L 12 AL 3813/05

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
12
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 15 AL 1684/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 12 AL 3813/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 07.07. 2005 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darum, ob der Kläger einen Anspruch auf Arbeitslosenhilfe (Alhi) über den 31.12.2004 hinaus hat.

Der 1963 geborene Kläger beantragte im Dezember 1999 die Gewährung von Arbeitslosengeld (Alg). Seither ist der Kläger arbeitslos. Er wurde zwischenzeitlich auf Kosten der Beklagten zum Informatikkaufmann ausgebildet. Der Kläger beantragte im Oktober 2002 die Gewährung von Alhi. Er bezog vom 29.09.2002 bis 31.12.2004 Alhi. Seit 01.01.2005 bezieht der Kläger Arbeitslosengeld II.

Mit Änderungsbescheid vom 01.06.2004 wurde die Weiterbewilligung der Alhi über das ursprüngliche Ende des Bewilligungsabschnitts hinaus bis zum 31.12.2004 von Amts wegen weiter bewilligt. Zum Bewilligungszeitraum führte die Beklagte aus, die Leistung Arbeitslosenhilfe werde zum 31.12.2004 abgeschafft und durch das Arbeitslosengeld II ersetzt. Aus diesem Grunde sei der Bewilligungsabschnitt befristet worden. Für die Zeit danach habe der Kläger ggf. Anspruch auf Arbeitslosengeld II.

Der Kläger beantragte mit Schreiben vom 08.03.2005 die teilweise Rücknahme des Bescheides vom 01.06.2004 und die Gewährung von Alhi in der bis zum 31.12.2004 geltenden Fassung des Gesetzes ab 01.01.2005. Es sei ihm bekannt, dass die Arbeitslosenhilfe ab 01.01.2005 durch das 4. Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt abgeschafft sei. Diese Bestimmung sei jedoch verfassungswidrig, da sie gegen Art. 120 Abs. 1 Satz 4 Grundgesetz (GG) verstoße. Im Änderungsbescheid vom 01.06.2004 werde nicht ausgesprochen, dass der Bezug von Alhi über den 31.12.2004 hinaus endgültig ausgeschlossen sei. Lediglich unter Ziff. 8 der Hinweise auf Blatt 2 des Bescheides werde darauf hingewiesen, dass Alhi zum 31.12.2004 abgeschafft werde. Dies sei als bloßer Hinweis ohne Regelungsgehalt nicht in Bestandskraft erwachsen. Der Bescheid vom 01.06.2004 sei rechtswidrig, da die Abschaffung der Arbeitslosenhilfe verfassungswidrig sei.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 18.03.2005 teilte die Beklagte mit, eine Überprüfung des Bescheids vom 01.06.2004 habe ergeben, dass dieser nicht zu beanstanden sei. Die §§ 190 bis 206 Sozialgesetzbuch (SGB) III seien ab 01.01.2005 aufgehoben. Es bestehe somit keine Rechtsgrundlage für die Weiterzahlung der Alhi über den 31.12.2004 hinaus. Somit sei das Recht weder unrichtig angewandt noch von einem falschen Sachverhalt ausgegangen worden. Dagegen legte der Kläger mit Schreiben vom 29.03.2005 Widerspruch ein und verwies zur Begründung auf sein Schreiben vom 18.03.2005. Mit Widerspruchsbescheid vom 07.04.2005 wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Die Beklagte verblieb hierin bei ihrer bereits geäußerten Ansicht.

