Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
9
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 15 AS 51/06 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 9 B 48/06 AS ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 18. Mai 2006 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Antragstellerin (Ast) Anspruch auf Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - SGB II für die Zeit ab 01.06.2006 hat.
Die im Jahre 1957 geborene Ast lebt zusammen mit ihrer Schwester C N, geb. 1955, in einer 45 qm großen Eigentumswohnung. Im gleichen Haus findet sich offenbar eine weitere 55 qm große Wohneinheit, die nach Angaben der Ast ihre Mutter, Frau T, und der volljährige Sohn der Schwester nutzen. Die Ast hat angegeben, sie sei Miteigentümerin des Hauses, in dem sich zwei Wohneinheiten befänden. Die Ast verfügt über ein Konto bei der S-bank/ W-bank P eG (Konto-Nr 000), das sie gemeinsam mit ihrer Schwester C N und ihrer Mutter nutzt. Bis zum 31.12.2005 erhielt sie von der Antragsgegnerin (Ag) an SGB II - Leistungen laufend die Regelleistungen und die Kosten der Unterkunft (Bescheid vom 29.06.2005).
Sie beantragte im November 2005 die Fortzahlung der Leistung. Zur Bearbeitung des Antrags forderte die Ag die Ast mit Schreiben vom 01.02.2006, 10.04.2006, 04.05.2006 und 19.05.2006 auf, ihre Bedürftigkeit nachzuweisen und die vollständigen Kontoauszüge für die Zeit vom 01.11.2005 bis 01.02.2006 bis spätestens zum 21.05.2006 einzureichen. Der Grundbuchauszug solle vollständig vorgelegt werden, so dass ein Nachweis über die Höhe der Wohnfläche und das dazu gehörige Grundstück bestehe. Es seien auch keine aktuellen Abgabenbescheide (Grundsteuer, Müllabfuhr, Schornsteinfeger) übersandt worden.
Mit einem am 19.04.2006 bei dem Sozialgericht eingegangenen Antrag hat die Ast die rückwirkende Zahlung der durch den Widerspruchsbescheid zuerkannten Regelleistungen begehrt. Die Ag hat die Regelleistungen für den Zeitraum vom 01.01. bis 30.05.2006 i.H.v. jeweils 345,- Euro auf das Konto der Ast überwiesen.
Nach Übersendung von zahlreichen mit Schwärzungen versehenen Kontoauszügen durch die Ast (Schreiben vom 20.05.2006) hat die Ag dieser mit den Bescheiden vom 24.05.2006 mitgeteilt, die Leistungsgewährung in Höhe der Regelleistung werde bis zur Nachholung der Mitwirkung eingestellt. Trotz Belehrung über die Rechtsfolgen habe die Ast die mit Schreiben vom 19.05.2005 angeforderten fehlenden Unterlagen nicht in dem erforderlichen Umfang vorgelegt. Durch die Schwärzungen auf der Kontoübersicht seien die Zahlungsein- und ausgänge nicht nachvollziehbar.
Den Widerspruch der Ast gegen den Bescheid vom 24.05.2006 hat die Ag mit Widerspruchsbescheid vom 31.05.2006 als unbegründet zurückgewiesen. Sie hat ausgeführt, die Ast sei ihren Mitwirkungspflichten nach § 60 Abs. 1 Ziff 3 SGB - Allgemeiner Teil - (SGB I) nicht ausreichend nachgekommen, wonach sie verpflichtet sei, Beweismittel zu bezeichnen und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers Beweisurkunden vorzulegen. In den Kontoauszügen seien die Buchungen größtenteils geschwärzt. Zwar könnten bei Soll-Buchungen über kleinere Beträge die zu den Einzelbuchungen aufgeführten Texte geschwärzt werden. Die Schwärzung von Haben-Buchungen, also Einnahmen, führe jedoch zu einer Verletzung der Mitwirkungspflicht nach § 60 Abs. 1 SGB I, da nach § 11 SGB II grundsätzlich das gesamte Einkommen bei der Hilfegewährung zu berücksichtigen sei. Seitens der Ast seien die Kontoauszüge so geschwärzt worden, dass in 90 % der Buchungen kein Betrag zu erkennen und nicht ersichtlich sei, ob es sich um Positiv- oder Negativbuchungen handele. Wenn - wie hier - konkrete Anhaltspunkte den Verdacht auf das Vorliegen eines Sozialhilfemissbrauchs begründeten (Vorlage von - durch Entfernung des Namens der Miteigentümerin - veränderten Kopien von Abgabebescheiden), könne es auch erforderlich sein, die Kontoauszüge insgesamt in ungeschwärzter Form zu fordern. In Ausübung des pflichtgemäßen Ermessens könne keine andere Entscheidung getroffen werden, da aufgrund der fehlenden Mitwirkung nicht geprüft bzw sichergestellt werden könne, dass die gesetzlichen Anspruchsvoraussetzungen für die entzogene Leistung vorgelegen hätten bzw vorlägen.
