Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 4 RA 147/01
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 4 RA 74/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 5 R 22/06 R
Datum
Kategorie
Urteil
Bemerkung
Rücknahme der Revision
Auf die Berufung der Klägerin wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Aachen vom 27.07.2001 geändert. Die Beklagte wird unter teilweiser Aufhebung des Bescheides vom 21.12.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.05.2001 verurteilt, die Zeit vom 01.09.1993 bis 29.11.1998 als Kinderberücksichtigungszeit für das Kind L sowie die Zeit vom 01.11.1993 bis 31.10.1996 als Kindererziehungszeit und die Zeit vom 01.11.1996 bis 29.06.1998 als Kinderberücksichtigungszeit für das Kind E vorzumerken. Die Beklagte trägt die Kosten der Klägerin in beiden Rechtszügen Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Vormerkung der Zeit vom 01.09.1993 bis zum 29.11.1998 als Kindererziehungszeit (KEZ) und Kinderberücksichtigungszeit (KiBÜZ).
Die am 00.00.1966 geborene Klägerin ist deutsche Staatsangehörige. Bis zum 24.08.1988 war sie in der Bundesrepublik Deutschland als Kindergartenhelferin versicherungspflichtig beschäftigt. Anschließend war sie arbeitslos und bezog Leistungen vom Arbeitsamt, unterbrochen durch eine Zeit des Mutterschutzes, bis zum 31.01.1991.
Am 22.06.1990 gebar die Klägerin das Kind L. 1993 erwarb sie mit ihrem Ehemann ein Hausgrundstück in L/Niederlande und wohnte mit ihrer Familie ab dem 01.09.1993 in L. Laut Auskunft der Gemeinde S war die Klägerin in der Zeit vom 06.09.1993 bis 28.09.1994 in S polizeilich gemeldet und meldete sich zum 01.10.1994 nach L/Niederlande ab. Am 19.10.1993 gebar die Klägerin das Kind E. Die Kinder L und E besuchten ab 1996 in B die Grundschule bzw. den Kindergarten. Die Entfernung zwischen dem Haus in L und dem Ort B betrug etwa 2 km. Ab 1996 übte die Klägerin eine versicherungsfreie Tätigkeit (auf 630,00 DM-Basis) bei der Firma C Bau- und Heimwerkermarkt in B aus. Sie war in den Niederlanden weder abhängig noch selbständig beschäftigt. Beim niederländischen Sozialversicherungsträger sind für die Klägerin als Versicherungszeiten Wohnsitzzeiten von 05.10.1994 bis 30.11.1998 gespeichert. Im November 1998 trennte sich die Klägerin von ihrem Ehemann und zog am 29.11.1998 mit ihren beiden Kindern nach B. Im Jahr 2000 wurde die Ehe geschieden. Das Versorgungsausgleichverfahren ist beim Amtsgericht Aachen, 26 F 339/99, anhängig. Für die Zeit vom 01.01. bis zum 11.08.2001 sind Zeiten einer geringfügigen versicherungsfreien Beschäftigung für die Klägerin bei der Beklagten gespeichert.
Der Versicherungsverlauf des Ehemannes weist in der Zeit vom 01.01.1991 bis zum 31.03.2000 durchgehend Pflichtbeitragszeiten zur deutschen Rentenversicherung auf. In der Zeit vom 01.09.1993 bis zum 29.11.1998 war der Ehemann der Klägerin bei der Firma C Bau- und Heimwerkermarkt in B beschäftigt.
Im Rahmen eines Kontenklärungsverfahrens erkannte die Beklagte mit Bescheid vom 21.12.2000 die Zeit vom 01.07.1990 bis 30.06.1991 als KEZ sowie die Zeiten vom 22.06.1990 bis 31.08.1993 und vom 30.11.1998 bis 21.06.2000 als KiBÜZ für das Kind L an. Die Anerkennung der Zeit vom 01.09.1993 bis 29.11.1998 als KiBÜZ lehnte die Beklagte ab, weil das Kind L in dieser Zeit im Ausland erzogen worden sei. Für das Kind E erkannte die Beklagte die Zeit vom 30.11.1998 bis 30.06.2000 als KiBÜZ an. Die Anerkennung der Zeit vom 01.11.1993 bis 31.10.1996 als KEZ sowie die Zeit vom 19.10.1993 bis 29.11.1998 als KiBÜZ für das Kind E lehnte die Beklagte ab.
Gegen die Ablehnung der Anerkennung der Zeit vom 01.09.1993 bis 29.11.1998 als KEZ und KiBÜZ für die beiden Kinder legte die Klägerin Widerspruch ein. Sie vertrat die Auffassung, dass sie nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 23.11.2000, C-135/99, einen Anspruch auf Anerkennung dieser Zeiten nach § 56 Abs. 3 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) habe. Am 15.05.2001 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Sie führte aus, ob Erziehungszeiten bei der Erziehung eines Kindes und gewöhnlichen Aufenthaltes von Kind und Eltern außerhalb des Geltungsbereiches des Sozialgesetzbuchs Sechstes Buch (SGB VI), also im Ausland, erworben werden können, sei nach § 56 Abs. 3 SGB VI in Verbindung mit § 249 Abs. 1 SGB VI zu beurteilen. Voraussetzung für den Erwerb von Kindererziehungszeiten während eines Auslandsaufenthaltes sei, dass während der Kindererziehung oder unmittelbar vor der Geburt des Kindes wegen einer Beschäftigung oder Tätigkeit im Ausland Pflichtbeitragszeiten nach deutschen Rechtsvorschriften vorhanden seien. Diese Voraussetzungen seien weder durch die Klägerin noch deren Ehemann erfüllt. Eine während des gewöhnlichen Aufenthaltes in den Niederlanden durch den Ehemann als Grenzgänger in der Bundesrepublik Deutschland ausgeübte versicherungspflichtige Beschäftigung stelle keine ausreichende Grundlage für die Anerkennung von Erziehungszeiten dar, da es sich hierbei nicht um eine Beschäftigung im Ausland, die zur Versicherungspflicht in der inländischen Rentenversicherung führe, handele. Pflichtbeitragszeiten einer Beschäftigung im Inland erfüllten nicht die Voraussetzungen für die Berücksichtigung der Erziehung von Kindern im Ausland. Auch aus der Entscheidung des EuGH vom 23.10.2000, C-135/99, und Nr. 19 des Anhangs VI Abschnitt c zur Verordnung Nr. 1408/71 EWG, lasse sich kein Anspruch auf Anerkennung der Zeit vom 01.09.1993 bis 29.11.1998 nach § 56 SGB VI herleiten. Das Urteil des EuGH sowie Nr. 19 des Anhangs VI Abschnitt c zur Verordnung Nr. 1408/71 EWG setzten voraus, dass es sich bei dem Erziehenden um einen als Grenzgänger Beschäftigten bzw. Arbeitnehmer handele. Da die Klägerin jedoch seit August 1988 keine Beschäftigung mehr ausgeübt habe, also keine Arbeitnehmerin mehr gewesen sei, seien auch diese Voraussetzungen für die Anrechnung von Erziehungszeiten im Ausland nicht gegeben.