Hiergegen erhob der Kläger mit Schreiben vom 02.05.2005, das am gleich Tag bei dem Sozialgericht (SG) einging, Klage. Er führte aus, er habe mit Schreiben vom 18.03.2005 beantragt, ihm Arbeitslosenhilfe in der bis zum 31.12.2004 geltenden Fassung zu bewilligen und im Fall, dass der Bescheid vom 01.06.2004 so auszulegen sei, dass dadurch der Bezug von Alhi über den 31.12.2004 hinaus bestandskräftig ausgeschlossen werde, diesen Bescheid nach § 44 SGB X zurückzunehmen. Die Abschaffung der Arbeitslosenhilfe sei verfassungswidrig, da sie gegen Art. 120 Abs. 1 Satz 4 GG verstoße. Durch Art. 120 Abs. 1 Satz 4 GG sei dem Bund eine erhebliche finanzielle Bürde auferlegt worden. Es handele sich hier um eine Garantieverpflichtung der Bundesrepublik Deutschland, die durch die Abschaffung der Alhi gegenstandslos werde. Es handele sich auch nicht um eine Umgestaltung des Alhi-Anspruches, da das neue Alg II von der Arbeitslosenhilfe sich so erheblich unterscheide, dass es sich hierbei um einen gänzlich anderen Anspruch handele. Dies ergebe sich dadurch, dass jetzt lediglich ein gewisser Grundbetrag statt eines bisherigen Prozentsatzes des letzten Arbeitsendgeldes gezahlt werde, der Leistungsträger ein anderer sei und eine neue Anspruchsgrundlage in Form des SGB II geschaffen worden sei. Der Bund könne sich nicht durch einfaches Bundesgesetz von einer finanziellen Bürde befreien, die ihm durch die Verfassung auferlegt sei. Es hätte hierzu einer Änderung des Art. 120 Abs. 1 Ziff. 4 GG bedurft. Zudem komme der Alhi durch die Aufnahme in Art. 120 Abs. 1 Ziff. 4 GG der Rang einer institutionellen Garantie zu. Der Wille des historischen Verfassungsgebers könne nicht durch Verweis auf geänderte Verhältnisse für unbeachtlich erklärt werden. Es sei auch eine neuere Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (NZS 2001, 356) zu beachten.

Mit Urteil vom 07.07.2005 hat das SG die Klage abgewiesen. Es führte aus, soweit eine Verpflichtungsklage gemäß § 54 Abs. 1 Satz 1, 2. Alternative des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) erhoben sei, sei die Klage zulässig. Zwar habe die Beklagte den Antrag auf Gewährung von Alhi vom 09.03.2005 nicht ausdrücklich beschieden, so dass es an dem Vorverfahren fehle, mit dem angefochtenen Bescheid vom 18.03.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 07.04.2005 habe die Beklagte ausdrücklich nur über den Antrag des Klägers auf Überprüfung des Bescheids vom 01.06.2004 entschieden, durch den angefochtenen Bescheid habe die Beklagte jedoch deutlich gemacht, dass der Antrag vom 09.03.2005 auf Gewährung von Alhi mangels Rechtsgrundlage abzulehnen sei, so dass es bloßer Formalismus sei, die Nachholung des Vorverfahrens zu verlangen. Ein Anspruch auf Alhi über den 31.12.2004 hinaus sei nicht gegeben. Die entsprechenden Vorschriften im SGB III seien durch das 4. Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt ab 01.01.2005 aufgehoben worden. Die Aufhebung verstoße nicht gegen höherrangiges Recht, insbesondere auch nicht gegen Art. 120 Abs. 1 Satz 4 GG. Nach dieser Vorschrift trage der Bund die Zuschüsse zu den Lasten der Sozialversicherung mit Einschluss der Arbeitslosenversicherung und der Alhi. Der vom Kläger zitierte Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 14.03.2001, Az.: 1 BvR 2402/97 könne die Ansicht des Klägers nicht stützen. Bei den durch das 4. Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vorgenommenen Änderungen handele es sich nämlich nicht um eine Abschaffung der Arbeitslosenhilfe, sondern lediglich um die Zusammenführung der früheren Leistungen Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe für erwerbsfähige Bedürftige zu einer Grundsicherung für Arbeitssuchende. Hierzu verwies das SG auf die Begründung des Gesetzentwurfes in der Bundestagsdrucksache 15/1516. Es handele sich um eine Ausgestaltung der in Art. 120 Abs. 1 Satz 4 GG genannten Leistung. Da Art. 120 Abs. 1 Satz 4 GG keine Vorgaben dazu mache, wie diese Leistung auszugestalten sei, liege ein Verstoß gegen diese Vorschrift nicht vor. Es könne dahingestellt bleiben, ob ein Eingriff in den Schutz des Eigentums, das durch Art. 14 Abs. 1 GG gewährleistet werde, vorliege, da ein eventueller Eingriff in das Eigentumsrecht durch Gründe des öffentlichen Interesses unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gerechtfertigt sei. In dem bereits zitierten Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 14.03.2001 habe dieses dargelegt, dass die Sanierung der Staatsfinanzen durch Einsparungen auf der Ausgabenseite ein wichtiges Ziel des Gesetzgebers zu Gunsten des Staatsganzen darstelle. Zur Erreichung dieses Zieles stehe es dem Gesetzgeber frei, in das Leistungsgefüge des Sozialrechts ordnend einzugreifen (vgl. dazu auch Beschluss des Hessischen Landessozialgerichts vom 26.04.2005, Az.: L 6 B 141/04 AL). Das Eigentumsrecht eines Leistungsberechtigten werde dabei nicht verletzt, wenn der Eingriff durch Gründe des öffentlichen Interesses unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gerechtfertigt werde. Durch das 4. Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt wolle der Gesetzgeber die Eigeninitiative von erwerbsfähigen Hilfebedürftigen und damit die Wiedereingliederung in die Arbeitswelt intensivieren. Zudem sollten durch das Gesetz Einsparungen in den öffentlichen Haushalten einschließlich des Haushaltes der Bundesagentur für Arbeit erzielt werden. Die Zusammenführung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe zu einer Grundsicherung für Arbeitssuchende sei geeignet und erforderlich, die dargelegten gesetzgeberischen Ziele zu erreichen. Hierdurch werde der Kläger auch nicht unverhältnismäßig belastet. Er habe bis 31.12.2004 Alhi in Höhe von zuletzt 603,- EUR monatlich bezogen. Die ab 01.01.2005 bezogene Leistung nach dem SGB II belaufe sich auf insgesamt 525,- EUR monatlich. Ein Anspruch nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X, den Bescheid vom 01.06.2004 aufzuheben und Alhi auch ab 01.01.2005 zu gewähren, sei daher nicht begründet. Die Beklagte sei unstreitig von keinem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen, sie habe auch das Recht nicht unrichtig angewandt. Rechtsgrundlage für die Befristung der Alhi bis 31.12.2004 sei § 190 Abs. 3 Satz 1 SGB III in der ab 01.04.2004 bis 31.12.2004 geltenden Fassung, wonach Alhi längstens bis zum 31.12.2004 bewilligt werden dürfe. Somit sei ein Verstoß gegen höherrangiges Recht nicht erkennbar, die Voraussetzungen dafür, das Verfahren gemäß Art. 100 Abs. 1 GG auszusetzen und eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts herbeizuführen, lägen daher ebenfalls nicht vor.