Mit Beschluss vom 18.05.2006 hat das Sozialgericht (SG) Köln den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Bezogen auf den Zeitraum ab Eingang des Antrags vom 19.04.2006 fehle es an einem Anordnungsgrund, da die Ag sowohl für den Monat April 2005 als auch für den Monat Mai 2005 die von der Ast begehrte Regelleistung ausgezahlt habe.
Die Ast führt mit ihrer Beschwerde vom 07.06.2006 aus, bei den Schwärzungen handele es sich um Überweisungen, welche Frau T zuzuordnen seien. Diese sei weder verpflichtet noch bereit, ihre Zahlungsein- und abgänge darzulegen. Sie hat sich auf eine Erklärung der Frau T vom 02.06.2006 bezogen (Bl 51, 84 GA).
Das SG hat der Beschwerde nicht abgeholfen (Nichtabhilfeentscheidung vom 06.06.2006). Da aufgrund der von der Ast in den eingereichten Kontoauszügen vorgenommenen Schwärzungen diese Unterlagen zur Klärung des Leistungsanspruchs ungeeignet seien und die Vorlage verwertbarer Kontoauszüge durch die Ast eine zumutbare und mögliche Mitwirkungshandlung sei, sei die Ablehnung des Erlasses einer einstweiligen Regelung im Wege einer Folgenabwägung gerechtfertigt.
Nach ihrem schriftlichen Vorbringen begehrt die Ast,
die Ag unter Aufhebung des Bescheides vom 24.05.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.05.2006 zu verpflichten, ihr im Wege der einstweiligen Anordnung für die Zeit ab 1.6.2006 Leistungen nach dem SGB II zu zahlen.
Die Ag beantragt,
die einstweilige Anordnung zurückzuweisen.
Sie führt aus, insbesondere im Hinblick auf die in der Vergangenheit durch die Ast veränderten Kopien von Abgabebescheiden des Jahres 2005 bestünden Zweifel an der Korrektheit der Daten und damit an der Bedürftigkeit. Sie halte an der Versagung der Leistung bis zur Vorlage der ungeschwärzten Orginalkopien der Kontoauszüge fest. Zweifel an der tatsächlichen Hilfebedürftigkeit bestünden auch deshalb, weil die Ast erst 2 ½ Monate nach der ersten Aufforderung unzureichende Unterlagen beigebracht habe.
