Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 4 KN 214/04
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 13 KN 54/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 8 KN 28/06 B
Datum
Kategorie
Urteil
I. Es wird festgestellt, dass das Berufungsverfahren L 13 KN 11/05 - jetzt L 13 KN 54/05 - durch Zurücknahme der Berufung vom 30. November 2005 erledigt ist.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Höhe des monatlichen Zahlungsanspruchs einer Altersrente und dabei vorrangig die Frage, ob das Berufungsverfahren durch Zurücknahme erledigt ist.
Der 1930 geborene Kläger bezieht von der Beklagten seit 1. September 1990 Knappschaftsruhegeld - jetzt Altersrente für Schwerbehinderte, Berufsunfähige oder Erwerbsunfähige nach § 37 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) -, auf das von Anfang an Unfallrenten aus der gesetzlichen Unfallversicherung angerechnet wurden. In diesem Zusammenhang stellte die Beklagte 1997 fest, dass dem Kläger aufgrund eines nicht zutreffend mitgeteilten Jahresarbeitsverdienstes aus einer der Unfallrenten für die Zeit ab 1. Juli 1995 zu hohe Altersrente gezahlt worden sei. Sie hob die Rentenbewilligung rückwirkend auf (Bescheid vom 8. April 1997), forderte den Überzahlungsbetrag zurück und behielt ihn in der Folgezeit teilweise in monatlichen Raten von der Altersrente des Klägers ein.
Anlässlich einer Neuberechnung des monatlichen Zahlungsanspruchs der Altersrente wegen Änderungen bei den Unfallrenten (Bescheid vom 10. Februar 1999) machte der Kläger geltend, ihm sei die Altersrente ungekürzt zu zahlen. Mit der Anrechnung der Unfallrente würden ihm erworbene Beitragsjahre gestrichen. Die Beklagte erläuterte ihm, dass eine Anrechnung gemäß § 93 SGB VI vorgeschrieben sei, § 311 SGB VI aber den Teil der Altersrente, der den Grenzbetrag übersteige, sowie den auf den Leistungszu-schlag für ständige Arbeit unter Tage entfallenden Anteil der Altersrente von der Ermittlung des Anrechnungsbetrages ausnehme (Widerspruchsbescheid vom 13. August 1999).
Im anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht München (SG), Az.: S 4 Kn 181/99, machte der Kläger geltend, da er sowohl die Altersrente als auch die Unfallrenten bereits vor dem 1. Januar 1992 bezogen habe, sei ihm gemäß § 311 SGB VI unge-kürzte Altersrente zu zahlen. Eine Kürzung nach § 93 SGB VI sei daneben nicht möglich.
Nachdem die Beklagte den Kläger nochmals darüber aufgeklärt hatte, dass § 311 SGB VI eine Anrechnung nicht ausschließe, sondern lediglich zu einem niedrigeren Grenzbetrag (und damit einem geringeren Anrechnungsbetrag) führe, als die Anwendung des § 93 SGB VI, schloss der im Termin anwesende und von einem Bevollmächtigten vertretene Kläger mit der Beklagten in der mündlichen Verhandlung am 5. Mai 2004 zu Protokoll des SG folgenden Vergleich:
I. Die Beklagte erstattet dem Kläger einen Betrag von 4.206,30 Euro zuzüglich 2% Zinsen ab Mai 1997.
II. Im Übrigen nimmt der Kläger die Klage zurück.
III. Die außergerichtlichen Kosten werden gegeneinander aufgehoben.
IV. Die Beteiligten sind sich darüber einig, dass damit der Rechtstreit vollumfänglich erledigt ist.
Im Protokoll des SG ist vermerkt, dass der Vergleich den Beteiligten vorgelesen und von ihnen genehmigt wurde.
Am 21. September 2004 (Eingang bei Gericht) hat der Kläger dem SG mitgeteilt, er halte seinen Widerspruch auch nach der Verhandlung vom 5. Mai 2004 aufrecht. Sein Prozessbevollmächtigter habe keine Akten dabei gehabt und ihn daher nicht vertreten können. Ihm stehe eine ungekürzte Altersrente zu.
