Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
SG Reutlingen (BWB)
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 4 U 420/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 1 U 4007/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Zum Vorliegen eines Arbeitsunfalls, wenn ein selbständiger Handwerker mit einer Herzvorerkrankung einen (tödlichen) Herzinfarkt während der Teilnahme an einer seinen Werklohn betreffenden Gerichtsverhandlung erleidet.
Die Klage wird abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist, ob der Herztod des Ehemannes der Klägerin auf seine versicherte Tätigkeit zurückzuführen ist.
Der am ... geborene Versicherte war selbständiger Handwerker und betrieb ein Geschäft auf dem Gebiet Gas-, Wasser- und Heiztechnik. Am ... erlitt der Versicherte im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht ... einen Herzinfarkt, an dessen Folgen er am ... verstarb. Die damals den Versicherten vertretende Anwaltskanzlei ist Prozessbevollmächtigte auch des hier anhängigen Verfahrens. Hintergrund des Prozesses war eine vom Versicherten geltend gemachte Forderung aus einer Werkleistung in Höhe von 25.523,24 DM, die sein Kunde mit der Begründung nicht vollständig begleichen wollte, es sei ein Festbetrag abgesprochen worden. Einen vom Gericht unterbreiteten Vergleichsvorschlag in Höhe von 20.000,- DM lehnte der Versicherte ebenso ab, wie ein bereits vor Klageerhebung von der Gegenseite vorgeschlagenen Vergleich in Höhe von 18.088,27 DM. Im Termin zur mündlichen Verhandlung am ...wurden nochmals Vergleichsverhandlungen aufgenommen. Die Gegenseite erklärte sich nunmehr bereit, 22.000,- DM zu bezahlen. Nachdem der Versicherte auch dieses Angebot ablehnte, begann der Richter die Beweisaufnahme und vernahm die Ehefrau des Kunden als Zeugin. Noch während der Vernehmung brach der Versicherte zusammen. Über den Notarzt wurde er zur stationären Aufnahme auf die Intensivstation der Medizinischen Universitätsklinik ... verbracht. Im Notarztprotokoll ist vermerkt, dass die Herzrhythmusstörung "Kammerflattern"/-flimmern" initial vorlag. Am ... verstarb der Versicherte ohne das Bewusstsein wieder erlangt zu haben. Als unmittelbare Todesursache wurde angegeben: Respiratorische Insuffizienz als Folge eines hypoxischen Hirnschadens nach Herz-Kreislauf-Stillstand bei Myokardinfarkt.
Mit Unfallanzeige vom ... unterrichtete die Klägerin die Beklagte von dem Vorgang. Die Beklagte teilte daraufhin mit Schreiben vom 06.02.2001 mit, dass Leistungen anlässlich des Ereignisses vom ... nicht gewährt werden, da ein Herzinfarkt eine aus dem Inneren des Menschen hervortretende Krankheit sei und es sich somit bei dem Ereignis vom ... um eine Gelegenheitsursache handele.
Hiergegen hat die Klägerin Widerspruch eingelegt. Der Prozessbevollmächtigte trug zur Begründung vor, der Versicherte sei - wie die Klägerin berichtet habe - mit Herannahen des Termins immer unruhiger geworden. Er habe stets erklärt, dieses Mal gebe er vor Gericht nicht klein bei. Hintergrund sei gewesen, dass der Versicherte schon einmal im Rahmen eines Termins vor dem Landgericht ... einer vergleichsweisen Regelung zugestimmt habe. Noch an seinem Geburtstag, 3 Tage vor dem hier streitgegenständlichen Ereignis, habe er gegenüber völlig unbeteiligten Personen geäußert, die Handwerker seien immer die Dummen, diesmal sei es aber anders. Der Versicherte sei am Vortag entgegen seiner sonstigen Gewohnheit schon gegen 17.00 Uhr aus der Werkstatt nach Hause gekommen und schon gegen 20.00 Uhr zu Bett gegangen. Zu berücksichtigen sei ferner, dass der Versicherte den Kunden auch privat kannte und nicht verstehen konnte, warum dieser ihm das Leben so schwer machte. Der Versicherte sei sich auch sicher gewesen, dass seine geltend gemachte Forderung in vollem Umfang begründet gewesen sei.
