Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
19
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 10 AS 98/05 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 19 B 100/05 AS ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Sozialgerichts Detmold vom 21.10.2005 geändert. Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, die dem Antragsteller mit Bescheid vom 30.05.2005 für die Zeit vom 01. Juli bis 30. September 2005 bewilligten Leistungen vollständig auszukehren. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen. Die Antragsgegnerin hat dem Antragsteller ein Drittel der außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens zu erstatten.
Gründe:
Die Antragsgegnerin (Ag), die als vom Kreis herangezogene zuständige Gemeinde dem Antragsteller (Ast) zuletzt mit Bescheid vom 30.05.2005 Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) für die Zeit von April bis September 2005 in Höhe von monatlich 871,75 Euro bewilligt hatte, stellte diese mit Bescheid vom 28.06. 2005 vorläufig ein, nachdem sie Kenntnis davon erhalten hatte, dass der Ast als Alleinunterhalter Zeitungsinserate geschaltet hatte. Hiergegen legte der Ast, der bestritt aus einer entsprechenden Tätigkeit Einkünfte erzielt zu haben, Widerspruch ein und beantragte am 20.07.2005 beim Sozialgericht (SG) Detmold die Ag im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 29.06.2005 gegen den Bescheid der Ag vom 28.06.2005 anzuordnen. Mit Bescheid vom 26.08.2005 hat die Ag auf Weisung des Kreises, der die Auffassung vertritt, selbst richtiger Antragsgegner zu sein, dem Ast rückwirkend ab 01.07.2005 80 % der Regelleistungen ohne Unterkunftskosten bewilligt.
Mit Beschluss vom 21.10.2005 hat das SG nach Beweisaufnahme den Antrag abgelehnt. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.
Die dagegen gerichtete Beschwerde ist zulässig und richtet sich zutreffenderweise gegen die passiv legitimierte Ag.
Die Passivlegitimation der Gemeinde im Rahmen ihrer Heranziehung durch den Kreis nach § 6 Abs. 2 S. 1 SGB II ist für das einstweilige Rechtsschutzverfahren nicht nach § 8 S. 1 der Satzung über die Durchführung der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II im Kreis Minden-Lübbecke – SGB II-Satzung – (Amtliches Kreisblatt 2004, S. 265) ausgeschlossen. Nach dieser Vorschrift obliegt die Durchführung von Rechtsbehelf- und Rechtsstreitverfahren in allen Fällen dem Kreis. Diese Regelung steht zunächst mit § 6 Abs. 2 S. 1, 2. Halbsatz SGB II in Einklang, wonach der Kreis den Widerspruchsbescheid erlässt (vgl. auch § 99 SGB XII; § 96 Bundessozialhilfegesetz – BSHG -). Wenn § 8 S. 1 der SGB II-Satzung sodann die Zuständigkeit für Rechtsstreitverfahren bestimmt, so bezieht sich dies nach der Systematik und dem Sinn und Zweck der Regelung nur auf die dem Widerspruchsverfahren folgenden gerichtlichen Verfahren. Zum einen wäre anderenfalls die in § 5 Nr. 2 der SGB II-Satzung getroffene weitere Regelung für bestimmte Gerichtsverfahren, denen – je nach Rechtsansicht (vgl. Blüggel in Eicher/Spellbrink, Kommentar zum SGG, Rd.Nr. 22 zu § 62) – ein Widerspruchsverfahren nicht vorausgeht, überflüssig. Für die Regelung der Zuständigkeit in § 8 S. 1 SGB II-Satzung konnte der Satzungsgeber zum anderen Anlass sehen, weil schon bezüglich der Rechtslage nach dem BSHG im Falle der Aufgabendelegation umstritten war, gegen wen sich die Klage – Ausgangs- oder Widerspruchsbehörde – zu richten hatte(vgl. einerseits Schellhorn, Kommentar zum BSHG, 16. Auflage, Rdnr. 20 zu § 96; andererseits Schoch in LPK-BSHG, Rd. Nr. 9 zu § 96 m. w. N.). Allerdings enthält § 78 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) eine Regelung, welche Behörde insoweit richtiger Beklagter ist. Eine entsprechende Bestimmung fehlt jedoch im SGG. Ob der Kreis daher befugt ist, seine Zuständigkeit für das gerichtliche Hauptsacheverfahren satzungsmäßig zu regeln, bedarf jedoch vorliegend ebenso wenig einer abschließenden Entscheidung wie die Frage des rechtlichen Charakters der "Heranziehung" der Gemeinden nach § 6 Abs. 2 S. 1 SGB II (vgl. dazu Rixen in Eicher/Spellbrink aaO, Rdnr. 11 zu § 6; Wahrendorf in Grube/Wahren-dorf, Kommentar zum SGB XII, Rdnr. 5 zu § 99; Schmidt-Jortzig/Wolffgang VerwArch Bd. 75 S. 107).
