Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 5 RJ 3696/03
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 5489/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 27. Oktober 2004 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung streitig.
Die 1947 geborene, aus der Türkei stammende Klägerin, ist mittlerweile deutsche Staatsangehörige. Ihren Angaben zufolge hat sie keinen Beruf erlernt. Sie war zuletzt versicherungspflichtig bis zu ihrer Kündigung (Beginn der Arbeitsunfähigkeit) im April 2001 als Reinigungskraft mit einer täglichen Arbeitszeit von sechs Stunden beschäftigt.
Aus einem im Frühjahr 2002 durchgeführten Heilverfahren in der M.-B.-Klinik wurde sie als gegenwärtig arbeitsunfähig, aber vollschichtig leistungsfähig für leichte bis mittelschwere Arbeiten mit den Gesundheitsstörungen einer mittelgradigen depressiven Episode, anhaltenden somatoformen Schmerzstörung, Hypertonie, Herpes labialis und Verdacht auf Restless-Legs-Syndrom entlassen. Unter Fortführung der Medikation und entsprechender ambulanter Antidepressiva und krankengymnastischer Therapie ließen sich die Beschwerden noch deutlich bessern. Als Analphabetin und im Hinblick auf die reduzierte geistig-psychische Belastbarkeit ergäben sich Einschränkungen des Konzentrations-, Reaktions-, Umstellungs- und Anpassungsvermögens. Ihre Kündigung habe die Klägerin als schwere narzisstische Kränkung empfunden, in deren Folge es zu einer Fehlverarbeitung mit Auftreten starker Kopfschmerzen gekommen sei. Sie erlebe einen großen primären und sekundären Krankheitsgewinn. In belastenden psychischen Situationen könne es zum Auftreten von psychogenen Anfällen kommen, bei denen sie vorübergehend nicht ansprechbar sei, schreie, den Kopf hin und her werfe und mit den Armen um sich schlage. Diese Anfälle träten nur in Gegenwart anderer Personen auf und es käme zu keinerlei Verletzungen. Ein die Krankheit aufrecht erhaltender Faktor sei ihr Rentenwunsch.
Ihren daraufhin am 06.09.2002 gestellten Rentenantrag begründete die Klägerin mit Depressionen, Verkalkungen im Hals-Wirbel-Bereich und Nervenzusammenbrüchen.
Die Beklagte veranlasste nach Beiziehung des Entlassungsberichts, der M.-B.-Klinik sowie eines MDK-Gutachtens von Dr. N. (die Erwerbsfähigkeit der Klägerin sei gefährdet, so dass medizinische Rehabilitationsmaßnahmen durchgeführt werden sollten) eine Begutachtung der Klägerin auf nervenfachärztlichem und orthopädischem Fachgebiet. Die Nervenärztin Dr. S. diagnostizierte eine somatisierte depressive Symptomatik, leicht bis mittelgradig, eine somatoforme Schmerzstörung, ein auswärts festgestelltes und behandeltes Restless-Legs-Syndrom, zur Zeit ohne entsprechende Klagen, sowie wirbelsäulen- und gelenkbezogene Beschwerden ohne Hinweis für eine belangvolle Wurzelreizsymptomatik. Der neurologische Untersuchungsbefund sei damit insgesamt unauffällig gewesen, so dass sie die Klägerin noch für fähig erachte, leichte und mittelschwere Arbeiten ohne besonderen Zeitdruck, ohne Schichtarbeit vollschichtig zu verrichten. Der Orthopäde Dr. H. ergänzte diese Diagnosen auf seinem Fachgebiet um einen Innenmeniskusschaden am linken Kniegelenk ohne bedeutsame Funktionsminderung oder wesentlichen Gelenkkapselreiz, Haltungsfehler der Wirbelsäule (skoliotische Fehlhaltung, hohlrunder Rücken), Übergangswirbel mit lumbalisiertem SWK 1, Chondrose der letzten LWS-Segmente, Entfaltbarkeitsstörung des Achsenorgans, Knick-Senk-Spreizfüße beidseits mit endgradigem Bewegungsverlust der kleinen Vorfußgelenke und Metatarsalgie beidseits. Die Klägerin solle deswegen Tätigkeiten mit häufigem Knien oder Hocken und Zwangshaltungen der Wirbelsäule vermeiden, sei aber ansonsten vollschichtig für leichte bis mittelschwere Arbeiten einsetzbar.
Gestützt hierauf wies die Beklagte mit Bescheid vom 10.01.2003 den Antrag mit der Begründung ab, die Klägerin sei weder teilweise noch voll erwerbsgemindert.
Zur Begründung ihres dagegen erhobenen Widerspruchs trug die Klägerin vor, sowohl nach Einschätzung ihres behandelnden Arztes Dr. M. wie auch dem Abschlussentlassungsbericht der M.-B.-Klinik sei sie dauerhaft arbeitsunfähig. Ihr Krankheitsverlauf ließe auf Berufs- und Erwerbsunfähigkeit schließen. Die Beklagte holte Befundberichte der Nervenärztin Dr. O., des Orthopäden Dr. S. sowie des Internisten Dr. M. ein, der weitere Arztunterlagen beifügte. Gestützt auf die Stellungnahme des Beratungsarztes B., es habe sich kein neuer medizinischer Sachverhalt ergeben, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 11.06.2003 den Widerspruch als unbegründet zurück. Die Klägerin könne noch mindestens sechs Stunden täglich mit qualitativen Einschränkungen erwerbstätig sein. Aufgrund ihrer zuletzt ausgeübten Tätigkeit als Reinigungskraft könne sie auf sämtliche ungelernte Tätigkeiten verwiesen werden.