Aufgrund der bei dem Versicherten vorbestehenden Herzerkrankung holte die Beklagte Befundberichte seiner behandelnden Ärzte Dres ... und ... ein. Danach hatte der Versicherte bereits im Jahr 1996 einen Myokardinfarkt erlitten. Die damals durchgeführte Herzkatheteruntersuchung ergab eine coronare Zwei-Gefäß-Erkrankung, ohne Notwendigkeit einer Intervention. Aufgrund der initialen Herzrhythmusstörung wurde eine elektrophysiologische Untersuchung durchgeführt, von der jedoch keine Indikation für die Implantation eines Herzschrittmachers oder eines Defibrillators abgeleitet worden war. Im Hinblick auf die beschwerdefreie Belastbarkeit wurde die Fortsetzung einer medikamentösen Therapie empfohlen. Ausweislich der Angaben der Dres ... und ... gab es bei den Untersuchungen keine Anhaltspunkte für eine belastungsinduzierte Angina pectoris. Auf Veranlassung erstatteten die Oberärzte Dres ... und ..., Innere Medizin, Universitätsklinikum ... das Gutachten vom 27.01.2003. Sie führten aus, die medizinischen Unterlagen würden einen plötzlichen Herztod (Myokardinfarkt und/oder Herzrhythmusstörung) als wahrscheinlichste Ursache des Herz-Kreislauf-Stillstandes nahe legen. Theoretisch denkbar sei auch ein sekundärer Myokardinfarkt als Folge des protrahierten Herz-Kreislaufstillstandes aus anderer primärer Ursache (z.B. primäre Herzrhythmusstörung, Lungenarterienembolie). Selbst eine Koronarangiographie bzw. eine Obduktion könnte diese Frage jedoch im Nachhinein unter Umständen nicht mit Sicherheit klären. Gutachterlicherseits sei der plötzliche Herztod als die wahrscheinlichste Ursache anzusehen. Unter dieser Annahme sei die Situation vor Gericht als ein äußeres Ereignis zu werten, da reine psychische Belastungen eine wesentliche Teilursache bei der Infarktentstehung sein können. Der für einen kausalen Zusammenhang erforderliche zeitliche Zusammenhang von Minuten bis Stunden liege hier vor. Auch habe die Situation vor Gericht einen für den Beruf des Versicherten außergewöhnliche Belastung bedeutet. Zwar habe aufgrund der Vorerkrankung des Versicherten ein erhöhtes Risiko für einen Reinfarkt bestanden. Ob beim Versicherten jedoch hochgradige Veränderungen der Herzkranzgefäße vorgelegen haben, die einen Myokardinfarkt sehr wahrscheinlich gemacht hätten, sei nicht bekannt. Tatsache sei jedoch, dass im alltäglichen Leben des Versicherten keine Symptome der koronaren Herzerkrankung bestanden (z.B. Angina-Pectoris-Beschwerden), die als Vorboten eines drohenden Herzinfarktes angesehen werden könnten. Insgesamt könne das Ereignis vom ... als rechtlich wesentliche Ursache für den Tod des Versicherten angesehen werden.
Mit Widerspruchsbescheid vom ... wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Zur Begründung führte sie aus, die Umstände der Gerichtsverhandlung seien nicht so belastend gewesen, dass hierdurch ein Myokardinfarkt verursacht worden sein könnte. Vergleichen mit einem bereits höchstrichterlich entschiedenen Fall indem es um Ansprüche von existenzieller Bedeutung (ca. 110.000,- DM) gegangen sei, läge dieses Verfahren hier anders. Auch hätte der Versicherte im Gegensatz zu dem bereits entschiedenen Verfahren schon an einer Gerichtsverhandlung teilgenommen.
Mit der am ... erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid vom ... in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom ... aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, das Ereignis vom ... als Arbeitsunfall und als rechtlich wesentliche Ursache des Todes anzuerkennen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten, die Gerichtsakte sowie die Akte des Landgerichts ... (3 O 346/00) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht erhobene Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet. Der Herzinfarkt sowie der anschließende Tod des Versicherten sind nicht Folge einer durch die Teilnahme an der Gerichtsverhandlung ausgelösten psychischen Belastung gewesen.
