L 4 B 106/02 KR ER

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 19 KR 943/01 ER
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 4 B 106/02 KR ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts München vom 8. Februar 2002 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Der am 1971 geborene Antragsteller, der bei der Antragsgegnerin versichert ist, leidet an einer chronischen paranoid-halluzinatorischen oder schizo-affektiven Psychose. Er bezieht derzeit eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, die bis Ende 2002 befristet ist. Nach einem Aufenthalt im M.heim (P.) wurde er am 01.09.2001 in die Wohngemeinschaft H. (P.) aufgenommen, deren Träger die Innere Mission München-Diakonie in München und Oberbayern e.V. ist. Die Einrichtung beantragte am 28.08.2001 beim Landratsamt Weilheim-Schongau (Sozialhilfeverwaltung) die Übernahme der Kosten für die Wohngemeinschaft in Höhe von 73,80 DM (Tagessatz). Am 26.09.2001 ging bei diesem Sozialhilfeträger ein Antrag des Antragstellers auf Hilfe zum Lebensunterhalt und Hilfe in besonderen Lebenslagen (Eingliederungshilfe) ein. Der Sozialhilfeträger leitete mit Schreiben vom 18.10.2001 aufgrund der Auffassung des Beigeladenen, die Zuständigkeit der gesetzlichen Krankenkassen sei gegeben, den Antrag an die Antragsgegnerin weiter. Mit Bescheid vom 05.11.2001 lehnte die Antragsgegnerin gegenüber dem Antragsteller die Kostenübernahme für das betreute Wohnen ab. Sie wies dessen Widerspruch mit dem Widerspruchsbescheid vom 10.11. 2001 mit der Begründung zurück, die dem Antragsteller gewährten Leistungen seien Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft, für die die gesetzlichen Krankenkassen als Rehabilitationsträger nicht in Betracht kämen.

Der Antragsteller hat am 29.11.2001 beim Sozialgericht München (SG) durch seinen Betreuer den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt, wonach die Antragsgegnerin die Kosten der medizinischen Rehabilitation zu übernehmen habe. Das SG hat am 22.01.2002 den Bezirk Oberbayern, Sozialhilfeverwaltung, beigeladen und der Betreuer des Antragstellers hat einem Mitarbeiter des Beigeladenen Prozessvollmacht erteilt. Im Erörterungstermin des SG vom 07.02.2002 hat die Antragsgegnerin ein Schreiben der Arbeitsgemeinschaft der Krankenkassenverbände in Bayern an den Verband der Bayerischen Bezirke (Körperschaft des öffentlichen Rechts) vom 29.01.2002 vorgelegt, wonach in einem Gespräch vom 11.12.2001 eine Übereinkunft über die Behandlung von Anträgen auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach dem Sozialgesetzbuch IX im Verhältnis zwischen Krankenkassen und Sozialhilfeträgern erzielt worden ist.

Das SG hat mit Beschluss vom 08.02.2002 den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit der Begründung abgelehnt, aufgrund dieser Vereinbarung sei schon ein Anordnungsgrund zweifelhaft, da auch bei einer Verweisung des Antrags an die Krankenkassen zunächst der Sozialhilfeträger vorzuleisten habe und die Frage der letztendlichen Kostentragung im Rahmen von Erstattungsverfahren geprüft werde. Es fehle auch ein Anordnungsanspruch, da es für die streitige Leistung eine Rechtsgrundlage im Sozialgesetzbuch V nicht gebe. Das Sozialgesetzbuch IX enthalte gleichfalls keine Anspruchsgrundlage für die streitgegenständliche Leistung. Dieses Gesetz ändere an der bestehenden Zuständigkeits- und Leistungsverteilung zwischen den Rehabilitationsträgern nichts. Der Beigeladene sei auch weiterhin im Rahmen der Eingliederungshilfe zur Kostentragung verpflichtet.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Prozessbevollmächtigten des Antragstellers vom 18.03.2002, mit der er geltend macht, die Antragsgegnerin sei vorrangig für die Übernahme der Kosten der Therapie in der Wohngemeinschaft, die eine medizinische Rehabilitationsmaßnahme darstelle, zuständig. Dies ergebe sich insbesondere aus den Vorschriften des Sozialgesetzbuchs IX.

