L 4 P 5330/03

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 11 P 3236/00
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 P 5330/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat dem Kläger auch die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob die am 1910 geborene und 2002 verstorbene M. R. (M.R.) in der Zeit vom 27. April 1998 bis Mai 2002 zur Zahlung eines Einzelzimmer-Zuschlags verpflichtet war.

M.R., für die ihr Sohn W. R. am 09. November 2000 zum Betreuer bestellt worden war, war vom 27. April 1998 bis zu ihrem Tod im von der Beklagten betriebenen Pflegeheim P.-Wohnstift in B. H. (PW) in einem Einzelzimmer untergebracht. Sie bezog im oben genannten Zeitraum Leistungen der sozialen Pflegeversicherung (PV) wegen vollstationärer Pflege nach dem Elften Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB XI).

Das PW, für das bereits am 27. November 1985 vom Landratsamt Calw nach dem Heimgesetz (HeimG) die Erlaubnis zum Betrieb eines "Altenheims mit Pflegeabteilung" erteilt worden war, wurde ab 01. Juli 1996 antragsgemäß als vollstationäre Pflegeeinrichtung zugelassen (Schreiben der AOK Baden-Württemberg u.a. vom 12. Juli 1996). In dem Gemeinsamen Strukturerhebungsbogen zu dem Antrag auf Abschluss eines Versorgungsvertrags hatte die Beklagte unter dem 23. Mai 1996 bestätigt, dass den Pflegebedürftigen Zusatzleistungen nach § 88 SGB XI nicht angeboten würden. Das PW ist nach Landesrecht nicht gefördert worden. Es waren für die Pflege 19 Einzelzimmer und neun Doppelzimmer vorhanden. Nach den von der Beklagten mit den Kostenträgern der PV im Oktober 1997 geführten Pflegesatzverhandlungen, bei denen gesondert berechnete Aufwendungen von täglich DM 34,64 bzw. von DM 34,63 angegeben worden waren, wurden nach der "Vergütungsvereinbarung für vollstationäre Pflege nach § 85 SGB XI" vom 17. November 1997 zwischen der Beklagten und den Kostenträgern für das PW ab 01. Januar 1998 folgende tägliche Pflegesätze vereinbart: bei Pflegebedürftigen der Pflegeklasse I DM 66,09, bei Pflegebedürftigen der Pflegeklasse II DM 82,62 und bei Pflegebedürftigen der Pflegeklasse III DM 106,32 (§ 1 der Vereinbarung). Nach § 2 dieser Vereinbarung galt als Entgelt für Unterkunft und Verpflegung, unabhängig von der jeweiligen Pflegestufe ein Betrag von täglich DM 28,64. Nachdem die Beklagte am 11. Dezember 1997 nachträglich die Erhöhung der Pflegeentgelte um 1 vom Hundert (v.H.) beantragt hatte, erfolgte diese durch Mitteilung der Kostenträger vom 02. Februar 1998 mit folgenden Beträgen für die Zeit vom 01. Januar bis 31. Dezember 1998: täglicher Pflegesatz DM 66,75 bzw. DM 83,45 bzw. DM 107,38 sowie tägliches Entgelt für Unterkunft und Verpflegung DM 28,93. Der investive Anteil der Kosten im Sinne des § 82 Abs. 4 SGB XI sollte dem damaligen Landeswohlfahrtsverband Baden (LWV) als nach Landesrecht zuständiger Behörde mitgeteilt werden. Mit Schreiben vom 18. März 1998 forderte der LWV die Beklagte auf, bis zum 24. April 1998 die gesonderte Berechnung der betriebsnotwendigen Investitionsaufwendungen nachvollziehbar mitzuteilen. Mit Schreiben vom 05. November 1998 bezifferte die Beklagte gegenüber dem LWV die Investitionskosten mit täglich DM 34,63; dieser Betrag beziehe sich auf eine Bettenzahl von 45. Am 23. November 1999 erstattete der Medizinische Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) ein pflegerisch/fachärztliches sozialmedizinisches Gutachten zur Qualitätsprüfung nach § 80 SGB XI über das PW. Unter 3.5 des Gutachtens wurde darauf hingewiesen, dass die Investitionskosten täglich pro Bewohner DM 34,63 betrügen. Für die Unterbringung im Einzelzimmer werde ein Zuschlag von DM 21,00 pro Tag erhoben. Am 14. Januar 2000 wurde im Hinblick auf dieses Gutachten eine Anhörung durchgeführt, an der Vertreter der Leistungsträger, der Heimaufsicht sowie des LWV einerseits, andererseits auch der Geschäftsführer der Beklagten Giese teilnahmen. In der auch von diesem unterschriebenen Niederschrift über die Anhörung hieß es hinsichtlich des Zuschlags für die Unterbringung im Einzelzimmer zur Stellungnahme des Heimes: "Die Abrechnung eines zusätzliches Betrags ist nicht zulässig". Ferner ist zu "Maßnahmen der Einrichtung" ausgeführt: "Ab sofort werden diese Zuschläge nicht mehr in Rechnung gestellt. Nachdem die Meldung nach § 82 Abs. 4 SGB XI beim LWV am 10.11.1998 einging, sind die zu Unrecht erhobenen Beiträge ab 11.11.1998 den Bewohnern zurückzuerstatten. Sofern die Bewohner verstorben sind, wird versucht, den Betrag den Erben zu überweisen. Bis 2000 wird durch den Einrichtungsträger festgestellt, welche Personen in welcher Höhe hiervon betroffen sind und der Heimaufsicht und der AOK Calw für die Pflegekassen in Schriftform zur Verfügung gestellt. Die Rückzahlung der Beträge erfolgt bis spätestens 31.12.2000. Der Nachweis über die Rückzahlung ist der Heimaufsicht zur Verfügung zu stellen". Die Beklagte hat dieses Anhörungsprotokoll später mit Schriftsatz vom 11. Dezember 2000 angefochten. Mit Schreiben vom 24. Mai 2000 teilte die Beklagte dem LWV mit, bei der Mitteilung nach § 82 Abs. 4 SGB XI vom 05. November 1998 sei ein Missverständnis bzw. Fehler unterlaufen. Es seien nur die betriebsnotwendigen Investitionskosten für die Bewohner im Doppelzimmer gemeldet worden. Es ergebe sich ein durchschnittlicher Betrag von DM 43,50, der differenziert werden müsse; die Investitionskosten für ein Doppelzimmer betrügen DM 34,63, diejenigen für ein Einzelzimmer jedoch DM 55,63 (= DM 34,63 + DM 21,00). Mit Schreiben vom 03. Juli 2000 teilte der LWV der Beklagten mit, eine Fehlerhaftigkeit der Mitteilung vom 05. November 1998 sei nicht erkennbar, da der damals mitgeteilte Investitionsbetrag nicht in Einzel- oder Doppelzimmer aufgesplittet worden sei. Vielmehr sei anzunehmen, dass sich nicht die betriebsnotwendigen Investitionsaufwendungen geändert hätten, sondern der Einzelzimmerzuschlag, der nicht mehr erhoben werden dürfe, einfach durch eine Neuberechnung der Investitionsaufwendungen kompensiert werden solle. Im Übrigen könne eine Änderung des Investitionsbetrags erst nach der entsprechenden Mitteilung nach § 82 Abs. 4 SGB XI gegenüber den Bewohnern berechnet werden.

