L 13 RJ 3/99

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 5 (10) RJ 244/96
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 13 RJ 3/99
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 5 RJ 47/03 B
Datum
Kategorie
Urteil
Bemerkung
NZB d.Kl. als unzulässig verworfen.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 23. Oktober 1998 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im zweiten Rechtszug nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt im Wege eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs in Verbindung mit § 119 SGB X, dass ihrem Rentenversicherungskonto ab dem 01.01.1993 für Zeiten der Arbeitslosigkeit Pflichtbeiträge nach einem fiktiven Arbeitsentgelt gut geschrieben werden.

Die am 00.00.1966 geborene Klägerin nahm nach Erlangen der Fachoberschulreife am 01.08.1993 eine Ausbildung als Friseurin auf. Am 14.09.1983 erlitt sie bei einem Autounfall ein schweres Schädelhirntrauma. Es folgten mehrere stationäre Aufenthalte bis Dezember 1984. Die Klägerin besuchte anschließend eine Fachschule für Kosmetik, die sie am 04.09.1986 mit Erfolg abschloss. Ihren ersten Antrag auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit vom 28.08.1985 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 18.03.1996 ab, da die Klägerin nach dem Ergebnis der Begutachtung trotz eines Zustandes nach Gehirnprellung 1983 mit Halb- seitensymptomatik links, Neigung zur allergischer Bronchitis und Zustand nach Brustverkleinerung noch vollschichtig auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt arbeiten könne.

Die Klägerin begann in der Folgezeit zunächst noch am 01.09.1987 eine Lehre zur Bürokauffrau im Rahmen einer beruflichen Rehabilitationsmaßnahme. Diese Ausbildung brach die Klägerin am 28.02.1989 unter Verhängung einer Sperrzeit durch das Arbeitsamt ab. Sie belegte ferner einen weiteren Ausbildungskurs zur Bürokauffrau und arbeitete an verschiedenen Arbeitsplätzen im Bürobereich als Bürokraft, Kopiererin, Kassiererin, Museumsaufsicht etc ... Die letzten Rentenversicherungsbeiträge sind für die Klägerin zur Rentenversicherung der Angestellten (BfA) für die Zeit vom 01.06.1994 bis 31.08.1994 sowie vom 15.02.2000 bis zum 31.03.2000 entrichtet worden. Der jüngste Versicherungsverlauf der BfA weist ansonsten für die hier streitige Zeit ab 01.01.1993 keine rentenrechtlichen Zeiten aus. Insbesondere ist auch keine Zeit einer gemeldeten Arbeitslosigkeit oder Arbeitsunfähigkeit gespeichert, was die Klägerin damit erklärt, dass sie möglicherweise bei der Meldung zum Arbeitsamt " etwas geschlampt" habe.

Die Klägerin, die vom 04.05.1992 bis 21.12.1995 und vom 05.05.1997 bis zum 25.02.2000 verheiratet war und seit dem 30.03.2001 wieder verheiratet ist, hat nach ihren Angaben für die gesamte Zeit von der V-Versicherungs AG ( V.), der Haftpflichtversicherung des Verursachers des Unfalls vom 13.09.1983, durchgehend einen Lohnausgleich erhalten (zur Zeit monatlicher Abschlag entsprechend 1500 DM). Die Beklagte regressierte bei der V. zunächst Beitragsansprüche gemäß § 119 SGB X. Nachdem ihr ärztlicher Dienst im Juli 1987 mit weiteren unfallbedingten Arbeitsunfähigkeitszeiten nicht mehr rechnete und lediglich ein Risiko für weitere Rehabilitationsmaßnahmen medizinischer und beruflicher Art angenommen wurde, vereinbarte die Beklagte mit der V. zur endgültigen Erledigung des Schadensfalles die Zahlung eines zusätzlichen Risikobetrages von 8.000 DM und eine Gesamterstattungssumme von ca. 71.000 DM. Entsprechend den eingegangenen Zahlungen der V. wurden dem Versicherungskonto der Klägerin Beiträge bis einschießlich 31.12.1992 für ausgefallene Rentenversicherungsbeiträge gut geschrieben.