Mit der am 29.05.2001 vor dem Sozialgericht (SG) Aachen erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Begehren weiter verfolgt.
Sie hat die Auffassung vertreten, dass die Entscheidung der Beklagten gegen das Urteil des EuGH vom 23.11.2000, insbesondere auch gegen Art. 18 EG-Vertrag (Freizügigkeit) verstoße.
Durch Gerichtsbescheid vom 27.07.2001 hat das SG Aachen die Klage abgewiesen. Die Voraussetzungen der Bestimmungen des § 56 Abs. 1 bis Abs. 3 SGB VI seien nicht erfüllt. Der gewöhnliche Aufenthalt der Klägerin mit ihren Kindern in den Niederlanden stehe einer Inlandserziehung nach § 56 Abs. 3 Sätze 2 und 3 SGB VI nicht gleich. Aus den Texten des Primär- oder Sekundärrechts der Europäischen Gemeinschaft ergäben sich keine Regelungen, die einem nationalen Rentenversicherungsträger geböten oder einen Mitgliedstaat verpflichteten, den Tatbestand einer nach seinem Recht nicht rechtserheblichen Auslandserziehung im Versicherungskonto zu speichern und vorzumerken.
Gegen den am 31.07.2001 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 29.08.2001 Berufung eingelegt. Sie verfolgt ihr Begehren weiter. Die polizeiliche Meldung unter der Anschrift der Schwester ihres Ehemannes in S sei pro forma geschehen. Die Familie habe seit dem 01.09.1993 tatsächlich in L gewohnt.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Aachen vom 27.07.2001 zu ändern und die Beklagte unter teilweiser Aufhebung des Bescheides vom 21.12.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.05.2001 zu verurteilen, die Zeit vom 01.09.1993 bis 29.11.1998 als Kinderberücksichtigungszeit für das am 00.00.1990 geborene Kind L und als Kindererziehungszeit und Kinderberücksichtigungszeit für das am 00.00.1993 geborene Kind E nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen anzuerkennen, hilfsweise, die Streitsache dem Europäischen Gerichtshof zur Vorabentscheidung vorzulegen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend. Nr. 19 des Anhangs VI Abschnitt c (Deutschland) zur VO (EWG) Nr. 1408/71 sei nur für die Arbeitnehmer begünstigend, für die die VO (EWG) Nr. 1408/71 gelte, die in einem anderen EG-Mitgliedsstaat Kinder erzögen und 6 Abs.1 MuSchG nicht beschäftigt werden dürften oder Erziehungsurlaub nach § 15 BerzGG nähmen, wenn sie zuvor nicht nur geringfügig beschäftigt (§ 8 SGB VI) gewesen seien. Diese Voraussetzungen erfülle die Klägerin nicht. Der Entscheidung des EuGH vom 07.02.2002, C-18/00, sei über den Einzelfall hinaus nicht zu folgen. Die streitbefangene Zeit stelle einen Dehnungstatbestand im Sinne des Art. 9a VO (EWG) Nr. 1408/71 dar, wenn die Klägerin keine Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit in der Niederlande ausgeübt habe.
Der Senat hat eine Auskunft von der Sociale Verzekeringsbank (SVB) in Amstelveen, Niederlande eingeholt und den geschiedenen Ehemann der Klägerin, Herrn T, als Zeugen vernommen. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 19.08.2005 verweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin ist zulässig und begründet.
Das SG hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Der angefochtene Bescheid ist rechtswidrig. Die Beklagte ist verpflichtet, die Zeit vom 01.09.1993 bis 29.11.1998 als KiBÜZ für das Kind L, die Zeit vom 01.11.1993 bis 31.10.1996 als KEZ und die Zeit vom 01.11.1996 bis 29.11.1998 als KiBÜZ für das Kind E vorzumerken.
Der angefochtene Bescheid ist nicht insoweit rechtswidrig, als die Beklagte eine Entscheidung über Daten getroffen hat, die bei Erlass des Bescheides weniger als sechs Jahre zurücklagen. Nach §149 Abs.5 S.1 SGB VI hat der Versicherungsträger einen inhaltlich zutreffenden Vormerkungsbescheid über die im Versicherungsverlauf enthaltenen und nicht bereits festgestellten Daten zu erlassen, die länger als sechs Kalenderjahre zurückliegen, nach dem er das Versicherungskonto geklärt hat. Der Versicherungsträger ist aber durch § 149 Abs. 5 SGB VI nicht gehindert, auf Antrag oder von Amts wegen durch Verwaltungsakt auch Daten festzustellen (vorzumerken), die nicht länger als sechs Jahre zurückliegen (siehe Polster in Kasseler Kommentar, § 149 Rdnr.13).
Die Beklagte ist verpflichtet, die Zeit vom 01.09.1993 bis 29.11.1998 KiBÜZ für das am 00.00.1990 geborene Kind L vorzumerken. Tatbestände wegen Kindererziehung sind vorzumerken, soweit ihr Vorliegen im Vormerkungszeitpunkt geklärt ist und die Möglichkeit ihrer Rechtserheblichkeit in einem zukünftigen Leistungsfall besteht. Bei der KiBÜZ handelt es sich nach § 54 Abs. 2 SGB VI um eine rentenrechtliche Zeit nach § 54 Abs. 1 Nr. 3 SGB VI.
Die Klägerin hat den Tatbestand der KiBÜZ im streitbefangenen Zeitraum für das Kind L nach § 57 SGB VI erfüllt. Danach ist die Zeit der Erziehung eines Kindes bis zu dessen vollendeten zehnten Lebensjahr bei einem Elternteil eine Berücksichtigungszeit, soweit die Voraussetzungen für die Anrechnung einer Kindererziehungszeit in dieser Zeit vorliegen (§ 57 S. 1 SGB VI). Das Kind L vollendete das zehnte Lebensjahr nicht vor dem 29.11.1998. Die Voraussetzungen des § 56 SGB VI für die Anrechnung des streitbefangenen Zeitraums als Kinderziehungszeit sind gegeben.
Nach § 56 Abs.1 S. 2 SGB VI wird für einen Elternteil eine Kindererziehungszeit angerechnet, wenn die Kindererziehungszeit diesem Elternteil zuzuordnen ist (Nr.1), die Erziehung im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland erfolgt ist oder einer solchen gleichsteht (Nr.2) und der Elternteil nicht von der Anrechnung ausgeschlossen ist (Nr.3). Die Voraussetzungen von § 56 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 und Nr. 3 SGB VI sind erfüllt. Die Kindererziehungszeit ist der Klägerin als Mutter zuordnen, da sie das Kind L im streitbefangenen Zeitraum erzog (§ 56 Abs. 2 S. 1 SGB VI). Dahinstehen kann, ob die Klägerin gemeinsam mit ihrem Ehemann das Kind L erzog. Denn wegen Fehlens einer übereinstimmenden Erklärung der Elternteile nach § 56 Abs. 2 S. 3 SGB VI ist nach § 56 Abs.2 S. 6 SGB VI die Erziehungszeit der Klägerin als Mutter zuzuordnen. Die Klägerin ist auch nicht nach § 56 Abs. 4 SGB VI von der Anrechnung ausgeschlossen.