Grundlage für die Unterbringung der M.R. im PW war der "Vertrag zur Aufnahme in die Pflegestation" vom 05. Mai 1998 (Heimvertrag). Nach dessen § 8 Abs. 3 setzte sich das Heimentgelt wie folgt zusammen: Pflegekosten nach § 82 SGB XI von DM 66,75, Unterkunft und Verpflegung nach § 87 SGB XI von DM 28,93 und Investitionskosten nach § 82 SGB XI von DM 34,63. Ferner war nach den §§ 8 Abs. 3 Nr. 3, 9 Satz 2 des Heimvertrags "als Sonderleistung außerhalb des SGB XI" ein Einzelzimmer-Zuschlag von DM 21,00 täglich vereinbart. Hinsichtlich "Zusatzleistungen (§ 88 SGB XI sowie § 7)", die nach § 7 des Heimvertrags auch nicht vereinbart waren, ergab sich daher nach § 8 Abs. 3 Nr. 4 des Heimvertrags kein besonders vereinbarter Betrag. Die Anpassung des Heimentgelts war in § 11 des Heimvertrags geregelt. § 11 Abs. 1 betraf die Höhe des Entgelts für Unterkunft und Verpflegung sowie für Pflegeleistungen. § 11 Abs. 2 des Heimvertrags bestimmte: "Das Seniorenheim kann das Entgelt für die Investitionskosten nur erhöhen, wenn und soweit sich die bisherige Berechnungsgrundlage geändert hat und das erhöhte Entgelt angemessen ist. Hierüber schließt das Seniorenheim eine Vereinbarung mit dem Bewohner. Kommt eine Vereinbarung nicht zustande, kann das Seniorenheim den Heimvertrag mit einer Frist von 3 Monaten zum Ende eines Quartals kündigen. Der Bewohner hat ein Kündigungsrecht nach § 14. Die Erhöhung wird mindestens 1 Kalendermonat vorher schriftlich angekündigt und begründet und ist dann ab dem 1. des Folgemonats zu zahlen. Der Heimbeirat wird von der vorgesehenen Erhöhung im voraus informiert".