Der Antragsteller beantragt,

den Beschluss des Sozialgerichts München vom 08.02.2002 aufzuheben und die Antragsgegnerin zu verpflichten, die Kosten der Betreuung des Antragstellers in der therapeutischen Wohngemeinschaft H. (P.) ab 29.09. bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Klage des Antragstellers gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 05.11.2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 10.01.2001 zu übernehmen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie ist der Ansicht, sie sei gesetzlich lediglich zur Leistungserbringung im Rahmen des Sozialgesetzbuches V legitimiert und verpflichtet; dieses Gesetz enthalte keine Anspruchsgrundlage für die hier streitgegenständliche Leistung. Die medizinische Rehabilitation setze eine Leistungserbringung unter ärztlicher Aufsicht und Verantwortung voraus, die in der Wohngemeinschaft nicht erbracht werde.

Beigezogen wurden die Akten des SG und der Antragsgegnerin, auf deren Inhalt im Übrigen Bezug genommen wird.

II.

Die frist- und formgerecht eingelegte Beschwerde, der das SG nicht abgeholfen hat, ist zulässig (§§ 172, 173, 174 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).

Die Beschwerde des Antragstellers ist unbegründet. Der angefochtene Beschluss ist nicht zu beanstanden; denn das SG hat zu Recht und mit zutreffenden Gründen den Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt.

Gemäß § 86b Abs.2 SGG i.d.F. des 6. SGGÄndG vom 17.08.2001 (BGBl.I S.2144) kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint.

Es fehlt im vorliegenden Fall sowohl ein Anordnungsanspruch als auch ein Anordnungsgrund. Anordnungsanspruch ist der materielle Anspruch, für den der Antragsteller vorläufigen Rechtsschutz sucht. Er ist identisch mit dem auch im Hauptsacheverfahren geltend zu machenden materiellen Anspruch. Anordnungsgrund ist die Eilbedürftigkeit (Dringlichkeit) der begehrten Sicherung oder Regelung. Aufgrund der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zulässigen summarischen und pauschalen Prüfung der Sach- und Rechtslage kommt der Senat zum Ergebnis, dass der Antrag auf Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung abzulehnen ist.

Als Anspruchsgrundlage für eine Leistungsverpflichtung der Antragsgegnerin kommt allenfalls § 40 Abs.2 Sozialgesetzbuch V (SGB V) in der Fassung des Gesetzes vom 22.12.1999 (BGBl.I S.2626) in Frage. Nach dieser gesetzlichen Vorschrift kann die Krankenkasse stationäre Rehabilitationen mit Unterkunft und Verpflegung in einer Rehabilitationseinrichtung erbringen, mit der ein Vertrag nach § 111 SGB V besteht, falls die Leistung nach Abs.1 (ambulante medizinische Rehabilitation) nicht ausreicht. Abgesehen davon, dass es sich hierbei um eine Ermessensleistung handelt, besteht der Leistungsinhalt nach dem gesetzlichen Wortlaut in einem Komplex von medizinischen Maßnahmen, Unterkunft und Verpflegung. Nach § 107 Abs.2 Nr.2 SGB V geht es bei der stationären medizinischen Rehabilitation hauptsächlich um Maßnahmen, die fachlich-medizinisch unter ständiger ärztlicher Verantwortung und unter Mitwirkung von besonders geschultem Personal darauf abzielen, den Gesundheitszustand der Patienten nach einem ärztlichen Behandlungsplan vorwiegend durch Anwendung von Heilmitteln einschließlich Krankengymnastik, Bewegungstherapie, Sprachtherapie oder Arbeits- und Beschäftigungstherapie, ferner durch andere geeignete Hilfen, auch durch geistige und seelische Einwirkungen zu verbessern und den Patienten bei der Entwicklung eigener Abwehr- und Heilungskräfte zu helfen. Die Unterbringung und Verpflegung sind also demgegenüber notwendige, aber nach dem Leistungszweck nachgeordnete Maßnahmen.