Entgegen der Auffassung des SG ist der Tatbestand des § 56 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 SGB VI im streitbefangenen Zeitraum durch eine gleichzustellende "Auslandserziehung" erfüllt. Die Erziehung des Kindes L erfolgte ab dem 01.09.1993 nicht im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland, sondern in den Niederlanden. Das SG hat zutreffend das Vorliegen einer sog. "Inlandserziehung" im streitbefangenen Zeitraum verneint. Nach § 56 Abs.1 S. 2 Nr. 3 i.V.m. Abs.3 S. 1 SGB VI ist eine Erziehung im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland erfolgt, wenn der erziehende Elternteil sich mit dem Kind dort gewöhnlich aufgehalten hat. Trotz der polizeilichen Meldung der Klägerin in der Zeit vom 01.09.1993 bis 28.09.1994 in S hatte die Klägerin mit dem Kind Sohn L ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Sinne des § 30 Abs. 3 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) in der Zeit vom 01.09.1993 bis zum 29.11.1998 durchgehend in L/ Niederlande. Dies ergibt sich aus den übereinstimmenden Angaben der Klägerin und ihres Ehemannes, wonach sie am 01.09.1993 zusammen mit ihrem Sohn L in das in L erworbene Haus gezogen sind und dort bis zur Trennung gewohnt haben. Somit hatte die Klägerin ab dem Zeitpunkt des Umzugs den Schwerpunkt ihrer Lebensverhältnisse und damit ihren gewöhnlichen Aufenthalt am Ort ihres Wohnhauses, also in L, unabhängig davon, wie oft sie sich aus privaten Gründen (z.B. Transport der Kinder zum Kindergarten oder zur Schule, Einkäufe, Besuche bei Verwandten und Bekannten) in B und Umgebung aufhielt (siehe auch BSG, Urteil vom 10.07.1997, 14 REg 8/96).
Die Vorschrift des § 56 Abs.3 S. 2 und S. 3 SGB VI über die Gleichstellung eines gewöhnlichen Aufenthalts im Ausland mit einem Inlandsaufenthalt greift zu Gunsten der Klägerin nicht ein. Insoweit nimmt der Senat auf die erstinstanzlichen Ausführungen Bezug und sieht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 153 Abs. 2 SGG). Jedoch steht der gewöhnliche Aufenthalt der Klägerin in der Zeit vom 01.09.1993 bis zum 29.11.1998 in den Niederlanden unter Beachtung der Vorschriften der Europäischen Gemeinschaft einem solchen im Inland gleich. Nach Art. 13 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung(VO) EWG Nr. 1408/71 ist auf die Zeit der Kindererziehung des Kindes L vom 01.09.1993 bis 28.10.1993 das Recht der Bundesrepublik Deutschland als (ehemaliger) Beschäftigungsstaat weiterhin anwendbar, auch wenn die Klägerin in diesem Zeitraum in der Niederlande wohnte. Art. 13 Abs. 2 Buchst. a der VO(EWG) Nr. 1408/71 bestimmt, dass eine Person, die im Gebiet eines Mitgliedstaats im Lohn- oder Gehaltsverhältnis beschäftigt wird, den Rechtsvorschriften dieses Staats unterliegt, und zwar auch dann, wenn sie im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats wohnt oder ihr Arbeitgeber oder das Unternehmen, dass sie beschäftigt, seinen Wohnsitz oder Betriebssitz im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats hat. Im Fall der Anrechnung von Kindererziehungszeiten für die Alterssicherung beschränkt diese Bestimmung die Anwendung des Rechts der Bundesrepublik Deutschland als Beschäftigungsstaat nicht nur auf Arbeitnehmer, die als Grenzgänger zumindest bis zum Zeitpunkt der Geburt des Kindes in Deutschland gearbeitet haben und das Kind in einem anderen Mitgliedsstaat erziehen (EuGH, Urteil vom 23.11.2000, C-135/99). Denn nach der Rechtsprechung des EuGH ist für die Anwendbarkeit des Rechts des Beschäftigungsstaats nach Art. 13 Abs. 2 Buchst. a der VO (EWG) Nr. 1408/71 nicht erforderlich, dass das Elternteil unmittelbar vor der Geburt des Kindes in der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung, als Recht des Beschäftigungsstaates, als Beschäftigter oder selbständig Tätiger versicherungspflichtig ist, sondern es genügt das Bestehen einer "hinreichenden Verbindung" zwischen den Versicherungszeiten, die aufgrund der Beschäftigung in der Bundesrepublik Deutschland zurückgelegt wurden, und den Erziehungszeiten (siehe EuGH, Urteil vom 07.02.2002, C-28/00).
Nach Auffassung des Senats besteht im Fall der Klägerin die vom EuGH geforderte "hinreichende Verbindung". Der EuGH hat eine solche "hinreichende Verbindung" bejaht, wenn ein Elternteil ausschließlich in einem Mitgliedstaat arbeitete und dem Recht dieses Staats unterlag, als das Kind geboren wurde. Vorliegend war die Klägerin vor und nach der Geburt ihres Sohnes L ausschließlich in der Bundesrepublik Deutschland beschäftigt, sie übte in den Niederlanden oder in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaft keine abhängige oder selbständige Beschäftigung aus. Zum Zeitpunkt der Geburt des Sohnes L hatte die Klägerin ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland und unterlag damit dem Recht der Bundesrepublik Deutschland. Die Tatsache, dass die Klägerin ihre versicherungspflichtige Beschäftigung 20 Monate vor der Geburt des Sohnes L im August 1988 aufgab, steht der Annahme einer "hinreichenden Verbindung" zwischen den Versicherungszeiten aus einer Beschäftigung und Erziehungszeiten nicht entgegen. Denn die Aufgabe einer Beschäftigung zwei Jahre vor der Geburt hat der EuGH als unschädlich angesehen (siehe EuGH, Urteil vom 07.02.2002, C-28/00). Des weiteren spricht für eine "hinreichende Verbindung" zwischen den Versicherungszeiten aus Beschäftigung und Erziehungszeiten nicht allein die Tatsache, dass die Zeit, in der die Klägerin aufgrund der Erziehung ihrer Kinder keine versicherungspflichtige Beschäftigung ausübte, von Zeiten der Beschäftigung in der Bundesrepublik Deutschland umrahmt ist, sondern auch die Tatsache, dass für die Klägerin durchgehend nach der Beendigung der versicherungspflichtigen Beschäftigung im August 1988 bis Ende 1991, nur unterbrochen von der Zeit des Mutterschutzes und den Bezug von Mutterschaftsgeld für den Sohn L, Zeiten des Bezugs von Arbeitslosengeld im Versicherungsverlauf vorgemerkt sind. Der Anspruch auf Arbeitslosengeld setzt die Ausübung einer versicherungspflichtigen Beschäftigung von mindestens 360 Tagen sowie die Verfügbarkeit