Dagegen hat der Kläger mit Schreiben vom 13.09.2005, das am 14.09.2005 bei dem Landessozialgericht (LSG) einging, Berufung eingelegt. Er vertritt weiterhin die Ansicht, dass das 4. Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt einen Verstoß gegen Art. 120 Abs. 1 Satz 4 GG darstelle. Mit dieser Vorschrift habe der Bund eine Garantie dafür übernommen, dass die Leistungen der Sozialversicherung unter allen Umständen aufrecht erhalten blieben. Die Grundsicherung für Arbeitssuchende falle hinter diese Garantie entscheidend zurück. Es werde lediglich ein Grundbetrag von 345,- EUR zuzüglich Kosten für Unterkunft und Heizung bewilligt. Er werde hier im Ergebnis einem Sozialhilfeempfänger gleichgestellt, der keine Beiträge in die Arbeitslosenversicherung bezahlt habe. Sinn der Arbeitslosenhilfe sei es jedoch, den Arbeitslosen nicht der Sozialhilfe anheim fallen zu lassen. Er verliere hierdurch seine wirtschaftliche Betätigungsfreiheit. Er erhalte lediglich ein Taschengeld. Dieses müsse er für die dringlichsten Grundbedürfnisse ausgeben. Durch das 4. Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt werde die Arbeitslosenhilfe abgeschafft, nicht lediglich umgestaltet. Dies ergebe sich auch aus dem Bescheid der Beklagten vom 01.06.2004. Der Bund trage auch nicht die Zuschüsse zu den Lasten der Grundsicherung für Arbeitssuchende, da gemäß § 46 Abs. 4 SGB II die Bundesagentur für Arbeit für jeden Arbeitssuchenden, der in die Grundsicherung wechsele, dem Bund einen bestimmten Betrag zu erstatten habe. Es sei ihm bekannt, dass Art. 120 Abs. 1 Satz 4 GG nur im Verhältnis zwischen Bund und Ländern gelte. Nach Auffassung des BSG könne sich aus Art. 120 Abs. 1 Satz 4 GG unter bestimmten Umständen auch ein Anspruch der Sozialversicherungsträger gegen den Bund ergeben. Der Klageanspruch ergebe sich daher nicht unmittelbar aus Art. 120 Abs. 1 Satz 4 GG. Er ergebe sich daraus, dass ihm durch den Leistungsbescheid bis 31.12.2004 Rechte zuerkannt worden seien, aufgrund eines verfassungswidrigen Gesetzes, der Weiterbezug der Leistungen bei unverändertem Sachverhalt verwehrt werde.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 07.07.2005 und den Bescheid der Beklagten vom 18.03.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 07.04.2005 aufzuheben und die Beklagte zur Gewährung von Arbeitslosenhilfe in gesetzlicher Höhe ab 01.01.2005 zu verurteilen, hilfsweise die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 18.03.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.04.2005 zu verpflichten, den Bescheid vom 01.06.2004 insoweit abzuändern, als durch diesen Bescheid die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe über den 31.12.2004 hinaus ausgeschlossen wurde und die Beklagte zur Bewilligung von Arbeitslosenhilfe in gesetzlicher Höhe ab 01.01.2005 zu verurteilen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und verweist auf ihre Ausführungen im sozialgerichtlichen Verfahren.