Das SG hat nach Anhörung der Beteiligten festgestellt, der Rechtstreit mit dem Az.: S 4 Kn 181/99 sei durch den vor dem SG am 5. Mai 2004 geschlossenen Vergleich wirksam beendet worden (Gerichtsbescheid vom 5. April 2005, dem Kläger zugestellt am 13. Mai 2005). Der Vergleich sei zur Niederschrift des Gerichts geschlossen worden und wirksam. Die Voraussetzungen für eine Anfechtung oder einen Widerruf seien nicht erfüllt.
Dagegen hat der Kläger am 2. Mai 2005 (Eingang bei Gericht) beim Bayerischen Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt und erneut geltend gemacht, gemäß § 311 SGB VI sei ihm die Altersrente ungekürzt zu zahlen. Im Übrigen habe ihm weder sein Prozessbevollmächtigter noch der Vorsitzende des SG erläutert, was der Vergleich bedeute. Er sei auf dem linken Ohr taub mit Ohrgeräuschen und höre auf dem rechten Ohr schlecht.
Im Erörterungstermin vom 30. November 2005 wurden die Beteiligten darauf hingewiesen, dass der Senat in diesem Berufungsverfahren allein darüber zu entscheiden habe, ob das Verfahren vor dem SG München, Az.: S 4 Kn 181/99 durch den Vergleich vom 5. Mai 2004 wirksam beendet worden sei. Insoweit habe die Berufung keine Aussicht auf Erfolg. Bei einem Beharren auf dem Berufungsantrag könne der Senat dem Kläger Verschuldenskosten auferlegen. Auch nach eingehender Aufklärung über die Wirksam-keit des Vergleichs und die Aussichtslosigkeit der Berufung durch seinen Bevollmächtigten, dem der Kläger im Erörterungstermin zu Protokoll des Gerichts Terminsvollmacht erteilt hat, war der Kläger zunächst nicht bereit zu erklären, ob er die Berufung aufrecht erhält. Nach Protokollierung dieser Tatsache hat der Kläger dann ohne weitere Aufforderung erklärt, er nehme die Berufung zurück. Diese Erklärung ist, wie im Protokoll vom 30. November 2005 festgehalten, dem Kläger vorgelesen und von diesem genehmigt worden.
Am 4. Dezember 2005 (Eingang bei Gericht) hat der Kläger dem LSG mitgeteilt, er sei im Termin vom 30. November 2005 für "seine Zustimmung zum Vergleich vom 5. Mai 2004" unter Druck gesetzt worden, ohne auf den für seinen Rentenanspruch maßge-benden § 311 SGB VI einzugehen. Nach dieser Rechtsvorschrift stehe ihm eine ungekürzte Altersrente zu.
Er beantragt sinngemäß,
das Berufungsverfahren L 13 KN 11/05 - jetzt L 13 KN 54/05 - fortzusetzen und das Urteil des Sozialgerichts München vom 5. April 2005 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
festzustellen, dass das Berufungsverfahren durch Berufungsrücknahme erledigt ist, hilfsweise, die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat die Akten der Beklagten und des SG beigezogen. Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den Inhalt der beigezogenen Akten und der Berufungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Antrag des Klägers, das Berufungsverfahren mit dem Az.: L 13 KN 11/05 fortzusetzen, ist unbegründet. Das Berufungsverfahren ist durch Zurücknahme der am 2. Mai 2005 form- und fristgerecht eingelegten und zulässigen Berufung (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsge-setz - SGG -) im Erörterungstermin vom 30. November 2005 erledigt.
Gemäß § 156 SGG kann die Berufung bis zur Rechtskraft des Urteils zurückgenommen werden (Abs. 1 S. 1). Eine Einwilligung des Berufungsbeklagten ist vor Schluss der mündlichen Verhandlung nicht erforderlich (vgl. Abs. 1 S. 2). Die Zurücknahme bewirkt den Verlust des Rechtsmittels (Abs. 2 S. 1).
Der Kläger hat seine Berufung am 30. November 2005 mit einer von ihm persönlich zu Protokoll des Gerichts gegebenen Erklärung zurückgenommen. Die Rücknahmeerklärung lässt nach ihrem Wortlaut ("Ich nehme die Berufung zurück") keinen anderen Erklärungsinhalt erkennen.