Arbeitsunfälle sind nach § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Regelmäßig ist erforderlich, dass das Verhalten, bei dem sich der Unfall ereignet hat, einerseits zur versicherten Tätigkeit zu rechnen ist, und dass die Tätigkeit andererseits den Unfall herbeigeführt hat (vgl. Bundessozialgericht (BSG) BSGE 63, 273, 274 = SozR 2200 § 548 Nr. 92). Soweit das Gesetz eine Einwirkung "von außen" auf den Körper fordert, ist damit gemeint, dass ein aus innerer Ursache, aus dem Menschen selbst kommendes Ereignis nicht als Unfall anzusehen ist (vgl. BSG SozR 2200 § 548 Nr. 56; BSG, Urteil vom 02. Mai 2001 - B 2 U 18/00 R - (unveröffentlicht)). Wesentlich für den Begriff des Unfalls sind hiernach ein ("äußeres") Ereignis als Ursache und eine Körperschädigung als Wirkung. Nach ständiger Rechtsprechung müssen im Unfallversicherungsrecht die anspruchsbegründenden Tatsachen, nämlich die versicherte Tätigkeit, die schädigende Einwirkung (Unfallgeschehen) und die Gesundheitsstörung erwiesen sein, d.h. bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muss der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden können (vgl. BSGE 58, 80, 83 = SozR 2200 § 555 a Nr. 1; BSGE 61, 127, 128 = SozR 2200 § 548 Nr. 84). Hingegen genügt hinsichtlich des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der versicherten Tätigkeit und der schädigenden Einwirkung (haftungsbegründende Kausalität) sowie der schädigenden Einwirkung und der Gesundheitsstörung (haftungsausfüllende Kausalität) eine hinreichende Wahrscheinlichkeit (vgl. BSGE 58, 80, 83; 61, 127, 129); das bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung aller wesentlichen Gesichtspunkte des Einzelfalles mehr für als gegen einen Ursachenzusammenhang sprechen muss, wobei dieser nicht schon dann wahrscheinlich ist, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist (vgl. BSGE 45, 285, 286 = SozR 2200 § 548 Nr. 38). Kommen mehrere Ursachen in Betracht (konkurrierende Kausalität), so sind nur solche Ursachen als rechtserheblich anzusehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben (vgl. BSGE 63, 277, 280 = SozR 2200 § 548 Nr. 91); daran fehlt es, wenn die Krankheitsanlage so leicht ansprechbar gewesen ist, dass die "Auslösung" akuter Erscheinungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte (vgl. BSGE 62, 220, 221 = SozR 2200 § 589 Nr. 10; BSG, Urteile vom 02. Februar 1999 - B 2 U 6/98 R - und 02. Mai 2001 a.a.O. (beide unveröffentlicht)). Kann ein behaupteter Sachverhalt nicht nachgewiesen oder der ursächliche Zusammenhang nicht wahrscheinlich gemacht werden, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Beteiligten, der aus diesem Sachverhalt Rechte herleitet, bei den anspruchsbegründenden Tatsachen also zu Lasten des jeweiligen Klägers (vgl. BSGE 6, 70, 72; BSG SozR 3-2200 § 548 Nr. 11 S. 33).
Dass der Versicherte bei der für seinen Tod verantwortlich gemachten Handlung - Teilnahme an der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht ... als Kläger - nach § 8 Abs. 1 SGB VII unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stand, ist nicht zu bezweifeln. Denn Streitgegenstand war die Klage auf Zahlung einer Werklohnvergütung. Auch kann die weitere Voraussetzung, ob diese versicherte Tätigkeit zu einem Unfall des Versicherten geführt hat, nicht deshalb verneint werden, weil es an einer äußeren Einwirkung gefehlt hätte. Die Körperschädigung kann verursacht sein durch körperlich gegenständliche Einwirkungen, aber auch durch geistig seelische Einwirkungen in einem eng begrenzten Zeitraum (BSGE 18, 173, 175; BSG Urteil vom 02. Mai 2001, B 2 U 18/00 R). Unter Zugrundelegung dieser Ausführungen ist die Teilnahme des Klägers an der Verhandlung als ein äußeres Ereignis zu qualifizieren. Ausschlaggebend hierfür ist, dass dieser Termin - wie die Ausführungen der Klägerin belegen - eine psychische Anspannung hervorgerufen hat. Zur Überzeugung der Kammer steht jedoch fest, dass diese Belastungssituation nicht die rechtlich wesentliche Ursache für den Herzinfarkt sowie den nachfolgenden Tod war. Ein ursächlicher Zusammenhang scheitert bereits daran, dass der Eintritt eines primären Myocardinfarkts nicht mit Sicherheit belegt werden kann. Dr ... hat in nachvollziehbarer Weise dargelegt, dass auch ein sekundärer Myocardinfarkt als Folge z. B. einer primären Herzrhythmusstörung (vgl. S. 7, 13 und 18) eingetreten sein kann und damit ein ursächlicher Zusammenhang zu verneinen wäre. Ob ein Myocardinfarkt als primäres Ereignis stattgefunden hat, könnte nur durch eine Obduktion oder eine Koronarangiographie festgestellt werden. Nachdem solche Untersuchungen nicht durchgeführt wurden, kann auch der Nachweis für das Vorliegen eines primären Myocardinfarkts nicht erbracht werden.