Bezüglich der weiteren Einzelheiten wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie auf die Akten des Sozialgerichts und des Landessozialgerichts verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte gem. § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten hiermit ihr Einverständnis erklärt haben.

Die Berufung ist nach §§ 143, 144 SGG zulässig.

Der Kläger hat mit seinem Schreiben vom 08.03.2005 einen Antrag auf Weiterbewilligung von Alhi über den 31.12.2004 hinaus und einen Antrag auf teilweise Rücknahme des Bescheides vom 01.06.2004 gestellt, sofern dieser dahingehend auszulegen sei, dass der Bezug von Arbeitslosenhilfe über den 31.12.2004 hinaus bestandskräftig ausgeschlossen sei. In dem Widerspruchsbescheid vom 07.04.2005 ist die Beklagte ausdrücklich nur auf den Antrag gemäß § 44 SGB X eingegangen und hat über diesen entschieden. Sie hat jedoch in dem angefochtenen Bescheid vom 18.03.2005 ihren Standpunkt deutlich gemacht, dass ein Anspruch auf Alhi über den 31.12.2004 hinaus, nicht gegeben sei. Der Senat sieht daher in Übereinstimmung mit dem SG den Erlass eines Bescheides und ggf. Widerspruchbescheides in dem über den geltend gemachten Anspruch auf Alhi über den 31.12.2004 hinaus entschieden wird, nicht für notwendig an, da die Beklagte in dem angefochtenen Bescheid die Weitergewährung von Alhi über den 31.12.2004 hinaus wegen fehlender Rechtsgrundlage abgelehnt hat.

Die Berufung ist jedoch nicht begründet.

1. Der geltend gemachte Anspruch des Klägers auf Weiterzahlung von Alhi über den 31.12.2004 hinaus ist abzulehnen, da hierfür keine Rechtsgrundlage existiert. Die Abschaffung der §§ 190 bis 206 SGB III durch das 4. Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt verstößt nicht gegen das Grundgesetz. Ein Anspruch auf Zahlung von Alhi über den 31.12.2004 hinaus besteht daher nicht.

Durch das 4. Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt wurden die §§ 190 bis 206 SGB III, die Grundlage für die Gewährung von Alhi waren, aufgehoben. Statt dessen wurde im SGB II, das am 01.01.2005 in Kraft trat, ein Anspruch auf Grundsicherung für Arbeitssuchende geschaffen. Gleichzeitig wurde das Bundessozialhilfegesetz aufgehoben und mit dem SGB XII ein Anspruch auf Sozialleistung für nicht erwerbsfähige Sozialhilfebedürftige geschaffen. Der Personenkreis, der Anspruch auf Grundsicherung für Arbeitssuchende hat, ist nicht mit dem Personenkreis identisch, der Anspruch auf Alhi hatte. Erfasst werden vom SGB II Arbeitssuchende, Hilfebedürftige und Personen, die mit ihnen in einer Bedarfsgemeinschaft leben, sofern der Hilfsbedürftige erwerbsfähig ist (§ 1 Abs. 1 SGB II). Träger der Leistungen nach dem SGB II sind die Beklagte und die in § 6 Abs. 1 Ziff. 2 SGB II genannten kreisfreien Städte und Kreise, soweit das Landesrecht nicht andere Träger bestimmt. Hinsichtlich den Anforderungen an den Leistungsbezieher und der Leistungshöhe gibt es Unterschiede zu dem Anspruch auf Alhi.