Die Rücknahmeerklärung nach § 156 Abs. 1 S. 1 SGG kann weder angefochten noch widerrufen werden (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Auflage, § 156 Rdnr. 2a).
Gründe für eine Unwirksamkeit der Rücknahmeerklärung sind nicht ersichtlich. Es liegen weder Anhaltspunkte für eine versehentliche Abgabe der Erklärung, noch für einen den Erklärungswillen ausschließenden Gesundheitszustand vor. Auch lag keine die freie Willensbildung ausschließende Einwirkung auf den Kläger vor. Der Kläger ist zutreffend darauf hingewiesen worden, dass Gegenstand der berufungsgerichtlichen Prüfung allein die prozessbeendende Wirksamkeit des Vergleichs vom 5. Mai 2004 und nicht der im Verfahren vor dem SG ursprünglich geltend gemachte Anspruch auf ungekürzte Zahlung seiner Altersrente war. Da keinerlei Anhaltspunkte für die Unwirksamkeit, Anfechtbarkeit oder Widerruflichkeit des Vergleichs bestanden und die Berufung deshalb keine Aussicht auf Erfolg hatte, ist der Kläger auch zutreffend auf die mögliche Kostenfolge des § 192 SGG hingewiesen und dazu angehalten worden, eine Erklärung über die Fortsetzung des Berufungsverfahrens abzugeben (§§ 153 Abs. 1, 106 Abs. 1 SGG). Der Kläger ist dieser Aufforderung zunächst nicht gefolgt. Erst nachdem dies protokolliert worden war, erklärte der Kläger ohne weitere Befragung, er nehme die Berufung zurück.
Ergänzend sei - wie bereits im Erörterungstermin am 30. November 2005 - darauf hingewiesen, dass die vor dem Sozialgericht erhobene Klage auf höhere (ungekürzte) monatliche Altersrente ungeachtet der Wirksamkeit der Klagerücknahme vom 5. Mai 2004 und der wirksamen Berufungsrücknahme vom 30. November 2005 auch unbegründet war. Entgegen der Ansicht des Klägers schließt § 311 SGB VI die Anrechnung seiner Unfallrenten auf seine Altersrente nicht aus.
Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des § 311 Abs. 1 SGB VI. Bestand danach am 31. Dezember 1991 Anspruch auf eine Rente (aus der gesetzlichen Rentenversicherung) nach den Vorschriften im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ohne das Beitrittsgebiet und auf eine Rente aus der Unfallversicherung, die für die Leistung der Rente zu berücksichtigen war, wird die Rente insoweit nicht geleistet, als die Summe dieser Renten den Grenzbetrag übersteigt. § 311 Abs. 1 SGB VI ordnet die Anrechnung somit ausdrücklich an (" ... wird die Rente insoweit nicht geleistet ...").
§ 311 SGB VI modifiziert in seinen Absätzen 2 bis 8 lediglich den Umfang der Anrechnung gegenüber dem ab 1. Januar 1992 geltenden Recht, das in § 93 SGB VI - den die Beklagte auf die Altersrente des Klägers zu Recht nicht angewandt hat - eine höhere Anrechnung von Unfallrenten vorsieht, als das bis zum 31. Dezember 1991 geltende Recht. Dadurch werden für Versicherte wie den Kläger, die vor dem 1. Januar 1992 eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung neben einer Rente aus der Unfallversicherung bezogen haben, sowohl hinsichtlich der grundsätzlichen Anrechenbarkeit dieser Unfallrenten (Absätze 3, 4 und 8) als auch hinsichtlich der Höhe der Anrechnung (Absätze 2, 5, 6 und 7) die bis zum 31. Dezember 1991 bestehenden - für den Kläger günstigeren - Anrechnungsbestimmungen beibehalten. Einen Ausschluss der Anrechnung sah auch das bis zum 31. Dezember 1991 geltende Recht für das Zusammentreffen einer Altersrente mit einer Unfallrente nicht vor.