Das Sozialgerichts Köln hat mit Beschluss vom 20.06.2006 (S 17 AS 45/06 ER) einen Antrag der Schwester der Ast auf Zahlung der Hilfe zum Lebensunterhalt und der Kosten der Unterkunft ab 01.06.2006 mit der Begründung abgelehnt, die Ast habe trotz Aufforderung auch im einstweiligen Rechtsschutzverfahren durch die Antragsgegnerin und das Gericht die vollständigen Kontoauszüge nicht vorgelegt. Ohne eine Übersendung dieser Unterlagen sei eine ordnungsgemäße Bearbeitung des Antrags nicht möglich. Die Vorlage dieser Unterlagen sei notwendig und zumutbar, auch wenn es sich um das Konto der Schwester der Ast handele. Da die Ast dieses Konto benutze, müsse sie auch dafür Sorge tragen, dass die Kontoauszüge ungeschwärzt vorgelegt würden, da auf andere Weise nicht zu klären sei, ob ihr über das Arbeitslosengeld II hinaus weitere Einnahmen zugeflossen seien oder noch zufließen würden. Die Notwendigkeit dieser Klärung ergebe sich insbesondere auch daraus, dass - neben der Ast - auch ihre Schwester und Mutter, Frau T, das Konto offenbar mitbenutzten und eine Vielzahl von Kontobewegungen in einem relativ kurzen Zeitraum ersichtlich seien. Zum anderen seien aber auch die Wohnverhältnisse der Ast und ihrer Schwester nach wie vor ungeklärt. Die von beiden vorgeblich bewohnte Wohnung von 45 qm solle im Eigentum der Schwester stehen. Diese habe jedoch in einem Abgabenbescheid den Namen des Miteigentümers geschwärzt. Da C1 N die Unterkunftskosten nicht mehr bezahlt würden, habe die Ast bei der Ag aufgrund eines dann vorgelegten Mietvertrages mit ihrer Schwester die Übernahme der Mietkosten für diese Wohnung, jedoch für die komplette Wohnungsgröße von 45 qm, beantragt. Eine Klärung der Wohn- und Eigentumsverhältnisse sei bisher nicht möglich gewesen, da auch Hausbesuchen nicht zugestimmt werde. Es sei somit unklar, ob der Ast ggf aus Wohneigentum Einnahmen zufließen könnten. Es obliege der Ast, ihre Hilfebedürftigkeit hinreichend zu belegen. Da sie die angeforderten Unterlagen bisher nicht vorgelegt habe, lägen die Voraussetzungen für einen Anordnungsgrund nicht vor.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Leistungs- und Gerichtsakte verwiesen, die vorgelegen und ihrem wesentlichen Inhalt nach Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
II.
Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Die Ast kann nicht im Wege der einstweiligen Anordnung die Weiterzahlung der SGB II - Leistungen ab 01.06.2006 verlangen.
Nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung zu Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt das Bestehen eines Anordnungsanspruchs, d.h. des materiellen Anspruchs, für den vorläufiger Rechtsschutz begehrt wird, sowie das Vorliegen eines Anordnungsgrundes, d.h. die Unzumutbarkeit voraus, bei Abwägung aller betroffenen Interessen die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten.
Der geltend gemachte Hilfeanspruch (Anordnungsanspruch) und die besonderen Gründe für die Notwendigkeit der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes (Anordnungsgrund), die Eilbedürftigkeit, sind glaubhaft zu machen (§ 86 Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO). Die Glaubhaftmachung bezieht sich auf die reduzierte Prüfungsdichte und die nur eine überwiegende Wahrscheinlichkeit erfordernde Überzeugungsgewissheit für die tatsächlichen Voraussetzungen des Anordnungsanspruchs und des Anordnungsgrundes im summarischen Verfahren (BVerfG v. 29.07.2003 - 2 BvR 311/03 - NVwZ 2004, 95, 96). Können ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären, sind die Erfolgsaussichten der Hauptsache nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen. Scheidet eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren aus, ist auf der Grundlage einer an der Gewährleistung eines effektiven Rechtsschutzes orientierten Folgenabwägung zu entscheiden (BVerfG, Beschluss vom 12.05.2005 - 1 BvR 569/05 -).
