L 18 V 25/98

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
18
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 8 V 3/96
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 18 V 25/98
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 9 V 79/00 B
Datum
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Voraussetzungen für die Anerkennung einer auf den 2. Weltkrieg oder die
Kriegsgefangenschaft zurückzuführenden posttraumatischen Belastungsstörung
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 29.01.1998 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist, ob psychovegetative Störungen, ein chronisches Ekzem, eine Schließmuskelschwäche und ein Leberschaden als Schädigungsfolgen nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) gemäß § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) anzuerkennen sind.

Der am ...1924 geborene Kläger leistete ab 26.03.1943 Wehrdienst. Am 19.05.1944 erlitt er eine Schussverletzung am linken Fuß. Vom 31.07.1944 bis 10.01.1947 befand er sich in Frankreich in amerikanischer Kriegsgefangenschaft. Ab 1947 arbeitete er wieder bei der Post und schied 1987 als Posthauptsekretär aus dem Dienst.

Am 02.11.1983 stellte der Kläger erstmals einen Antrag auf Anerkennung von Schädigungsfolgen wegen Schlafstörungen, Kopfschmerzen, Atemnot, Schweißausbrüchen, Rückenschmerzen, Unterblutdruck, Verdauungsstörungen, Herz- und Kreislaufstörungen mit Herzrasen, Leberschaden, Fußbeschwerden links, Schmerzen in den Knien, chronisches Ekzem, Armsteife rechte Schulter, Schließmuskelschwäche, Schmerzen in der rechten und linken Hand und Schäden der Herzkranzgefäße. Zur Begründung legte er Fotokopien einer ärztlichen Bescheinigung zur Vorlage bei der Post vom 20.01.1958 sowie eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 11.01.1958 des prakt. Arztes Dr.E.Sch ... vor. Darin wurden dem Kläger eine Kniegelenksentzündung bzw Arthritis rechtes Knie bescheinigt.

Der Beklagte anerkannte nach Untersuchung durch den Internisten Dr.K ... (Gutachten vom 25.09.1984) sowie Zusatzbegutachtungen auf den Gebieten der Orthopädie (Gutachten der Orthopädin Dr.P ... vom 20.09.1984), Dermatologie (Gutachten des Facharztes für Hautkrankheiten Dr.F.W ... vom 29.08.1984) und auf nervenärztlichem Gebiet (Gutachten des Nervenarztes Dr.We ... vom 27.08.1984) mit Bescheid vom 11.10.1984 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 25.01.1985 als Schädigungsfolge eine "Narbe linke Fußsohle nach Durchschuss" ohne Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) rentenberechtigenden Grades. Einen organischen Herzschaden und einen Leberschaden hielt er nicht für nachweisbar. Die Fettleber bei Diabetes mellitus, die Dermatose an Schultern und Armen, das abgeklungene Analekzem bei Hämorrhoiden und die Schließmuskelschwäche, die funktionellen Herz-Kreislaufstörungen bei Blutunterdruck, die Darmverkrampfungen bei vegetativer Übererregbarkeit und Strumektomie sowie den Wirbelsäulenverschleiß führte er nicht auf den Wehrdienst und die Kriegsgefangenschaft zurück.

Mit Bescheid vom 21.01.1986 änderte der Beklagte die Schädigungsfolge in "Narben linker Fuß nach Durchschuss mit Neigung zur Hornbildung im Bereich der Ausschussnarbe".

Eine Klage gegen den Bescheid vom 11.10.1984 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 25.01.1985 wies das Sozialgericht Nürnberg nach Einholung eines Gutachtens von dem Nervenarzt Dr.Z ... vom 03.12.1985 mit Urteil vom 03.12.1985 ab. Die hiergegen eingelegte Berufung (L 15 V 8/86) nahm der Kläger am 19.05.1987 zurück.