Ist § 8 der SGB II-Satzung nur auf das Widerspruchs- und Klageverfahren anzuwenden (so früher im Ergebnis auch LSG NRW Beschl. vom 30.09.2005 – L 9 B 49/05 AS ER -), spricht nichts dagegen, die Gemeinde, die im eigenen Namen entscheidet (§ 5 Abs. 2 AG-SGB II NRW – GV.NRW 2004 821) als richtigen Antragsgegner im einstweiligen Rechtsschutzverfahren anzusehen, denn sie ist auch diejenige, die zunächst zur Abhilfeentscheidung über den Widerspruch, der regelmäßig mit dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung einhergeht, nach § 85 Abs. 1 SGG berufen ist (vgl. Meyer/Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 8. Aufl., Rd.Nr. 2 zu § 85). Seine bisherige entgegenstehen-de Rechtsprechung (Beschl. vom 21.12.2005 – L 19 B 95/05 AS -; vgl. auch LSG NRW Beschl. vom 22.11.2005 – L 12 B 38/05 AS ER -; LSG NRW Beschl. vom 24.11.2005 – L 9 B 87/05 AS ER) gibt der Senat auf.
Die Beschwerde ist aber nur teilweise begründet. Entgegen der Auffassung des SG kann der Ast von der Ag die Zahlung der Differenz des durch den Bescheid vom 30.05.2005 bewilligten und des nach vorübergehender Ein-stellung der Leistung wieder mit Bescheid vom 26.08.2005 bis zum 30.09.2005 ausgekehrten Betrages begehren. Dabei kann dahin stehen, ob sich insoweit der einstweilige Rechtsschutz nach § 86 b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG oder nach § 86 b Abs. 2 S. 1 SGG richtet. Nach ersterer Vorschrift kann in Fällen, in denen wie hier gemäß § 86 a Abs. 2 Nr. 4 SGG iVm § 39 Nr. 1 SGB II der Widerspruch keine aufschiebende Wirkung hat, dieser ganz oder teilweise angeordnet werden. Soweit ein Fall des Abs. 1 nicht vorliegt, bestimmt § 86 b Abs. 2 S. 1 SGG, dass das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen kann, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Ast vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Der vorläufige Einstellungsbescheid, mit dem in die Rechtsposition des Ast eingegriffen worden ist, hat seine Wirkung nicht durch die Wiederbewilligung der Leistungen ab dem 01.07.2005 verloren. Letztere beschränkt sich nämlich auf einen Teil der Leistungen und umfasst keine Beträge für Unterkunftskosten, die durch die frühere Bewilligung bis zum 30.09.2005 zuerkannt waren. Rechtsgrundlage für die vorläufige Einstellung der Leistungen konnte allein § 40 Abs. 1 Nr. 2 SGB II i.V.m. § 331 SGB III sein. Nach § 331 Abs. 2 SGB II hat der zuständige Träger eine vorläufig eingestellte laufende Leistung jedoch unverzüglich nachzuzahlen, soweit der Bescheid, aus dem sich der Anspruch ergibt, zwei Monate nach der vorläufigen Einstellung der Zahlung nicht mit Wirkung für die Vergangenheit aufgehoben ist. Da die Ag eine solche Aufhebungsentscheidung nicht erlassen hat, ist sie zur Nachzahlung der bis zum 30.09.2005 bewilligten Leistung in vollem Umfang verpflichtet. Da die Leistung "unverzüglich" nach § 331 Abs. 2 SGB III nachzuzahlen ist, ist es dem Berechtigten nicht zumutbar, auf das Hauptsacheverfahren verwiesen zu werden, da dies einer Vereitelung seiner Rechte gleich käme, so dass auch die Voraussetzungen des § 86 b Abs. 2 S. 1 SGG gegeben sind.
Soweit der Ast die vorläufige Verpflichtung der Ag ab dem 01.10.2005 begehrt, hat das SG nach sorgfältigen Ermittlungen zu Recht erkannt, dass die Voraussetzungen des § 86 b Abs. 2 S. 2 SGG nicht vorliegen. Danach sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch sind glaubhaft zu machen (§ 86 b Abs. 2 S. 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung – ZPO -).
