Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
SG Bayreuth (FSB)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
4
1. Instanz
SG Bayreuth (FSB)
Aktenzeichen
S 4 AS 612/05
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 11 AS 178/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Urteil I. Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 20.10.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7.11.2005 verurteilt, die Kosten für die Teilnahme am Schulskikurs vom 11.12.2005 bis 16.12.2005 i.H.v. 245.- Euro zu übernehmen. II. Die Beklagte hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers zu erstatten. III. Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger gegenüber der Beklagten einen Anspruch auf Übernahme von Kosten i.H.v. 245.- Euro für einen Skischulkurs hat.
Der am 1992 geborene Kläger bezieht bei der Beklagten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Er besucht die 7. Klasse der H.-E.-Schule in K ...
Am 20.10.2005 beantragte die Mutter des Klägers für diesen bei der Beklagten eine einmalige Beihilfe für einen Schulskikurs, der im Zeitraum 11.12. bis 16.12.2005 in S. von der H.-E.-Schule für die 7. Klassen durchgeführt wurde. Die Kosten des Kurses sollten sich auf ca. 225.- Euro (inkl. 5 Tage-Vollpension, Busfahrt, Skipaß, Haftpflicht- u. Reiserücktrittsversicherung) belaufen. Sie legte eine Bestätigung der Schule vor, wonach sich der Kläger für den Skikurs, an dem voraussichtlich 10 der 27 Schüler der Klasse des Klägers teilnehmen wollten, angemeldet hatte.
Mit Bescheid vom 20.10.2005 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Es wurde ausgeführt, daß eine einmalige Beihilfe nach § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 SGB II nur gewährt werden könne, wenn die Nichtteilnahme an einer Klassenfahrt im Rahmen der schulrechtlichen Bestimmungen Kinder und Jugendliche benachteilige und aus dem Klassenverband ausgrenze. Nach den Richtlinien des Landkreises K. sei das regelmäßig nicht der Fall, sobald der Klassenverband nicht in voller Stärke an einer Klassenfahrt teilnähme. Im Falle des Klägers nähmen lediglich 10 von 27 Schülern teil, so daß eine Ausgrenzung nicht gegeben sei.
Am 3.11.2005 erhob der Kläger, vertreten durch seine Mutter, Widerspruch gegen den Ablehnungsbescheid.
Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 7.11.2005 als unbegründet zurückgewiesen. Zur Begründung führte die Beklagte u.a. aus, daß das Landratsamt K. nach § 27 Nr. 3 SGB II berechtigt sei, Richtlinien für den Vollzug der §§ 22 und 23 Abs. 3 SGB II zu erlassen, die die Anspruchsvoraussetzungen und ggf. Berechnung der Unterkunfts- und Heizkosten sowie der einmaligen Beihilfen konkretisierten. Die Leistungen würden bei Vorliegen der Voraussetzungen als Geldleistungen in Form von Pauschalbeträgen erbracht. Die Weisungen des Landratsamtes seien auf Basis von umfangreichen Erhebungen im Landratsamtsbezirk K. erstellt worden und für die ARGE SGB II K. bindend. Nach § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 SGB II gehöre die Teilnahme an einer vom Schulleiter genehmigten Klassenfahrt neben der Regelleistung zum Lebensbedarf eines Schülers. Klassenfahrten erweiterten die Möglichkeiten, Bildungs- und Erziehungsziele zu verfolgen und den Gruppenzusammenhalt zu fördern. Die Nichtteilnahme an derartigen Fahrten benachteilige Kinder und Jugendliche und grenze sie aus dem Klassenverband aus. Dies zu verhindern, sei auch Aufgabe der Grundsicherung für Arbeitsuchende. Im vorliegenden Fall betrüge die Klassenstärke der vom Kläger besuchten Schulklasse 27 Schüler. Es nähmen an der Fahrt - soweit diese überhaupt durchgeführt werde - aber lediglich 10 Schüler teil. Nachdem also nicht einmal die Hälfte der Klasse teilnähme, könne es zu einer Ausgrenzung des Klägers aus dem Klassenverband nicht kommen. Das eigentliche Ziel der gemeinsamen Veranstaltung, die Förderung des Gruppenzusammenhaltes und der sozialen Fähigkeiten, werde somit nicht erreicht.