M.R. bezahlte bis Januar 2000 den Einzelzimmer-Zuschlag. Im Hinblick auf die erwähnte Anhörung vom Januar 2000 führte der Betreuer der Klägerin dann einen Schriftwechsel mit dem LWV wegen des Einzelzimmer-Zuschlags. Seit Februar 2000 war die Zahlung des Einzelzimmer-Zuschlags ausgesetzt worden. Mit Schreiben vom 30. Mai 2000 teilte die Beklagte M.R. mit, sie habe inzwischen der zuständigen Behörde den erforderlichen Nachweis der betriebsnotwendigen Investitionskosten erbracht und angezeigt. Die erhöhten Investitionsaufwendungen für die Unterbringung in einem Einzelzimmer würden ab 01. Februar 2000 dahin berechnet, dass Investitionskosten für das Einzelzimmer mit DM 55,63 pro Pflegetag zu zahlen seien. Auf eine getrennte Ausweisung des Einzelzimmer-Zuschlags wie in früheren Abrechnungen werde verzichtet. In beiliegenden Pflegekostenabrechnungen für den Monat Juni 2000 wurden die entsprechend nachzuzahlenden Kosten aufgrund der geänderten Investitionskosten berechnet.

M.R. erhob am 14. September 2000 gegen die Beklagte beim Sozialgericht (SG) Karlsruhe Zahlungs- und Feststellungsklage. Nachdem das Klageverfahren wegen des Todes der M.R. zunächst unterbrochen war, rief der Kläger, den das Notariat Bad Herrenalb (Nachlassgericht) mit Beschluss vom 27. August 2002 zum Nachlasspfleger mit dem Aufgabenkreis der Vertretung der unbekannten Erben im Klageverfahren bestellt hatte, das Verfahren wieder an. Er reichte verschiedene Unterlagen ein und begehrte von der Beklagten die Rückzahlung von zu Unrecht gezahlten Zusatzleistungen in Höhe von DM 13.524,00 (= EUR 6.914,71), d.h. des für die Zeit vom 27. April 1998 bis 31. Januar 2000 gezahlten Einzelzimmer-Zuschlags von DM 21,00 pro Tag. Ferner beantragte er die Feststellung, dass die Beklagte auch nicht berechtigt sei, gegenüber M.R. gesonderte Kosten für das Einzelzimmer für Februar bis Juni 2000 zu verlangen. Der Einzelzimmer-Zuschlag sei als Zusatzleistung im Heimvertrag vereinbart gewesen und bis zum 31. Januar 2000 gezahlt worden. Nach § 88 Abs. 2 Nr. 3 SGB XI wäre zur wirksamen Vereinbarung einer solchen Zusatzleistung jedoch notwendig gewesen, dass die Beklagte ihr Leistungsangebot und die Leistungsbedingungen vor Beginn den Pflegekassen und den überörtlichen Trägern der Sozialhilfe schriftlich mitgeteilt hätte; dies sei unstreitig nicht geschehen. Die genannte Vorschrift habe nicht bloße Ordnungsfunktion, sondern eine Schutzfunktion mit der Folge, dass ein Verstoß zur Nichtigkeit der vereinbarten Leistung führe. Es sei auch nicht möglich, dass die Beklagte nachträglich die Zusatzleistungen in Investitionskosten uminterpretiere, um so eine Zahlungspflicht ab Februar 2000 doch noch zu begründen. Die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit seien für die Entscheidung des Rechtsstreits entsprechend § 51 Abs. 2 Satz 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zuständig. Die Beklagte trat der Klage unter Einreichung verschiedener Unterlagen entgegen. Sie habe seit 27. April 1998 keine Zusatzleistungen berechnet, sondern Investitionskosten für das Einzelzimmer. Es seien die Bestimmungen über die