Der Ast hat jedenfalls einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht, weil er der Ag offensichtlich Einkünfte verschweigt, so dass der Grad seiner Bedürftigkeit (§ 9 SGB II) nicht feststellbar ist. Nach der auf Anforderung des Senats vom Ast vorgelegten Aufstellung hat er im Zeitraum von Juli 2005 bis Januar 2006 Einnahmen in Höhe von 10.282,00 Euro und Ausgaben in Höhe von 9.975,00 Euro gehabt. Darin enthalten sind unter anderem Mieteinkünfte für die Monate Juli bis Oktober 2005 von 1800,00 Euro. Die Zeugin T X, die zusammen mit ihrer Schwester Mieterin des Ast ist und die diesem laufend Darlehen gewährt haben, hat bei ihrer Vernehmung am 20.10.2005 vor dem SG bekundet, dass beide dem Ast "regelrechte Miete nicht gezahlt haben". Dafür, dass die Zeugin die Unwahrheit gesagt haben könnte, fehlen jegliche Anhaltspunkte, zumal ihre Erklärung im Hinblick auf die nicht unerheblichen Darlehensgewährungen plausibel ist. Zieht man entsprechende Mieteinnahmen daher ab, so ergeben sich nach der Aufstellung des Ast höhere Ausgaben als Einnahmen. Dies spricht aber dafür, dass der Ast seine wirklichen Einnahmen verschweigt. Ebensowenig hat er verschiedene Bareinzahlungen auf sein Konto im Zeitraum vom 03.06. bis 01.09.2005 erklärt. Wie hoch die Einkünfte des Ast tatsächlich sind und woraus sie resultieren – Unterhaltertätigkeit, Keyboardunterricht oder sonstiges – lässt sich im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nicht klären. Bei der im Rahmen des § 86 b Abs. 2 S. 2 SGG erforderlichen Interessenabwägung ist jedoch zu berücksichtigen, dass die Ag dem Ast ohnehin 80 % der Grundleistungen nach dem SGB II zahlt. Zum anderen ist es nicht hinzunehmen, dass sich derjenige, der durch unzutreffende Angaben eine Klärung des Sachverhalts verhindert, zu Lasten der Allgemeinheit Leistungen verschafft, selbst wenn diese nur darlehensweise gewährt werden, da deren Rückzahlung ungewiss ist. Daher ist den von der Ag vertretenen Belangen der Allgemeinheit hier der Vorrang gegenüber dem Interesse des Ast einzuräumen, so dass sein weitergehender Antrag abzulehnen war.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Gründe:
Die Antragsgegnerin (Ag), die als vom Kreis herangezogene zuständige Gemeinde dem Antragsteller (Ast) zuletzt mit Bescheid vom 30.05.2005 Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) für die Zeit von April bis September 2005 in Höhe von monatlich 871,75 Euro bewilligt hatte, stellte diese mit Bescheid vom 28.06. 2005 vorläufig ein, nachdem sie Kenntnis davon erhalten hatte, dass der Ast als Alleinunterhalter Zeitungsinserate geschaltet hatte. Hiergegen legte der Ast, der bestritt aus einer entsprechenden Tätigkeit Einkünfte erzielt zu haben, Widerspruch ein und beantragte am 20.07.2005 beim Sozialgericht (SG) Detmold die Ag im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 29.06.2005 gegen den Bescheid der Ag vom 28.06.2005 anzuordnen. Mit Bescheid vom 26.08.2005 hat die Ag auf Weisung des Kreises, der die Auffassung vertritt, selbst richtiger Antragsgegner zu sein, dem Ast rückwirkend ab 01.07.2005 80 % der Regelleistungen ohne Unterkunftskosten bewilligt.
Mit Beschluss vom 21.10.2005 hat das SG nach Beweisaufnahme den Antrag abgelehnt. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.
Die dagegen gerichtete Beschwerde ist zulässig und richtet sich zutreffenderweise gegen die passiv legitimierte Ag.