Mit ihrer dagegen beim Sozialgericht Stuttgart (SG) erhobenen Klage machte die Klägerin geltend, die Bewertung der Beklagten sei hinsichtlich ihrer depressiven Symptomatik nicht nachvollziehbar. Sie könne nicht mehr erwerbstätig sein. Ihre Gesundheitsstörungen beeinträchtigten sowohl ihre Mobilität als auch Kommunikation und Konzentration und verursachten Antriebslosigkeit. Sie könne noch nicht einmal ihren Haushalt alleine bewältigen, stehe erst zwischen 11.00 und 12.00 Uhr auf. Aus der Wohnung gehe sie nur selten und in Begleitung ihres Ehemannes. Bereits geringste Anforderungen empfinde sie als Stresssituation und beginne oftmals ohne Anlass zu weinen. Orthopädischerseits leide sie an ständigen Rückenschmerzen und müsse deshalb selbst beim Liegen eine Schonhaltung einnehmen.
Zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts hat das SG die Klägerin nervenfachärztlich begutachten lassen. Der Neurologe und Psychiater Dr. S. vom Zentrum für Psychiatrie W., beschrieb eine chronifizierte, eher mittelschwere Depression und eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung, die höchstwahrscheinlich auf die durch den Arbeitsplatzverlust bedingte Kränkung zurückzuführen sei und durch die fürsorgliche Zuwendung, die sie durch ihre Familie erfahre, aufrecht erhalten werde. Die rein körperlichen Gesundheitsstörungen träten gegenüber den psychischen deutlich in den Hintergrund. Die Klägerin sei subjektiv davon überzeugt, nicht mehr arbeiten zu können. Damit klafften die subjektiv erlebten Beschwerden und der objektivierbare Befund deutlich auseinander. Als im Hauptberuf therapeutisch tätiger Psychiater sehe er das Leiden der Klägerin eher empathisch und gehe daher unter Berücksichtigung der subjektiven Überzeugung davon aus, dass die Klägerin selbst leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes nur noch drei Stunden täglich verrichten könne. Solange die Klägerin während des Untersuchungsganges mit dem Dolmetscher und dem Gutachter alleine gewesen sei, habe sie sich kooperativ gezeigt und keine Aggravations- oder Simulationstendenzen aufgewiesen. Sie habe in der Grundstimmung nur leicht depressiv gewirkt und sei affektiv im Verlauf der Untersuchung dann gut ansprechbar gewesen. Als die begleitenden Angehörigen wieder dazugekommen wären, habe sich das Bild innerhalb weniger Minuten geändert. Sie habe jetzt im gesamten Ausdrucksverhalten schwer leidend und geplagt gewirkt. Dieses Verhalten könne durchaus als histrionisch oder aggravierend gedeutet werden. Der primäre und sekundäre Krankheitsgewinn sei ausgesprochen groß. Deswegen könne die Klägerin den Zustand aus eigener Kraft auch nicht überwinden.
Die Beklagte ist der Klage unter Vorlage einer beratungsärztlichen Stellungnahme der Neurologin und Psychiaterin Dr. D. entgegengetreten. Diese erachtete die gutachterliche Einschätzung von Dr. S. für nicht nachvollziehbar, da die objektiv dargelegten Befunde eher geringfügig seien und sie auch dem Gutachter den Eindruck vermittelt habe, vollschichtig arbeiten zu können. Ihre depressive Symptomatik sei nicht so schwergradig, dass hieraus eine durchgehende quantitative Leistungsminderung zu begründen wäre. Die Störung sei mitunter symptomfrei, nämlich in den Phasen, in denen sie sich in der Türkei aufhalte bzw. nicht in ihren sekundären Krankheitsgewinn des Versorgtwerdens abgleite. Dass hier kulturspezifische Besonderheiten eine Rolle spielen könnten, stehe außer Frage. Letztlich basiere aber die subjektive Überzeugung krank zu sein, nicht auf einer krankheitswertigen psychischen Störung. Das zeige sich darin, dass die Klägerin durchaus etwas leisten könne, wenn die Umgebung angemessen auf sie eingehe.