Auf Betreiben der Klägerin forderte die Beklagte außerdem von der V. den Ausgleich eines Beitragsschadens aufgrund einer Arbeitslosigkeit in der Zeit vom 01.01.1993 bis 30.05.1995. Die V. hielt dem einmal die Einrede der Verjährung entgegen und führte außerdem aus, eine unfallbedingte Arbeitslosigkeit liege nicht vor; vielmehr habe die Klägerin wegen ihrer Eheschließungen die Erwerbstätigkeit aufgegeben. Schließlich sei der Schadensfall bereits 1987 endgültig durch Zahlung eines Abfindungsbetrages erledigt worden.

Die Klägerin forderte die Beklagte auf, unter Anrechung zwischenzeitlicher Erwerbstätigkeit die Beitragsansprüche anhand der laufenden fiktiven Bruttoentgelte zu berechnen und bei der V. geltend zu machen. Die Beklagte teilte dazu unter dem 02.08.1996 mit, dass sie Beiträge bis zum 31.12.1992 gemäß § 119 SGB X regressiert und eine entsprechende Gutschrift im Versicherungskonto veranlasst habe. Darüberhinaus seien keine weiteren Ansprüche auf der Grundlage des § 119 SGB X fällig geworden. Im übrigen sei zu bemerken, dass in § 199 SGB X keinerlei Einschränkungen für den Rentenversicherungsträger bei der Geltendmachung der übergegangenen Beitragsansprüche vorgesehen seien. Es bestehe daher auch keine Verpflichtung zur Beteiligung des Geschädigten oder zur Anhörung im Regulierungsverfahren. Wenn die Klägerin mit dem Regulierungsergebnis nicht einverstanden sei, stehe es ihr frei, Schadensersatzansprüche aus Amtspflichtverletzung einzuklagen. Unter dem 13.08.1996 führte sie ergänzend aus, dass ein weiterer Zahlungsanspruch über den 31.12.1992 aufgrund des bereits abgeschlossenen Abfindungsvergleichs nicht bestehe. Unabhängig davon wäre es sachlich auch nicht gerechtfertigt, über das Jahr 1992 hinaus Beiträge nach § 119 SGB X zu fordern, da nicht davon ausgegangen werden könne, dass die jetzt schon seit mehreren Jahren bestehende Arbeitslosigkeit der Klägerin alleinige Folge der beim Unfall erlittenen Verletzung sei. So habe das Arbeitsamt E auf Anfrage vom 29.10.1990 mitgeteilt, dass in der Stellungnahme zur Beendigung der Arbeitsverhältnisse ihrer Mandantin keine gesundheitlichen Gründe angegeben worden seien. Das Arbeitsamt E habe unter dem 15.02.1989 außerdem davon Kenntnis gegeben, dass gegen die Klägerin eine Sperrzeit verhängt worden sei, da sie zumutbare Maßnahmen der beruflichen Ausbildung abgelehnt habe. Auch die Tatsache, dass das Arbeitsamt wegen der von dort erbrachten Leistung keine Regressansprüche gemäß § 127 AFG i.V.m. § 116 X geltend gemacht habe, spreche gegen das Vorliegen einer unfallbedingten Arbeitslosigkeit. Die Beklagte wies erneut darauf hin, dass es der Klägerin freistehe, Schadensersatzansprüche wegen Amtspflichtverletzung einzuklagen.