Die Passivlegitimation der Gemeinde im Rahmen ihrer Heranziehung durch den Kreis nach § 6 Abs. 2 S. 1 SGB II ist für das einstweilige Rechtsschutzverfahren nicht nach § 8 S. 1 der Satzung über die Durchführung der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II im Kreis Minden-Lübbecke – SGB II-Satzung – (Amtliches Kreisblatt 2004, S. 265) ausgeschlossen. Nach dieser Vorschrift obliegt die Durchführung von Rechtsbehelf- und Rechtsstreitverfahren in allen Fällen dem Kreis. Diese Regelung steht zunächst mit § 6 Abs. 2 S. 1, 2. Halbsatz SGB II in Einklang, wonach der Kreis den Widerspruchsbescheid erlässt (vgl. auch § 99 SGB XII; § 96 Bundessozialhilfegesetz – BSHG -). Wenn § 8 S. 1 der SGB II-Satzung sodann die Zuständigkeit für Rechtsstreitverfahren bestimmt, so bezieht sich dies nach der Systematik und dem Sinn und Zweck der Regelung nur auf die dem Widerspruchsverfahren folgenden gerichtlichen Verfahren. Zum einen wäre anderenfalls die in § 5 Nr. 2 der SGB II-Satzung getroffene weitere Regelung für bestimmte Gerichtsverfahren, denen – je nach Rechtsansicht (vgl. Blüggel in Eicher/Spellbrink, Kommentar zum SGG, Rd.Nr. 22 zu § 62) – ein Widerspruchsverfahren nicht vorausgeht, überflüssig. Für die Regelung der Zuständigkeit in § 8 S. 1 SGB II-Satzung konnte der Satzungsgeber zum anderen Anlass sehen, weil schon bezüglich der Rechtslage nach dem BSHG im Falle der Aufgabendelegation umstritten war, gegen wen sich die Klage – Ausgangs- oder Widerspruchsbehörde – zu richten hatte(vgl. einerseits Schellhorn, Kommentar zum BSHG, 16. Auflage, Rdnr. 20 zu § 96; andererseits Schoch in LPK-BSHG, Rd. Nr. 9 zu § 96 m. w. N.). Allerdings enthält § 78 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) eine Regelung, welche Behörde insoweit richtiger Beklagter ist. Eine entsprechende Bestimmung fehlt jedoch im SGG. Ob der Kreis daher befugt ist, seine Zuständigkeit für das gerichtliche Hauptsacheverfahren satzungsmäßig zu regeln, bedarf jedoch vorliegend ebenso wenig einer abschließenden Entscheidung wie die Frage des rechtlichen Charakters der "Heranziehung" der Gemeinden nach § 6 Abs. 2 S. 1 SGB II (vgl. dazu Rixen in Eicher/Spellbrink aaO, Rdnr. 11 zu § 6; Wahrendorf in Grube/Wahren-dorf, Kommentar zum SGB XII, Rdnr. 5 zu § 99; Schmidt-Jortzig/Wolffgang VerwArch Bd. 75 S. 107).
Ist § 8 der SGB II-Satzung nur auf das Widerspruchs- und Klageverfahren anzuwenden (so früher im Ergebnis auch LSG NRW Beschl. vom 30.09.2005 – L 9 B 49/05 AS ER -), spricht nichts dagegen, die Gemeinde, die im eigenen Namen entscheidet (§ 5 Abs. 2 AG-SGB II NRW – GV.NRW 2004 821) als richtigen Antragsgegner im einstweiligen Rechtsschutzverfahren anzusehen, denn sie ist auch diejenige, die zunächst zur Abhilfeentscheidung über den Widerspruch, der regelmäßig mit dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung einhergeht, nach § 85 Abs. 1 SGG berufen ist (vgl. Meyer/Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 8. Aufl., Rd.Nr. 2 zu § 85). Seine bisherige entgegenstehen-de Rechtsprechung (Beschl. vom 21.12.2005 – L 19 B 95/05 AS -; vgl. auch LSG NRW Beschl. vom 22.11.2005 – L 12 B 38/05 AS ER -; LSG NRW Beschl. vom 24.11.2005 – L 9 B 87/05 AS ER) gibt der Senat auf.