Die Kostenentscheidung (§ 193 SGG) beruht auf der Erwägung, dass der Kläger auch mit seiner Berufung erfolglos geblieben ist.
Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG), liegen nicht vor.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Höhe des monatlichen Zahlungsanspruchs einer Altersrente und dabei vorrangig die Frage, ob das Berufungsverfahren durch Zurücknahme erledigt ist.
Der 1930 geborene Kläger bezieht von der Beklagten seit 1. September 1990 Knappschaftsruhegeld - jetzt Altersrente für Schwerbehinderte, Berufsunfähige oder Erwerbsunfähige nach § 37 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) -, auf das von Anfang an Unfallrenten aus der gesetzlichen Unfallversicherung angerechnet wurden. In diesem Zusammenhang stellte die Beklagte 1997 fest, dass dem Kläger aufgrund eines nicht zutreffend mitgeteilten Jahresarbeitsverdienstes aus einer der Unfallrenten für die Zeit ab 1. Juli 1995 zu hohe Altersrente gezahlt worden sei. Sie hob die Rentenbewilligung rückwirkend auf (Bescheid vom 8. April 1997), forderte den Überzahlungsbetrag zurück und behielt ihn in der Folgezeit teilweise in monatlichen Raten von der Altersrente des Klägers ein.
Anlässlich einer Neuberechnung des monatlichen Zahlungsanspruchs der Altersrente wegen Änderungen bei den Unfallrenten (Bescheid vom 10. Februar 1999) machte der Kläger geltend, ihm sei die Altersrente ungekürzt zu zahlen. Mit der Anrechnung der Unfallrente würden ihm erworbene Beitragsjahre gestrichen. Die Beklagte erläuterte ihm, dass eine Anrechnung gemäß § 93 SGB VI vorgeschrieben sei, § 311 SGB VI aber den Teil der Altersrente, der den Grenzbetrag übersteige, sowie den auf den Leistungszu-schlag für ständige Arbeit unter Tage entfallenden Anteil der Altersrente von der Ermittlung des Anrechnungsbetrages ausnehme (Widerspruchsbescheid vom 13. August 1999).
Im anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht München (SG), Az.: S 4 Kn 181/99, machte der Kläger geltend, da er sowohl die Altersrente als auch die Unfallrenten bereits vor dem 1. Januar 1992 bezogen habe, sei ihm gemäß § 311 SGB VI unge-kürzte Altersrente zu zahlen. Eine Kürzung nach § 93 SGB VI sei daneben nicht möglich.
Nachdem die Beklagte den Kläger nochmals darüber aufgeklärt hatte, dass § 311 SGB VI eine Anrechnung nicht ausschließe, sondern lediglich zu einem niedrigeren Grenzbetrag (und damit einem geringeren Anrechnungsbetrag) führe, als die Anwendung des § 93 SGB VI, schloss der im Termin anwesende und von einem Bevollmächtigten vertretene Kläger mit der Beklagten in der mündlichen Verhandlung am 5. Mai 2004 zu Protokoll des SG folgenden Vergleich:
I. Die Beklagte erstattet dem Kläger einen Betrag von 4.206,30 Euro zuzüglich 2% Zinsen ab Mai 1997.
II. Im Übrigen nimmt der Kläger die Klage zurück.
III. Die außergerichtlichen Kosten werden gegeneinander aufgehoben.
IV. Die Beteiligten sind sich darüber einig, dass damit der Rechtstreit vollumfänglich erledigt ist.
Im Protokoll des SG ist vermerkt, dass der Vergleich den Beteiligten vorgelesen und von ihnen genehmigt wurde.
Am 21. September 2004 (Eingang bei Gericht) hat der Kläger dem SG mitgeteilt, er halte seinen Widerspruch auch nach der Verhandlung vom 5. Mai 2004 aufrecht. Sein Prozessbevollmächtigter habe keine Akten dabei gehabt und ihn daher nicht vertreten können. Ihm stehe eine ungekürzte Altersrente zu.