Selbst unter der Annahme, dass ein primärer Myocardinfarkt stattgefunden hat, ist ein rechtlich wesentlicher Zusammenhang mit der beruflichen Belastungssituation nicht wahrscheinlich. Zwar ist zunächst davon auszugehen, dass die Teilnahme an der Gerichtsverhandlung im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinne eine Bedingung für den tödlichen Herzinfarkt war. Neben dieser psychischen Belastung war nach den aktenkundigen Unterlagen beim Ehemann der Klägerin die vorbestandene Herzerkrankung ebenfalls eine Ursache des Todes im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinne. Unstreitig war beim Kläger bereits seit 1996 eine coronare Herzerkrankung mit Auftreten eines Myocardinfarkts bekannt. Der Anspruch der Klägerin hängt somit davon aus, ob die Einwirkungen durch die Teilnahme an der Gerichtsverhandlung den Herzinfarkt sowie den anschließenden Tod auch im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung verursacht haben. Hierbei sind die Krankheitsanlage sowie das Unfallereignis untereinander in Beziehung zu stellen. Das Vorhandensein einer Krankheitsanlage allein schließt nicht aus, den Schaden als durch das Unfallereignis mitverursacht zu werten. Andererseits ist der Unfall nicht wesentlich, weil der Schaden aufgrund des Unfallereignisses vorgetreten ist (BSGE 62, 220, 222). Die Entscheidung richtet sich insbesondere nach der Stärke des Leidens in der Anlage und nach der äußeren Einwirkung auf den Verletzten (Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Aufl., S. 83). Gegen einen ursächlichen Zusammenhang spricht zunächst, dass das unfallbringende Ereignis vor dem Hintergrund der vorbestandenen coronaren Herzerkrankung nicht schwerwiegend genug war. Ein gravierendes Ereignis liegt nur dann vor, wenn entweder eine schwere körperliche Belastung (gänzlich ungewohnte akute Anstrengung, schwere Arbeit unter ausnahmsweise extrem ungünstigen körperlichen Situationen verrichte, außergewöhnliche Anstrengung im Hinblick auf Alter und Leistungsvermögen) oder eine extreme psychische Überforderung eingetreten ist (Medizinische Begutachtung innerer Krankheiten, hrsg. von Marx und Klepzig, 7. Aufl. S. 203). Das Bundessozialgericht (BSG) hat die hier in Betracht zu ziehende letzte Alternative bei einer Zeugenvernehmung bejaht (Urteil vom 18.03.1997, L 2 RU 23/96). Anders als in jenem Verfahren ist der Rechtsstreit vor dem Landgericht jedoch für den Versicherten nicht von existentieller Bedeutung gewesen. In Vergleichverhandlungen waren dem Versicherten von den eingeklagten 25.523,24 DM bereits 22.000,- DM angeboten worden. Auch ist zu berücksichtigen, dass - wie die Klägerin selbst ausgeführt hat - die Zahlungsverweigerung der Kunden ein häufiges Problem für den Kläger war und vor diesem Hintergrund somit auch der Prozess keine ungewöhnliche Belastung darstellte. Die Kammer verkennt hierbei nicht, dass sich der Versicherte im Termin in einer psychisch angespannten Situation befunden hat. Von einer extremen psychischen Belastung konnte sich die Kammer jedoch nicht überzeugen. Insoweit vermag die Kammer auch nicht den gutachterlichen Ausführungen der Dres ... und ... zu folgen. Sie haben gestützt auf den vom BSG entschiedenen Rechtsstreit eine außergewöhnliche psychische Belastung angenommen, ohne hierbei die unterschiedliche Prozesssituation zu würdigen bzw. zu beurteilen.
Gegen die Bewertung der beruflichen Einwirkung als wesentliche Mitursache spricht vorliegend auch die vorhandene schwere Herzerkrankung, die seit 1996 bekannt war. Prinzipiell besteht bei dieser Diagnose ein erhebliches Risiko für einen Reinfarkt. Um gewichten zu können, welche Bedeutung die unstreitig vorhandene Krankheitsanlage für den Herzinfarkt und den nachfolgenden Tod des Versicherten hatte, muss nach der Rechtsprechung des BSG der Umfang der verbliebenen Belastbarkeit festgestellt werden (BSG, Urteil vom 18.03.1997, 2 RU 8/96 und Urteil vom 04.12.1991, 2 RU 14/91). Diese Feststellung ist - sofern die Belastbarkeit im Zeitpunkt der Auslösung der akuten Erscheinungen (wie hier) nicht bekannt ist - aus medizinischer Sicht zu treffen, so als ob der behandelnde Arzt alle Befunde gekannt hätte, die später zu Tage befördert worden sind (BSG aaO). Eine solche Beurteilung kann vorliegend jedoch nicht getroffen werden. Die Gutachter Dres ... und ... weisen zurecht darauf hin, dass die aktuelle Belastbarkeit des Versicherten nicht bekannt war. Die letzte kardiologische Untersuchung fand im Jahr 1999 statt. Insoweit kann der Belastungsumfang nicht bewertet werden. Damit fehlt ein entscheidendes Beurteilungskriterium zur Gewichtung der Krankheitsanlage. Aus dieser Beweissituation kann allerdings nicht der Schluss gezogen werden, dass der beruflichen Einwirkung die wesentliche Bedeutung beigemessen werden muss. Diese Schlussfolgerung würde in unzulässiger Weise das Vorhandensein der vorbestandenen Erkrankung außer Acht lassen.