Mit Urteil vom 27.10.2004, dem klägerischen Bevollmächtigten zugestellt am 04.11.2004, wies das SG die Klage mit der Begründung ab, die Klägerin sei aufgrund ihres beruflichen Werdeganges (fehlende Berufsausbildung, Ausübung allein ungelernter Tätigkeiten) auf sämtliche ungelernte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes breit verweisbar. Insofern läge noch ein Leistungsvermögen für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mit qualitativen Leistungseinschränkungen von mehr als sechs Stunden täglich vor. Dem gerichtlichen Sachverständigen könne nicht gefolgt werden. Dieser habe selbst auf das Auseinanderklaffen subjektiv erlebter Beschwerden und der objektiven Befunde hingewiesen und seine Einschätzung als eher von therapeutisch geleiteter Haltung geprägt beschrieben. Dies überbewerte im Ergebnis die subjektive Überzeugung der Klägerin, selbst leichte Tätigkeiten nur noch weniger als sechs Stunden täglich verrichten zu können. Der Sachverständige selbst habe bestätigt, dass es Situationen gebe, in denen die Klägerin den Eindruck erwecke, bis zu vollschichtig arbeiten zu können. In diesem Zusammenhang sei auch der erhebliche Krankheitsgewinn zu berücksichtigen. Sie sei nicht einsichts- und reflektionsfähig und erlebe subjektive Kränkungen oder Überforderung körpernah. Insofern handele es sich eher um ein unverarbeitetes Kränkungserlebnis mit Disposition zu einer depressiven Symptomatik. Diese sei aber nicht derartig gravierend, dass sich hieraus eine quantitative Einschränkung des gesundheitlichen Leistungsvermögens ableiten lasse.
Mit ihrer dagegen am 03.12.2004 eingelegten Berufung macht die Klägerin geltend, es müsse dem Sachverständigengutachten von Dr. S. gefolgt werden, da dieses die detailreichste Begründung und Bewertung enthalte. Zumindest müsse ihr eine zeitlich befristete Erwerbsminderungsrente zugesprochen werden, da auch der Sachverständige Prof. Dr. T. davon ausgehe, dass zunächst ein Arbeitsversuch mit zwei Stunden unternommen werden müsse. Bei der Untersuchung im Berufungsverfahren habe sie den Dolmetscher zeitenweise nicht verstanden und auch dieser sie nicht. Ihre Anfälle führe sie nicht absichtlich herbei. Während ihres Urlaubs in der Türkei sei sie sogar ins Krankenhaus eingeliefert worden. Als Analphabetin kenne sie auch nicht die Medikamente, die sie einnehme und bringe ständig Daten durcheinander oder vergesse schlicht Termine. Sie sei wegen ihrer Erkrankung in ständiger nervenärztlicher Behandlung bei Dr. O ... In Stuttgart gebe es nur eine türkisch sprechende Therapeutin (Fr. S.-K.), die sie jedoch wegen Überlastung als Patientin nicht annehmen könne.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 27. Oktober 2004 sowie den Bescheid vom 10. Januar 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Juni 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr ab dem 01. Oktober 2002 Versichertenrente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, das erstinstanzliche Urteil sei zutreffend.
Zur weiteren Aufklärung des Sachverhaltes hat der Senat ein weiteres nervenärztliches Gutachten eingeholt. Prof. Dr. T. hat eine mittelschwere bis schwere depressive Erkrankung, wegen der jahrelangen Dauer eher in Form einer Dysthymie, beschrieben. Außerdem müsse von einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung ausgegangen werden. Erschwerend hinzu komme noch eine histrionische Persönlichkeitsstruktur. Das Bestehen des Restless-Legs-Syndroms müsse hinterfragt werden, weil die Klägerin bei der Untersuchung keinerlei Bewegungsunruhe der Extremitäten gezeigt habe. Weniger die tatsächlichen psychischen Symptome und die vorliegenden Schmerzzustände und körperlichen Erkrankungen stellten ein Hindernis für eine gesunde Lebensführung dar, sondern vielmehr die Auffassung der Klägerin und ihr kognitives Verharren in einer ohnmächtigen Opferposition. Die objektive Beobachtung der Bewegungsabläufe habe keinen Befund erbracht, welcher eine derartige Hilflosigkeit, wie sie von der Klägerin geschildert werde, erklären könne. Gravierende Einschränkungen der Mobilität hätten nicht festgestellt werden können. Ebenso hätten sich keine Hinweise auf eine hirnorganische Beeinträchtigung gefunden. Die Klägerin sei in der Lage gewesen, sich über nahezu dreieinhalb Stunden aufmerksam an den Gesprächen zu beteiligen. Durch konsequente pharmakologische und psychotherapeutische Behandlung könne ihre berufliche Leistungsfähigkeit soweit gebessert werden, dass eine Wiederaufnahme der Arbeit möglich wäre. Eine durchgehende quantitative Leistungsminderung lasse sich jedenfalls nicht belegen. Die Klägerin werde deswegen insgesamt für fähig erachtet, noch einer leichten Tätigkeit des allgemeinen Arbeitsmarktes vollschichtig nachzugehen, wobei das Heben und Tragen schwerer Lasten ebenso wie überwiegend sitzende Arbeitspositionen, besonderer Zeitdruck, Akkord- und Schichtarbeit vermieden werden sollten.
Die Klägerin hat noch ein Attest der Nervenärztin O. vom Februar 2006 vorgelegt.
Den in dem Erörterungstermin vom 22.03.2006 geschlossenen Vergleich hat die Klägerin widerrufen.
Die Beteiligten haben einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat im Einverständnis mit den Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat (§ 124 Abs. 2 SGG), ist zulässig und insbesondere statthaft im Sinne des § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG, da die Klägerin laufende Leistungen für mehr als ein Jahr begehrt.
Die zulässige Berufung ist indessen unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hat keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung.