gesonderte Berechnung von Investitionsaufwendungen heranzuziehen. Irrtümlicher Weise habe sie dem LWV zunächst lediglich die betriebsnotwendigen Investitionskosten für Bewohner in Doppelzimmern gemeldet. Dies habe sie mit Schreiben vom 24. Mai 2000 richtig gestellt. Auf eine anlässlich der am 14. Januar 2000 durchgeführten Anhörung vereinbarte Rückzahlungspflicht für geleistete Einzelzimmer-Zuschläge könne sich der Kläger nicht berufen, zumal sie eine eventuelle Vereinbarung angefochten habe. Am 05. Dezember 2002 erhob die Beklagte ferner Widerklage, mit der sie die Zahlung von EUR 4.347,06 begehrte. Nach dem von ihr vorgelegten Kontoauszug vom 17. September 2002 habe sie noch eine Restforderung gegen M.R. in Höhe von EUR 9.156,56 gehabt. Aufgrund der von ihr mit Schreiben vom 09. Oktober 2002 gegenüber dem Kläger erklärten Aufrechnung gegen die Forderung des Klägers über EUR 4.799,50 stehe ihr eine Restforderung von EUR 4.347,06 für ab Februar 2002 von M.R. noch geschuldete Investitionskosten für das Einzelzimmer zu. Die Widerklage erhebe sie, nachdem der Kammervorsitzende im Termin vom 14. November 2002 dargelegt habe, dass die sachliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichts wohl gegeben sei. Anspruchsgrundlage für die Widerklage sei der Heimvertrag, nach dem die gemeldeten Investitionskosten für das Einzelzimmer auch ab Februar 2000 geschuldet gewesen seien. Der Widerklage trat der Kläger entgegen. Das SG zog die Verwaltungsakten des LWV, das PW betreffend, bei. Mit Urteil vom 13. November 2003, das den Prozessbevollmächtigten der Beklagten gegen Empfangsbekenntnis am 05. Dezember 2003 zugestellt wurde, verurteilte das SG die Beklagte und Widerklägerin, an den Kläger EUR 6,914,71 nebst 8,42 v.H. Zinsen hieraus seit 15. Juli 2000 zu bezahlen. Ferner stellte es fest, dass die Beklagte nicht berechtigt sei, gesonderte Kosten des Einzelzimmers für Februar bis Juni 2000 zu verlangen. Schließlich wies das SG die Widerklage ab. Es führte aus, der Sozialrechtsweg sei gegeben. Es handle sich um einen Streit in Angelegenheiten nach dem SGB XI, was auch durch die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) bestätigt werde, wonach für die Klage eines Pflegeheims auf Zustimmung einer Landesbehörde zur gesonderten Berechnung von Investitionsaufwendungen gegenüber einem Pflegeversicherten der Sozialrechtsweg gegeben sei. Der Einzelzimmer-Zuschlag sei eine Zusatzleistung im Sinne des § 88 SGB XI. Solche Zusatzleistungen könnten nicht nachträglich im Sinne einer Erhöhung von Investitionskosten definiert werden. Die hier nicht beachtete Vorschrift des § 88 Abs. 2 Nr. 3 SGB XI habe nach dem Gesetzeswortlaut nicht lediglich Ordnungsfunktion; vielmehr führe ein Verstoß gegen die Meldepflicht nach § 134 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) zur Nichtigkeit der vertraglichen Regelung. Die Beklagte habe ohne rechtlichen Grund etwas erlangt und sei in der Folge im Rahmen der gesetzlichen Leistungskondiktion entsprechend § 812 BGB zur Erstattung der überzahlten Beträge verpflichtet. Deswegen habe die Klage Erfolg und die Widerklage sei abzuweisen.