Im Ergebnis konnte sich die Kammer nicht davon überzeugen, dass die berufliche Tätigkeit die wesentliche Ursache des Herzinfarktes sowie des nachfolgenden Todes gewesen ist.
Die Klage war daher abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist, ob der Herztod des Ehemannes der Klägerin auf seine versicherte Tätigkeit zurückzuführen ist.
Der am ... geborene Versicherte war selbständiger Handwerker und betrieb ein Geschäft auf dem Gebiet Gas-, Wasser- und Heiztechnik. Am ... erlitt der Versicherte im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht ... einen Herzinfarkt, an dessen Folgen er am ... verstarb. Die damals den Versicherten vertretende Anwaltskanzlei ist Prozessbevollmächtigte auch des hier anhängigen Verfahrens. Hintergrund des Prozesses war eine vom Versicherten geltend gemachte Forderung aus einer Werkleistung in Höhe von 25.523,24 DM, die sein Kunde mit der Begründung nicht vollständig begleichen wollte, es sei ein Festbetrag abgesprochen worden. Einen vom Gericht unterbreiteten Vergleichsvorschlag in Höhe von 20.000,- DM lehnte der Versicherte ebenso ab, wie ein bereits vor Klageerhebung von der Gegenseite vorgeschlagenen Vergleich in Höhe von 18.088,27 DM. Im Termin zur mündlichen Verhandlung am ...wurden nochmals Vergleichsverhandlungen aufgenommen. Die Gegenseite erklärte sich nunmehr bereit, 22.000,- DM zu bezahlen. Nachdem der Versicherte auch dieses Angebot ablehnte, begann der Richter die Beweisaufnahme und vernahm die Ehefrau des Kunden als Zeugin. Noch während der Vernehmung brach der Versicherte zusammen. Über den Notarzt wurde er zur stationären Aufnahme auf die Intensivstation der Medizinischen Universitätsklinik ... verbracht. Im Notarztprotokoll ist vermerkt, dass die Herzrhythmusstörung "Kammerflattern"/-flimmern" initial vorlag. Am ... verstarb der Versicherte ohne das Bewusstsein wieder erlangt zu haben. Als unmittelbare Todesursache wurde angegeben: Respiratorische Insuffizienz als Folge eines hypoxischen Hirnschadens nach Herz-Kreislauf-Stillstand bei Myokardinfarkt.
Mit Unfallanzeige vom ... unterrichtete die Klägerin die Beklagte von dem Vorgang. Die Beklagte teilte daraufhin mit Schreiben vom 06.02.2001 mit, dass Leistungen anlässlich des Ereignisses vom ... nicht gewährt werden, da ein Herzinfarkt eine aus dem Inneren des Menschen hervortretende Krankheit sei und es sich somit bei dem Ereignis vom ... um eine Gelegenheitsursache handele.
Hiergegen hat die Klägerin Widerspruch eingelegt. Der Prozessbevollmächtigte trug zur Begründung vor, der Versicherte sei - wie die Klägerin berichtet habe - mit Herannahen des Termins immer unruhiger geworden. Er habe stets erklärt, dieses Mal gebe er vor Gericht nicht klein bei. Hintergrund sei gewesen, dass der Versicherte schon einmal im Rahmen eines Termins vor dem Landgericht ... einer vergleichsweisen Regelung zugestimmt habe. Noch an seinem Geburtstag, 3 Tage vor dem hier streitgegenständlichen Ereignis, habe er gegenüber völlig unbeteiligten Personen geäußert, die Handwerker seien immer die Dummen, diesmal sei es aber anders. Der Versicherte sei am Vortag entgegen seiner sonstigen Gewohnheit schon gegen 17.00 Uhr aus der Werkstatt nach Hause gekommen und schon gegen 20.00 Uhr zu Bett gegangen. Zu berücksichtigen sei ferner, dass der Versicherte den Kunden auch privat kannte und nicht verstehen konnte, warum dieser ihm das Leben so schwer machte. Der Versicherte sei sich auch sicher gewesen, dass seine geltend gemachte Forderung in vollem Umfang begründet gewesen sei.
