L 18 B 183/06 AS ER

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
18
1. Instanz
SG Potsdam (BRB)
Aktenzeichen
S 15 AS 1006/05 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 18 B 183/06 AS ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozial- gerichts Potsdam vom 31. Januar 2006 wird zurückgewiesen. Kosten sind im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

Wegen der Dringlichkeit der Sache war in entsprechender Anwendung von § 155 Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch den Vorsitzenden zu entscheiden.

Die Beschwerde des Antragstellers, mit der er seinen Antrag auf Erlass einer Regelungsanordnung gemäß § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG auf Gewährung von Arbeitslosengeld II (Alg II) in Höhe von mindestens 959,30 EUR für die Zeit ab dem 1. Dezember 2005 weiter verfolgt, ist nicht begründet.

Zwar ist im Hinblick auf den Antrag, Alg II in "angemessener Höhe" zu gewähren, nicht von einem hinreichend bestimmten Antrag im Sinne von § 92 Abs. 1 Satz 1 SGG auszugehen; unter Berücksichtigung des bezifferten Mindestbetrages ist der Antrag aber noch als zulässig anzusehen, weil eine abschließende Bezifferung eines Leistungsantrages im sozialgerichtlichen Verfahren nicht zwingend geboten ist (vgl. BSG SozR 1200 § 53 Nr. 6).

Für den Erlass der begehrten Regelungsanordnung besteht schon deshalb kein Raum, weil ein Anordnungsanspruch nicht ersichtlich ist. Für die Zeit bis zum Eingang des Antrages bei dem Sozialgericht (19. Dezember 2005) gilt dies schon deshalb, weil die rückwirkende Gewährung von Leistungen im einstweiligen Rechtsschutzverfahren regelmäßig nicht in Betracht kommt. Der Antragsteller hat insoweit auch nicht dargetan, dass die Nichtgewährung der Differenz zwischen der bis zum 30. November 2005 gewährten Gesamtleistung von monatlich 959,30 EUR und des seit dem 1. Dezember 2005 laufend gezahlten Alg II-Betrages von insgesamt 571,64 EUR in die Gegenwart fortwirken und eine aktuelle Notlage bewirken würde. Auch für die Zeit vom Antragseingang an ist ein Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht. Es ist nicht erkennbar, dass die von der Antragsgegnerin nicht mehr übernommenen Schuldtilgungsleistungen für das von dem Antragsteller und seiner Lebensgefährtin selbst genutzte Eigenheim zu einer gegenwärtigen bzw. unmittelbar drohenden existentiellen Notlage geführt hätten, die nur durch den Erlass der begehrten Regelungsanordnung abgewendet bzw. beseitigt werden könnte. Der allgemeine Hinweis des Antragstellers, er müsse andernfalls schon vor einem Abschluss des Hauptsacheverfahrens seine Immobilie verkaufen bzw. eine Privatinsolvenz beantragen, reicht hierfür schon deshalb nicht aus, weil nicht erkennbar und auch nicht vorgetragen worden ist, ob gegebenenfalls durch eine Änderung der Darlehensmodalitäten der geringeren Alg II- Leistungshöhe ab 1. Dezember 2005 Rechnung getragen werden kann. Der Antragsteller hat bislang auch nicht substantiiert dargelegt, ob und ggfs. welche Bemühungen er unternommen hat, durch andere geeignete Maßnahmen seine Aufwendungen für das Eigenheim zu senken, obwohl ihn die Antragsgegnerin bereits mit Schreiben vom 12. August 2005 hierzu aufgefordert hatte. Der Verweis des Antragstellers auf den Verwertungsschutz in § 12 Abs. 3 Nr. 4 Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) – enthebt das Gericht nicht der Prüfung, ob ein Anordnungsgrund vorliegt, zumal die genannte Vorschrift nur die Nichtberücksichtigung eines selbst genutzten Hausgrundstückes von angemessener Größe als Vermögen des Hilfebedürftigen regelt, nicht aber die Angemessenheit der Unterkunftskosten im Sinne von § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Schließlich ist auch eine drohende Wohnungslosigkeit des Antragstellers nicht erkennbar.

Kommt die begehrte Regelungsanordnung daher schon mangels eines Anordnungsanspruches nicht in Betracht, dürfte indes auch ein Regelungsanspruch zumindest in der vom Antragsteller geltend gemachten Übernahme sämtlicher Tilgungsleistungen in Gestalt von Alg II-Regelleistungen nicht bestehen. Denn die Tilgungsleistungen für das Eigenheim zählen grundsätzlich nicht zu den Aufwendungen für die Unterkunft im Sinne von § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II; ansonsten trügen die Leistungsträger des SGB II zur Vermögensbildung des Hilfesuchenden bei, die keine Aufgabe der Grundsicherung sein kann. Es ist nicht ersichtlich, dass dieser für das Sozialhilferecht anerkannte Grundsatz (vgl. etwa BVerwGE 48, 182-188 mit weiteren Nachweisen) im Rahmen des SGB II nicht zum Tragen kommen sollte. Andernfalls hätte es der Antragsteller in der Hand, durch entsprechende Vereinbarungen mit seinem Darlehensgläubiger die Schuldentilgung so zu bestimmen, dass er alsbald schuldenfrei wäre und somit Vermögen – nur - auf Kosten des Steuerzahlers bilden könnte. Ob in Anbetracht dessen, dass bei einer Aussetzung der Schuldentilgung möglicherweise der Verlust des Eigenheims droht, eine Darlehensgewährung seitens der Antragsgegnerin in Höhe der verbliebenen Differenz zwischen den bis zum 30. November 2005 und den ab 1. Dezember 2005 gewährten Leistungen in Betracht kommt, kann schon deshalb dahinstehen, weil eine derartige Notlage des Antragstellers - wie dargelegt- nicht feststellbar ist. Im Übrigen hat der Antragsteller auch ausdrücklich keine Darlehensgewährung, sondern eine Schuldtilgungsübernahme im Rahmen der Alg II-Regelleistungen beantragt.

Schließlich entspricht auch die Berechnung der Regelleistungen für die aus dem Antragsteller und seiner Lebensgefährtin EZ bestehende Bedarfsgemeinschaft (vgl. § 7 Abs. 3 Nr. 3b SGB II) dem geltenden Recht. Für beide Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft ist ein Regelleistungsbedarf von zusammen 596,- EUR in Ansatz zu bringen (§ 20 Abs. 2 und Abs. 3 SGB II). Das anzurechnende Erwerbseinkommen beläuft sich auf 434,36 EUR; auf die zutreffende Berechnung der Antragsgegnerin in dem Widerspruchsbescheid vom 28. Dezember 2005 wird Bezug genommen. Für die Regelleistung verbleibt somit ein Betrag von 161,64 EUR. Hinzu kommen die – streitigen – Unterkunftskosten, über deren Höhe im hiesigen Verfahren nicht abschließend entschieden zu werden brauchte. Die Antragsgegnerin gewährt aber jedenfalls Kosten, die der Antragsteller für eine angemessene Mietwohnung nebst Heizkosten aufzuwenden hätte.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
Saved