Am 8.12.2005 hat der Kläger, vertreten durch seine Mutter, gegen den ablehnenden Bescheid Klage zum Sozialgericht Bayreuth erhoben. Zur Begründung trägt er vor, die Siebtklässler der H.-E.-Schule in K. führen schon seit Jahren auf eine mehrtägige Skifreizeit. Diese fände im Rahmen der schulrechtlichen Bestimmungen statt. Seine Eltern seien ALG II-Bezieher und besäßen keinerlei Schonvermögen. Trotzdem hätten sie ihm die Teilnahme an der Skifreizeit ermöglicht und neben den bei der Beklagten beantragten Kosten i.H.v. 245.- Euro selbst das Geld für Kleidung, einen Pass und Taschengeld aufgebracht. Die Fahrtkosten habe die Großmutter darlehensweise vorgestreckt. Es sei zwar richtig, daß nicht alle Kinder an der Freizeit teilnähmen, dafür müßten aber nicht finanzielle Gründe ausschlaggebend sein. Man dürfe ihm nicht deshalb die Teilnahme an der Fahrt verwehren, weil andere nicht teilnehmen möchten.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 20.10.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7.11.2005 zu verurteilen, die Kosten für die Teilnahme am Schulskikurs vom 11.12.2005 bis 16.12.2005 i.H.v. 245.- Euro zu übernehmen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie trägt vor, die Regelung in § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 und Satz 2 SGB II diene wie die bisherige Regelung des § 21 Abs. 1a Bundessozialhilfegesetz (BSHG) dazu, der sozialen Ausgrenzung des Leistungsempfängers zu begegnen, die dann bestünde, wenn es ihm nicht möglich sei, in der Umgebung von Menschen, die keine Hilfe empfangen, ähnlich wie diese zu leben. Diese gesetzliche Zielsetzung müsse für die Entscheidung des Grundsicherungsträgers darüber, ob er die Kosten für den Skikurs des Klägers trägt, ebenso relevant sein wie die mit dem Kurs verfolgte pädagogische Zielsetzung. Ansonsten käme es zu einer Ungleichbehandlung gegenüber anderen Schülern, bei denen die Leistungskraft der Eltern nicht allzu groß sei und die gerade noch keinen Anspruch auf SGB II-Leistungen hätten. Zudem sei eine Klassenfahrt eine schulische Veranstaltung, bei der entweder die Teilnahme grundsätzlich Pflicht sei oder die Mehrheit der Schüler tatsächlich teilnähme. Nur eine solche Veranstaltung könne den Integrationszweck erfüllen. Dies sei im Falle des Klägers aber nicht gegeben, da nur ein Drittel seiner Schulklasse an dem Skikurs teilgenommen habe. Seine Teilnahme könne also nicht durch das Integrations- bzw. Diskriminierungsargument gerechtfertigt werden. Wenn es dem Kläger darauf angekommen wäre, sich so zu verhalten wie die große Mehrheit seiner Klasse, hätte er nicht als Teil einer privilegierten Minderheit am Skikurs teilnehmen dürfen. Die Schule sei i.ü. ihrem pädagogischen Auftrag nachgekommen, indem der Unterricht während des Skikurses in einer anderen Klasse gewährleistet wurde. Die Beklagte führt des Weiteren aus, daß das Verfahren im Kreise der ALG II-Bezieher mit großem Interesse verfolgt werde. Falls der Kläger obsiege, sei mit einer Reihe von Nachahmeranträgen zu rechnen. Da das Verfahren somit von grundsätzlicher Bedeutung sei, werde gem. § 144 (2) Nr. 1 SGG die Zulassung der Berufung beantragt.
Am 21.3.2006 fand im Verfahren ein Erörterungstermin statt. Der im Termin geschlossene Vergleich wurde von der Beklagten am 27.4.2006 widerrufen.
Mit Schreiben vom 30.5.2006 bzw. Schriftsatz vom 22.5.2006 haben sich die Beteiligten mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Im Verfahren hat das Gericht schriftlich Auskunft bei der H.-E.-Schule in K. eingeholt. Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den Inhalt der Sitzungsniederschrift, der Gerichtsakte sowie der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht kann gem. § 124 (2) SGG ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden, da sich die Beteiligten damit einverstanden erklärt haben.
I. Die form- und fristgerecht erhobene Klage ist zulässig. Der 13-jährige Kläger ist im Verfahren durch seine Mutter gesetzlich vertreten. Der Rechtsstreit wurde nicht durch den im Erörterungstermin am 21.3.2006 geschlossenen Vergleich beendet, da der Vergleich seitens der Beklagten fristgerecht gegenüber dem Gericht schriftlich am 27.4.2006 widerrufen wurde.