Aufgrund der bei dem Versicherten vorbestehenden Herzerkrankung holte die Beklagte Befundberichte seiner behandelnden Ärzte Dres ... und ... ein. Danach hatte der Versicherte bereits im Jahr 1996 einen Myokardinfarkt erlitten. Die damals durchgeführte Herzkatheteruntersuchung ergab eine coronare Zwei-Gefäß-Erkrankung, ohne Notwendigkeit einer Intervention. Aufgrund der initialen Herzrhythmusstörung wurde eine elektrophysiologische Untersuchung durchgeführt, von der jedoch keine Indikation für die Implantation eines Herzschrittmachers oder eines Defibrillators abgeleitet worden war. Im Hinblick auf die beschwerdefreie Belastbarkeit wurde die Fortsetzung einer medikamentösen Therapie empfohlen. Ausweislich der Angaben der Dres ... und ... gab es bei den Untersuchungen keine Anhaltspunkte für eine belastungsinduzierte Angina pectoris. Auf Veranlassung erstatteten die Oberärzte Dres ... und ..., Innere Medizin, Universitätsklinikum ... das Gutachten vom 27.01.2003. Sie führten aus, die medizinischen Unterlagen würden einen plötzlichen Herztod (Myokardinfarkt und/oder Herzrhythmusstörung) als wahrscheinlichste Ursache des Herz-Kreislauf-Stillstandes nahe legen. Theoretisch denkbar sei auch ein sekundärer Myokardinfarkt als Folge des protrahierten Herz-Kreislaufstillstandes aus anderer primärer Ursache (z.B. primäre Herzrhythmusstörung, Lungenarterienembolie). Selbst eine Koronarangiographie bzw. eine Obduktion könnte diese Frage jedoch im Nachhinein unter Umständen nicht mit Sicherheit klären. Gutachterlicherseits sei der plötzliche Herztod als die wahrscheinlichste Ursache anzusehen. Unter dieser Annahme sei die Situation vor Gericht als ein äußeres Ereignis zu werten, da reine psychische Belastungen eine wesentliche Teilursache bei der Infarktentstehung sein können. Der für einen kausalen Zusammenhang erforderliche zeitliche Zusammenhang von Minuten bis Stunden liege hier vor. Auch habe die Situation vor Gericht einen für den Beruf des Versicherten außergewöhnliche Belastung bedeutet. Zwar habe aufgrund der Vorerkrankung des Versicherten ein erhöhtes Risiko für einen Reinfarkt bestanden. Ob beim Versicherten jedoch hochgradige Veränderungen der Herzkranzgefäße vorgelegen haben, die einen Myokardinfarkt sehr wahrscheinlich gemacht hätten, sei nicht bekannt. Tatsache sei jedoch, dass im alltäglichen Leben des Versicherten keine Symptome der koronaren Herzerkrankung bestanden (z.B. Angina-Pectoris-Beschwerden), die als Vorboten eines drohenden Herzinfarktes angesehen werden könnten. Insgesamt könne das Ereignis vom ... als rechtlich wesentliche Ursache für den Tod des Versicherten angesehen werden.
Mit Widerspruchsbescheid vom ... wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Zur Begründung führte sie aus, die Umstände der Gerichtsverhandlung seien nicht so belastend gewesen, dass hierdurch ein Myokardinfarkt verursacht worden sein könnte. Vergleichen mit einem bereits höchstrichterlich entschiedenen Fall indem es um Ansprüche von existenzieller Bedeutung (ca. 110.000,- DM) gegangen sei, läge dieses Verfahren hier anders. Auch hätte der Versicherte im Gegensatz zu dem bereits entschiedenen Verfahren schon an einer Gerichtsverhandlung teilgenommen.
Mit der am ... erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid vom ... in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom ... aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, das Ereignis vom ... als Arbeitsunfall und als rechtlich wesentliche Ursache des Todes anzuerkennen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten, die Gerichtsakte sowie die Akte des Landgerichts ... (3 O 346/00) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht erhobene Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet. Der Herzinfarkt sowie der anschließende Tod des Versicherten sind nicht Folge einer durch die Teilnahme an der Gerichtsverhandlung ausgelösten psychischen Belastung gewesen.