Die gesetzlichen Voraussetzungen für ein Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung und Berufsunfähigkeit sind im angefochtenen Urteil zutreffend dargestellt. Hierauf nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen nach § 153 Abs. 2 SGG Bezug. Diese Voraussetzungen liegen auch zur Überzeugung des Senats im Falle der Klägerin nicht vor. Zwar erfüllt sie die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen zum Zeitpunkt der Rentenantragstellung, wie sich aus dem angefochtenen Bescheid ergibt; sie ist jedoch weder berufsunfähig noch teilweise oder voll erwerbsgemindert.
Die Gewährung von Rente wegen Berufsunfähigkeit scheidet nach dem beruflichen Werdegang der Klägerin bereits von vornherein deshalb aus, weil sie ihren Angaben zufolge keinen Beruf erlernt hat und immer in ungelernten Tätigkeiten beschäftigt war. Sie ist deshalb nach dem vom BSG entwickelten Mehrstufenschema auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar und auf diesem nach dem vorliegenden und feststellbaren medizinischen Sachverhalt noch in der Lage, leichte Tätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen mindestens sechs Stunden täglich und regelmäßig auszuüben. Damit ist die Klägerin auch nicht erwerbsgemindert. Dies hat das SG im angefochtenen Urteil ausführlich begründet dargelegt. Diesen Ausführungen schließt sich der Senat in vollem Umfang an und nimmt deshalb insoweit auf die Entscheidungsgründe Bezug.
Ergänzend ist auszuführen, dass auch die Ermittlungen im Berufungsverfahren zu keinem anderen Ergebnis geführt haben. Vielmehr hat das ausführlich begründete und in sich widerspruchsfreie Gutachten von Prof. Dr. T. bestätigt, dass die Klägerin an einer Depression, mittlerweile mittelschweren bis schweren Grades, sowie einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung leidet. Diese Gesundheitsstörungen stehen im Vordergrund der leistungseinschränkenden Befunde und bedingen, dass die Klägerin nunmehr lediglich eine leichte körperliche Arbeit unter Vermeidung von besonderem Zeitdruck, Akkord- und Schichtarbeit leisten kann. Die Beschwerden auf orthopädischem Fachgebiet (Innenmeniskusschaden am linken Kniegelenk, Haltungsfehler der Wirbelsäule bei mäßigen degenerativen Veränderungen im Bereich der letzten LWS-Segmente ohne wesentliche Protrusionen und statischer Fußfehlstellung) bedingen, dass häufige Zwangshaltungen der Wirbelsäule sowie Tätigkeiten mit häufigem Knien oder Hocken vermieden werden müssen. Somit steht im Vordergrund der gesundheitlichen Einschränkungen unstreitig der nervenärztliche Befund. Insofern ist auch der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass dem Gutachten von Dr. S. im Ergebnis deswegen nicht gefolgt werden kann, weil es hier nicht auf die subjektive Einschätzung der Klägerin oder einen therapeutischen Ansatz ankommt. Maßgebend für die Bewilligung einer Erwerbsminderungsrente ist allein, inwieweit die Befunde objektivierbar sind und tatsächlich einer vollschichtigen Berufsausübung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt im Wege stehen. Hierzu hat der Sachverständige Prof. Dr. T. überzeugend dargelegt, dass die Klägerin zwar nicht simuliere, aber ihre Symptomatik aggraviere und hieraus sowohl einen primären wie sekundären Krankheitsgewinn ziehe. Dies haben im Ergebnis auch die Vorgutachter Dr. S. und Dr. S. bestätigt. Dass der Sachverständige Prof. Dr. T. zur Wiederaufnahme einer Erwerbstätigkeit eine stufenweise Wiedereingliederung vorgeschlagen hat, widerlegt nicht die Richtigkeit seiner Einschätzung eines vollschichtigen Leistungsvermögens. Insofern geht es nämlich um die stufenweise Wiedereingliederung eines seit langem arbeitsunfähigen Versicherten nach § 74 SGB V, mithin um die von der Erwerbsfähigkeit zu unterscheidende Frage einer Arbeitsunfähigkeit und wie diese therapeutisch sinnvoll beseitigt werden kann. Deswegen steht der Klägerin auch keine zeitlich befristete Erwerbsminderungsrente zu. Auch ist das Gutachten nicht allein deswegen unverwertbar, weil die Klägerin vor der Durchführung der Untersuchung einen Anfall erlitten hat. Solche Anfälle hatte die Klägerin sowohl bei der Begutachtung durch Dr. S. wie auch in der M.-B.-Klinik. Deswegen hat sie aber nicht die Richtigkeit der Sachverständigengutachtens von Dr. S. angezweifelt. Ebenso wenig bestehen Gründe, deswegen das Gutachten von Prof. T. für nicht verwertbar zu erachten. Die Klägerin kann daher nach gutachterlicher Einschätzung von Prof. Dr. T. wie auch den im Wege des Urkundsbeweis verwertbaren Gutachten von Dr. H. wie Dr. S. und nicht zuletzt des Entlassungsberichts der Rehamaßnahme vollschichtig leichte Tätigkeiten verrichten und ist damit nicht erwerbsunfähig.
Nach alledem war deshalb die Berufung als unbegründet zurückzuweisen, wobei die Kostenentscheidung auf § 193 SGG beruht.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung streitig.