Die Ast hat ihre Mitwirkungspflichten zum Nachweis ihrer Hilfebedürftigkeit nicht erfüllt. Das Verlangen des Leistungsträgers nach einer (zeitlich begrenzten) Vorlage von Kontoauszügen folgt aus der auf die Mitwirkungsverpflichtung nach § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB - Sozialgesetzbuch - Allgemeiner Teil - SGB I. Hiernach hat derjenige, der Sozialleistungen beantragt oder erhält, auf Verlangen des Leistungsträgers Beweisurkunden vorzulegen oder ihrer Vorlage zuzustimmen. Auf dieser Grundlage ist die Ag zutreffend davon ausgegangen, dass die Ast zur vollständigen und lückenlosen Vorlage der ungeschwärzten Kontoauszüge für die letzten drei Monate zur vollständigen Ermittlung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse verpflichtet ist, da konkrete Anhaltspunkte für einen Leistungsmissbrauch vorliegen (vgl VG Sigmaringen, Urt. v. 23.11.2000 - 2 K 1886/99 - info also 2001, 165ff, 166 und VG Gelsenkirchen, Urt. v. 16.11.2004 - 3 K 2222/02 - und Beschluss vom 18.11.2004 - 3 L 2318/04 -; bei Anhaltspunkten für Leistungsmissbrauch trotz grundsätzlicher Bedenken so wohl auch Hessisches Landessozialgericht, Beschluss vom 22.08.2005 - L 7 AS 32/05 ER -). Ohne die Kontoauszüge - und ggf die Durchführung eines - von der Ast mit Schreiben vom 2.2.2006 strikt verweigerten - Hausbesuchs - wird sich die tatsächliche Einkommens- und Vermögenssituation der Ast und das Bestehen/Nichtbestehen einer Haushaltsgemeinschaft sämtlicher Familienangehöriger im Sinne des § 9 Abs. 5 SGB II nicht abschließend feststellen lassen.
Insofern verweist der Senat in Ergänzung zu den Ausführungen des Sozialgerichts und den Gründen des Beschlusses des Sozialgerichts im Verfahren der Schwester der Ast (S 17 AS 45/06 ER - SG Köln -) darauf, dass die Ast und ihre Schwester erstmals bei einem Gespräch mit der Ag im Januar 2006 darauf hingewiesen haben, dass sich die von der Ast zur Geltendmachung der Kosten für Unterkunft und Heizung vorgelegten Gebühren- und Abgabenbescheide (Grundsteuer, Müllbeseitigung, Wasser, Versicherungen) auf das gesamte Haus beziehen und damit auch den zu zahlenden Anteil der Mutter beinhalten. Dies war den mit dem ursprünglichen Antrag auf SGB II- Leistungen vom 16.12.2004 eingereichten Unterlagen nicht zu entnehmen, da die übersandten Kopien zur Zinsbelastung, zu den Abgaben an die Gemeinde sowie zu den Kosten für Abwasser jeweils nur an die Ast als Adressatin gerichtet waren, während die gleichen Abgaben und Gebühren für den folgenden Zeitraum - entsprechend den seit 1983/1985 identischen Eintragungen im Grundbuch von Marienberghausen - von der Ast und ihre Mutter, Frau T, als Eigentümerin zu je ½ -Anteil gefordert wurden. Auffällig ist insbesondere, dass der zur Grundlage der Leistungsbewilligung ab 1.1.2005 gewordene Zahlungsplan der E I-bank (Darl. Nr. 000), der Zinsverpflichtungen für die Zeit vom 26.02.2003 bis zum 31.03.2004 aufweist, in einer Kopie an die Ast und in einer später eingereichten Kopie an die Ast und ihre Mutter gerichtet war. Vor diesem Hintergrund ist die Vorlage der geforderten Kontoauszüge als eine im Sinne des § 65 SGB I erforderliche Mitwirkungshandlung der Ast zum Nachweis der Anspruchsvoraussetzung ihrer Hilfebedürftigkeit im Sinne des § 9 SGB II anzusehen.
Soweit die Ast vorträgt, sie könne diese Unterlagen wegen einer Weigerung ihrer Mutter nicht vorlegen, ist es ihr als Kontoinhaberin unbenommen, die Nutzung ihres Kontos durch diese zu unterbinden oder von ihr die Zustimmung zur Vorlage der Kontoauszüge aus gegenseitiger familiärer Rücksichtnahme einzufordern. Jedenfalls kann dieser in der Sphäre des Ast behauptete Hinderungsgrund auch im Wege der Folgenabwägung nicht dazu führen, dass der Ast Leistungen ohne ausreichenden Nachweis der Hilfebedürftigkeit gewährt werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde angefochten werden (§ 177 SGG).