Das SG hat nach Anhörung der Beteiligten festgestellt, der Rechtstreit mit dem Az.: S 4 Kn 181/99 sei durch den vor dem SG am 5. Mai 2004 geschlossenen Vergleich wirksam beendet worden (Gerichtsbescheid vom 5. April 2005, dem Kläger zugestellt am 13. Mai 2005). Der Vergleich sei zur Niederschrift des Gerichts geschlossen worden und wirksam. Die Voraussetzungen für eine Anfechtung oder einen Widerruf seien nicht erfüllt.
Dagegen hat der Kläger am 2. Mai 2005 (Eingang bei Gericht) beim Bayerischen Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt und erneut geltend gemacht, gemäß § 311 SGB VI sei ihm die Altersrente ungekürzt zu zahlen. Im Übrigen habe ihm weder sein Prozessbevollmächtigter noch der Vorsitzende des SG erläutert, was der Vergleich bedeute. Er sei auf dem linken Ohr taub mit Ohrgeräuschen und höre auf dem rechten Ohr schlecht.
Im Erörterungstermin vom 30. November 2005 wurden die Beteiligten darauf hingewiesen, dass der Senat in diesem Berufungsverfahren allein darüber zu entscheiden habe, ob das Verfahren vor dem SG München, Az.: S 4 Kn 181/99 durch den Vergleich vom 5. Mai 2004 wirksam beendet worden sei. Insoweit habe die Berufung keine Aussicht auf Erfolg. Bei einem Beharren auf dem Berufungsantrag könne der Senat dem Kläger Verschuldenskosten auferlegen. Auch nach eingehender Aufklärung über die Wirksam-keit des Vergleichs und die Aussichtslosigkeit der Berufung durch seinen Bevollmächtigten, dem der Kläger im Erörterungstermin zu Protokoll des Gerichts Terminsvollmacht erteilt hat, war der Kläger zunächst nicht bereit zu erklären, ob er die Berufung aufrecht erhält. Nach Protokollierung dieser Tatsache hat der Kläger dann ohne weitere Aufforderung erklärt, er nehme die Berufung zurück. Diese Erklärung ist, wie im Protokoll vom 30. November 2005 festgehalten, dem Kläger vorgelesen und von diesem genehmigt worden.
Am 4. Dezember 2005 (Eingang bei Gericht) hat der Kläger dem LSG mitgeteilt, er sei im Termin vom 30. November 2005 für "seine Zustimmung zum Vergleich vom 5. Mai 2004" unter Druck gesetzt worden, ohne auf den für seinen Rentenanspruch maßge-benden § 311 SGB VI einzugehen. Nach dieser Rechtsvorschrift stehe ihm eine ungekürzte Altersrente zu.
Er beantragt sinngemäß,
das Berufungsverfahren L 13 KN 11/05 - jetzt L 13 KN 54/05 - fortzusetzen und das Urteil des Sozialgerichts München vom 5. April 2005 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
festzustellen, dass das Berufungsverfahren durch Berufungsrücknahme erledigt ist, hilfsweise, die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat die Akten der Beklagten und des SG beigezogen. Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den Inhalt der beigezogenen Akten und der Berufungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Antrag des Klägers, das Berufungsverfahren mit dem Az.: L 13 KN 11/05 fortzusetzen, ist unbegründet. Das Berufungsverfahren ist durch Zurücknahme der am 2. Mai 2005 form- und fristgerecht eingelegten und zulässigen Berufung (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsge-setz - SGG -) im Erörterungstermin vom 30. November 2005 erledigt.
Gemäß § 156 SGG kann die Berufung bis zur Rechtskraft des Urteils zurückgenommen werden (Abs. 1 S. 1). Eine Einwilligung des Berufungsbeklagten ist vor Schluss der mündlichen Verhandlung nicht erforderlich (vgl. Abs. 1 S. 2). Die Zurücknahme bewirkt den Verlust des Rechtsmittels (Abs. 2 S. 1).
Der Kläger hat seine Berufung am 30. November 2005 mit einer von ihm persönlich zu Protokoll des Gerichts gegebenen Erklärung zurückgenommen. Die Rücknahmeerklärung lässt nach ihrem Wortlaut ("Ich nehme die Berufung zurück") keinen anderen Erklärungsinhalt erkennen.
