grundrecht auf Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) Gebrauch gemacht (vgl. HessLSG, Urteil vom 9. Mai 2001 – L 6 AL 1328/00; Schweiger a.a.O. S. 82).
Nach der Rechtsprechung des BSG sind bei der Beurteilung, ob ein wichtiger Grund vorliegt, auch die Veränderungen in den gesellschaftlichen Lebensverhältnissen zu berücksichtigen (Urteil vom 17. Oktober 2002 - B 7 AL 98/00 R - SozR 3-4100 § 119 Nr. 26). So hat das BSG es für maßgeblich gehalten, dass in der Rechtswirklichkeit der Arbeitswelt eine – auch politisch gewollte – Tendenz zum Abschluss von befristeten bzw. kurzfristigen Arbeitsverhältnissen festzustellen sei, und hierzu auf das Gesetz über Teilzeit- und befristete Arbeitsverträge (TzBfG) hingewiesen. Diese Situation schließe es aus, den Wechsel aus einem unbefristeten Beschäftigungsverhältnis in ein befristetes bei einem Unternehmen, das seine Rechte aus § 14 Abs. 2a TzBfG in der Neufindungsphase ausschöpfe, generell nicht als wichtigen Grund anzusehen. Darüber hinaus hat das BSG einen wichtigen Grund anerkannt, wenn bei Vertragsschluss eine konkrete Aussicht bestanden hat, dass sich das zunächst befristete Arbeitsverhältnis unbefristet verlängern kann. Grundsätzlich muss Arbeitnehmern nach Art. 12 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) auch die Möglichkeit offen stehen, befristete – ihnen attraktiv erscheinende – Arbeitsverhältnisse zu (Un)Gunsten unbefristeter Arbeitsverhältnisse aufzunehmen (BSG, Urteil vom 26. Oktober 2004 - B 7 AL 98/03 R - SGb 2005 S. 294 mit Anmerkung von Pilz).
Das BSG hat allerdings Zweifel angemeldet, ob ein Wechsel von einem unbefristeten Arbeitsverhältnis in eine befristete Beschäftigung dann mit wichtigem Grund geschieht, wenn von vornherein feststeht, dass das befristete Arbeitsverhältnis zu einem bestimmten Zeitpunkt enden wird und keinerlei konkrete Aussicht auf eine Verlängerung besteht, selbst wenn sich das befristete Arbeitsverhältnis für den Arbeitnehmer als äußerst attraktiv erweist. Denn dann wechselt der Versicherte nach Meinung des BSG nicht nur in ein besser bezahltes oder aus sonstigen Gründen attraktiveres Beschäftigungsverhältnis, sondern geht das Risiko der Arbeitslosigkeit ein und führt damit den Versicherungsfall bewusst herbei (Urteil vom 26. Oktober 2004, a.a.O.).
Der Wechsel eines unbefristet beschäftigten Arbeitnehmers in ein anderes Arbeitsverhältnis ist immer mit einem Risiko verbunden, auch wenn die neue Beschäftigung nicht befristet ist. Kein Arbeitnehmer kann sicher sein, dass er während der Probezeit den Anforderungen des neuen Arbeitsplatzes genügt und seine Arbeit zur Zufriedenheit des Arbeitgebers verrichtet. Auch nach dem Ende der Probezeit ist seine Stellung wegen der kurzen Betriebszugehörigkeit unsicherer als die anderer Arbeitnehmer (vgl. § 1 Abs. 3 des Kündigungsschutzgesetzes). Trotz dieser Gefährdung einer kontinuierlichen Beschäftigung verhält sich der Arbeitnehmer, der eine sichere Beschäftigung aufgibt, um eine neue Arbeit zu übernehmen, regelmäßig nicht versicherungswidrig im Sinne von § 144 SGB III, sondern nutzt das ihm zustehende Grundrecht der Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG.
Die Unterscheidung, ob ein Arbeitnehmer von einer unbefristeten Beschäftigung in eine befristete Beschäftigung mit wichtigem Grund wechseln kann, ist grundsätzlich danach zu treffen, ob es sich um eine befristete Einstellung für eine an sich unbefristete Beschäftigung handelt, bei der die Befristung als Probezeit dient und/oder der ungewissen Auftragslage bzw. saisonalen Einflüssen geschuldet ist, oder ob es sich ihrer Natur nach um eine befristete Beschäftigung handelt, z. B. zur Vertretung für einen vorübergehend verhinderten Arbeitnehmer oder für ein begrenztes Projekt.