II. Die Klage ist im vollen Umfang begründet. Der Kläger hat gegenüber der Beklagten einen Anspruch auf Übernahme der Kosten i.H.v. 245.- Euro für den Schulskikurs der H.-E.-Schule in K., an dem er im Zeitraum 11.12.2005 bis 16.12.2005 teilgenommen hat. Der Anspruch beruht auf § 23 (3) S. 1 Nr. 3 u. S. 2 SGB II.
Nach § 23 (3) S. 1 Nr. 3 u. S. 2 SGB II werden Leistungen für mehrtägige Klassenfahrten im Rahmen der schulrechtlichen Bestimmungen nicht von der Regelleistung umfaßt und daher gesondert erbracht.
1. Bei dem Schulskikurs, an dem der Kläger teilgenommen hat, handelt es sich um eine mehrtägige Klassenfahrt im Rahmen der schulrechtlichen Bestimmungen i.S.d. § 23 (3) S. 1 Nr. 3 SGB II.
a. Der Begriff "Klassenfahrt" in § 23 (3) S. 1 Nr. 3 SGB II ist dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung entsprechend auszulegen. § 23 (3) S. 1 Nr. 3 SGB II dient dazu, es unterstützungsbedürftigen Kindern finanziell zu ermöglichen, an mehrtägigen Schulfahrten, die üblicherweise mit höheren Kosten verbunden sind, die durch die Regelleistung nicht mehr abgedeckt werden können, teilzunehmen. Dadurch soll sichergestellt werden, daß auch bei diesen Kindern die jeweilige pädagogische Zielsetzung von Schulfahrten - welche wichtiger Bestandteil der Erziehung durch Schulen sind (vgl. Gesetzesbegründung zur Parallelvorschrift § 31 SGB XII (BT-Drucks. 15/1514, S. 60)) - verwirklicht werden kann. Das Entstehen erzieherischer Defizite soll verhindert werden (vgl. Hofmann in LPK-BSHG § 21 Rn. 42; Falterbaum in Hauck/Noftz, SGB XII, § 31 Rn. 14); schulische Bildung und Erziehung sollen - zumindest in diesem Punkt - keine Frage des Geldbeutels sein. Der Begriff "Klassenfahrt" ist daher im Rahmen des § 23 (3) S. 1 Nr. 3 SGB II nicht im engeren Wortsinn zu verstehen (auch der Gesetzgeber spricht in der Gesetzesbegründung zur Parallelvorschrift § 31 SGB XII (a.a.O.) wiederholt von "Schulfahrten"). Er ist vielmehr weit auszulegen, eine Einschränkung erfolgt allein durch das Tatbestandsmerkmal "im Rahmen der schulrechtlichen Bestimmungen" (vgl. Adolph in Linhart/Adolph, Sozialgesetzbuch II, § 23 Rn. 40). Der Begriff "Klassenfahrt" umfaßt somit u.a. auch von der Schule durchgeführte Studienfahrten, Kurs- und Jahrgangsfahrten sowie Schulskikurse wie denjenigen, an dem der Kläger teilgenommen hat.
Der in den 7. Klassen der H.-E.-Schule, K., vom 11.12.2005 bis 16.12.2005 durchgeführte Schulskikurs hielt sich auch im Rahmen der schulrechtlichen Bestimmungen. Er entsprach den Bestimmungen der Bekanntmachung des bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus vom 21. November 2002 Nr. V/6 - K 7411 - 3/126 112 o.V., den gesetzlichen Vorgaben des § 22 Schulordnung für die Volksschulen in Bayern (Volksschulordnung - VSO) sowie den amtlichen Lehrplänen. Das Gericht bezieht sich in diesem Zusammenhang auch auf das Auskunftsschreiben des Rektors der H.-E.-Schule vom 31.1.2006.
Die vom Kläger eingeforderte Leistung i.H.v. 245.- Euro setzt sich zusammen aus 210.- Euro für die Teilnahme an der Schulfahrt, 15.- Euro Snowboard-Kursgebühr und 20.- Euro Leihgebühr für die Snowboardausrüstung. Diese Kosten stellen allesamt einen Sonderbedarf dar, der durch den mehrtägigen Schulskikurs veranlaßt war (siehe dazu Rothkegel in Gagel, SGB II, § 23 Rn. 72). Sie fallen auch nicht aus dem für eine 6-tägige-Schulskifahrt üblichen Kostenrahmen.