Die Beschwerde ist aber nur teilweise begründet. Entgegen der Auffassung des SG kann der Ast von der Ag die Zahlung der Differenz des durch den Bescheid vom 30.05.2005 bewilligten und des nach vorübergehender Ein-stellung der Leistung wieder mit Bescheid vom 26.08.2005 bis zum 30.09.2005 ausgekehrten Betrages begehren. Dabei kann dahin stehen, ob sich insoweit der einstweilige Rechtsschutz nach § 86 b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG oder nach § 86 b Abs. 2 S. 1 SGG richtet. Nach ersterer Vorschrift kann in Fällen, in denen wie hier gemäß § 86 a Abs. 2 Nr. 4 SGG iVm § 39 Nr. 1 SGB II der Widerspruch keine aufschiebende Wirkung hat, dieser ganz oder teilweise angeordnet werden. Soweit ein Fall des Abs. 1 nicht vorliegt, bestimmt § 86 b Abs. 2 S. 1 SGG, dass das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen kann, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Ast vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Der vorläufige Einstellungsbescheid, mit dem in die Rechtsposition des Ast eingegriffen worden ist, hat seine Wirkung nicht durch die Wiederbewilligung der Leistungen ab dem 01.07.2005 verloren. Letztere beschränkt sich nämlich auf einen Teil der Leistungen und umfasst keine Beträge für Unterkunftskosten, die durch die frühere Bewilligung bis zum 30.09.2005 zuerkannt waren. Rechtsgrundlage für die vorläufige Einstellung der Leistungen konnte allein § 40 Abs. 1 Nr. 2 SGB II i.V.m. § 331 SGB III sein. Nach § 331 Abs. 2 SGB II hat der zuständige Träger eine vorläufig eingestellte laufende Leistung jedoch unverzüglich nachzuzahlen, soweit der Bescheid, aus dem sich der Anspruch ergibt, zwei Monate nach der vorläufigen Einstellung der Zahlung nicht mit Wirkung für die Vergangenheit aufgehoben ist. Da die Ag eine solche Aufhebungsentscheidung nicht erlassen hat, ist sie zur Nachzahlung der bis zum 30.09.2005 bewilligten Leistung in vollem Umfang verpflichtet. Da die Leistung "unverzüglich" nach § 331 Abs. 2 SGB III nachzuzahlen ist, ist es dem Berechtigten nicht zumutbar, auf das Hauptsacheverfahren verwiesen zu werden, da dies einer Vereitelung seiner Rechte gleich käme, so dass auch die Voraussetzungen des § 86 b Abs. 2 S. 1 SGG gegeben sind.
Soweit der Ast die vorläufige Verpflichtung der Ag ab dem 01.10.2005 begehrt, hat das SG nach sorgfältigen Ermittlungen zu Recht erkannt, dass die Voraussetzungen des § 86 b Abs. 2 S. 2 SGG nicht vorliegen. Danach sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch sind glaubhaft zu machen (§ 86 b Abs. 2 S. 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung – ZPO -).
Der Ast hat jedenfalls einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht, weil er der Ag offensichtlich Einkünfte verschweigt, so dass der Grad seiner Bedürftigkeit (§ 9 SGB II) nicht feststellbar ist. Nach der auf Anforderung des Senats vom Ast vorgelegten Aufstellung hat er im Zeitraum von Juli 2005 bis Januar 2006 Einnahmen in Höhe von 10.282,00 Euro und Ausgaben in Höhe von 9.975,00 Euro gehabt. Darin enthalten sind unter anderem Mieteinkünfte für die Monate Juli bis Oktober 2005 von 1800,00 Euro. Die Zeugin T X, die zusammen mit ihrer Schwester Mieterin des Ast ist und die diesem laufend Darlehen gewährt haben, hat bei ihrer Vernehmung am 20.10.2005 vor dem SG bekundet, dass beide dem Ast "regelrechte Miete nicht gezahlt haben". Dafür, dass die Zeugin die Unwahrheit gesagt haben könnte, fehlen jegliche Anhaltspunkte, zumal ihre Erklärung im Hinblick auf die nicht unerheblichen Darlehensgewährungen plausibel ist. Zieht man entsprechende Mieteinnahmen daher ab, so ergeben sich nach der Aufstellung des Ast höhere Ausgaben als Einnahmen. Dies spricht aber dafür, dass der Ast seine wirklichen Einnahmen verschweigt. Ebensowenig hat er verschiedene Bareinzahlungen auf sein Konto im Zeitraum vom 03.06. bis 01.09.2005 erklärt. Wie hoch die Einkünfte des Ast tatsächlich sind und woraus sie resultieren – Unterhaltertätigkeit, Keyboardunterricht oder sonstiges – lässt sich im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nicht klären. Bei der im Rahmen des § 86 b Abs. 2 S. 2 SGG erforderlichen Interessenabwägung ist jedoch zu berücksichtigen, dass die Ag dem Ast ohnehin 80 % der Grundleistungen nach dem SGB II zahlt. Zum anderen ist es nicht hinzunehmen, dass sich derjenige, der durch unzutreffende Angaben eine Klärung des Sachverhalts verhindert, zu Lasten der Allgemeinheit Leistungen verschafft, selbst wenn diese nur darlehensweise gewährt werden, da deren Rückzahlung ungewiss ist. Daher ist den von der Ag vertretenen Belangen der Allgemeinheit hier der Vorrang gegenüber dem Interesse des Ast einzuräumen, so dass sein weitergehender Antrag abzulehnen war.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
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