Die Klägerin hat am 11.10.1996 Klage zum Sozialgericht Düsseldorf erhoben. Sie hat die Auffassung vertreten, dass ihr über den 31.12.1992 hinaus ein Beitragsschadensersatzanspruch zugestanden hätte, den die Beklagte über § 119 SGB X bei der V. hätte geltend machen müssen. Sie leide noch immer an den Folgen ihrer Verletzung und habe ihre Arbeitsplätze immer nach kurzer Zeit aus gesundheitlichen Gründen verloren. Grund dafür sei eine hirnorganische Wesensänderung als Folge der Unfallverletzungen. Die Zeiten ihrer Arbeitslosigkeit resultierten aus diesen Gesundheitsstörungen und nicht daraus, dass sie als Ehefrau nicht mehr habe erwerbstätig sein wollen oder dass sie zur Berufsausbildung oder Fortbildung nicht bereit gewesen wäre. Sofern der Beklagten aufgrund des Abfindungsvertrages mit der V. habe nicht mehr möglich sei, weitere Beitragsschadensansprüche zu regressieren, wären für Zeiten unfallbedingter Arbeitslosigkeit ggf. Beitragsausfälle im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs durch die Beklagte auszugleichen. Die Beklagte habe ihre gegenüber ihr, der Klägerin, aus dem Treuhandverhältnis gemäß § 119 SGB X folgende Pflichten verletzt, da sie einen Abfindungsvergleich mit der V. geschlossen habe, obwohl ein Beitragsersatzanspruch auch nach dem 31.12.1992 bestanden habe.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu veurteilen, im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs ihrem Konto Beiträge für die Zeit ab Januar 1993 für Zeiten der Arbeitslosigkeit gutzuschreiben.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, dass der Klägerin Beitragsschadensersatzansprüche über den 31.2.1992 nicht zuständen. Die Unfallfolgen könnten nach den medizinischen Unterlagen und dem beruflichen Werdegang der Klägerin nach dem Unfallereignis nicht mehr als Ursache für Zeiten der Arbeitslosigkeit nach dem 31.12.1992 herangezogen werden. Im übrigen hat die Beklagte den Rechtsweg zur Sozialgerichtsbarkeit nicht für gegeben gehalten; die Klägerin könne ihre Ansprüche allein als Amtshaftungsanspruch verfolgen.

Das Sozialgericht hat die Klage durch Urteil vom 23.10.1998 abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:
Die Klage sei als Leistungsklage gemäß § 54 Abs. 5 SGG zulässig; für sie sei der Rechtsweg zum Sozialgericht gegeben. Dies ergebe sich aus der Rechtsnatur des § 119 SGB X. Nach allgemeiner Meinung trete die Beklagte im Rahmen des § 119 SGB X gegenüber dem Versicherten als Treuhänder auf, der Beitragsschadensersatzsansprüche gegenüber dem Schädiger aus übergegangenem Recht als eigene zum Nutzen des Versicherten geltend zu machen habe. Das Treuhandverhältnis sei dem öffentlich-rechtlichen Sozialversicherungsverhältnis zuzuordnen. Pflichtverletzungen der Beklagten und daraus resultierende Ansprüche begründeten in diesem Zusammenhang die Zuständigkeit der Sozialgerichtsbarkeit. Der Anspruch der Klägerin sei unter dem Gesichtspunkt des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs in Betracht gekommen, für den die Zuständigkeit des Sozialgerichts gegeben sei. Die zulässige Klage sei jedoch nicht begründet. Allerdings sei aus Sicht der Kammer denkbar, dass unter dem Gesichtspunkt des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs auch eine Pflichtverletzung der Beklagten im Rahmen des zwischen ihr und der Klägerin bestehenden öffentlich-rechtichen Treuhandverhältnisses, das über die Vorschrift des § 119 SGB X geschaffen worden sei, für die Klägerin aus der Pflichtverletzung erwachsene Nachteile auszugleichen seien. Denn mit dem sozialrechtlichen Herstellungsanspruch solle dem Geschädigten gerade die Durchführung eines Schadensersatzanspruches erspart bleiben. Es fehle jedoch an einer vom sozialrechtlichen Herstellungsanspruch verlangten Pflichtverletzung. Verletzungen der Treuhandspflicht könnten nicht festgestellt werden. Die vorhandenen aktenkundigen medizinischen Unterlagen über die Klägerin und ihre sonstigen berufsbiografischen Daten rechtfertigten nach Auffassung der Kammer einen Abfindungsvergleich zwischen der Beklagten und der V. ohne gegen Treuhandspflichten zu verstoßen. Denn insbesondere nach den sozialmedizinischen Feststellungen zum Zeitpunkt des Abfindungsvergleichs habe eine auf den Verletzungsfolgen wesentlich ruhende künftige Arbeitslosigkeit ausgeschlossen werden können. Im übrigen sei kein sozialrechtlicher Schaden für die Klägerin zu erkennen, der im Schutzzweckzusammenhang zwischen einer etwaigen Pflichtverletzung und dem Nachteil für die Klägerin stehe. Soweit für die Klägerin nach dem 31.12.1992 auf Grund von Zeiten der Arbeitslosigkeit rentenrechtliche Nachteile entstanden seien sollten, seien diese jedenfalls nicht den Folgen des Unfallereignisses aus dem Jahre 1983 als wesentliche Ursache anzulasten. Dies ergebe sich zur Überzeugung der Kammer nicht nur aus der sozialmedizinischen Begutachtung im Rahmen des Rentenverfahrens wegen verminderter Erwerbsfähigkeit aus dem Jahre 1986. Jedenfalls ab Januar 1993 seien Zeiten der Arbeitslosigkeit nicht als Verletzungsfolgen aus dem Jahre 1983 anzusehen. Nach allem sei dabei davon auszugehen, dass der Klägerin einen Schadensersatzanspruch, der gemäß § 119 SGB X auf die Beklagte hätte übergehen können, gegen den Versicherer seit Januar 1993 nicht mehr gehabt habe.