der Anspruchsinhaberin für den deutschen Arbeitsmarkt voraus. Mithin knüpft der Bezug von Arbeitslosengeld als Leistung der sozialen Sicherheit an das Vorliegen einer versicherungspflichtigen Beschäftigung an. Die Zeiten des Arbeitslosengeldbezugs werden als Anrechnungszeiten nach § 58 Abs.1 Nr. 3 SGB VI in der gesetzlichen Rentenversicherung berücksichtigt, wenn sie unmittelbar an die Unterbrechung einer versicherungspflichtigen Beschäftigung anknüpfen (§ 58 Abs. 2 SGB VI). Anrechnungszeiten sollen Beiträge ersetzen, die wegen in der Person der Versicherten liegenden besonderen Umstände nicht gezahlt werden konnten. Sie sind ein rentenrechtlicher Ausgleich dafür, dass die Versicherte ohne ihr Verschulden gehindert war, einer versicherungspflichtigen Beschäftigung nachzugehen und Pflichtbeiträge zu leisten, die sie ohne den Anrechnungstatbestand entrichtet hätte (Niesel in Kasseler Kommentar, § 58 Rdnr 2 m.w.N). Der Bezug einer solchen Sozialleistung, deren Voraussetzung die Ausübung einer versicherungspflichtigen Beschäftigung ist und die im Recht der Altersicherung berücksichtigt wird, begründet einen engen Bezug zum Beschäftigungsstaat, wenn der Bezug unmittelbar - wie bei der Klägerin - an die Aufgabe der versicherungspflichtigen Beschäftigung anknüpft und bis zum Eingreifen der Regelungen des MuSchG andauert. Die Vorschrift des § 56 SGB VI ist unter Berücksichtigung des in Art. 8a EG-Vertrag (jetzt Art. 18 EG) verbürgten Rechts von Gemeinschaftsangehörigen, sich in den Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, dahingehend auszulegen, dass der gewöhnliche Aufenthalt in einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaft einem solchen im Inland gleichsteht, wenn der erziehende Elternteil keine Beschäftigung im Wohnsitzstaat ausübt. Denn eine Gemeinschaftsangehörige verlöre durch die Verlegung ihres Wohnortes in einen anderen Mitgliedstaat den Vorteil der Anrechnung von Erziehungszeiten (siehe EuGH, Urteil vom 23.11.2000, C-135/99). Dabei ist auch zu beachten, dass die Klägerin im streitbefangenen Zeitraum Ehefrau eines Grenzgängers war, der in der Bundesrepublik Deutschland arbeitete und in den Niederlanden wohnte. § 56 Abs. 2 S. 2 und S. 3 SGB VI sehen vor, dass im Fall der gemeinsamen Erziehung eines Kindes die Eltern durch übereinstimmende Erklärung bestimmen, welchem Elternteil die KEZ oder KiBüZ zuzuordnen ist. Im Fall einer Erklärung nach § 56 Abs. 2 S. 3 SGB VI zu Gunsten des Ehemannes der Klägerin wäre auch nach Rechtsauffassung der Beklagten, die KiBüZ für das Kind L in der deutschen Rentenversicherung zu berücksichtigen. Es widerspricht aber dem Recht der Freizügigkeit eines Arbeitnehmers und seiner Familienangehörigen, wenn der Ehepartner eines Arbeitnehmers durch die Wahrnehmung des Rechts auf Freizügigkeit die Möglichkeit der Anrechnung von Erziehungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung verliert, der Arbeitnehmer selbst aber durch entsprechende Willenserklärung die Möglichkeit aufrechterhalten kann.
Der Anwendung des deutschen Rechts nach Art. 13 Abs.2 Buchst. a der VO (EWG) Nr.1408/71 steht auch nicht entgegen, dass Streitgegenstand des Verfahrens nicht eine KEZ nach § 56 SGB VI sondern eine KiBÜZ nach § 57 SGB VI ist. Aus der VO (EWG) Nr.1408/71, insbesondere Art. 13, ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass die Anwendung der Rechtsvorschriften des Beschäftigungsstaates im Fall der Bejahung einer " hinreichenden Verbindung" zwischen Versicherungszeiten aus Beschäftigung und Erziehungszeiten zeitlich begrenzt ist. Die KiBÜZ knüpft wie die KEZ an den Tatbestand der Kindererziehung an (siehe auch Begründung zu Punkt 5 des Beratungsergebnisses der Arbeitsgruppe für zwischenstaatliches Sozialversicherungsrecht des VDR vom 01. und 2.04.2003). Die die weitere Anwendung der deutschen Rechtsvorschriften begründende versicherte Beschäftigung wirkt auch für die Dauer der KiBÜZ fort. Denn für die weitere Anwendung der deutschen Rechtsvorschriften ist nicht der Charakter der nach deutschem Recht anrechenbaren rentenrechtlichen Zeit entscheidend. Daher bestimmt sich der Umfang der zu berücksichtigenden KiBÜZ nach § 57 SGB VI. Nach § 57 S. 1 SGB VI ist die Zeit der Erziehung eines Kindes bis zu dessen vollendeten Lebensjahr zu berücksichtigen. Das Kind L vollendete im streitbefangenen Zeitraum das 10. Lebensjahr nicht.
Ebenfalls sind die Voraussetzungen für die Anerkennung der Zeit vom 01.11.1993 bis 31.10.1996 als KEZ nach § 56 SGB VI und der Zeit vom 01.11.1996 bis zum 29.11.1998 als KiBÜZ nach § 57 SGB VI für das Kind E erfüllt. Nach § 56 Abs. 1 S. 1 SGB VI sind Kindererziehungszeiten Zeiten der Erziehung für eines Kindes in dessen ersten drei Lebensjahren. In der Zeit vom 01.11.1993 bis zum 29.11.1998 erfüllte die Klägerin die Voraussetzungen für eine Kindererziehungszeit für ihren Sohn E nach § 56 Abs. 1 S. 2 SGB VI. Da die Klägerin ihren Sohn E ab der Geburt durchgehend erzog, ist die Kindererziehungszeit ihr als Mutter zuordnen (§ 56 Abs. 2 S. 1 SGB VI). Dahinstehen kann, ob die Klägerin gemeinsam mit ihrem Ehemann das Kind L erzog. Denn wegen Fehlens einer übereinstimmenden Erklärung der Elternteile nach § 56 Abs. 2 S. 3 SGB VI ist nach § 56 Abs. 2 S. 6 SGB VI die Erziehungszeit der Klägerin als Mutter zuzuordnen. Die Klägerin ist auch nicht nach § 56 Abs. 4 SGB VI von der Anrechnung ausgeschlossen. Der Tatbestand des § 56 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 SGB VI ist durch eine nach Art. 13 Abs. 2 Buchst. a der VO (EWG) Nr. 1408/71 gleichzustellende "Auslandserziehung" erfüllt. Denn das Kind E wurde während der in der deutschen Rentenversicherung für das Kind L zu berücksichtigenden KiBÜZ geboren. Insoweit wirkt die die Anwendung der deutschen Rechtsvorschriften begründende versicherte Beschäftigung der Klägerin für die Dauer der KiBÜZ fort und begründet die von Art. 13 Abs. 2 Buchst. a der VO (EWG) Nr. 1408/71 geforderte "hinreichende Verbindung", um die Anwendung der Rechtsvorschriften des ehemaligen Beschäftigungsstaates zu ermöglichen, auch wenn das Kind - wie vorliegend - im Ausland geboren ist.
