L 5 KR 242/05

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 32 KR 666/03
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 5 KR 242/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 29. Juni 2005 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitgegenstand ist die Kostenübernahme für die Kryokonservierung männlicher Samenzellen bis zur Vollendung des 50. Lebensjahres.

Der 1971 geborene Kläger, Vater von zwei Kindern, ist bei der Beklagten freiwillig versichert. Wegen eines Lymphoms wurde er mit Chemotherapie behandelt. Davor wurde im August 2001 eine Kryospermaasservation vorgenommen, weil eine vorübergehende oder dauerhafte Schädigung der Fertilität zu befürchten war. Nach Vorlage einer Rechnung und ärztlicher Empfehlung des Klinikums der L.-Universität M. (L.) übernahm die Beklagte die Kosten für das Kryospermadepot aufgrund einer mündlichen Vereinbarung für zwei Jahre bis 25.07.2003.

Am 21.03.2003 legte der Kläger ein ärztliches Attest der L. vom 19.02.2003 vor, dass wegen fortbestehenden Fehlens der Fertilität die Aufrechterhaltung des Depots medizinisch zu empfehlen sei. Mit der L. vereinbarte der Kläger am 19.02.2003 die Kryokonservierung bis 25.07.2005 gegen ein Entgelt von 400,00 EUR. Die Beklagte übernahm ausnahmsweise und ohne Anerkennung einer Rechtspflicht sowie letztmalig einen Zuschuss in Höhe von 70 % für zwei Jahre mit Schreiben vom 06.05.2003.

Dem widersprach der Kläger am 27.05.2003 mit der Begründung, es habe sich seit 2001 keine Änderung der Rechtslage ergeben und nach wie vor werde die Kryokonservierung medizinisch empfohlen Die Beklagte wies den Widerspruch am 24.07.2003 zurück. Das Einfrieren und Lagern des Spermas stelle keine ärztliche Behandlung im Sinne des § 27 SGB V dar. Bei der ärztlichen Empfehlung handle es sich um keine Verordnung im Sinne der gesetzlichen Krankenversicherung. Die frühere Übernahme sei rechtswidrig, daraus könne kein Vertrauensschutz abgeleitet werden.

Dagegen hat der Kläger am 07.08.2003 Klage erhoben und erneut darauf hingewiesen, es habe sich keine Änderung der Rechtslage ergeben. Fünf Versuche der künstlichen Befruchtung seien erfolglos geblieben, so dass die Aufrechterhaltung des Depots weiterhin notwendig sei.

Das Sozialgericht hat die Klage am 29.06.2005 abgewiesen. Die Kryokonservierung stelle keine ärztliche Behandlung dar, sondern nur eine unselbständige Vorbereitungsmaßnahme für die künstliche Befruchtung. Deren Kostenübernahme sei nach höchstrichterlicher Rechtsprechung auf Maßnahmen in Zusammenhang mit dem einzelnen Befruchtungsvorgang beschränkt. Eine Bindung der Beklagten an die Kostenübernahme im Jahr 2001 sei schon deswegen nicht gegeben, da diese zeitlich befristet gewesen sei.

Gegen dieses am 23.07.2005 zugestellte Urteil hat der Kläger am 19.08.2005 Berufung eingelegt und auf die Klagebegründung Bezug genommen.

Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts München vom 29.06.2005 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung ihres Bescheides vom 06.05.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.07.2003 zu verurteilen, die Kosten für die Kryokonservierung ab 26.07.2003 bis zur Vollendung des 50. Lebensjahres in voller Höhe zu übernehmen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 29.06.2005 zurückzuweisen.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Beklagtenakten, der Akten des Sozialgerichts München sowie der Berufungsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, erweist sich jedoch als unbegründet. Das Urteil des Sozialgerichts München vom 29.06.2005 ist in keinerlei Hinsicht zu beanstanden. Der Bescheid der Beklagten vom 06.05.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.07.2003 stellt keine Rechtsverletzung des Klägers dar. Dieser hat keinen Anspruch auf eine Kostenübernahme für die Kryokonservierung.

Zutreffend hat das Sozialgericht die möglichen Rechtsgrundlagen, die höchstrichterliche Rechtsprechung sowie die fehlenden Voraussetzungen im konkreten Fall für die Erfüllung einer Anspruchsnorm dargestellt. Von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe wird daher gemäß § 153 Abs.2 SGG abgesehen.

Ganz entscheidend ist, dass die Kryokonservierung menschlicher Keimzellen schon generell nicht zu den Leistungen nach § 27a SGB V gehört. Dies hat das Bundessozialgericht wiederholt festgestellt (Urteil vom 22. März 2005, SozR 4-2500 § 27a Nr.1; Urteil vom 25. Mai 2000, SozR 3-2500 § 27a Nr.1; Beschluss vom 9. Dezember 2004, Az.: B 1 KR 95/03 B). "Maßnahme" im Sinne des § 27a Abs.1 SGB V ist die Substitution des singulären Zeugungsaktes. Sie beschränkt sich in der zeitlichen Dimension auf den einzelnen substituierten Akt, was sich aus dem Wortlaut des § 27a Abs.1 Nr.2 Halbsatz 2 SGB V ergibt. Die Kryokonservierung für einen möglichen Wiederholungsfall erweist sich als zusätzliche, den substituierten Zeugungsakt überschreitende medizinisch-technische Maßnahme, die vor dem betreffenden einzelnen Befruchtungsvorgang selbst steht, ihm daher auch nicht zuzurechnen ist.

Der Ausschluss der Kryokonservierung aus dem Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung ist nicht willkürlich. Wie das Bundessozialgericht dargelegt hat, gehen die Erfolgsaussichten einer künstlichen Befruchtung nach vier vergeblichen Versuchen deutlich zurück. Damit erscheine es folgerichtig, wenn der Gesetzgeber nicht gleichsam eine Paketlösung für die künstliche Befruchtung als Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung vorgesehen habe, sondern nur einen Anspruch auf je einen Befruchtungsversuch als einzelne Maßnahme. Denn wegen der vagen Erfolgsaussicht und der begrenzten Wiederholungsmöglichkeiten sei nicht ausgeschlossen, dass die Betroffenen bereits nach einem erfolglosen Versuch die Behandlung abbrechen, ohne die drei möglichen Wiederholungsversuche tatsächlich auszuschöpfen. Trete der Erfolg hingegen nicht auf Anhieb ein, sei zumindest fraglich, ob das Ehepaar angesichts der nunmehr verringerten Erfolgschancen die Maßnahme überhaupt fortsetzt. In diesem Fall sei es sinnvoll, die Kostenlast in den Bereich der Versicherten selbst zu verlegen, in deren alleiniger Entscheidungsbefugnis es auch liege, ob weitere Wiederholungsversuche angetreten werden sollen (BSG, Urteil vom 25. Mai 2000 a.a.O.). Laut Angaben des Klägers wurden bereits fünf Versuche zur künstlichen Befruchtung in den Jahren 2002 und 2003 durchgeführt. Damit ist aber auch die in § 27a SGB V geforderte Erfolgsaussicht entfallen.

Aus diesen Gründen war die Berufung als unbegründet zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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