Gemäß § 46 Abs. 1 SGB II trägt der Bund die Aufwendungen für die Grundsicherung der Arbeitssuchenden einschließlich der Verwaltungskosten, soweit die Leistungen von der Bundesagentur erbracht werden. Der Bund beteiligt sich zweckgebunden an den Leistungen für Unterkunft und Heizung gemäß § 46 Abs. 5 i. V. m. § 22 Abs. 1 SGB II. Die Höhe der Beteiligung beträgt im Jahr 2005 29,1% (§ 46 Abs. 6 SGB II).

Gemäß Art.120 Abs.1 Satz 4 GG trägt der Bund die Zuschüsse zu den Lasten der Sozialversicherung mit Einschluss der Arbeitslosenversicherung und der Arbeitslosenhilfe. Hierbei handelt es sich um eine allgemeine Schutzklausel zur Aufrechterhaltung der gesetzlich nicht geregelten, tatsächlich bestehenden Lastenverteilung zwischen dem Bund einerseits sowie den Ländern und Gemeinden andererseits. Nach Art. 120 Abs. 1 Satz 4 GG trägt der Bund die Zuschüsse zur Sozialversicherung und der Arbeitslosenhilfe nach Maßgabe näherer gesetzlicher Regelung (vgl. hierzu BSG NJW 1979, 1059). Art. 120 Abs. 1 Satz 5 GG stellt klar, dass Art. 120 Abs. 1 GG lediglich die finanzielle Verantwortung zwischen Bund und Ländern regelt, keinesfalls aber dem Staatsbürger hierdurch bestimmte Leistungsansprüche eingeräumt werden. Art. 120 GG ist also keine Anspruchsnorm, es können hieraus keine Ansprüche gegen die öffentliche Hand hergeleitet werden wegen Schäden, die durch den Krieg oder Kriegsfolgen verursacht werden (vgl. hierzu Schmidt - Bleibtreu/Klein, Kommentar zum Grundgesetz, Art. 120 Anm. 4 und 5). Ansprüche auf Sozialleistungen lassen sich hieraus ebenfalls nicht herleiten. Somit kann Art. 120 GG - wie auch der Kläger selbst erkannt hat - nicht als Anspruchsgrundlage für die Weiterzahlung von Alhi über den 31.12.2004 hinaus herangezogen werden. Art. 120 GG regelt lediglich die Lastenverteilung zwischen Bund und Ländern.

Dagegen wird über Art. 20 GG, der das Sozialstaatsprinzip regelt, der existenznotwendige Bedarf als die Untergrenze für den Zugriff durch die Einkommensteuer festgelegt. Individualisierte Ansprüche lassen sich auch hieraus nicht herleiten. Konkrete Rechte des Einzelnen und konkrete Pflichten des Staates lassen sich aber aus den Grundrechten i. V. m. den Sozialstaatsprinzip ableiten (vgl. Schmidt-Bleibtreu /Klein a.a.O. Art.20 Anm51 f.). Im übrigen steht die Lastenverteilung zwischen dem Bund und den Ländern betreffend die soziale Versicherung und die Alhi unter näherer gesetzlicher Regelung. Diese gesetzliche Regelung wird in § 46 SGB II getroffen. Ein Verstoß gegen Art. 120 Abs. 1 Satz 2 GG kann daher nicht gesehen werden. Es besteht daher kein Anlass für den Senat den Rechtsstreit gemäß Art. 100 GG dem Bundesverfassungsgericht in Hinblick auf die Regelung des Art. 120 Abs.1 Satz 4 GG vorzulegen.