Arbeitsunfälle sind nach § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Regelmäßig ist erforderlich, dass das Verhalten, bei dem sich der Unfall ereignet hat, einerseits zur versicherten Tätigkeit zu rechnen ist, und dass die Tätigkeit andererseits den Unfall herbeigeführt hat (vgl. Bundessozialgericht (BSG) BSGE 63, 273, 274 = SozR 2200 § 548 Nr. 92). Soweit das Gesetz eine Einwirkung "von außen" auf den Körper fordert, ist damit gemeint, dass ein aus innerer Ursache, aus dem Menschen selbst kommendes Ereignis nicht als Unfall anzusehen ist (vgl. BSG SozR 2200 § 548 Nr. 56; BSG, Urteil vom 02. Mai 2001 - B 2 U 18/00 R - (unveröffentlicht)). Wesentlich für den Begriff des Unfalls sind hiernach ein ("äußeres") Ereignis als Ursache und eine Körperschädigung als Wirkung. Nach ständiger Rechtsprechung müssen im Unfallversicherungsrecht die anspruchsbegründenden Tatsachen, nämlich die versicherte Tätigkeit, die schädigende Einwirkung (Unfallgeschehen) und die Gesundheitsstörung erwiesen sein, d.h. bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muss der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden können (vgl. BSGE 58, 80, 83 = SozR 2200 § 555 a Nr. 1; BSGE 61, 127, 128 = SozR 2200 § 548 Nr. 84). Hingegen genügt hinsichtlich des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der versicherten Tätigkeit und der schädigenden Einwirkung (haftungsbegründende Kausalität) sowie der schädigenden Einwirkung und der Gesundheitsstörung (haftungsausfüllende Kausalität) eine hinreichende Wahrscheinlichkeit (vgl. BSGE 58, 80, 83; 61, 127, 129); das bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung aller wesentlichen Gesichtspunkte des Einzelfalles mehr für als gegen einen Ursachenzusammenhang sprechen muss, wobei dieser nicht schon dann wahrscheinlich ist, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist (vgl. BSGE 45, 285, 286 = SozR 2200 § 548 Nr. 38). Kommen mehrere Ursachen in Betracht (konkurrierende Kausalität), so sind nur solche Ursachen als rechtserheblich anzusehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben (vgl. BSGE 63, 277, 280 = SozR 2200 § 548 Nr. 91); daran fehlt es, wenn die Krankheitsanlage so leicht ansprechbar gewesen ist, dass die "Auslösung" akuter Erscheinungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte (vgl. BSGE 62, 220, 221 = SozR 2200 § 589 Nr. 10; BSG, Urteile vom 02. Februar 1999 - B 2 U 6/98 R - und 02. Mai 2001 a.a.O. (beide unveröffentlicht)). Kann ein behaupteter Sachverhalt nicht nachgewiesen oder der ursächliche Zusammenhang nicht wahrscheinlich gemacht werden, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Beteiligten, der aus diesem Sachverhalt Rechte herleitet, bei den anspruchsbegründenden Tatsachen also zu Lasten des jeweiligen Klägers (vgl. BSGE 6, 70, 72; BSG SozR 3-2200 § 548 Nr. 11 S. 33).
Dass der Versicherte bei der für seinen Tod verantwortlich gemachten Handlung - Teilnahme an der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht ... als Kläger - nach § 8 Abs. 1 SGB VII unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stand, ist nicht zu bezweifeln. Denn Streitgegenstand war die Klage auf Zahlung einer Werklohnvergütung. Auch kann die weitere Voraussetzung, ob diese versicherte Tätigkeit zu einem Unfall des Versicherten geführt hat, nicht deshalb verneint werden, weil es an einer äußeren Einwirkung gefehlt hätte. Die Körperschädigung kann verursacht sein durch körperlich gegenständliche Einwirkungen, aber auch durch geistig seelische Einwirkungen in einem eng begrenzten Zeitraum (BSGE 18, 173, 175; BSG Urteil vom 02. Mai 2001, B 2 U 18/00 R). Unter Zugrundelegung dieser Ausführungen ist die Teilnahme des Klägers an der Verhandlung als ein äußeres Ereignis zu qualifizieren. Ausschlaggebend hierfür ist, dass dieser Termin - wie die Ausführungen der Klägerin belegen - eine psychische Anspannung hervorgerufen hat. Zur Überzeugung der Kammer steht jedoch fest, dass diese Belastungssituation nicht die rechtlich wesentliche Ursache für den Herzinfarkt sowie den nachfolgenden Tod war. Ein ursächlicher Zusammenhang scheitert bereits daran, dass der Eintritt eines primären Myocardinfarkts nicht mit Sicherheit belegt werden kann. Dr ... hat in nachvollziehbarer Weise dargelegt, dass auch ein sekundärer Myocardinfarkt als Folge z. B. einer primären Herzrhythmusstörung (vgl. S. 7, 13 und 18) eingetreten sein kann und damit ein ursächlicher Zusammenhang zu verneinen wäre. Ob ein Myocardinfarkt als primäres Ereignis stattgefunden hat, könnte nur durch eine Obduktion oder eine Koronarangiographie festgestellt werden. Nachdem solche Untersuchungen nicht durchgeführt wurden, kann auch der Nachweis für das Vorliegen eines primären Myocardinfarkts nicht erbracht werden.