Da die Voraussetzungen des § 56 SGB VI für das Kind E auch in der Zeit vom 01.11.1996 bis zum 29.11.1998 gegeben waren, ist dieser Zeitraum als KiBÜZ anzuerkennen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Vormerkung der Zeit vom 01.09.1993 bis zum 29.11.1998 als Kindererziehungszeit (KEZ) und Kinderberücksichtigungszeit (KiBÜZ).
Die am 00.00.1966 geborene Klägerin ist deutsche Staatsangehörige. Bis zum 24.08.1988 war sie in der Bundesrepublik Deutschland als Kindergartenhelferin versicherungspflichtig beschäftigt. Anschließend war sie arbeitslos und bezog Leistungen vom Arbeitsamt, unterbrochen durch eine Zeit des Mutterschutzes, bis zum 31.01.1991.
Am 22.06.1990 gebar die Klägerin das Kind L. 1993 erwarb sie mit ihrem Ehemann ein Hausgrundstück in L/Niederlande und wohnte mit ihrer Familie ab dem 01.09.1993 in L. Laut Auskunft der Gemeinde S war die Klägerin in der Zeit vom 06.09.1993 bis 28.09.1994 in S polizeilich gemeldet und meldete sich zum 01.10.1994 nach L/Niederlande ab. Am 19.10.1993 gebar die Klägerin das Kind E. Die Kinder L und E besuchten ab 1996 in B die Grundschule bzw. den Kindergarten. Die Entfernung zwischen dem Haus in L und dem Ort B betrug etwa 2 km. Ab 1996 übte die Klägerin eine versicherungsfreie Tätigkeit (auf 630,00 DM-Basis) bei der Firma C Bau- und Heimwerkermarkt in B aus. Sie war in den Niederlanden weder abhängig noch selbständig beschäftigt. Beim niederländischen Sozialversicherungsträger sind für die Klägerin als Versicherungszeiten Wohnsitzzeiten von 05.10.1994 bis 30.11.1998 gespeichert. Im November 1998 trennte sich die Klägerin von ihrem Ehemann und zog am 29.11.1998 mit ihren beiden Kindern nach B. Im Jahr 2000 wurde die Ehe geschieden. Das Versorgungsausgleichverfahren ist beim Amtsgericht Aachen, 26 F 339/99, anhängig. Für die Zeit vom 01.01. bis zum 11.08.2001 sind Zeiten einer geringfügigen versicherungsfreien Beschäftigung für die Klägerin bei der Beklagten gespeichert.
Der Versicherungsverlauf des Ehemannes weist in der Zeit vom 01.01.1991 bis zum 31.03.2000 durchgehend Pflichtbeitragszeiten zur deutschen Rentenversicherung auf. In der Zeit vom 01.09.1993 bis zum 29.11.1998 war der Ehemann der Klägerin bei der Firma C Bau- und Heimwerkermarkt in B beschäftigt.
Im Rahmen eines Kontenklärungsverfahrens erkannte die Beklagte mit Bescheid vom 21.12.2000 die Zeit vom 01.07.1990 bis 30.06.1991 als KEZ sowie die Zeiten vom 22.06.1990 bis 31.08.1993 und vom 30.11.1998 bis 21.06.2000 als KiBÜZ für das Kind L an. Die Anerkennung der Zeit vom 01.09.1993 bis 29.11.1998 als KiBÜZ lehnte die Beklagte ab, weil das Kind L in dieser Zeit im Ausland erzogen worden sei. Für das Kind E erkannte die Beklagte die Zeit vom 30.11.1998 bis 30.06.2000 als KiBÜZ an. Die Anerkennung der Zeit vom 01.11.1993 bis 31.10.1996 als KEZ sowie die Zeit vom 19.10.1993 bis 29.11.1998 als KiBÜZ für das Kind E lehnte die Beklagte ab.
Gegen die Ablehnung der Anerkennung der Zeit vom 01.09.1993 bis 29.11.1998 als KEZ und KiBÜZ für die beiden Kinder legte die Klägerin Widerspruch ein. Sie vertrat die Auffassung, dass sie nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 23.11.2000, C-135/99, einen Anspruch auf Anerkennung dieser Zeiten nach § 56 Abs. 3 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) habe. Am 15.05.2001 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Sie führte aus, ob Erziehungszeiten bei der Erziehung eines Kindes und gewöhnlichen Aufenthaltes von Kind und Eltern außerhalb des Geltungsbereiches des Sozialgesetzbuchs Sechstes Buch (SGB VI), also im Ausland, erworben werden können, sei nach § 56 Abs. 3 SGB VI in Verbindung mit § 249 Abs. 1 SGB VI zu beurteilen. Voraussetzung für den Erwerb von Kindererziehungszeiten während eines Auslandsaufenthaltes sei, dass während der Kindererziehung oder unmittelbar vor der Geburt des Kindes wegen einer Beschäftigung oder Tätigkeit im Ausland Pflichtbeitragszeiten nach deutschen Rechtsvorschriften vorhanden seien. Diese Voraussetzungen seien weder durch die Klägerin noch deren Ehemann erfüllt. Eine während des gewöhnlichen Aufenthaltes in den Niederlanden durch den Ehemann als Grenzgänger in der Bundesrepublik Deutschland ausgeübte versicherungspflichtige Beschäftigung stelle keine ausreichende Grundlage für die Anerkennung von Erziehungszeiten dar, da es sich hierbei nicht um eine Beschäftigung im Ausland, die zur Versicherungspflicht in der inländischen Rentenversicherung führe, handele. Pflichtbeitragszeiten einer Beschäftigung im Inland erfüllten nicht die Voraussetzungen für die Berücksichtigung der Erziehung von Kindern im Ausland. Auch aus der Entscheidung des EuGH vom 23.10.2000, C-135/99, und Nr. 19 des Anhangs VI Abschnitt c zur Verordnung Nr. 1408/71 EWG, lasse sich kein Anspruch auf Anerkennung der Zeit vom 01.09.1993 bis 29.11.1998 nach § 56 SGB VI herleiten. Das Urteil des EuGH sowie Nr. 19 des Anhangs VI Abschnitt c zur Verordnung Nr. 1408/71 EWG setzten voraus, dass es sich bei dem Erziehenden um einen als Grenzgänger Beschäftigten bzw. Arbeitnehmer handele. Da die Klägerin jedoch seit August 1988 keine Beschäftigung mehr ausgeübt habe, also keine Arbeitnehmerin mehr gewesen sei, seien auch diese Voraussetzungen für die Anrechnung von Erziehungszeiten im Ausland nicht gegeben.
Mit der am 29.05.2001 vor dem Sozialgericht (SG) Aachen erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Begehren weiter verfolgt.
Sie hat die Auffassung vertreten, dass die Entscheidung der Beklagten gegen das Urteil des EuGH vom 23.11.2000, insbesondere auch gegen Art. 18 EG-Vertrag (Freizügigkeit) verstoße.