Die 1947 geborene, aus der Türkei stammende Klägerin, ist mittlerweile deutsche Staatsangehörige. Ihren Angaben zufolge hat sie keinen Beruf erlernt. Sie war zuletzt versicherungspflichtig bis zu ihrer Kündigung (Beginn der Arbeitsunfähigkeit) im April 2001 als Reinigungskraft mit einer täglichen Arbeitszeit von sechs Stunden beschäftigt.
Aus einem im Frühjahr 2002 durchgeführten Heilverfahren in der M.-B.-Klinik wurde sie als gegenwärtig arbeitsunfähig, aber vollschichtig leistungsfähig für leichte bis mittelschwere Arbeiten mit den Gesundheitsstörungen einer mittelgradigen depressiven Episode, anhaltenden somatoformen Schmerzstörung, Hypertonie, Herpes labialis und Verdacht auf Restless-Legs-Syndrom entlassen. Unter Fortführung der Medikation und entsprechender ambulanter Antidepressiva und krankengymnastischer Therapie ließen sich die Beschwerden noch deutlich bessern. Als Analphabetin und im Hinblick auf die reduzierte geistig-psychische Belastbarkeit ergäben sich Einschränkungen des Konzentrations-, Reaktions-, Umstellungs- und Anpassungsvermögens. Ihre Kündigung habe die Klägerin als schwere narzisstische Kränkung empfunden, in deren Folge es zu einer Fehlverarbeitung mit Auftreten starker Kopfschmerzen gekommen sei. Sie erlebe einen großen primären und sekundären Krankheitsgewinn. In belastenden psychischen Situationen könne es zum Auftreten von psychogenen Anfällen kommen, bei denen sie vorübergehend nicht ansprechbar sei, schreie, den Kopf hin und her werfe und mit den Armen um sich schlage. Diese Anfälle träten nur in Gegenwart anderer Personen auf und es käme zu keinerlei Verletzungen. Ein die Krankheit aufrecht erhaltender Faktor sei ihr Rentenwunsch.
Ihren daraufhin am 06.09.2002 gestellten Rentenantrag begründete die Klägerin mit Depressionen, Verkalkungen im Hals-Wirbel-Bereich und Nervenzusammenbrüchen.
Die Beklagte veranlasste nach Beiziehung des Entlassungsberichts, der M.-B.-Klinik sowie eines MDK-Gutachtens von Dr. N. (die Erwerbsfähigkeit der Klägerin sei gefährdet, so dass medizinische Rehabilitationsmaßnahmen durchgeführt werden sollten) eine Begutachtung der Klägerin auf nervenfachärztlichem und orthopädischem Fachgebiet. Die Nervenärztin Dr. S. diagnostizierte eine somatisierte depressive Symptomatik, leicht bis mittelgradig, eine somatoforme Schmerzstörung, ein auswärts festgestelltes und behandeltes Restless-Legs-Syndrom, zur Zeit ohne entsprechende Klagen, sowie wirbelsäulen- und gelenkbezogene Beschwerden ohne Hinweis für eine belangvolle Wurzelreizsymptomatik. Der neurologische Untersuchungsbefund sei damit insgesamt unauffällig gewesen, so dass sie die Klägerin noch für fähig erachte, leichte und mittelschwere Arbeiten ohne besonderen Zeitdruck, ohne Schichtarbeit vollschichtig zu verrichten. Der Orthopäde Dr. H. ergänzte diese Diagnosen auf seinem Fachgebiet um einen Innenmeniskusschaden am linken Kniegelenk ohne bedeutsame Funktionsminderung oder wesentlichen Gelenkkapselreiz, Haltungsfehler der Wirbelsäule (skoliotische Fehlhaltung, hohlrunder Rücken), Übergangswirbel mit lumbalisiertem SWK 1, Chondrose der letzten LWS-Segmente, Entfaltbarkeitsstörung des Achsenorgans, Knick-Senk-Spreizfüße beidseits mit endgradigem Bewegungsverlust der kleinen Vorfußgelenke und Metatarsalgie beidseits. Die Klägerin solle deswegen Tätigkeiten mit häufigem Knien oder Hocken und Zwangshaltungen der Wirbelsäule vermeiden, sei aber ansonsten vollschichtig für leichte bis mittelschwere Arbeiten einsetzbar.
Gestützt hierauf wies die Beklagte mit Bescheid vom 10.01.2003 den Antrag mit der Begründung ab, die Klägerin sei weder teilweise noch voll erwerbsgemindert.
Zur Begründung ihres dagegen erhobenen Widerspruchs trug die Klägerin vor, sowohl nach Einschätzung ihres behandelnden Arztes Dr. M. wie auch dem Abschlussentlassungsbericht der M.-B.-Klinik sei sie dauerhaft arbeitsunfähig. Ihr Krankheitsverlauf ließe auf Berufs- und Erwerbsunfähigkeit schließen. Die Beklagte holte Befundberichte der Nervenärztin Dr. O., des Orthopäden Dr. S. sowie des Internisten Dr. M. ein, der weitere Arztunterlagen beifügte. Gestützt auf die Stellungnahme des Beratungsarztes B., es habe sich kein neuer medizinischer Sachverhalt ergeben, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 11.06.2003 den Widerspruch als unbegründet zurück. Die Klägerin könne noch mindestens sechs Stunden täglich mit qualitativen Einschränkungen erwerbstätig sein. Aufgrund ihrer zuletzt ausgeübten Tätigkeit als Reinigungskraft könne sie auf sämtliche ungelernte Tätigkeiten verwiesen werden.