Gegen dieses Urteil hat die Beklagte am 30. Dezember 2003 mit Fernkopie Berufung beim Landessozialgericht (LSG) eingelegt. Sie hat verschiedene Unterlagen eingereicht und trägt weiter vor, die Rüge, der Sozialrechtsweg sei nicht gegeben, bleibe nicht aufrecht erhalten. Sie sei berechtigt gewesen, ab 27. April 1998 gegenüber M.R. höhere Investitionsaufwendungen für das Einzelzimmer im Sinne des § 82 Abs. 3 und 4 SGB XI zu berechnen. Diese Investitionskosten für das Einzelzimmer habe sie dem LWV mit Schreiben vom 24. Mai 2000 gemeldet. Im Jahr 2000 sei die Rechtslage hinsichtlich der Beurteilung des Einzelzimmer-Zuschlags völlig offen gewesen. Der Landkreis Calw als Heimaufsicht habe beispielsweise noch mit Schreiben vom 04. Mai 2000 die Rechtsauffassung vertreten, dass Preisunterschiede zwischen Einzel- und Doppelzimmern keine Zusatzleistungen darstellten, sondern im Zusammenhang mit der gesonderten Berechnung von Investitionsaufwendungen nach § 82 Abs. 3 bzw. 4 SGB XI zu regeln seien. Auch die anderen vorgelegten Unterlagen belegten, dass zumindest bis Mai 2000 eine Rechtsunsicherheit bestanden habe. Sie habe sofort nach Erhalt des Schreibens des LWV vom 04. Mai 2000 mit Schreiben vom 24. Mai 2000 die nun differenziert aufgeführten Investitionskosten gemeldet. Es treffe nicht zu, dass sie mit einem Federstrich ursprünglich gemeinte Leistungen anders definiert habe. Eine Falschbezeichnung des Einzelzimmer-Zuschlags stehe dessen Berechnung als Investitionskosten nicht entgegen.

Die Beklagte beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 13. November 2003 aufzuheben und die Klage abzuweisen sowie den Kläger zu verurteilen, ihr EUR 4.347,06 nebst 5 v.H. Zinsen pro Jahr über dem Basiszinssatz seit 15. Oktober 2002 zu bezahlen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält das angegriffene Urteil für zutreffend. Auf die Rechtslage bis Juni 1996 bzw. bis Dezember 1997 komme es hier nicht an, da der Heimvertrag erst im Mai 1998 geschlossen worden sei. Ausweislich des Heimvertrags sei der Einzelzimmer-Zuschlag als gesonderte Kostenposition ausdrücklich ausgeworfen gewesen; er sei insbesondere von den Investitionskosten abgegrenzt worden. Aufgrund des Vertrags bestünden keine Zweifel, dass mit dem Einzelzimmer-Zuschlag keine Investitionskosten gemeint gewesen seien. Vielmehr habe es sich um eine Zusatzleistung gehandelt. Der Beklagte sei nicht berechtigt gewesen, den vereinbarten Heimvertrag im Rahmen einer einseitigen Vertragsänderung zu Lasten der M.R. zu modifizieren.

Der Berichterstatter des Senats hat vom früheren LWV die Verwaltungsakten, das PW betreffend, beigezogen, wobei der LWV mit Schreiben vom 19. April 2004 noch weitere Unterlagen, die Vereinbarung des Entgelts für gesonderte berechenbare Investitionsaufwendungen für Sozialhilfeempfänger nach § 93 Abs. 2 und 7 des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) ab 15. März 2004 betreffend, mit vorgelegt hat.

Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakten des LWV sowie der Akten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die nach § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist statthaft und zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet.