Durch Gerichtsbescheid vom 27.07.2001 hat das SG Aachen die Klage abgewiesen. Die Voraussetzungen der Bestimmungen des § 56 Abs. 1 bis Abs. 3 SGB VI seien nicht erfüllt. Der gewöhnliche Aufenthalt der Klägerin mit ihren Kindern in den Niederlanden stehe einer Inlandserziehung nach § 56 Abs. 3 Sätze 2 und 3 SGB VI nicht gleich. Aus den Texten des Primär- oder Sekundärrechts der Europäischen Gemeinschaft ergäben sich keine Regelungen, die einem nationalen Rentenversicherungsträger geböten oder einen Mitgliedstaat verpflichteten, den Tatbestand einer nach seinem Recht nicht rechtserheblichen Auslandserziehung im Versicherungskonto zu speichern und vorzumerken.
Gegen den am 31.07.2001 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 29.08.2001 Berufung eingelegt. Sie verfolgt ihr Begehren weiter. Die polizeiliche Meldung unter der Anschrift der Schwester ihres Ehemannes in S sei pro forma geschehen. Die Familie habe seit dem 01.09.1993 tatsächlich in L gewohnt.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Aachen vom 27.07.2001 zu ändern und die Beklagte unter teilweiser Aufhebung des Bescheides vom 21.12.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.05.2001 zu verurteilen, die Zeit vom 01.09.1993 bis 29.11.1998 als Kinderberücksichtigungszeit für das am 00.00.1990 geborene Kind L und als Kindererziehungszeit und Kinderberücksichtigungszeit für das am 00.00.1993 geborene Kind E nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen anzuerkennen, hilfsweise, die Streitsache dem Europäischen Gerichtshof zur Vorabentscheidung vorzulegen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend. Nr. 19 des Anhangs VI Abschnitt c (Deutschland) zur VO (EWG) Nr. 1408/71 sei nur für die Arbeitnehmer begünstigend, für die die VO (EWG) Nr. 1408/71 gelte, die in einem anderen EG-Mitgliedsstaat Kinder erzögen und 6 Abs.1 MuSchG nicht beschäftigt werden dürften oder Erziehungsurlaub nach § 15 BerzGG nähmen, wenn sie zuvor nicht nur geringfügig beschäftigt (§ 8 SGB VI) gewesen seien. Diese Voraussetzungen erfülle die Klägerin nicht. Der Entscheidung des EuGH vom 07.02.2002, C-18/00, sei über den Einzelfall hinaus nicht zu folgen. Die streitbefangene Zeit stelle einen Dehnungstatbestand im Sinne des Art. 9a VO (EWG) Nr. 1408/71 dar, wenn die Klägerin keine Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit in der Niederlande ausgeübt habe.
Der Senat hat eine Auskunft von der Sociale Verzekeringsbank (SVB) in Amstelveen, Niederlande eingeholt und den geschiedenen Ehemann der Klägerin, Herrn T, als Zeugen vernommen. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 19.08.2005 verweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin ist zulässig und begründet.
Das SG hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Der angefochtene Bescheid ist rechtswidrig. Die Beklagte ist verpflichtet, die Zeit vom 01.09.1993 bis 29.11.1998 als KiBÜZ für das Kind L, die Zeit vom 01.11.1993 bis 31.10.1996 als KEZ und die Zeit vom 01.11.1996 bis 29.11.1998 als KiBÜZ für das Kind E vorzumerken.
Der angefochtene Bescheid ist nicht insoweit rechtswidrig, als die Beklagte eine Entscheidung über Daten getroffen hat, die bei Erlass des Bescheides weniger als sechs Jahre zurücklagen. Nach §149 Abs.5 S.1 SGB VI hat der Versicherungsträger einen inhaltlich zutreffenden Vormerkungsbescheid über die im Versicherungsverlauf enthaltenen und nicht bereits festgestellten Daten zu erlassen, die länger als sechs Kalenderjahre zurückliegen, nach dem er das Versicherungskonto geklärt hat. Der Versicherungsträger ist aber durch § 149 Abs. 5 SGB VI nicht gehindert, auf Antrag oder von Amts wegen durch Verwaltungsakt auch Daten festzustellen (vorzumerken), die nicht länger als sechs Jahre zurückliegen (siehe Polster in Kasseler Kommentar, § 149 Rdnr.13).
Die Beklagte ist verpflichtet, die Zeit vom 01.09.1993 bis 29.11.1998 KiBÜZ für das am 00.00.1990 geborene Kind L vorzumerken. Tatbestände wegen Kindererziehung sind vorzumerken, soweit ihr Vorliegen im Vormerkungszeitpunkt geklärt ist und die Möglichkeit ihrer Rechtserheblichkeit in einem zukünftigen Leistungsfall besteht. Bei der KiBÜZ handelt es sich nach § 54 Abs. 2 SGB VI um eine rentenrechtliche Zeit nach § 54 Abs. 1 Nr. 3 SGB VI.
Die Klägerin hat den Tatbestand der KiBÜZ im streitbefangenen Zeitraum für das Kind L nach § 57 SGB VI erfüllt. Danach ist die Zeit der Erziehung eines Kindes bis zu dessen vollendeten zehnten Lebensjahr bei einem Elternteil eine Berücksichtigungszeit, soweit die Voraussetzungen für die Anrechnung einer Kindererziehungszeit in dieser Zeit vorliegen (§ 57 S. 1 SGB VI). Das Kind L vollendete das zehnte Lebensjahr nicht vor dem 29.11.1998. Die Voraussetzungen des § 56 SGB VI für die Anrechnung des streitbefangenen Zeitraums als Kinderziehungszeit sind gegeben.
Nach § 56 Abs.1 S. 2 SGB VI wird für einen Elternteil eine Kindererziehungszeit angerechnet, wenn die Kindererziehungszeit diesem Elternteil zuzuordnen ist (Nr.1), die Erziehung im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland erfolgt ist oder einer solchen gleichsteht (Nr.2) und der Elternteil nicht von der Anrechnung ausgeschlossen ist (Nr.3). Die Voraussetzungen von § 56 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 und Nr. 3 SGB VI sind erfüllt. Die Kindererziehungszeit ist der Klägerin als Mutter zuordnen, da sie das Kind L im streitbefangenen Zeitraum erzog (§ 56 Abs. 2 S. 1 SGB VI). Dahinstehen kann, ob die Klägerin gemeinsam mit ihrem Ehemann das Kind L erzog. Denn wegen Fehlens einer übereinstimmenden Erklärung der Elternteile nach § 56 Abs. 2 S. 3 SGB VI ist nach § 56 Abs.2 S. 6 SGB VI die Erziehungszeit der Klägerin als Mutter zuzuordnen. Die Klägerin ist auch nicht nach § 56 Abs. 4 SGB VI von der Anrechnung ausgeschlossen.