Mit ihrer dagegen beim Sozialgericht Stuttgart (SG) erhobenen Klage machte die Klägerin geltend, die Bewertung der Beklagten sei hinsichtlich ihrer depressiven Symptomatik nicht nachvollziehbar. Sie könne nicht mehr erwerbstätig sein. Ihre Gesundheitsstörungen beeinträchtigten sowohl ihre Mobilität als auch Kommunikation und Konzentration und verursachten Antriebslosigkeit. Sie könne noch nicht einmal ihren Haushalt alleine bewältigen, stehe erst zwischen 11.00 und 12.00 Uhr auf. Aus der Wohnung gehe sie nur selten und in Begleitung ihres Ehemannes. Bereits geringste Anforderungen empfinde sie als Stresssituation und beginne oftmals ohne Anlass zu weinen. Orthopädischerseits leide sie an ständigen Rückenschmerzen und müsse deshalb selbst beim Liegen eine Schonhaltung einnehmen.
Zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts hat das SG die Klägerin nervenfachärztlich begutachten lassen. Der Neurologe und Psychiater Dr. S. vom Zentrum für Psychiatrie W., beschrieb eine chronifizierte, eher mittelschwere Depression und eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung, die höchstwahrscheinlich auf die durch den Arbeitsplatzverlust bedingte Kränkung zurückzuführen sei und durch die fürsorgliche Zuwendung, die sie durch ihre Familie erfahre, aufrecht erhalten werde. Die rein körperlichen Gesundheitsstörungen träten gegenüber den psychischen deutlich in den Hintergrund. Die Klägerin sei subjektiv davon überzeugt, nicht mehr arbeiten zu können. Damit klafften die subjektiv erlebten Beschwerden und der objektivierbare Befund deutlich auseinander. Als im Hauptberuf therapeutisch tätiger Psychiater sehe er das Leiden der Klägerin eher empathisch und gehe daher unter Berücksichtigung der subjektiven Überzeugung davon aus, dass die Klägerin selbst leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes nur noch drei Stunden täglich verrichten könne. Solange die Klägerin während des Untersuchungsganges mit dem Dolmetscher und dem Gutachter alleine gewesen sei, habe sie sich kooperativ gezeigt und keine Aggravations- oder Simulationstendenzen aufgewiesen. Sie habe in der Grundstimmung nur leicht depressiv gewirkt und sei affektiv im Verlauf der Untersuchung dann gut ansprechbar gewesen. Als die begleitenden Angehörigen wieder dazugekommen wären, habe sich das Bild innerhalb weniger Minuten geändert. Sie habe jetzt im gesamten Ausdrucksverhalten schwer leidend und geplagt gewirkt. Dieses Verhalten könne durchaus als histrionisch oder aggravierend gedeutet werden. Der primäre und sekundäre Krankheitsgewinn sei ausgesprochen groß. Deswegen könne die Klägerin den Zustand aus eigener Kraft auch nicht überwinden.
Die Beklagte ist der Klage unter Vorlage einer beratungsärztlichen Stellungnahme der Neurologin und Psychiaterin Dr. D. entgegengetreten. Diese erachtete die gutachterliche Einschätzung von Dr. S. für nicht nachvollziehbar, da die objektiv dargelegten Befunde eher geringfügig seien und sie auch dem Gutachter den Eindruck vermittelt habe, vollschichtig arbeiten zu können. Ihre depressive Symptomatik sei nicht so schwergradig, dass hieraus eine durchgehende quantitative Leistungsminderung zu begründen wäre. Die Störung sei mitunter symptomfrei, nämlich in den Phasen, in denen sie sich in der Türkei aufhalte bzw. nicht in ihren sekundären Krankheitsgewinn des Versorgtwerdens abgleite. Dass hier kulturspezifische Besonderheiten eine Rolle spielen könnten, stehe außer Frage. Letztlich basiere aber die subjektive Überzeugung krank zu sein, nicht auf einer krankheitswertigen psychischen Störung. Das zeige sich darin, dass die Klägerin durchaus etwas leisten könne, wenn die Umgebung angemessen auf sie eingehe.