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Antragstellerin (Ast) Anspruch auf Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - SGB II für die Zeit ab 01.06.2006 hat.
Die im Jahre 1957 geborene Ast lebt zusammen mit ihrer Schwester C N, geb. 1955, in einer 45 qm großen Eigentumswohnung. Im gleichen Haus findet sich offenbar eine weitere 55 qm große Wohneinheit, die nach Angaben der Ast ihre Mutter, Frau T, und der volljährige Sohn der Schwester nutzen. Die Ast hat angegeben, sie sei Miteigentümerin des Hauses, in dem sich zwei Wohneinheiten befänden. Die Ast verfügt über ein Konto bei der S-bank/ W-bank P eG (Konto-Nr 000), das sie gemeinsam mit ihrer Schwester C N und ihrer Mutter nutzt. Bis zum 31.12.2005 erhielt sie von der Antragsgegnerin (Ag) an SGB II - Leistungen laufend die Regelleistungen und die Kosten der Unterkunft (Bescheid vom 29.06.2005).
Sie beantragte im November 2005 die Fortzahlung der Leistung. Zur Bearbeitung des Antrags forderte die Ag die Ast mit Schreiben vom 01.02.2006, 10.04.2006, 04.05.2006 und 19.05.2006 auf, ihre Bedürftigkeit nachzuweisen und die vollständigen Kontoauszüge für die Zeit vom 01.11.2005 bis 01.02.2006 bis spätestens zum 21.05.2006 einzureichen. Der Grundbuchauszug solle vollständig vorgelegt werden, so dass ein Nachweis über die Höhe der Wohnfläche und das dazu gehörige Grundstück bestehe. Es seien auch keine aktuellen Abgabenbescheide (Grundsteuer, Müllabfuhr, Schornsteinfeger) übersandt worden.
Mit einem am 19.04.2006 bei dem Sozialgericht eingegangenen Antrag hat die Ast die rückwirkende Zahlung der durch den Widerspruchsbescheid zuerkannten Regelleistungen begehrt. Die Ag hat die Regelleistungen für den Zeitraum vom 01.01. bis 30.05.2006 i.H.v. jeweils 345,- Euro auf das Konto der Ast überwiesen.
Nach Übersendung von zahlreichen mit Schwärzungen versehenen Kontoauszügen durch die Ast (Schreiben vom 20.05.2006) hat die Ag dieser mit den Bescheiden vom 24.05.2006 mitgeteilt, die Leistungsgewährung in Höhe der Regelleistung werde bis zur Nachholung der Mitwirkung eingestellt. Trotz Belehrung über die Rechtsfolgen habe die Ast die mit Schreiben vom 19.05.2005 angeforderten fehlenden Unterlagen nicht in dem erforderlichen Umfang vorgelegt. Durch die Schwärzungen auf der Kontoübersicht seien die Zahlungsein- und ausgänge nicht nachvollziehbar.
Den Widerspruch der Ast gegen den Bescheid vom 24.05.2006 hat die Ag mit Widerspruchsbescheid vom 31.05.2006 als unbegründet zurückgewiesen. Sie hat ausgeführt, die Ast sei ihren Mitwirkungspflichten nach § 60 Abs. 1 Ziff 3 SGB - Allgemeiner Teil - (SGB I) nicht ausreichend nachgekommen, wonach sie verpflichtet sei, Beweismittel zu bezeichnen und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers Beweisurkunden vorzulegen. In den Kontoauszügen seien die Buchungen größtenteils geschwärzt. Zwar könnten bei Soll-Buchungen über kleinere Beträge die zu den Einzelbuchungen aufgeführten Texte geschwärzt werden. Die Schwärzung von Haben-Buchungen, also Einnahmen, führe jedoch zu einer Verletzung der Mitwirkungspflicht nach § 60 Abs. 1 SGB I, da nach § 11 SGB II grundsätzlich das gesamte Einkommen bei der Hilfegewährung zu berücksichtigen sei. Seitens der Ast seien die Kontoauszüge so geschwärzt worden, dass in 90 % der Buchungen kein Betrag zu erkennen und nicht ersichtlich sei, ob es sich um Positiv- oder Negativbuchungen handele. Wenn - wie hier - konkrete Anhaltspunkte den Verdacht auf das Vorliegen eines Sozialhilfemissbrauchs begründeten (Vorlage von - durch Entfernung des Namens der Miteigentümerin - veränderten Kopien von Abgabebescheiden), könne es auch erforderlich sein, die Kontoauszüge insgesamt in ungeschwärzter Form zu fordern. In Ausübung des pflichtgemäßen Ermessens könne keine andere Entscheidung getroffen werden, da aufgrund der fehlenden Mitwirkung nicht geprüft bzw sichergestellt werden könne, dass die gesetzlichen Anspruchsvoraussetzungen für die entzogene Leistung vorgelegen hätten bzw vorlägen.