Anträge auf Anerkennung eines psychovegetativen Syndroms im Wege des § 44 SGB X vom 24.07.1987, 18.08.1988 und 02.07.1993 waren erfolglos (ablehnender Bescheid vom 17.08.1987 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 26.10.1987, Klagerücknahme vom 04.08.1988 (S 10 V 268/87); Bescheid vom 19.08.1988 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 09.01.1989, klageabweisendes Urteil vom 06.06.1989 (S 15 V 7/89), Berufungsrücknahme L 10 V 129/89; ablehnender Bescheid vom 07.12.1993 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 09.03.1994, Klagerücknahme vom 04.04.1995 im Rechtsstreit S 15 V 33/94).

Am 22.05.1995 beantragte der Kläger erneut die Anerkennung psychischer Störungen, eines chronischen Ekzems sowie eines Leberschadens und einer Schließmuskelverletzung als mittelbare Schädigungsfolgen im Wege des § 44 SGB X. Der Beklagte zog Befundberichte des Hautarztes Dr.J.Ko ... vom 07.07.1995 und des Prof.Dr.P.J ... (Universität E ...) vom 17.08.1995 bei und lehnte eine Rücknahme des Bescheides vom 21.01.1986 und des Bescheides vom 17.08.1987 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 26.10.1987, des Bescheides vom 19.08.1988 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 09.01.1989 sowie des Bescheides vom 07.12.1993 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 09.03.1994 mit Bescheid vom 11.09.1995 ohne weitere Ermittlungen ab. Im Widerspruchsverfahren bedauerte der Kläger, dass sein in den 70-iger Jahren verstorbener Hausarzt Dr.E.Sch ... nicht mehr bestätigen könne, dass er unmittelbar nach der Entlassung aus der Gefangenschaft mit psychovegetativen Beschwerden in ambulanter Behandlung gewesen sei. Er legte nunmehr ein Attest des behandelnden Internisten Dr.M.Sch ... vom 02.10.1995 vor, wonach das vegetative Syndrom und auch das Hautekzem durch Kriegsereignisse verursacht worden sei. Der Beklagte hörte den Neurologen und Psychiater Dr.We ... (Stellungnahme vom 19.10.1995) und den Facharzt für Nervenheilkunde Dr.Schn ... (Stellungnahme vom 02.01.1996) sowie die Ärztin Pause (versorgungsärztliche Stellungnahme vom 15.01.1996) und wies den Widerspruch mit Bescheid vom 22.01.1996 zurück.

Im anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht (SG) Nürnberg hat der Kläger weiterhin die Anerkennung der psychovegetativen Beschwerden und des chronischen Ekzems als Schädigungsfolgen begehrt. Der gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) mit Gutachten vom 16.06.1997 gehörte Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Prof.Dr.Th.G ... hat in seinem Gutachten vom 16.06.1997 die psychovegetativen Behinderungen nicht auf die anerkannte Schädigungsfolge oder die Stapazen während des Rückzuges in der Normandie und das Lagerleben in der Kriegsgefangenschaft, sondern auf die Primärpersönlichkeit des Klägers zurückgeführt. Das Sozialgericht ist dem Antrag des Klägers, Prof.Dr.Th.G ... zu weiteren ihn belastenden Kriegserlebnissen zu hören (Schreiben vom 24.11.1997) nicht nachgekommen und hat die Klage mit Urteil vom 29.01.1998 ohne weitere Ermittlungen abgewiesen.