Entgegen der Auffassung des SG ist der Tatbestand des § 56 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 SGB VI im streitbefangenen Zeitraum durch eine gleichzustellende "Auslandserziehung" erfüllt. Die Erziehung des Kindes L erfolgte ab dem 01.09.1993 nicht im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland, sondern in den Niederlanden. Das SG hat zutreffend das Vorliegen einer sog. "Inlandserziehung" im streitbefangenen Zeitraum verneint. Nach § 56 Abs.1 S. 2 Nr. 3 i.V.m. Abs.3 S. 1 SGB VI ist eine Erziehung im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland erfolgt, wenn der erziehende Elternteil sich mit dem Kind dort gewöhnlich aufgehalten hat. Trotz der polizeilichen Meldung der Klägerin in der Zeit vom 01.09.1993 bis 28.09.1994 in S hatte die Klägerin mit dem Kind Sohn L ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Sinne des § 30 Abs. 3 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) in der Zeit vom 01.09.1993 bis zum 29.11.1998 durchgehend in L/ Niederlande. Dies ergibt sich aus den übereinstimmenden Angaben der Klägerin und ihres Ehemannes, wonach sie am 01.09.1993 zusammen mit ihrem Sohn L in das in L erworbene Haus gezogen sind und dort bis zur Trennung gewohnt haben. Somit hatte die Klägerin ab dem Zeitpunkt des Umzugs den Schwerpunkt ihrer Lebensverhältnisse und damit ihren gewöhnlichen Aufenthalt am Ort ihres Wohnhauses, also in L, unabhängig davon, wie oft sie sich aus privaten Gründen (z.B. Transport der Kinder zum Kindergarten oder zur Schule, Einkäufe, Besuche bei Verwandten und Bekannten) in B und Umgebung aufhielt (siehe auch BSG, Urteil vom 10.07.1997, 14 REg 8/96).
Die Vorschrift des § 56 Abs.3 S. 2 und S. 3 SGB VI über die Gleichstellung eines gewöhnlichen Aufenthalts im Ausland mit einem Inlandsaufenthalt greift zu Gunsten der Klägerin nicht ein. Insoweit nimmt der Senat auf die erstinstanzlichen Ausführungen Bezug und sieht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 153 Abs. 2 SGG). Jedoch steht der gewöhnliche Aufenthalt der Klägerin in der Zeit vom 01.09.1993 bis zum 29.11.1998 in den Niederlanden unter Beachtung der Vorschriften der Europäischen Gemeinschaft einem solchen im Inland gleich. Nach Art. 13 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung(VO) EWG Nr. 1408/71 ist auf die Zeit der Kindererziehung des Kindes L vom 01.09.1993 bis 28.10.1993 das Recht der Bundesrepublik Deutschland als (ehemaliger) Beschäftigungsstaat weiterhin anwendbar, auch wenn die Klägerin in diesem Zeitraum in der Niederlande wohnte. Art. 13 Abs. 2 Buchst. a der VO(EWG) Nr. 1408/71 bestimmt, dass eine Person, die im Gebiet eines Mitgliedstaats im Lohn- oder Gehaltsverhältnis beschäftigt wird, den Rechtsvorschriften dieses Staats unterliegt, und zwar auch dann, wenn sie im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats wohnt oder ihr Arbeitgeber oder das Unternehmen, dass sie beschäftigt, seinen Wohnsitz oder Betriebssitz im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats hat. Im Fall der Anrechnung von Kindererziehungszeiten für die Alterssicherung beschränkt diese Bestimmung die Anwendung des Rechts der Bundesrepublik Deutschland als Beschäftigungsstaat nicht nur auf Arbeitnehmer, die als Grenzgänger zumindest bis zum Zeitpunkt der Geburt des Kindes in Deutschland gearbeitet haben und das Kind in einem anderen Mitgliedsstaat erziehen (EuGH, Urteil vom 23.11.2000, C-135/99). Denn nach der Rechtsprechung des EuGH ist für die Anwendbarkeit des Rechts des Beschäftigungsstaats nach Art. 13 Abs. 2 Buchst. a der VO (EWG) Nr. 1408/71 nicht erforderlich, dass das Elternteil unmittelbar vor der Geburt des Kindes in der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung, als Recht des Beschäftigungsstaates, als Beschäftigter oder selbständig Tätiger versicherungspflichtig ist, sondern es genügt das Bestehen einer "hinreichenden Verbindung" zwischen den Versicherungszeiten, die aufgrund der Beschäftigung in der Bundesrepublik Deutschland zurückgelegt wurden, und den Erziehungszeiten (siehe EuGH, Urteil vom 07.02.2002, C-28/00).
Nach Auffassung des Senats besteht im Fall der Klägerin die vom EuGH geforderte "hinreichende Verbindung". Der EuGH hat eine solche "hinreichende Verbindung" bejaht, wenn ein Elternteil ausschließlich in einem Mitgliedstaat arbeitete und dem Recht dieses Staats unterlag, als das Kind geboren wurde. Vorliegend war die Klägerin vor und nach der Geburt ihres Sohnes L ausschließlich in der Bundesrepublik Deutschland beschäftigt, sie übte in den Niederlanden oder in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaft keine abhängige oder selbständige Beschäftigung aus. Zum Zeitpunkt der Geburt des Sohnes L hatte die Klägerin ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland und unterlag damit dem Recht der Bundesrepublik Deutschland. Die Tatsache, dass die Klägerin ihre versicherungspflichtige Beschäftigung 20 Monate vor der Geburt des Sohnes L im August 1988 aufgab, steht der Annahme einer "hinreichenden Verbindung" zwischen den Versicherungszeiten aus einer Beschäftigung und Erziehungszeiten nicht entgegen. Denn die Aufgabe einer Beschäftigung zwei Jahre vor der Geburt hat der EuGH als unschädlich angesehen (siehe EuGH, Urteil vom 07.02.2002, C-28/00). Des weiteren spricht für eine "hinreichende Verbindung" zwischen den Versicherungszeiten aus Beschäftigung und Erziehungszeiten nicht allein die Tatsache, dass die Zeit, in der die Klägerin aufgrund der Erziehung ihrer Kinder keine versicherungspflichtige Beschäftigung ausübte, von Zeiten der Beschäftigung in der Bundesrepublik Deutschland umrahmt ist, sondern auch die Tatsache, dass für die Klägerin durchgehend nach der Beendigung der versicherungspflichtigen Beschäftigung im August 1988 bis Ende 1991, nur unterbrochen von der Zeit des Mutterschutzes und den Bezug von Mutterschaftsgeld für den Sohn L, Zeiten des Bezugs von Arbeitslosengeld im Versicherungsverlauf vorgemerkt sind. Der Anspruch auf Arbeitslosengeld setzt die Ausübung einer versicherungspflichtigen Beschäftigung von mindestens 360 Tagen sowie die Verfügbarkeit der Anspruchsinhaberin für den deutschen Arbeitsmarkt voraus. Mithin knüpft der Bezug von Arbeitslosengeld als Leistung der sozialen Sicherheit an das Vorliegen einer