Das SG hat die Beklagte zu Recht verurteilt, an den Kläger als Nachlasspfleger zu Gunsten der derzeit unbekannten Erben der M.R. nach § 812 BGB EUR 6.914,71 zuzüglich der begehrten Zinsen zu zahlen. Diesen Betrag hat M.R. für die Zeit vom 27. April 1998 bis 31. Januar 2000 als Einzelzimmer-Zuschlag ohne Rechtsgrund an die Beklagte gezahlt. Dieser Zahlungsanspruch war auch nicht ganz oder teilweise durch Aufrechnung erloschen, denn der Beklagten stand eine Gegenforderung gegen M.R. nicht zu. Ferner hat das SG zu Recht dem Feststellungsbegehren des Klägers stattgegeben, da M.R. auch für die Zeit von Februar bis Juni 2000 keine nicht beglichenen Zahlungen für vermeintliche Investitionsaufwendungen im Sinne des § 8 Abs. 1 Nr. 5 des Heimvertrags geschuldet hat. Da die Beklagte auch ab Juli 2000 bis zum Tod der M.R. keine höheren Investitionsaufwendungen beanspruchen konnte, hat das SG schließlich die Widerklage der Beklagten auf Zahlung von EUR 4.347,06 zu Recht abgewiesen.

Der Senat hat hier nicht zu entscheiden, ob das SG zu Recht die sachliche Zuständigkeit der Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit für Streitigkeiten zwischen dem Heimbewohner und dem Heimträger über zivilrechtliche Ansprüche auf Zahlung bzw. Rückzahlung von Leistungen (Entgelte) aufgrund des Heimvertrags (vgl. § 4 HeimG a.F.; ab 01. Januar 2002 § 5 Abs. 1a HeimG n.F.) nach § 51 Abs. 1 Satz 3 SGG a.F. (seit 02. Januar 2002 § 51 Abs. 1 Nr. 2 SGG n.F.) angenommen hat. Zu Unrecht dürfte das SG hier eine Streitigkeit in Angelegenheiten nach dem SGB XI bejaht haben. Da der Heimvertrag, unabhängig davon, dass der Gesetzgeber nach § 4e Abs. 1 HeimG a.F. (seit 01. Januar 2002 § 5 Abs. 5 HeimG n.F.) das Heimvertragsrecht mit den Bestimmungen des SGB XI bewusst eng miteinander verzahnt hat (vgl. dazu Bundesgerichtshof [BGH] BGHZ 149, 146, 148 und BGHZ 157, 309, 313), dem Zivilrecht zuzuordnen ist, dürfte hier an sich die Zuständigkeit der Zivilgerichte gegeben sein (vgl. auch BSG, Beschluss vom 09. Februar 2006 - B 3 SF 1/05 R). Daran dürfte sich auch nichts dadurch ändern, dass aufgrund des § 4e Abs. 1 HeimG a.F. inzidenter, wie unten darzulegen sein wird, die §§ 82 und 88 SGB XI als Normen des SGB XI heranzuziehen sind. Da die Beklagte jedenfalls mit der Erhebung der Widerklage mit Schriftsatz vom 02. Dezember 2002 die Rüge der sachlichen Unzuständigkeit des SG nicht mehr aufrecht erhalten hat, weil sie nicht mehr auf eine Entscheidung nach den §§ 98 SGG, 17a Abs. 3 Satz 2 des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) über die Zuständigkeit bestanden hat, wie sich auch aus der Berufungsbegründungsschrift ergibt, war der Senat hier an die Bejahung der sachlichen Zuständigkeit durch das SG gebunden (vgl. BSG SozR 4-1720 § 17a Nr. 1).