Gegen dieses Urteil hat der Kläger Berufung eingelegt und die Anerkennung psychovegetativer Beschwerden und eines chronischen Hautekzems sowie zusätzlich eines Leberschadens und einer Schließmuskelschwäche als Schädigungsfolgen im Wege des § 44 SGB X begehrt. Die vom Senat gehörte Prof.Dr.E.-B.B ... hat in ihrem Gutachten vom 10.09.1998 Gesundheitsstörungen auf hautärztlichem Gebiet nicht mit Wahrscheinlichkeit auf Kriegsereignisse zurückgeführt. Der Senat hat gemäß § 109 SGG von PD Dr.Th.L ... ein Gutachten vom 01.09.1999 auf dem Fachgebiet "Psychotherapeutische Medizin" eingeholt. Dr.Th.L ... hat beim Kläger eine durch Kriegsereignisse bedingte posttraumatische Belastungsstörung angenommen und diese mit einer MdE von 25 vH bewertet. Der von Amts wegen nach Aktenlage ergänzend gehörte Prof.Dr.Th.G ... (Gutachten vom 04.05.2000), hat an seiner Auffassung im Gutachten vom 16.06.1997 festgehalten. Der Beklagte hat sich mit den nervenärztlichen Stellungnahmen der Dr.Schr ... vom 25.11.1999/11.07.2000 gegen das Gutachten des Dr.Th.L ... gewandt und sich der Auffassung des Prof.Dr.Th.G ... angeschlossen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des SG Nürnberg vom 29.01.1998 und den Bescheid des Beklagten vom 11.09.1995 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 22.01.1996 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, bei ihm psychovegetative Beschwerden, ein chronisches Ekzem, eine Schließmuskelschwäche sowie einen Leberschaden als weitere Schädigungsfolgen anzuerkennen und ihm Beschädigtenversorgung zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG Nürnberg vom 29.01.1998 zurückzuweisen.

Ergänzend zum Sachverhalt wird auf die Beschädigtenakte und Schwerbehindertenakte des Beklagten, die Personalakte des Klägers, die Archivakten des SG Nürnberg S 7 V 24/85, S 10 V 268/87,S 15 V 7/89, S 15 V 33/94, die Archivakten des Bayer. Landessozialgerichts L 15/V 8/86 und L 10 V 129/89 sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 151 SGG), aber nicht begründet.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung weiterer Schädigungsfolgen und Gewährung einer Versorgungsrente im Wege einer Zugunstenentscheidung gemäß § 44 SGB X.

Liegt bereits eine bindende Verwaltungsentscheidung über die Schädigungsfolgen vor und erweist sich diese nachträglich als unrichtig, ist sie nach § 44 Abs 1 Satz 1 SGB X mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, wenn deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind. Prüfungsmaßstab ist dabei nicht die zweifelsfreie Unrichtigkeit der früheren Entscheidung, sondern es sind die gleichen Beweisanforderungen zu stellen, wie bei einer erstmaligen Prüfung (BSG SozR 3900 § 40 Nr 9).

Nach § 1 Abs 2 a und b BVG erhält Versorgung, wer durch eine unmittelbare Kriegseinwirkung oder eine Kriegsgefangenschaft eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat. Für die Anerkennung einer weiteren Schädigungsfolge ist es erforderlich, dass ein schädigendes Ereignis eine gesundheitliche Schädigung hervorgerufen und diese eine zum Zeitpunkt der Antragstellung noch vorhandene Gesundheitsstörung verursacht hat. Schädigendes Ereignis, gesundheitliche Schädigung und Gesundheitsstörungen müssen dabei jeweils für sich nachgewiesen sein. Für die Anerkennungsfähigkeit der Gesundheitsstörung genügt gemäß § 1 Abs 3 Satz 1 BVG die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs mit der gesundheitlichen Schädigung. Wahrscheinlichkeit im Sinne dieser Vorschrift bedeutet, dass mehr für als gegen den ursächlichen Zusammenhang spricht.

Der Beklagte hat das Recht bei Erlass des Bescheides vom 11.10.1984 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 25.01.1985 nicht unrichtig angewandt und ist nicht von einem Sachverhalt ausgegangen, der sich als unrichtig erweist. Der Senat kann nämlich nicht mit dem erforderlichen Grad der Wahrscheinlichkeit feststellen, dass Kriegseinflüsse die bestehenden psychovegetativen Beschwerden und Hautveränderungen sowie das Leberleiden und die Schließmuskelschwäche hervorgerufen haben. Der Senat folgt im Ergebnis dem Gutachten des Prof. Dr.Th.G ... vom 16.06.1997/04.05.2000. Dem Gutachten des Sachverständigen Dr.Th.L ... kann sich der Senat nicht anschließen, da dieses unschlüssig ist.