Selbst unter der Annahme, dass ein primärer Myocardinfarkt stattgefunden hat, ist ein rechtlich wesentlicher Zusammenhang mit der beruflichen Belastungssituation nicht wahrscheinlich. Zwar ist zunächst davon auszugehen, dass die Teilnahme an der Gerichtsverhandlung im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinne eine Bedingung für den tödlichen Herzinfarkt war. Neben dieser psychischen Belastung war nach den aktenkundigen Unterlagen beim Ehemann der Klägerin die vorbestandene Herzerkrankung ebenfalls eine Ursache des Todes im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinne. Unstreitig war beim Kläger bereits seit 1996 eine coronare Herzerkrankung mit Auftreten eines Myocardinfarkts bekannt. Der Anspruch der Klägerin hängt somit davon aus, ob die Einwirkungen durch die Teilnahme an der Gerichtsverhandlung den Herzinfarkt sowie den anschließenden Tod auch im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung verursacht haben. Hierbei sind die Krankheitsanlage sowie das Unfallereignis untereinander in Beziehung zu stellen. Das Vorhandensein einer Krankheitsanlage allein schließt nicht aus, den Schaden als durch das Unfallereignis mitverursacht zu werten. Andererseits ist der Unfall nicht wesentlich, weil der Schaden aufgrund des Unfallereignisses vorgetreten ist (BSGE 62, 220, 222). Die Entscheidung richtet sich insbesondere nach der Stärke des Leidens in der Anlage und nach der äußeren Einwirkung auf den Verletzten (Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Aufl., S. 83). Gegen einen ursächlichen Zusammenhang spricht zunächst, dass das unfallbringende Ereignis vor dem Hintergrund der vorbestandenen coronaren Herzerkrankung nicht schwerwiegend genug war. Ein gravierendes Ereignis liegt nur dann vor, wenn entweder eine schwere körperliche Belastung (gänzlich ungewohnte akute Anstrengung, schwere Arbeit unter ausnahmsweise extrem ungünstigen körperlichen Situationen verrichte, außergewöhnliche Anstrengung im Hinblick auf Alter und Leistungsvermögen) oder eine extreme psychische Überforderung eingetreten ist (Medizinische Begutachtung innerer Krankheiten, hrsg. von Marx und Klepzig, 7. Aufl. S. 203). Das Bundessozialgericht (BSG) hat die hier in Betracht zu ziehende letzte Alternative bei einer Zeugenvernehmung bejaht (Urteil vom 18.03.1997, L 2 RU 23/96). Anders als in jenem Verfahren ist der Rechtsstreit vor dem Landgericht jedoch für den Versicherten nicht von existentieller Bedeutung gewesen. In Vergleichverhandlungen waren dem Versicherten von den eingeklagten 25.523,24 DM bereits 22.000,- DM angeboten worden. Auch ist zu berücksichtigen, dass - wie die Klägerin selbst ausgeführt hat - die Zahlungsverweigerung der Kunden ein häufiges Problem für den Kläger war und vor diesem Hintergrund somit auch der Prozess keine ungewöhnliche Belastung darstellte. Die Kammer verkennt hierbei nicht, dass sich der Versicherte im Termin in einer psychisch angespannten Situation befunden hat. Von einer extremen psychischen Belastung konnte sich die Kammer jedoch nicht überzeugen. Insoweit vermag die Kammer auch nicht den gutachterlichen Ausführungen der Dres ... und ... zu folgen. Sie haben gestützt auf den vom BSG entschiedenen Rechtsstreit eine außergewöhnliche psychische Belastung angenommen, ohne hierbei die unterschiedliche Prozesssituation zu würdigen bzw. zu beurteilen.
Gegen die Bewertung der beruflichen Einwirkung als wesentliche Mitursache spricht vorliegend auch die vorhandene schwere Herzerkrankung, die seit 1996 bekannt war. Prinzipiell besteht bei dieser Diagnose ein erhebliches Risiko für einen Reinfarkt. Um gewichten zu können, welche Bedeutung die unstreitig vorhandene Krankheitsanlage für den Herzinfarkt und den nachfolgenden Tod des Versicherten hatte, muss nach der Rechtsprechung des BSG der Umfang der verbliebenen Belastbarkeit festgestellt werden (BSG, Urteil vom 18.03.1997, 2 RU 8/96 und Urteil vom 04.12.1991, 2 RU 14/91). Diese Feststellung ist - sofern die Belastbarkeit im Zeitpunkt der Auslösung der akuten Erscheinungen (wie hier) nicht bekannt ist - aus medizinischer Sicht zu treffen, so als ob der behandelnde Arzt alle Befunde gekannt hätte, die später zu Tage befördert worden sind (BSG aaO). Eine solche Beurteilung kann vorliegend jedoch nicht getroffen werden. Die Gutachter Dres ... und ... weisen zurecht darauf hin, dass die aktuelle Belastbarkeit des Versicherten nicht bekannt war. Die letzte kardiologische Untersuchung fand im Jahr 1999 statt. Insoweit kann der Belastungsumfang nicht bewertet werden. Damit fehlt ein entscheidendes Beurteilungskriterium zur Gewichtung der Krankheitsanlage. Aus dieser Beweissituation kann allerdings nicht der Schluss gezogen werden, dass der beruflichen Einwirkung die wesentliche Bedeutung beigemessen werden muss. Diese Schlussfolgerung würde in unzulässiger Weise das Vorhandensein der vorbestandenen Erkrankung außer Acht lassen.
Im Ergebnis konnte sich die Kammer nicht davon überzeugen, dass die berufliche Tätigkeit die wesentliche Ursache des Herzinfarktes sowie des nachfolgenden Todes gewesen ist.
Die Klage war daher abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
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