Gegen das am 14.12.1998 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 04.01.1999 Berufung eingelegt, mit der sie einen Herstellungsanspruch weiter verfolgt. Die Klage sei auch dann zulässig , wenn man in dem beantragten Gutschreiben weiterer Beitragszeiten einen Verwaltungsakt sehen und deshalb die Leistungsklage nicht für die richtige Klageart halte. Die Beklagte habe nämlich vorprozessual den Erlass eines solchen Verwaltungsaktes mehrfach abgelehnt, sodass sich die Zulässigkeit ihrer Klage unter dem Gesichtspunkt einer Untätigkeitsklage ergebe. Zur Begründung des Herstellungsanspruchs führt die Klägerin zusammenfassend aus, ihre Arbeitslosigkeit und ihre Erwerbsminderung seien Folgen einer hirnorganischen Wesensänderung als Nachwirkung einer bei dem Unfall aus dem Jahre 1983 stattgefunden Hirnverletzung. Dem entsprechend habe ihr die V. die ganze Zeit einen Lohnausgleich gezahlt. Dazu hat sie verschiedene Gutachten und ärztliche Berichte vorgelegt. Ihr erneuter Rentenantrag sei von der BfA wegen Nicherfüllung der besondere versicherungsrechtlichen Voraussetzungen abgelehnt worden.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 23.10.1998 aufzuheben und nach dem Klageantrag zu erkennen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

§ 119 SGB X könne nicht so verstanden werden, dass bereits ein übergegangener Anspruch als solcher die Bewertung als Pflichtbeitrag auslöse. Die Wirkung der Pflichtbeiträge setze erst ein, wenn die Schadensersatzansprüche eingegangen seien und damit der entsprechende Schadensersatzanspruch "erfüllt" sei. Es sei also nicht so, dass bereits der Anspruch auf Beitragsersatz eine Versicherungs- bzw. Beitragspflicht begründen könne.