Die Rücknahmeerklärung nach § 156 Abs. 1 S. 1 SGG kann weder angefochten noch widerrufen werden (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Auflage, § 156 Rdnr. 2a).
Gründe für eine Unwirksamkeit der Rücknahmeerklärung sind nicht ersichtlich. Es liegen weder Anhaltspunkte für eine versehentliche Abgabe der Erklärung, noch für einen den Erklärungswillen ausschließenden Gesundheitszustand vor. Auch lag keine die freie Willensbildung ausschließende Einwirkung auf den Kläger vor. Der Kläger ist zutreffend darauf hingewiesen worden, dass Gegenstand der berufungsgerichtlichen Prüfung allein die prozessbeendende Wirksamkeit des Vergleichs vom 5. Mai 2004 und nicht der im Verfahren vor dem SG ursprünglich geltend gemachte Anspruch auf ungekürzte Zahlung seiner Altersrente war. Da keinerlei Anhaltspunkte für die Unwirksamkeit, Anfechtbarkeit oder Widerruflichkeit des Vergleichs bestanden und die Berufung deshalb keine Aussicht auf Erfolg hatte, ist der Kläger auch zutreffend auf die mögliche Kostenfolge des § 192 SGG hingewiesen und dazu angehalten worden, eine Erklärung über die Fortsetzung des Berufungsverfahrens abzugeben (§§ 153 Abs. 1, 106 Abs. 1 SGG). Der Kläger ist dieser Aufforderung zunächst nicht gefolgt. Erst nachdem dies protokolliert worden war, erklärte der Kläger ohne weitere Befragung, er nehme die Berufung zurück.
Ergänzend sei - wie bereits im Erörterungstermin am 30. November 2005 - darauf hingewiesen, dass die vor dem Sozialgericht erhobene Klage auf höhere (ungekürzte) monatliche Altersrente ungeachtet der Wirksamkeit der Klagerücknahme vom 5. Mai 2004 und der wirksamen Berufungsrücknahme vom 30. November 2005 auch unbegründet war. Entgegen der Ansicht des Klägers schließt § 311 SGB VI die Anrechnung seiner Unfallrenten auf seine Altersrente nicht aus.
Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des § 311 Abs. 1 SGB VI. Bestand danach am 31. Dezember 1991 Anspruch auf eine Rente (aus der gesetzlichen Rentenversicherung) nach den Vorschriften im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ohne das Beitrittsgebiet und auf eine Rente aus der Unfallversicherung, die für die Leistung der Rente zu berücksichtigen war, wird die Rente insoweit nicht geleistet, als die Summe dieser Renten den Grenzbetrag übersteigt. § 311 Abs. 1 SGB VI ordnet die Anrechnung somit ausdrücklich an (" ... wird die Rente insoweit nicht geleistet ...").
§ 311 SGB VI modifiziert in seinen Absätzen 2 bis 8 lediglich den Umfang der Anrechnung gegenüber dem ab 1. Januar 1992 geltenden Recht, das in § 93 SGB VI - den die Beklagte auf die Altersrente des Klägers zu Recht nicht angewandt hat - eine höhere Anrechnung von Unfallrenten vorsieht, als das bis zum 31. Dezember 1991 geltende Recht. Dadurch werden für Versicherte wie den Kläger, die vor dem 1. Januar 1992 eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung neben einer Rente aus der Unfallversicherung bezogen haben, sowohl hinsichtlich der grundsätzlichen Anrechenbarkeit dieser Unfallrenten (Absätze 3, 4 und 8) als auch hinsichtlich der Höhe der Anrechnung (Absätze 2, 5, 6 und 7) die bis zum 31. Dezember 1991 bestehenden - für den Kläger günstigeren - Anrechnungsbestimmungen beibehalten. Einen Ausschluss der Anrechnung sah auch das bis zum 31. Dezember 1991 geltende Recht für das Zusammentreffen einer Altersrente mit einer Unfallrente nicht vor.
Die Kostenentscheidung (§ 193 SGG) beruht auf der Erwägung, dass der Kläger auch mit seiner Berufung erfolglos geblieben ist.
Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG), liegen nicht vor.
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