Mit Beschluss vom 18.05.2006 hat das Sozialgericht (SG) Köln den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Bezogen auf den Zeitraum ab Eingang des Antrags vom 19.04.2006 fehle es an einem Anordnungsgrund, da die Ag sowohl für den Monat April 2005 als auch für den Monat Mai 2005 die von der Ast begehrte Regelleistung ausgezahlt habe.
Die Ast führt mit ihrer Beschwerde vom 07.06.2006 aus, bei den Schwärzungen handele es sich um Überweisungen, welche Frau T zuzuordnen seien. Diese sei weder verpflichtet noch bereit, ihre Zahlungsein- und abgänge darzulegen. Sie hat sich auf eine Erklärung der Frau T vom 02.06.2006 bezogen (Bl 51, 84 GA).
Das SG hat der Beschwerde nicht abgeholfen (Nichtabhilfeentscheidung vom 06.06.2006). Da aufgrund der von der Ast in den eingereichten Kontoauszügen vorgenommenen Schwärzungen diese Unterlagen zur Klärung des Leistungsanspruchs ungeeignet seien und die Vorlage verwertbarer Kontoauszüge durch die Ast eine zumutbare und mögliche Mitwirkungshandlung sei, sei die Ablehnung des Erlasses einer einstweiligen Regelung im Wege einer Folgenabwägung gerechtfertigt.
Nach ihrem schriftlichen Vorbringen begehrt die Ast,
die Ag unter Aufhebung des Bescheides vom 24.05.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.05.2006 zu verpflichten, ihr im Wege der einstweiligen Anordnung für die Zeit ab 1.6.2006 Leistungen nach dem SGB II zu zahlen.
Die Ag beantragt,
die einstweilige Anordnung zurückzuweisen.
Sie führt aus, insbesondere im Hinblick auf die in der Vergangenheit durch die Ast veränderten Kopien von Abgabebescheiden des Jahres 2005 bestünden Zweifel an der Korrektheit der Daten und damit an der Bedürftigkeit. Sie halte an der Versagung der Leistung bis zur Vorlage der ungeschwärzten Orginalkopien der Kontoauszüge fest. Zweifel an der tatsächlichen Hilfebedürftigkeit bestünden auch deshalb, weil die Ast erst 2 ½ Monate nach der ersten Aufforderung unzureichende Unterlagen beigebracht habe.