Diesen Erfordernissen genügt die Unterbringung des Antragstellers in der Einrichtung H. nicht. Nach den vom Antragsteller vorgelegten Unterlagen über die Einrichtung handelt es sich hierbei um eine Wohngemeinschaft, deren Hilfe darauf abzielt, Menschen mit seelischer Erkrankung im Anschluss an einen stationären Aufenthalt weiter zu verselbständigen oder einen solchen entbehrlich zu machen durch Begleitung im Alltag und lebenspraktische Förderung, Förderung der beruflichen Integration und integrierte begleitende Hilfe auf der Basis einer offenen und vertrauensvollen Beziehung zwischen Hilfeberechtigten und Betreuungspersonal. Zu den Grundleistungen dieser Einrichtung gehören Vollverpflegung, Haus- und Zimmerreinigung, Wäscheversorgung, Ver-/Entsorgung, Wartung und haustechnischer Dienst. Die Mitarbeiter der Einrichtung bestehen überwiegend aus Sozialpädagogen und Heilerziehungspflegern; mit Ärzten wird zwar kooperiert, sie sind aber in die Organisation der Einrichtung nicht eingebunden. Daraus ergibt sich, dass die Einrichtung nicht unter ständiger ärztlicher Verantwortung steht.

Das am 01.07.2001 in Kraft getretene Sozialgesetzbuch IX (SGB IX), das die Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen regelt (BGBl.I 1046), hat an dieser Rechtsgrundlage nichts geändert. Die Zuständigkeit der Rehabilitationsträger und die Leistungsvoraussetzungen richten sich weiterhin nach den die "Teil-Aufgaben" regelnden besonderen Leistungsgesetzen (§ 7 Satz 2 SGB IX). Das SGB IX fasst insoweit grundsätzlich weder zusammen, noch gestaltet es inhaltlich neu; es weist viel mehr den einzelnen Rehabilitationsträgern lediglich die relevanten Leistungsgruppen (§§ 5, 6 SGB IX) sowie die Leistungen zum Lebensunterhalt (§ 45 Abs.1, 2, 5, 6 SGB IX) deklaratorisch zu. Insbesondere stellt § 26 Abs.1 SGB IX (Leistungen zur medizinischen Rehabilitation) klar, dass der Inhalt dieser Leistung aus der Behandlung durch Ärzte und andere Heilberufe unter ärztlicher Aufsicht oder Anordnung, Früherkennung und Frühförderung Behinderter und von Behinderung bedrohter Kinder, Arznei- und Verbandsmittel, Heilmittel, Psychotherapie als ärztliche oder psychotherapeutische Behandlung, Hilfsmittel sowie Belastungserprobung und Arbeitstherapie besteht.

Gegen eine Verpflichtung zur Kostenübernahme nach § 40 Abs.2 SGB V spricht ferner, dass die Einrichtung, wie den glaubhaften Angaben der Antragsgegnerin zu entnehmen ist, nicht eine zugelassene Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung im Sinne des § 111 SGB V ist.

Erst recht stellt die streitige Leistung keine Krankenhausbehandlung dar (§ 39 SGB V), weil die Leistungen nicht durch eine ständige intensive Behandlung mit Hilfe jederzeit rufbereiter Ärzte durchgeführt wird.