Nach den vom Senat nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zu beachtenden Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz 1996 (AHP) muss zwischen dem schädigenden Vorgang und der Gesundheitsstörung eine nicht unterbrochene Kausalkette bestehen, die mit den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaften und den ärztlichen Erfahrungen im Einklang steht. Dabei sind Brückensymptome notwendige Bindeglieder. Fehlen Brückensymptome, so ist die Zusammenhangsfrage besonders sorgfältig zu prüfen und die Stellungnahme an Hand eindeutiger objektiver Befunde überzeugend wissenschaftlich zu begründen (AHP RdNr 37 Abs 4). Vielfach lässt allein der große zeitliche Abstand ohne Brückensymptome den ursächlichen Zusammenhang unwahrscheinlich erscheinen. Die angemessene zeitliche Verbindung bildet in der Regel eine Voraussetzung der Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs (aaO RdNr 38 Abs 3).

Vorliegend fehlt es an den notwendigen Brückensymptomen, um ein während des Krieges bzw der Kriegsgefangenschaft aufgetretenes psychovegetatives Leiden als Schädigungsfolge anzuerkennen. Die zu fordernde zeitliche Verbindung, die für die Annahme der Wahrscheinlichkeit eines ursächlichen Zusammenhangs gegeben sein muss, ist nicht herzustellen. Auch nach den von dem Sachverständigen Dr.Th.L ... genannten medizinischen Vorgaben liegen die Voraussetzungen für die Annahme einer posttraumatischen Belastungsstörung nicht vor. Eine solche setzt nach den Ausführungen des Dr.Th.L ... eine "Einengung der Reagibilität bzw eine verminderte Beteiligung an der äußeren Welt" voraus, die einige Zeit nach dem Trauma beginnt. Diese zeitliche Voraussetzung für die Anerkennung einer posttraumatischen Belastungsstörung entspricht den in der medizinischen Wissenschaft geforderten Kriterien, dass ein ständiges Wiedererleben des traumatischen Erlebnisses und anhaltende Symptome eines erhöhten Erregungsniveaus vorliegen müssen (vgl Rundschreiben des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung vom 06.03.1998; Nr VI 5-50122-2/38, Ärztlicher Sachverständigenbeirat, Tagung der Sektion "Versorgungsmedizin" 12./13.11.1997, Tagesordnung 1.1). Solche Symptome mögen unmittelbar nach dem Erleben der psychischen Belastungen und auch - wie vom Kläger geschildert - unmittelbar nach der Entlassung aus der Kriegsgefangenschaft bestanden haben. Der Kläger kann aber nicht den Nachweis führen, dass diese psychovegetativen Beschwerden von Beginn der Entlassung aus der Kriegsgefangenschaft bis zur Antragstellung 1983 - also immerhin über einen Zeitraum von 36 Jahren - ununterbrochen bestanden haben. Zwar gibt der Kläger an, von 1947 bis zur ersten Antragstellung 1983 an psychovegetativen Beschwerden und Hautveränderungen gelitten zu haben. Diese Angabe vermag aber die Überzeugung des Senats nicht zu begründen, der Kläger sei seit seiner Entlassung ununterbrochen psychisch erkrankt gewesen. Einen entsprechenden Beweis für seine Behauptung vermag der Kläger nicht zu erbringen. Er kann weder Zeugen benennen noch ergeben sich aus den vom Beklagten beigezogenen ärztlichen Unterlagen seines Arbeitgebers irgendwelche Hinweise darauf, dass er durchgängig psychosomatisch erkrankt gewesen ist. Die vom Arbeitgeber von 1947 bis 1984 aufgelisteten Krankheiten weisen lediglich eine Erkrankung wegen neurovegetativer Störungen vom 19.12. bis 31.12.1957 auf. Dies deckt sich mit dem vom Beklagten beigezogenen postärztlichen Untersuchungsergebnis des Amtsarztes Dr.P.F ... vom 23.12.1957, wonach der Kläger vier Wochen nach einer Kropfoperation an einer neurovegetativen Dystonie gelitten hat, ab 01.01.1958 aber wieder als dienstfähig angesehen wurde.