Mit Urteil vom 27.10.2004, dem klägerischen Bevollmächtigten zugestellt am 04.11.2004, wies das SG die Klage mit der Begründung ab, die Klägerin sei aufgrund ihres beruflichen Werdeganges (fehlende Berufsausbildung, Ausübung allein ungelernter Tätigkeiten) auf sämtliche ungelernte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes breit verweisbar. Insofern läge noch ein Leistungsvermögen für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mit qualitativen Leistungseinschränkungen von mehr als sechs Stunden täglich vor. Dem gerichtlichen Sachverständigen könne nicht gefolgt werden. Dieser habe selbst auf das Auseinanderklaffen subjektiv erlebter Beschwerden und der objektiven Befunde hingewiesen und seine Einschätzung als eher von therapeutisch geleiteter Haltung geprägt beschrieben. Dies überbewerte im Ergebnis die subjektive Überzeugung der Klägerin, selbst leichte Tätigkeiten nur noch weniger als sechs Stunden täglich verrichten zu können. Der Sachverständige selbst habe bestätigt, dass es Situationen gebe, in denen die Klägerin den Eindruck erwecke, bis zu vollschichtig arbeiten zu können. In diesem Zusammenhang sei auch der erhebliche Krankheitsgewinn zu berücksichtigen. Sie sei nicht einsichts- und reflektionsfähig und erlebe subjektive Kränkungen oder Überforderung körpernah. Insofern handele es sich eher um ein unverarbeitetes Kränkungserlebnis mit Disposition zu einer depressiven Symptomatik. Diese sei aber nicht derartig gravierend, dass sich hieraus eine quantitative Einschränkung des gesundheitlichen Leistungsvermögens ableiten lasse.
Mit ihrer dagegen am 03.12.2004 eingelegten Berufung macht die Klägerin geltend, es müsse dem Sachverständigengutachten von Dr. S. gefolgt werden, da dieses die detailreichste Begründung und Bewertung enthalte. Zumindest müsse ihr eine zeitlich befristete Erwerbsminderungsrente zugesprochen werden, da auch der Sachverständige Prof. Dr. T. davon ausgehe, dass zunächst ein Arbeitsversuch mit zwei Stunden unternommen werden müsse. Bei der Untersuchung im Berufungsverfahren habe sie den Dolmetscher zeitenweise nicht verstanden und auch dieser sie nicht. Ihre Anfälle führe sie nicht absichtlich herbei. Während ihres Urlaubs in der Türkei sei sie sogar ins Krankenhaus eingeliefert worden. Als Analphabetin kenne sie auch nicht die Medikamente, die sie einnehme und bringe ständig Daten durcheinander oder vergesse schlicht Termine. Sie sei wegen ihrer Erkrankung in ständiger nervenärztlicher Behandlung bei Dr. O ... In Stuttgart gebe es nur eine türkisch sprechende Therapeutin (Fr. S.-K.), die sie jedoch wegen Überlastung als Patientin nicht annehmen könne.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 27. Oktober 2004 sowie den Bescheid vom 10. Januar 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Juni 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr ab dem 01. Oktober 2002 Versichertenrente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, das erstinstanzliche Urteil sei zutreffend.
Zur weiteren Aufklärung des Sachverhaltes hat der Senat ein weiteres nervenärztliches Gutachten eingeholt. Prof. Dr. T. hat eine mittelschwere bis schwere depressive Erkrankung, wegen der jahrelangen Dauer eher in Form einer Dysthymie, beschrieben. Außerdem müsse von einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung ausgegangen werden. Erschwerend hinzu komme noch eine histrionische Persönlichkeitsstruktur. Das Bestehen des Restless-Legs-Syndroms müsse hinterfragt werden, weil die Klägerin bei der Untersuchung keinerlei Bewegungsunruhe der Extremitäten gezeigt habe. Weniger die tatsächlichen psychischen Symptome und die vorliegenden Schmerzzustände und körperlichen Erkrankungen stellten ein Hindernis für eine gesunde Lebensführung dar, sondern vielmehr die Auffassung der Klägerin und ihr kognitives Verharren in einer ohnmächtigen Opferposition. Die objektive Beobachtung der Bewegungsabläufe habe keinen Befund erbracht, welcher eine derartige Hilflosigkeit, wie sie von der Klägerin geschildert werde, erklären könne. Gravierende Einschränkungen der Mobilität hätten nicht festgestellt werden können. Ebenso hätten sich keine Hinweise auf eine hirnorganische Beeinträchtigung gefunden. Die Klägerin sei in der Lage gewesen, sich über nahezu dreieinhalb Stunden aufmerksam an den Gesprächen zu beteiligen. Durch konsequente pharmakologische und psychotherapeutische Behandlung könne ihre berufliche Leistungsfähigkeit soweit gebessert werden, dass eine Wiederaufnahme der Arbeit möglich wäre. Eine durchgehende quantitative Leistungsminderung lasse sich jedenfalls nicht belegen. Die Klägerin werde deswegen insgesamt für fähig erachtet, noch einer leichten Tätigkeit des allgemeinen Arbeitsmarktes vollschichtig nachzugehen, wobei das Heben und Tragen schwerer Lasten ebenso wie überwiegend sitzende Arbeitspositionen, besonderer Zeitdruck, Akkord- und Schichtarbeit vermieden werden sollten.
Die Klägerin hat noch ein Attest der Nervenärztin O. vom Februar 2006 vorgelegt.
Den in dem Erörterungstermin vom 22.03.2006 geschlossenen Vergleich hat die Klägerin widerrufen.
Die Beteiligten haben einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat im Einverständnis mit den Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat (§ 124 Abs. 2 SGG), ist zulässig und insbesondere statthaft im Sinne des § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG, da die Klägerin laufende Leistungen für mehr als ein Jahr begehrt.
Die zulässige Berufung ist indessen unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hat keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung.