Das Sozialgerichts Köln hat mit Beschluss vom 20.06.2006 (S 17 AS 45/06 ER) einen Antrag der Schwester der Ast auf Zahlung der Hilfe zum Lebensunterhalt und der Kosten der Unterkunft ab 01.06.2006 mit der Begründung abgelehnt, die Ast habe trotz Aufforderung auch im einstweiligen Rechtsschutzverfahren durch die Antragsgegnerin und das Gericht die vollständigen Kontoauszüge nicht vorgelegt. Ohne eine Übersendung dieser Unterlagen sei eine ordnungsgemäße Bearbeitung des Antrags nicht möglich. Die Vorlage dieser Unterlagen sei notwendig und zumutbar, auch wenn es sich um das Konto der Schwester der Ast handele. Da die Ast dieses Konto benutze, müsse sie auch dafür Sorge tragen, dass die Kontoauszüge ungeschwärzt vorgelegt würden, da auf andere Weise nicht zu klären sei, ob ihr über das Arbeitslosengeld II hinaus weitere Einnahmen zugeflossen seien oder noch zufließen würden. Die Notwendigkeit dieser Klärung ergebe sich insbesondere auch daraus, dass - neben der Ast - auch ihre Schwester und Mutter, Frau T, das Konto offenbar mitbenutzten und eine Vielzahl von Kontobewegungen in einem relativ kurzen Zeitraum ersichtlich seien. Zum anderen seien aber auch die Wohnverhältnisse der Ast und ihrer Schwester nach wie vor ungeklärt. Die von beiden vorgeblich bewohnte Wohnung von 45 qm solle im Eigentum der Schwester stehen. Diese habe jedoch in einem Abgabenbescheid den Namen des Miteigentümers geschwärzt. Da C1 N die Unterkunftskosten nicht mehr bezahlt würden, habe die Ast bei der Ag aufgrund eines dann vorgelegten Mietvertrages mit ihrer Schwester die Übernahme der Mietkosten für diese Wohnung, jedoch für die komplette Wohnungsgröße von 45 qm, beantragt. Eine Klärung der Wohn- und Eigentumsverhältnisse sei bisher nicht möglich gewesen, da auch Hausbesuchen nicht zugestimmt werde. Es sei somit unklar, ob der Ast ggf aus Wohneigentum Einnahmen zufließen könnten. Es obliege der Ast, ihre Hilfebedürftigkeit hinreichend zu belegen. Da sie die angeforderten Unterlagen bisher nicht vorgelegt habe, lägen die Voraussetzungen für einen Anordnungsgrund nicht vor.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Leistungs- und Gerichtsakte verwiesen, die vorgelegen und ihrem wesentlichen Inhalt nach Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
II.
Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Die Ast kann nicht im Wege der einstweiligen Anordnung die Weiterzahlung der SGB II - Leistungen ab 01.06.2006 verlangen.
Nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung zu Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt das Bestehen eines Anordnungsanspruchs, d.h. des materiellen Anspruchs, für den vorläufiger Rechtsschutz begehrt wird, sowie das Vorliegen eines Anordnungsgrundes, d.h. die Unzumutbarkeit voraus, bei Abwägung aller betroffenen Interessen die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten.
Der geltend gemachte Hilfeanspruch (Anordnungsanspruch) und die besonderen Gründe für die Notwendigkeit der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes (Anordnungsgrund), die Eilbedürftigkeit, sind glaubhaft zu machen (§ 86 Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO). Die Glaubhaftmachung bezieht sich auf die reduzierte Prüfungsdichte und die nur eine überwiegende Wahrscheinlichkeit erfordernde Überzeugungsgewissheit für die tatsächlichen Voraussetzungen des Anordnungsanspruchs und des Anordnungsgrundes im summarischen Verfahren (BVerfG v. 29.07.2003 - 2 BvR 311/03 - NVwZ 2004, 95, 96). Können ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären, sind die Erfolgsaussichten der Hauptsache nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen. Scheidet eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren aus, ist auf der Grundlage einer an der Gewährleistung eines effektiven Rechtsschutzes orientierten Folgenabwägung zu entscheiden (BVerfG, Beschluss vom 12.05.2005 - 1 BvR 569/05 -).