Ohne Rechtsgrund im Sinne des § 812 BGB, d.h. ohne wirksame vertragliche Vereinbarung im Heimvertrag, hat die Beklagte die Beträge für den Einzelzimmer-Zuschlag bis zum 31. Januar 2000 erlangt. Ob sich der Rückzahlungsanspruch aufgrund der vom Geschäftsführer der Beklagten unterschriebenen Niederschrift über die Anhörung vom 14. Januar 2000 ergibt, die die Beklagte später angefochten hat, kann dahinstehen. Da M.R. beim Abschluss des Heimvertrags bis zu ihrem Tod zu den Versicherten der sozialen PV gehörte und die Leistungen der stationären Pflege im PW als zugelassener Pflegeeinrichtung nach § 43 SGB XI erhielt, wirkten nach § 4e Abs. 1 Satz 1 HeimG a.F. die Sozialrechtsnormen des SGB XI auf den Heimvertrag und dessen Entgeltregelungen ein. § 4e Abs. 1 Satz 1 HeimG a.F. bestimmte: In Heimverträgen mit Versicherten der sozialen Pflegeversicherung, die Leistungen der stationären Pflege nach den §§ 42 und 43 SGB XI in Anspruch nehmen, sind die Leistungen des Heimträgers für allgemeine Pflegeleistungen für Unterkunft und Verpflegung sowie für Zusatzleistungen im Einzelnen gesondert zu beschreiben und die jeweiligen Entgelte hierfür gesondert anzugeben. Nach Satz 2 der Vorschrift bestimmten sich Art, Inhalt und Umfang der genannten Leistungen und die jeweiligen Entgelte nach dem Siebten und Achten Kapitel des SGB XI. Bei versicherten Leistungsempfängern der sozialen PV gilt danach für vereinbarte und jeweils hierfür gesondert anzugebende Entgelte bei Zusatzleistungen § 88 SGB XI. Für eine nach dem Heimvertrag vereinbarte Zahlung von Investitionsaufwendungen ist, soweit es um nach Landesrecht nicht geförderte Pflegeheime geht, auch § 82 Abs. 4 SGB XI zu beachten. Aus § 4e Abs. 1 HeimG a.F. ergibt sich danach, dass die genannten Bestimmungen über die gesonderte Berechnung von Investitionsaufwendungen bzw. Zusatzleistungen nicht durch die Vereinbarungen von Sonderleistungen außerhalb des SGB XI umgangen werden dürfen. Der Senat kann dahingestellt sein lassen, ob der als vermeintliche Sonderleistung außerhalb des SGB XI bezeichnete Einzelzimmer-Zuschlag (vgl. §§ 8 Abs. 3 Nr. 3, 9 Satz 2 des Heimvertrags) als betriebsnotwendige Investitionsaufwendung des nicht nach Landesrecht geförderten PW anzusehen ist, wie von der Beklagten angenommen, oder als Zusatzleistung im Sinne des § 88 SGB XI, wie vom SG entschieden. Nach § 82 Abs. 4 SGB XI können Pflegeeinrichtungen, die nicht nach Landesrecht gefördert werden, ihre betriebsnotwendigen Investitionsaufwendungen den Pflegebedürftigen ohne Zustimmung der zuständigen Landesbehörde gesondert berechnen. Die gesonderte Berechnung ist jedoch der zuständigen Landesbehörde mitzuteilen. Und für die Berechnung von Zusatzleistungen gilt § 88 SGB XI wie folgt: Neben den Pflegesätzen nach § 85 SGB XI und den Entgelten nach § 87 SGB XI darf das Pflegeheim mit den Pflegebedürftigen über die im Versorgungsvertrag vereinbarten notwendigen Leistungen hinaus (§ 72 Abs. 1 Satz 2 SGB XI) gesondert ausgewiesene Zuschläge für 1. besondere Komfortleistungen bei Unterkunft und Verpflegung sowie 2. zusätzliche pflegerisch - betreuerische Leistungen vereinbaren (Zusatzleistungen). Der Inhalt der notwendigen Leistungen und deren Abgrenzung von Zusatzleistungen werden in den Rahmenverträgen nach § 75 SGB XI festgelegt (Abs. 1 der Vorschrift). Nach Abs. 2 ist die Gewährung und Berechnung von Zusatzleistungen nur zulässig, wenn: 1. dadurch die notwendigen stationären oder teilstationären Leistungen des Pflegeheimes (§ 83 Abs. 4 und § 87 SGB XI) nicht beeinträchtigt werden, 2. die angebotenen Zusatzleistungen nach Art, Umfang, Dauer und Zeitabfolge sowie die Höhe der Zuschläge und die Zahlungsbedingungen vorher schriftlich zwischen dem Pflegeheim und dem Pflegebedürftigen vereinbart worden sind, 3. das Leistungsangebot und die Leistungsbedingungen den Landesverbänden der Pflegekassen und den überörtlichen Trägern der Sozialhilfe im Land vor Leistungsbeginn schriftlich mitgeteilt worden sind. Sofern der Einzelzimmer-Zuschlag als betriebsnotwendige Investitionsaufwendung für die Gewährung der Unterkunft im Einzelzimmer angesehen wird, bestand ein vertraglicher Anspruch schon deswegen nicht, weil dieser zusätzliche Betrag in dem Heimvertrag nicht als solche Investitionsaufwendung gesondert vereinbart war. Denn als gesondert ausgewiesene "Investitionskosten (§ 82 SGB XI)" war nach § 8 Abs. 3 Nr. 4 des Heimvertrags ausdrücklich nur der Betrag von DM 34,63 genannt. Soweit die Beklagte - nach der Mitteilung an die zuständige Behörde im Sinne des § 82 Abs. 4 SGB XI mit Schreiben vom 24. Mai 2000 - gegenüber M.R. mit Schreiben vom 30. Mai 2000 ab 01. Februar 2000 höhere Investitionskosten berechnet hat, konnte diese einseitige Festsetzung durch die Beklagte weder einen Rechtsgrund für die Zahlungen der M.R. ab 27. April 1998 abgeben noch Grundlage für einen Zahlungsanspruch auf erhöhte Investitionskosten ab 01. Februar 2000 bzw. ab 01. Juni 2000 bilden. Denn es ist nicht feststellbar und auch von der Beklagten nicht geltend gemacht, dass sich nach dem 27. April 1998 bzw. ab 01. Februar 2000 die bisherige Berechnungsgrundlage für die Investitionskosten im Sinne des § 11 Abs. 2 Satz 1 des Heimvertrags geändert hat und die Beklagte mit M.R. eine Vereinbarung über die Zahlung der höheren Investitionskosten nach § 11 Abs. 2 Satz 2 geschlossen hatte. Auf diese Bestimmung des § 11 Abs. 2 des Heimvertrags hat auch der Kläger zutreffend hingewiesen. Dass eine einseitige Erhöhung der zu zahlenden Investitionskosten ausgeschlossen war, wird auch durch § 4e Abs. 2 HeimG a.F. bestätigt, wonach die Anwendung des § 4a Satz 2 HeimG a.F. bei Heimverträgen mit Versicherten der sozialen PV ausgeschlossen war. Mithin war es gesetzlich ausgeschlossen, das von der M.R. zu zahlende Entgelt für Investitionskosten durch einseitige Erklärung zu erhöhen.