versicherungspflichtigen Beschäftigung an. Die Zeiten des Arbeitslosengeldbezugs werden als Anrechnungszeiten nach § 58 Abs.1 Nr. 3 SGB VI in der gesetzlichen Rentenversicherung berücksichtigt, wenn sie unmittelbar an die Unterbrechung einer versicherungspflichtigen Beschäftigung anknüpfen (§ 58 Abs. 2 SGB VI). Anrechnungszeiten sollen Beiträge ersetzen, die wegen in der Person der Versicherten liegenden besonderen Umstände nicht gezahlt werden konnten. Sie sind ein rentenrechtlicher Ausgleich dafür, dass die Versicherte ohne ihr Verschulden gehindert war, einer versicherungspflichtigen Beschäftigung nachzugehen und Pflichtbeiträge zu leisten, die sie ohne den Anrechnungstatbestand entrichtet hätte (Niesel in Kasseler Kommentar, § 58 Rdnr 2 m.w.N). Der Bezug einer solchen Sozialleistung, deren Voraussetzung die Ausübung einer versicherungspflichtigen Beschäftigung ist und die im Recht der Altersicherung berücksichtigt wird, begründet einen engen Bezug zum Beschäftigungsstaat, wenn der Bezug unmittelbar - wie bei der Klägerin - an die Aufgabe der versicherungspflichtigen Beschäftigung anknüpft und bis zum Eingreifen der Regelungen des MuSchG andauert. Die Vorschrift des § 56 SGB VI ist unter Berücksichtigung des in Art. 8a EG-Vertrag (jetzt Art. 18 EG) verbürgten Rechts von Gemeinschaftsangehörigen, sich in den Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, dahingehend auszulegen, dass der gewöhnliche Aufenthalt in einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaft einem solchen im Inland gleichsteht, wenn der erziehende Elternteil keine Beschäftigung im Wohnsitzstaat ausübt. Denn eine Gemeinschaftsangehörige verlöre durch die Verlegung ihres Wohnortes in einen anderen Mitgliedstaat den Vorteil der Anrechnung von Erziehungszeiten (siehe EuGH, Urteil vom 23.11.2000, C-135/99). Dabei ist auch zu beachten, dass die Klägerin im streitbefangenen Zeitraum Ehefrau eines Grenzgängers war, der in der Bundesrepublik Deutschland arbeitete und in den Niederlanden wohnte. § 56 Abs. 2 S. 2 und S. 3 SGB VI sehen vor, dass im Fall der gemeinsamen Erziehung eines Kindes die Eltern durch übereinstimmende Erklärung bestimmen, welchem Elternteil die KEZ oder KiBüZ zuzuordnen ist. Im Fall einer Erklärung nach § 56 Abs. 2 S. 3 SGB VI zu Gunsten des Ehemannes der Klägerin wäre auch nach Rechtsauffassung der Beklagten, die KiBüZ für das Kind L in der deutschen Rentenversicherung zu berücksichtigen. Es widerspricht aber dem Recht der Freizügigkeit eines Arbeitnehmers und seiner Familienangehörigen, wenn der Ehepartner eines Arbeitnehmers durch die Wahrnehmung des Rechts auf Freizügigkeit die Möglichkeit der Anrechnung von Erziehungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung verliert, der Arbeitnehmer selbst aber durch entsprechende Willenserklärung die Möglichkeit aufrechterhalten kann.
Der Anwendung des deutschen Rechts nach Art. 13 Abs.2 Buchst. a der VO (EWG) Nr.1408/71 steht auch nicht entgegen, dass Streitgegenstand des Verfahrens nicht eine KEZ nach § 56 SGB VI sondern eine KiBÜZ nach § 57 SGB VI ist. Aus der VO (EWG) Nr.1408/71, insbesondere Art. 13, ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass die Anwendung der Rechtsvorschriften des Beschäftigungsstaates im Fall der Bejahung einer " hinreichenden Verbindung" zwischen Versicherungszeiten aus Beschäftigung und Erziehungszeiten zeitlich begrenzt ist. Die KiBÜZ knüpft wie die KEZ an den Tatbestand der Kindererziehung an (siehe auch Begründung zu Punkt 5 des Beratungsergebnisses der Arbeitsgruppe für zwischenstaatliches Sozialversicherungsrecht des VDR vom 01. und 2.04.2003). Die die weitere Anwendung der deutschen Rechtsvorschriften begründende versicherte Beschäftigung wirkt auch für die Dauer der KiBÜZ fort. Denn für die weitere Anwendung der deutschen Rechtsvorschriften ist nicht der Charakter der nach deutschem Recht anrechenbaren rentenrechtlichen Zeit entscheidend. Daher bestimmt sich der Umfang der zu berücksichtigenden KiBÜZ nach § 57 SGB VI. Nach § 57 S. 1 SGB VI ist die Zeit der Erziehung eines Kindes bis zu dessen vollendeten Lebensjahr zu berücksichtigen. Das Kind L vollendete im streitbefangenen Zeitraum das 10. Lebensjahr nicht.
Ebenfalls sind die Voraussetzungen für die Anerkennung der Zeit vom 01.11.1993 bis 31.10.1996 als KEZ nach § 56 SGB VI und der Zeit vom 01.11.1996 bis zum 29.11.1998 als KiBÜZ nach § 57 SGB VI für das Kind E erfüllt. Nach § 56 Abs. 1 S. 1 SGB VI sind Kindererziehungszeiten Zeiten der Erziehung für eines Kindes in dessen ersten drei Lebensjahren. In der Zeit vom 01.11.1993 bis zum 29.11.1998 erfüllte die Klägerin die Voraussetzungen für eine Kindererziehungszeit für ihren Sohn E nach § 56 Abs. 1 S. 2 SGB VI. Da die Klägerin ihren Sohn E ab der Geburt durchgehend erzog, ist die Kindererziehungszeit ihr als Mutter zuordnen (§ 56 Abs. 2 S. 1 SGB VI). Dahinstehen kann, ob die Klägerin gemeinsam mit ihrem Ehemann das Kind L erzog. Denn wegen Fehlens einer übereinstimmenden Erklärung der Elternteile nach § 56 Abs. 2 S. 3 SGB VI ist nach § 56 Abs. 2 S. 6 SGB VI die Erziehungszeit der Klägerin als Mutter zuzuordnen. Die Klägerin ist auch nicht nach § 56 Abs. 4 SGB VI von der Anrechnung ausgeschlossen. Der Tatbestand des § 56 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 SGB VI ist durch eine nach Art. 13 Abs. 2 Buchst. a der VO (EWG) Nr. 1408/71 gleichzustellende "Auslandserziehung" erfüllt. Denn das Kind E wurde während der in der deutschen Rentenversicherung für das Kind L zu berücksichtigenden KiBÜZ geboren. Insoweit wirkt die die Anwendung der deutschen Rechtsvorschriften begründende versicherte Beschäftigung der Klägerin für die Dauer der KiBÜZ fort und begründet die von Art. 13 Abs. 2 Buchst. a der VO (EWG) Nr. 1408/71 geforderte "hinreichende Verbindung", um die Anwendung der Rechtsvorschriften des ehemaligen Beschäftigungsstaates zu ermöglichen, auch wenn das Kind - wie vorliegend - im Ausland geboren ist.
Da die Voraussetzungen des § 56 SGB VI für das Kind E auch in der Zeit vom 01.11.1996 bis zum 29.11.1998 gegeben waren, ist dieser Zeitraum als KiBÜZ anzuerkennen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zugelassen.
Rechtskraft
Aus
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NRW
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