Die Auffüllung des Beitragskontos nach § 119 SGB X sei nichts anderes als die Realisierung eines zivilrechtlichen Schadensersatzanspruches. Dieser Vorgang könne nicht Gegenstand eines Verwaltungsverfahrens nach § 8 SGB X sein.Die Prüfung und Feststellung von Anspruchsgrund und -höhe des Beitragsersatzanspruchs nach § 823 ff., 842, 843 i.V.m. § 119 SGB X sei einer hoheitlichen Regelungsbefugnis des Rentenversicherungsträgers im Rahmen des § 31 SGB X gänzlich entzogen. Gleiches gelte auch für die Verbuchung der eingegangenen Schadensersatzbeträge im Versicherungskonto. Die Mitteilung an den Versicherten über die durchgeführten Beitragsregresse diene nur der Bestätigung, treffe selbst aber keine rechtliche Regelung im Sinne eines Verwaltungsaktes. Ein Verwaltungsverfahren im Sinne des § 8 SGB X , das Anlass für eine förmliche Beteiligung des Versicherten nach § 12 SGB X sein könne, finde bei § 119 SGB X nicht statt. Die zivilrechtliche Konstruktion des § 119 SGB X bestimme auch die Rechtswegfrage, was auch daraus ersichtlich sei, dass bislang alle bei der Auslegung des § 119 SGB X entstandenen Zweifelsfragen ausschließlich von den ordentlichen Gerichten entschieden worden seien. Durch den gesetzlichen Forderungsübergang auf den Rentenversicherungsträger ändere sich nicht die Rechtsnatur des übergegangenen Anspruchs. Über Anspruchsgrund und Höhe könnten allein die ordentlichen Gerichte befinden.

Die vom Gesetzgeber eindeutig gewählte zivilrechtliche Konzeption des § 119 SGB X könne nicht mit Hilfe eines sog. sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs in ein "sozialversicherungsrechtliches Ausgleichungsverhältnis" umgedeutet werden. Abgesehen davon, dass die Anspruchsvoraussetzungen eines Herstellungsanspruchs nicht gegeben seien, erfolge die Verwirklichung eines Herstellungsanspruchs in der Regel auch durch Erlass eines begünstigenden Verwaltungsaktes. Bei § 119 SGB X gehe es aber nicht um Durchführung einer Nachversicherung, um die Zulassung einer Beitragsnachentrichtung oder um die Anerkennung von FRG-Zeiten. § 119 SGB X schaffe vielmehr nur die Möglichkeit, die im Wege des Rechtes eingezogenen zivilrechtlichen Schadensersatzpflichtbeiträge zu bewerten und zu verbuchen (§ 119 Abs. 3 S. 1 SGB X). Mit dem Herstellungsanspruch könnten aber nicht rechtliche Gestaltungen vorgenommen werden, die das Gesetz so nicht kenne oder gar ausschließe. Überdies würde sich die Frage ergeben, ob sie für einen Herstellunganspruch die richtige Beklagte wäre, da das Versicherungskonto der Klägerin von der BfA geführt werde. Es bleibe mithin nur die Möglichkeit der Amtshaftungsklage vor den ordentlichen Gerichten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Streitakten, der Verwaltungsakten der Beklagten, der Gegenstand der Entscheidung gewesen ist, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat hat mit dem Einverständnis der Beteiligten ohne (erneute) mündliche Verhandlung durch Urteil entschieden (§ 124 Abs. 2 SGG).

Die zulässige Berufung der Klägerin ist im Ergebnis nicht begründet.

Den Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit hat das Sozialgericht zutreffend bejaht. Die Klägerin begehrt wegen des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs die Vormerkung von Pflichtbeitragszeiten zur gesetzlichen Rentenversicherung. Dabei handelt es sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit in Angelegenheiten der gesetzlichen Rentenversicherung, über die die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit entscheiden (§ 51 Abs. 1 Nr. 1 SGG).

Zu Unrecht hat das Sozialgericht jedoch angenommen, die Klage sei als Leistungsklage gemäß § 54 Abs. 5 SGG statthaft.