Die gesetzlichen Voraussetzungen für ein Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung und Berufsunfähigkeit sind im angefochtenen Urteil zutreffend dargestellt. Hierauf nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen nach § 153 Abs. 2 SGG Bezug. Diese Voraussetzungen liegen auch zur Überzeugung des Senats im Falle der Klägerin nicht vor. Zwar erfüllt sie die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen zum Zeitpunkt der Rentenantragstellung, wie sich aus dem angefochtenen Bescheid ergibt; sie ist jedoch weder berufsunfähig noch teilweise oder voll erwerbsgemindert.
Die Gewährung von Rente wegen Berufsunfähigkeit scheidet nach dem beruflichen Werdegang der Klägerin bereits von vornherein deshalb aus, weil sie ihren Angaben zufolge keinen Beruf erlernt hat und immer in ungelernten Tätigkeiten beschäftigt war. Sie ist deshalb nach dem vom BSG entwickelten Mehrstufenschema auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar und auf diesem nach dem vorliegenden und feststellbaren medizinischen Sachverhalt noch in der Lage, leichte Tätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen mindestens sechs Stunden täglich und regelmäßig auszuüben. Damit ist die Klägerin auch nicht erwerbsgemindert. Dies hat das SG im angefochtenen Urteil ausführlich begründet dargelegt. Diesen Ausführungen schließt sich der Senat in vollem Umfang an und nimmt deshalb insoweit auf die Entscheidungsgründe Bezug.
Ergänzend ist auszuführen, dass auch die Ermittlungen im Berufungsverfahren zu keinem anderen Ergebnis geführt haben. Vielmehr hat das ausführlich begründete und in sich widerspruchsfreie Gutachten von Prof. Dr. T. bestätigt, dass die Klägerin an einer Depression, mittlerweile mittelschweren bis schweren Grades, sowie einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung leidet. Diese Gesundheitsstörungen stehen im Vordergrund der leistungseinschränkenden Befunde und bedingen, dass die Klägerin nunmehr lediglich eine leichte körperliche Arbeit unter Vermeidung von besonderem Zeitdruck, Akkord- und Schichtarbeit leisten kann. Die Beschwerden auf orthopädischem Fachgebiet (Innenmeniskusschaden am linken Kniegelenk, Haltungsfehler der Wirbelsäule bei mäßigen degenerativen Veränderungen im Bereich der letzten LWS-Segmente ohne wesentliche Protrusionen und statischer Fußfehlstellung) bedingen, dass häufige Zwangshaltungen der Wirbelsäule sowie Tätigkeiten mit häufigem Knien oder Hocken vermieden werden müssen. Somit steht im Vordergrund der gesundheitlichen Einschränkungen unstreitig der nervenärztliche Befund. Insofern ist auch der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass dem Gutachten von Dr. S. im Ergebnis deswegen nicht gefolgt werden kann, weil es hier nicht auf die subjektive Einschätzung der Klägerin oder einen therapeutischen Ansatz ankommt. Maßgebend für die Bewilligung einer Erwerbsminderungsrente ist allein, inwieweit die Befunde objektivierbar sind und tatsächlich einer vollschichtigen Berufsausübung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt im Wege stehen. Hierzu hat der Sachverständige Prof. Dr. T. überzeugend dargelegt, dass die Klägerin zwar nicht simuliere, aber ihre Symptomatik aggraviere und hieraus sowohl einen primären wie sekundären Krankheitsgewinn ziehe. Dies haben im Ergebnis auch die Vorgutachter Dr. S. und Dr. S. bestätigt. Dass der Sachverständige Prof. Dr. T. zur Wiederaufnahme einer Erwerbstätigkeit eine stufenweise Wiedereingliederung vorgeschlagen hat, widerlegt nicht die Richtigkeit seiner Einschätzung eines vollschichtigen Leistungsvermögens. Insofern geht es nämlich um die stufenweise Wiedereingliederung eines seit langem arbeitsunfähigen Versicherten nach § 74 SGB V, mithin um die von der Erwerbsfähigkeit zu unterscheidende Frage einer Arbeitsunfähigkeit und wie diese therapeutisch sinnvoll beseitigt werden kann. Deswegen steht der Klägerin auch keine zeitlich befristete Erwerbsminderungsrente zu. Auch ist das Gutachten nicht allein deswegen unverwertbar, weil die Klägerin vor der Durchführung der Untersuchung einen Anfall erlitten hat. Solche Anfälle hatte die Klägerin sowohl bei der Begutachtung durch Dr. S. wie auch in der M.-B.-Klinik. Deswegen hat sie aber nicht die Richtigkeit der Sachverständigengutachtens von Dr. S. angezweifelt. Ebenso wenig bestehen Gründe, deswegen das Gutachten von Prof. T. für nicht verwertbar zu erachten. Die Klägerin kann daher nach gutachterlicher Einschätzung von Prof. Dr. T. wie auch den im Wege des Urkundsbeweis verwertbaren Gutachten von Dr. H. wie Dr. S. und nicht zuletzt des Entlassungsberichts der Rehamaßnahme vollschichtig leichte Tätigkeiten verrichten und ist damit nicht erwerbsunfähig.
Nach alledem war deshalb die Berufung als unbegründet zurückzuweisen, wobei die Kostenentscheidung auf § 193 SGG beruht.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
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