Der Anerkennung eines wichtigen Grundes im Sinne des Sperrzeitrechts steht hier nicht entgegen, dass der Kläger - anders als die Klägerin in dem vom BSG am 26. Oktober 2004 entschiedenen Fall - keine Aussicht hatte, unmittelbar nach dem 22. Dezember 2000 von der Firma S. T. GmbH weiter beschäftigt zu werden. Er hat damit das Risiko einer Arbeitslosigkeit nicht in nennenswert größerem Umfang erhöht als bei einem Wechsel in eine unbefristete Beschäftigung; denn es handelt sich um eine Einstellung für einen nicht seiner Natur nach befristeten Arbeitsplatz, sondern um eine Beschäftigung, die im Winter branchenbedingt unterbrochen war. Im Baubereich, insbesondere im Tiefbau, kann im Winter entweder witterungsbedingt gar nicht gearbeitet werden oder es liegen wegen der ungewissen Witterungslage Aufträge für Baufirmen nicht oder nur in sehr geringem Maße vor. So meldeten sich im Dezember 2000 87.754 Arbeitnehmer der Baubranche unmittelbar aus einer Erwerbstätigkeit arbeitslos, im Januar 2001 waren es sogar 149.965 Arbeitnehmer der Baubranche, die im Anschluss an eine Beschäftigung arbeitslos waren (ANBA 2001 S. 143, 257). Die Zahl der gemeldeten Arbeitslosen der Baubranche stieg zwischen November 2000 und Januar 2001 von 218.469 auf 339.078 (ANBA 2001 S. 59, 263). Wie die Arbeitslosigkeit des Klägers im Winter 1998/1999 zeigt, war auch sein Arbeitsplatz bei der Firma SÖT nicht vor kürzeren saisonbedingten Unterbrechungen gesichert.
Auch wenn es im Winter 2000/2001 für die Beschäftigten der Firma SÖT keine Unterbrechung gegeben hat, wie die Beklagte behauptet, musste der Kläger bei Abschluss des Vertrages mit der Firma S. T. GmbH damit rechnen, dass unabhängig von der Vertragsgestaltung eine Arbeitsunterbrechung im Winter eintreten konnte. Hierzu kommt es nicht darauf an, ob nach dem Baurahmentarifvertrag eine witterungsbedingte Kündigung zulässig gewesen wäre, weil tatsächlich Bauarbeiter heute vielfach im Winter mit der Zusage einer Weiterbeschäftigung im Frühjahr entlassen werden. In der Zeit zwischen Weihnachten und Mitte Januar werden Baubetriebe häufig ganz geschlossen und die Arbeitnehmer entweder entlassen oder gezwungen, Urlaub zu nehmen.
Bei der Prüfung des wichtigen Grundes zur Aufgabe der unbefristeten Beschäftigung zugunsten einer befristeten Einstellung ist außerdem - worauf auch das BSG in seinem Urteil vom 26. Oktober 2004 hingewiesen hat - zu berücksichtigen, dass die Neueinstellung von Arbeitnehmern heute vielfach zunächst befristet erfolgt. Nach einer Untersuchung von Bookmann und Hagen über die Rolle befristeter Arbeitsverträge in der Arbeitsplatzdynamik am Beispiel baden-württembergischer Betriebe im Jahre 2001 erfolgten mehr als ein Viertel aller Einstellungen mit befristeten Verträgen (MittAB 2002 S. 385, 395). In schrumpfenden Betrieben lag der Anteil bei 44 % (S. 396). Die hohe Zahl der befristeten Einstellungen führte nicht zu einer dauerhaften Umwandlung von unbefristeten Arbeitplätzen in befristete Beschäftigungen. Von den befristet eingestellten Arbeitnehmern verblieben ca. 51 % nach Auslaufen des befristeten Vertrages im Betrieb, 49 % schieden aus. Hierbei war der Anteil der in wachsenden Betrieben Beschäftigten größer als der in schrumpfenden Betrieben (S. 396). Von den befristeten Einstellungen diente die Befristung bei 20 % der Erprobung, 19 % der Arbeitnehmer gaben an, keine unbefristete Beschäftigung zu finden (S. 396). Der Anteil der befristet eingestellten Arbeitnehmer im Baubereich im Jahr 2000 ist nicht bekannt. Für Bremen ist der Anteil der befristeten Einstellungen an allen Neueinstellungen im Baubereich für das Jahr 2003 mit 21 % angegeben, während branchenübergreifend 44 % der Neueinstellungen befristet erfolgten (Landsberg/Wehling, IAB-Betriebspaneel Bremen 2003, hrsg. vom Institut für Wirtschaftsforschung, S. 6).
Die Gründe, die den Kläger bewogen haben, bei der Firma SÖT zu kündigen, sind als wichtige Gründe im Sinne des § 144 Abs. 1 SGB III anzuerkennen. Eine Sperrzeit ist nicht eingetreten. Der Kläger hat Anspruch auf Zahlung von Arbeitslosengeld für die Zeit vom 23. Dezember 2000 bis 4. März 2001.
Das Urteil des Sozialgerichts Stendal ist rechtmäßig. Der Urteilsausspruch musste allerdings um die Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung des noch nicht bewilligten Arbeitslosengeldes erweitert werden. Die Berufung der Beklagten war zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 Abs. 1 SGG.
Der Senat hat die Revision nach § 160 Abs. 2 SGG zugelassen, weil die Frage, ob der Wechsel aus einer unbefristeten Beschäftigung in eine befristete Beschäftigung auch dann im Sinne des § 144 SGB III gerechtfertigt ist, wenn eine Weiterbeschäftigung erst nach einer saisonbedingten Unterbrechung erwartet werden kann, vom BSG noch nicht entschieden ist.
Rechtskraft
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