Gemäß § 54 Abs. 5 SGG kann mit der Klage die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte. Diese echte Leistungsklage setzt damit u.a. voraus, dass ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen braucht oder auch nicht ergangen ist (vgl. Meyer-Ladewig, Kommentar zum SGG § 54, 41). Hauptanwendungsfall ist der sog. Parteienstreit im Gleichordnungsverhältnis, in dem nicht einseitig durch Verwaltungsakt entschieden werden kann. Über die von Klägerin begehrte Vormerkung einer Beitragszeit (§ 149 SGB VI) ist aber durch Verwaltungsakt zu entscheiden. An einem solchen Verwaltungsakt und dem desweiteren erforderlichen Vorverfahren fehlt es hier aber. Beide sind auch nicht nach § 88 SGG entbehrlich.

Ist ein Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsaktes ohne zureichenden Grund in angemesser Frist sachlich nicht beschieden worden, ist gemäß § 88 Abs. 1 S. 1 SGG die Klage nicht vor Ablauf von 6 Monaten seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsaktes zulässig. Diese Voraussetzungen sind hier entgegen der Ansicht der Klägerin nicht erfüllt.

Die Klägerin hatte vorprozessual nicht den Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsaktes (Vormerkung einer Versicherungszeit) gestellt (§ 88 Abs. 1 SGG), sondern von der Beklagten, bezeichnenderweise von deren Regressabteilung, verlangt, gegenüber der V. Beiträge zu regressieren. Dieses Begehren zielte mithin auf die Geltendmachung des zivilrechtlichen, gemäß § 119 SGB X auf die Beklagte übergegangenen Beitragsschadensersatzanspruchs, nicht auf die Vormerkung von Beitragszeiten, für die ohnehin die Versicherungsabteilung, und zwar wohl die der kontoführenden BfA zuständig gewesen sein dürfte.

Ergänzend weist der Senat daruf hin, dass die Berufung im übrigen selbst dann, wenn man die Klage entgegen den vorstehenden Ausführungen für zulässig erachten wollte, auch deshalb keinen Erfolg haben könnte, weil ein (Herstellungs-) Anspruch auf Vormerkung der geltend gemachten streitigen Beitragszeiten im Sinne des § 119 SGB X nicht besteht.

Gemäß § 119 Abs. 3 SGB X gelten die eingegangenen Beiträge in der Rentenversicherung als Pflichtbeiträge, wenn der Geschädigte im Zeitpunkt des Unfalls pflichtversichert war. Regressierte Beiträge sind aber für die Zeit ab 31.12.1993 insoweit nicht eingegangen. Die Klägerin könnte auch nicht im Wege eines sog. Herstellungsanspruchs so gestellt werden, als seien Beiträge regressiert worden und eingegangen. Die Beklagte weist insoweit zutreffend darauf hin, dass der Gesetzgeber einen zivilrechtlichen Weg für den Regress des Beitragsschadensersatzes gewählt hat und dass die auf den Rentenversicherungsträger übergegangene Forderung eine zivilrechtliche bleibt.Die Frage ob und in welcher Höhe noch ein von der Beklagten gegenüber der V. zu regressierender Anspruch besteht, richtet sich deshalb nach zivilrechtlichen Grundsätzen.

§ 119 SGB X enthält keine sozialrechtlichen Regelungen darüber, wie der Regress des Rentenversicherungsträgers zu erfolgen hat und welche Folgen die Unterlassung eines vom Versicherten für geboten gehaltenen Regresses hat. Eine etwaige Amtspflichtverletzung des Rentenversicherungsträgers könnte daher, wie die Beklagte zu Recht ausgeführt hat, nur im Wege eines Amtshaftungsanspruchs erfolgen.Gegen einen Herstellungsanspruch würde hier i.ü. auch sprechen, dass die dafür typische Konstellation, dass nämlich ein Versicherter durch fehlende oder falsche Informationen seitens des Sozialleistungsträgers zu einer für ihn ungünstigen Disposition bewegt wird (z.B. Unterlassen einer rechtzeitigen Antragstellung etc.), hier nicht gegeben ist.

Die Kostentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Anlass, die Revision zuzulassen, hat nicht bestanden.
Rechtskraft
Aus
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