Die Ast hat ihre Mitwirkungspflichten zum Nachweis ihrer Hilfebedürftigkeit nicht erfüllt. Das Verlangen des Leistungsträgers nach einer (zeitlich begrenzten) Vorlage von Kontoauszügen folgt aus der auf die Mitwirkungsverpflichtung nach § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB - Sozialgesetzbuch - Allgemeiner Teil - SGB I. Hiernach hat derjenige, der Sozialleistungen beantragt oder erhält, auf Verlangen des Leistungsträgers Beweisurkunden vorzulegen oder ihrer Vorlage zuzustimmen. Auf dieser Grundlage ist die Ag zutreffend davon ausgegangen, dass die Ast zur vollständigen und lückenlosen Vorlage der ungeschwärzten Kontoauszüge für die letzten drei Monate zur vollständigen Ermittlung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse verpflichtet ist, da konkrete Anhaltspunkte für einen Leistungsmissbrauch vorliegen (vgl VG Sigmaringen, Urt. v. 23.11.2000 - 2 K 1886/99 - info also 2001, 165ff, 166 und VG Gelsenkirchen, Urt. v. 16.11.2004 - 3 K 2222/02 - und Beschluss vom 18.11.2004 - 3 L 2318/04 -; bei Anhaltspunkten für Leistungsmissbrauch trotz grundsätzlicher Bedenken so wohl auch Hessisches Landessozialgericht, Beschluss vom 22.08.2005 - L 7 AS 32/05 ER -). Ohne die Kontoauszüge - und ggf die Durchführung eines - von der Ast mit Schreiben vom 2.2.2006 strikt verweigerten - Hausbesuchs - wird sich die tatsächliche Einkommens- und Vermögenssituation der Ast und das Bestehen/Nichtbestehen einer Haushaltsgemeinschaft sämtlicher Familienangehöriger im Sinne des § 9 Abs. 5 SGB II nicht abschließend feststellen lassen.
Insofern verweist der Senat in Ergänzung zu den Ausführungen des Sozialgerichts und den Gründen des Beschlusses des Sozialgerichts im Verfahren der Schwester der Ast (S 17 AS 45/06 ER - SG Köln -) darauf, dass die Ast und ihre Schwester erstmals bei einem Gespräch mit der Ag im Januar 2006 darauf hingewiesen haben, dass sich die von der Ast zur Geltendmachung der Kosten für Unterkunft und Heizung vorgelegten Gebühren- und Abgabenbescheide (Grundsteuer, Müllbeseitigung, Wasser, Versicherungen) auf das gesamte Haus beziehen und damit auch den zu zahlenden Anteil der Mutter beinhalten. Dies war den mit dem ursprünglichen Antrag auf SGB II- Leistungen vom 16.12.2004 eingereichten Unterlagen nicht zu entnehmen, da die übersandten Kopien zur Zinsbelastung, zu den Abgaben an die Gemeinde sowie zu den Kosten für Abwasser jeweils nur an die Ast als Adressatin gerichtet waren, während die gleichen Abgaben und Gebühren für den folgenden Zeitraum - entsprechend den seit 1983/1985 identischen Eintragungen im Grundbuch von Marienberghausen - von der Ast und ihre Mutter, Frau T, als Eigentümerin zu je ½ -Anteil gefordert wurden. Auffällig ist insbesondere, dass der zur Grundlage der Leistungsbewilligung ab 1.1.2005 gewordene Zahlungsplan der E I-bank (Darl. Nr. 000), der Zinsverpflichtungen für die Zeit vom 26.02.2003 bis zum 31.03.2004 aufweist, in einer Kopie an die Ast und in einer später eingereichten Kopie an die Ast und ihre Mutter gerichtet war. Vor diesem Hintergrund ist die Vorlage der geforderten Kontoauszüge als eine im Sinne des § 65 SGB I erforderliche Mitwirkungshandlung der Ast zum Nachweis der Anspruchsvoraussetzung ihrer Hilfebedürftigkeit im Sinne des § 9 SGB II anzusehen.
Soweit die Ast vorträgt, sie könne diese Unterlagen wegen einer Weigerung ihrer Mutter nicht vorlegen, ist es ihr als Kontoinhaberin unbenommen, die Nutzung ihres Kontos durch diese zu unterbinden oder von ihr die Zustimmung zur Vorlage der Kontoauszüge aus gegenseitiger familiärer Rücksichtnahme einzufordern. Jedenfalls kann dieser in der Sphäre des Ast behauptete Hinderungsgrund auch im Wege der Folgenabwägung nicht dazu führen, dass der Ast Leistungen ohne ausreichenden Nachweis der Hilfebedürftigkeit gewährt werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde angefochten werden (§ 177 SGG).
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