Nach dem im Sozialrecht geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast trägt der Kläger die Beweislast für die Tatsachen, die den von ihm geltend gemachten Anspruch begründen sollen (Mayer-Ladewig, Kommentar zum SGG, 6. Auflage, § 103 RdNr 19a). Zwar kann im Falle eines "Beweisnotstandes", dh in Fällen, in denen für die Feststellung anspruchsbegründender Tatsachen besondere Schwierigkeiten bestehen, eine Beweiserleichterung der Gestalt gewährt werden, dass an die Bildung der richterlichen Überzeugung weniger hohe Anforderungen gestellt werden (zum Beweisnotstand vgl BSG SozR 3 1750 § 44 Nr 1). Ein Anspruch des Klägers ist vorliegend aber deswegen ausgeschlossen, weil dieser vor seinem Antrag im Jahr 1983 Jahrzehnte hat verstreichen lassen und es Beweiserleichterungen nur für kriegsbedingte Beweisnot gibt (vgl BSG SozR 3-3100 § 5 Nr 2). Die bestehende Beweisnot geht daher zu Lasten des Klägers. Der Kläger hätte seinen Antrag auf Anerkennung von psychovegetativen Störungen als Kriegsleiden zeitnah nach der Rückkehr aus der Kriegsgefangenschaft stellen können. Es fällt allein in seinen Verantwortungsbereich, wenn ihm erst nach einem Kuraufenthalt vom 21.06. bis 19.07.1983 "klar wurde", dass die bei ihm vom Kurarzt diagnostizierte "hochgradige vegetative Symptomatik" auf die psychischen Belastungen und Beschwerden während der Krieges und der Gefangenschaft zurückzuführen seien (so Anlage des Klägers in einem Schreiben des Bevollmächtigten des Klägers vom 12.06.1986 im Rechtsstreit L 10 V 8/86). Der Kläger räumt selbst ein, 1960 eine Antragstellung leider unterlassen zu haben (aaO).

Das Vorliegen einer Schädigungsfolge kann aber nicht bejaht werden, wenn ein ursächlicher Zusammenhang nur möglich ist (AHP RdNr 38 Abs 4). Im Hinblick auf die Jahrzehnte lang unterbrochene Kausalkette liegt kein Grad der Wahrscheinlichkeit vor, der ernste Zweifel hinsichtlich einer anderen Möglichkeit der Verursachung ausschließt. Falls andere Möglichkeiten der Verursachung aber ernsthaft in Betracht zu ziehen sind, wird der erforderliche Grad der Wahrscheinlichkeit nicht erreicht (so Rohr/Strässer, Kommentar zum BVG, § 1 RdNr 10). Vielmehr muss ein solcher Grad von Wahrscheinlichkeit bestehen, dass sich darauf vernünftigerweise die Überzeugung vom Kausalzusammenhang gründen kann (Wilke/Fehl, Soziales Entschädigungsrecht, Kommentar, 7. Auflage, § 1 RdNr 65). Vorliegend besteht lediglich die Möglichkeit der Verursachung des psychischen Leidens durch Kriegsereignisse. Das 1983 erstmals für die Zukunft dauerhaft dokumentierte psychische Leiden des Klägers vermag ebenso gut - wovon auch Prof.Dr.Th.G ... ausgeht - seine Ursache in der Primärpersönlichkeit des Klägers haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision im Sinne des § 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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