Die im SGB II geregelte Grundsicherung für Arbeitssuchende hat ihre Wurzeln sowohl im Recht der Arbeitsförderung als auch im Recht der Sozialhilfe. Grundsätze des Sozialhilferechts lassen sich insbesondere im Bedarfsdeckungsgrundsatz erkennen, der im Gegensatz zu dem bisherigen Leistungen der Alhi besteht, die sich nach dem am Arbeitsmarkt erzielten bzw. zu erzielenden Entgelt richtete. Dagegen war auch bei der Bewilligung von Alhi die Bedürftigkeit des Antragstellers und eventuelles Nebeneinkommen zu berücksichtigen. Da sich die Höhe der Alhi nach dem zu erzielenden Entgelt richtete, war die Alhi nicht zwangsläufig höher als die Sozialhilfe. In vielen Fällen mussten Bezieher von Alhi daneben noch Sozialhilfe in Anspruch nehmen. Im Hinblick auf die Förderung der Arbeitsaufnahme im SGB II wird in § 16 Abs.1 SGB II auf Bestimmungen des SGB III verwiesen. Der Begriff der Arbeitslosenhilfe wurde erst im Jahr 1957 eingeführt. Die Gewährung von Alhi setzte nicht in jedem Fall eigene Beitragsleistung voraus. Vielmehr wurde die beitragsunabhängigen sogenannte originäre Arbeitslosenhilfe erst nach und nach abgeschafft, zuletzt durch das Dritte SGB ÄndG vom 22.12.1999 zum 01.01.2000. Darin zeigt sich, dass die Gewährung von Alhi nicht notwendigerweise eine Beitragsleistung vorausgesetzt hat. Die Nähe der Arbeitslosenhilfe zur Versicherungsleistung Arbeitslosengeld kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass es sich bei der Arbeitslosenhilfe um eine Sozialleistung handelte, die aus Steuermitteln finanziert und nur bei Bedürftigkeit des Arbeitslosen gewährt wurde ( vergl. Voelzke Kommentar zum SGB II, Einführung Anm. 63).

Der Kläger bezieht seit 01.01.2005 Arbeitslosengeld II. Diese Leistung ist in seinem Falle geringer als die bisher gewährte Alhi. Das Existenzminimum wird hierdurch in jedem Falle aber gewahrt. Insoweit können die Leistungen nach dem SGB II sogar über die Alhi hinausgehen. Eine Verletzung des Sozialstaatsprinzips kann daher nicht gesehen werden. Ein Anspruch des Klägers auf die genaue Beibehaltung der bisherigen Alhi was deren Höhe und die zuständige Behörde betrifft lässt sich weder aus Art. 20 GG noch aus den in Art. 1 bis 19 GG geregelten Grundrechten entnehmen. Schon bisher wurde die Alhi aus Steuermitteln finanziert. Somit kann sich der Kläger nicht mit Erfolg dagegen wehren, dass er nunmehr auf eine Sozialleistung verwiesen wird, die ebenfalls aus Steuermitteln finanziert wird und in ihrer Höhe nicht vom am Arbeitsmarkt erzielbaren Entgelt, sondern vom Bedarf abhängig ist.

Zudem entspricht es der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes, dass der Gesetzgeber grundsätzlich befugt ist, in das Leistungsgefüge des Sozialrechts ordnend einzugreifen. Das Eigentumsrecht des Leistungsberechtigten wird dabei nicht verletzt, wenn der Eingriff durch Gründe des öffentlichen Interesses unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gerechtfertigt ist. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob durch einen Eingriff in das Recht der Arbeitslosenhilfe der Eigentumsschutz des Art. 14 Abs. 1 GG berührt wird. Das Ziel der Sanierung der Staatsfinanzen durch Einsparungen auf der Ausgabenseite ist eine übergreifende und legitime Aufgabe des Gesetzgebers zu Gunsten des Staatsganzen (vergl Beschluss des BVerfG vom 14.03.2001 Az.: BvR 2402/97). Dass das vierte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt auch von dieser Absicht getragen wird ergibt sich u.a. aus der Bundestagsdrucksache 15/1516.

2. Soweit es sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen (§ 44 Abs. 1 SGB X).

Die Beklagte hat bei Erlass des Bescheides vom 01.06.2004 weder das Recht unrichtig angewandt noch ist sie von einem Sachverhalt ausgegangen, der sich als unrichtig erweist. Ein Anspruch des Klägers auf Aufhebung des Bescheides vom 01.06. 2004 gemäß § 44 SGB X ist daher nicht gegeben. Soweit dem Kläger bis zum 31.12.2004 Alhi gewährt wurde, handelt es sich um einen begünstigenden Verwaltungsakt, den der Kläger insoweit auch nicht angreift. Fraglich ist, ob der Bescheid vom 01.06.2004 überhaupt eine darüber hinausgehende Regelung in der Form trifft, dass Ansprüche auf Alhi ab 01.01.2005 verneint werden. Dies kann jedoch dahingestellt bleiben, da bei Erlass des Bescheides vom 01.06.2004 weder das Recht unrichtig angewandt noch von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen worden ist. Wie oben bereits dargelegt wurde, bestand nämlich nach dem 31.12.2004 keine Rechtsgrundlage für die Gewährung von Alhi und somit kein Anspruch auf Alhi mehr. Stattdessen hat der Kläger Arbeitslosengeld II bezogen.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht.
Rechtskraft
Aus
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