Eine andere Beurteilung, d.h. eine Verneinung des Anspruchs des Klägers, ergibt sich auch dann nicht, wenn man den Einzelzimmer-Zuschlag als Zusatzleistung im Sinne des § 88 SGB XI ansehen würde. Als Zusatzleistungen kommen etwa ein besonders großes oder im Vergleich zu den übrigen Zimmern des Heims besonders luxuriös ausgestattetes Zimmer oder "Gourmet-Kost" in Betracht (vgl. BT-Drucksache 12/5262 S. 147). Zwischen M.R. sind Zusatzleistungen in dem Heimvertrag nicht vereinbart. Solche Zusatzleistungen sind in § 7 des Heimvertrags nicht beschrieben und nicht hinsichtlich eines besonderen Entgelts in § 8 Abs. 3 Nr. 4 des Heimvertrags aufgeführt. Der besonders aufgeführte "Einzelzimmer-Zuschlag" (§ 9 dieses Vertrags) kann danach auch im Wege der Vertragsauslegung nicht als "Zusatzleistung (§ 88 SGB XI sowie § 7)" ausgelegt werden. Es fehlt gerade an einer Vereinbarung von Zusatzleistungen im Sinne des § 88 Abs. 2 Nr. 2 SGB XI. Darauf, dass die Mitteilung im Sinne des § 88 Abs. 2 Nr. 3 SGB XI ebenfalls nicht vor Leistungsbeginn erfolgte, sondern allenfalls mit Schreiben vom 24. Mai 2000 nachgeholt wurde, kommt es nicht an. Daher braucht nicht entschieden zu werden, ob § 88 Abs. 2 Nr. 3 SGB XI, wie vom SG vertreten, eine Schutzvorschrift hinsichtlich der in der sozialen PV Versicherten ist oder ob dieser Bestimmung nur Ordnungscharakter zukommt.

Danach war der Rückzahlungsanspruch des Klägers begründet und es bestanden auch keine weitergehenden Zahlungsansprüche der Beklagten ab Februar bzw. Juli 2000.

Die Berufung war zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG, der hier noch in der bis zum 01. Januar 2002 geltenden Fassung anzuwenden ist.

Gründe für eine Revisionszulassung liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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