Entgegen der Ansicht des Prozessbevollmächtigten des Antragstellers ergibt sich eine Leistungsverpflichtung der Antragsgegnerin nicht aus § 11 SGB V. Denn Abs.1 dieser Vorschrift zählt lediglich die Leistungsarten auf, deren besondere Leistungsvoraussetzungen, z.B. bei der Behandlung einer Krankheit, in den nachfolgenden Vorschriften geregelt sind. § 11 Abs.2 SGB V ändert daran nichts. Diese Vorschrift verdeutlicht vielmehr, dass die gesetzliche Krankenversicherung für die Rehabilitation nur teilweise zuständig ist. Auch wenn medizinische Leistungen der sozialen und beruflichen Eingliederung dienen können, ist bezüglich der Leistungsverantwortung der gesetzlichen Krankenversicherung auf das Rehabilitationsmittel abzustellen. Die Krankenkassen sind danach grundsätzlich nur für medizinische und ergänzende Mittel zuständig, die unmittelbar an der Behinderung ansetzen und gezielt dem behinderungsspezifischen Ausgleich der ausgefallenen Funktion bzw. als Basisausgleich lebensnotwendiger Grundbedürfnisse dienen (Noftz in Hauck/Haines, SGB V, § 11, Rn.53 mit weiteren Hinweisen auf die ständige höchstrichterliche Rechtsprechung). Der durch das SGB IX angefügte Satz 3 in § 11 SGB V bildet lediglich die krankenversicherungsrechtliche Nahtstelle zum SGB IX. Da dieses Sozialgesetzbuch das Recht der Rehabilitation teilweise zusammenfasst bzw. harmonisiert, bedarf es Normen, die die Anwendungsbereiche und -grenzen bzw. -vorbehalte des zentralen Regelungswerkes und der beim sog. gegliederten System unverändert fortbestehenden Teil-Aufgaben-Regelung abstimmen. Diese Funktion erfüllt im Rahmen des SGB IX dessen § 7 und im Rahmen des SGB V § 11 Abs.2 Satz 3 SGB V (Hauck/Haines, a.a.O., Rn.55a). § 11 Abs.2 Satz 3 SGB V bestätigt somit die allgemeine Norm und schränkt den Abweichungsvorbehalt auf Einzelregelungen im SGB V ein.

Entgegen dem Prozessbevollmächtigten des Antragstellers führt auch das SGB IX nicht zu einer Leistungsverpflichtung der Antragsgegnerin. § 26 SGB IX (Leistungen zur medizinischen Rehabilitation) enthält in Abs.1 lediglich eine Zielbestimmung und regelt in den Abs.2 und 3 den oben genannten Leistungsumfang. Die Bestimmung ändert nichts daran, dass sich die Leistungsverpflichtung der gesetzlichen Krankenkassen zur medizinischen Rehabilitation nach § 27 Abs.1 Nr.6 in Verbindung mit § 40 SGB V und der hiermit akzessorischen Norm des § 43 SGB V richtet. Auch § 55 SGB IX (Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft) führt gleichfalls nicht zu einer Leistungsverpflichtung der Antragsgegnerin. Zwar zählt Abs.2 Nr.6 dieser Vorschrift zum Leistungsinhalt auch Hilfen zu selbstbestimmtem Leben in betreuten Wohnmöglichkeiten. Zuständige Leistungsträger sind aber nicht die gesetzlichen Krankenkassen, sondern u.a. die Träger der Sozialhilfe gemäß § 6 Abs.1 Nr.7 in Verbindung mit § 5 Nr.4 SGB IX. Schließlich enthalten auch die Allgemeinen Regelungen des SGB IX (§§ 5, 6, 7, 14 SGB IX) keine Leistungsverpflichtung der Antragsgegnerin. §§ 5 und 6 SGB IX nennen lediglich die Leistungsgruppen und Rehabilitationsträger, enthalten somit einen Überblick über den bestehenden Leistungskatalog und stellen klar, dass das sogenannte gegliederte System im Grundsatz beibehalten werden soll, in dem die einschlägigen Sozialleistungen durch verschiedene Sozialleistungsträger erbracht werden und in deren spezifische Systemzusammenhänge eingebunden sind. Sie stellen keine eigenständigen Anspruchsnormen dar. Der bereits oben genannte § 7 SGB IX (Vorbehalt abweichender Regelung) bestimmt, dass der generelle Vorrang der besonderen für den einzelnen Rehabilitationsträger maßgebenden Rechtsvorschriften auch weiterhin hinsichtlich der Zuständigkeit und der Leistungsvoraussetzung gilt. § 14 SGB IX (Zuständigkeitserklärung) enthält eine reine Verfahrensregelung. Sie soll im Interesse behinderter und von Behinderung bedrohter Menschen durch rasche Klärung von Zuständigkeiten Nachteilen des gegliederten Systems entgegenwirken. Es ist ihr Ziel, durch ein auf Beschleunigung gerichtetes Zuständigkeitsklärungsverfahren die möglichst schnelle Leistungserbringung zu sichern (vgl. hierzu insgesamt Götze in Hauck/Noftz, SGB IX, § 5 Rn.1; § 6 Rn.1; § 7 Rn.2, 4 und § 14 Rn.1 mit jeweils weiteren Nachweisen).

Wie das SG auch zu Recht ausgeführt hat, fehlt es an einem Anordnungsgrund. Dem Antragsteller, der sich bereits an den nächsten Träger der Sozialhilfe gewandt hat, war es zuzumuten, eine Entscheidung des Sozialhilfeträgers herbeizuführen und gegebenenfalls von vornherein den Weg zu den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit zu beschreiten. Trotz des Grundsatzes der Subsidiarität der Sozialhilfe (§ 2 Abs.1 Bundessozialhilfegesetz - BSHG) sind deren Träger verpflichtet, bei einem aktuellen Hilfebedarf sofort einzutreten. Damit ist es nicht zu vereinbaren, den Hilfesuchenden auf von vornherein ungeeignete Rechtsbehelfe zu verweisen. Sollte jedoch der zuständige Sozialhilfeträger die Kosten des betreuten Wohnens in der H. bisher übernommen haben, bestünde kein Grund zur Annahme eines Rechtsschutzbedürfnisses für das vorliegende, vom Hilfesuchenden betriebene Verfahren. Es ist überdies nicht der Zweck des Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes, Rechtsfragen der Abgrenzung der Leistungszuständigkeiten zwischen der gesetzlichen Krankenversicherung und der Sozialhilfe eingehend zu klären, sondern einstweiligen Rechtsschutz zu gewähren, wenn anders dem Antragsteller eine erhebliche, über Randbereiche hinausgehende Verletzung in einem Grundrecht droht, die durch die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden kann, es sei denn, dass ausnahmsweise überwiegende, besonders gewichtige Gründe entgegenstehen (Bundesverfassungsgericht NJW 1989, 827 = BayVBl 1989, 207).

Hinzu kommt, dass nach der von der Antragsgegnerin dem SG vorgelegten Schreiben der Arbeitsgemeinschaft der Krankenkassenverbände in Bayern an den Verband der Bayerischen Bezirke (Körperschaft des öffentlichen Rechts) vom 29.01.2002 zwischen diesen Beteiligten für Fälle der vorliegenden Art eine Verfahrensweise vereinbart wurde, um etwaige Differenzen über Leistungszuständigkeiten "nicht auf dem Rücken der betroffenen Behinderten und den Einrichtungen" auszutragen. Danach soll ein bei dem zuständigen Sozialhilfeträger (erstangegangener Träger) eingereichter Kostenübernahmeantrag an die Krankenkasse im Rahmen der Fristen des § 14 SGB IX weitergeleitet werden. Lehnt die Krankenkasse diesen Antrag durch rechtsmittelfähigen Bescheid, wovon der Sozialhilfeträger einen Abdruck erhält, ab, tritt der Sozialhilfeträger gemäß § 44 BSHG in Vorleistung und macht bei der Krankenkasse gemäß § 102 SGB X einen Erstattungsanspruch geltend. Die Krankenkasse bestätigt dem Sozialhilfeträger umgehend den Eingang des Erstattungsanspruchs. Diese auf Konsens beruhende verfahrensrechtliche Regelung schließt einen Anordnungsgrund aus.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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