b. Die Einwendungen, die die Beklagte gegen eine Übernahme der Kosten i.H.v. 245.- Euro vorbringt, greifen nicht. Soweit die Beklagte als vordergründigen Gesetzeszweck des § 23 (3) S. 1 Nr. 3 SGB II benennt, bedürftigen Kindern ein angepaßtes, unauffälliges Verhalten im Kreise der Klassenkameraden zu ermöglichen und dadurch einer Diskriminierung bzw. Isolierung im Klassenverband zu entgehen, verkennt sie nicht nur den eigentlichen Gesetzeszweck (s.o.). Sie übersieht auch, daß es für ein bedürftiges Kind bereits eine gewisse Diskriminierung bzw. Isolierung im Klassenverband bedeutet, wenn es nicht aus freiem Willen eine Teilnahme an einer Schulfahrt absagen kann, sondern aus finanziellen Gründen absagen muß. Auch das in diesem Zusammenhang vorgebrachte Argument der Beklagten, aufgrund der geringen Teilnehmeranzahl aus der Klasse des Klägers habe der Zweck der Schulfahrt - Integration des Klägers in die Klassengemeinschaft - nicht mehr erreicht werden können, geht fehl. Ein Schulskikurs wird üblicherweise nicht im Klassenverband durchgeführt, sondern in nach Leistungsstärke zusammengestellten Kursen aus Schülern verschiedener Klassen. Die Integration des einzelnen Schülers in die Klassengemeinschaft kann daher bei einem Schulskikurs wenn überhaupt nur ein nicht entscheidender Teilaspekt der verfolgten pädagogischen Zielsetzung sein. Mit einem Schulskikurs soll den teilnehmenden Schüler vielmehr vor allem die Erlernung einer für das Land Bayern typischen Sportart, die Förderung der allgemeinen Kondition, die Kenntniserlangung von Regeln, die Stärkung personaler und sozialer Kompetenzen wie selbstverantwortliches Handeln, Teamfähigkeit und soziales Verantwortungsbewußtsein sowie das konkrete Kennenlernen von Prinzipien des Umweltschutzes ermöglicht werden. Das Gericht weist in diesem Zusammenhang auf die Bekanntmachung des bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus vom 21. November 2002 Nr. V/6 - K 7411 - 3/126 112 o.V. und das Auskunftsschreiben des Rektors der H.-E.-Schule vom 31.1.2006 hin. Die genannte pädagogische Zielsetzung konnte nach Auskunft des Rektors durch den durchgeführten Schulskikurs erreicht werden, da die vorgegebene Mindestteilnehmerzahl von insgesamt 35 Schülern aus den 7. Klassen überschritten wurde. Der Beklagten kommt nicht das Recht zu, die Entscheidung des Rektors der H.-E.-Schule, den Schulskikurs durchzuführen, auf ihre pädagogische Richtigkeit bzw. Sinnhaftigkeit zu überprüfen. Die Entscheidungskompetenz liegt in diesem Bereich ausschließlich bei den Schulen (vgl. u.a. Wieland in Estelmann, SGB II, § 23 Rn. 37 m.w.N.; Hofmann a.a.O.). Entgegen der Ansicht der Beklagten konnte die spezielle pädagogische Zielsetzung des Schulskikurses auch nicht durch Unterricht in den heimischen Klassenzimmern erreicht werden. Dies ergibt sich bereits daraus, daß die nicht am Skikurs teilnehmenden Schüler der 7. Klassen nach Auskunft des Rektors klassenübergreifend zusammengefaßt und betreut wurden, aufgrund des unterschiedlichen Leistungsvermögens der Schüler aber noch nicht einmal normaler Unterricht möglich war. Schließlich ist die weitere Behauptung der Beklagten, auch andere Kinder könnten an Schulfahrten nicht teilnehmen, weil ihre Eltern nicht finanzkräftig genug seien, pauschal und nicht stichhaltig. Zum einen gibt es im konkreten Fall keinerlei Anhaltspunkte dafür, daß die Mitschüler des Klägers, die an dem Schulskikurs nicht teilgenommen haben, dies aus mangelnder Finanzkraft der Eltern nicht konnten. Als Gründe für die Nichtteilnahme kämen ebenso u.a. fehlendes sportliches Interesse, anderweitige Verpflichtungen oder Verabredungen im Kurszeitraum, Investition der Kursgebühr in einen Familienurlaub oder die Erfüllung anderweitiger finanzieller Wünsche der Mitschüler in Betracht. Zum anderen übersieht die Beklagte, daß gem. § 23 (3) S. 3 SGB II Leistungen nach § 23 (3) S. 1 Nr. 3 SGB II auch an Hilfebedürftige erbracht werden, die keine Leistungen nach dem SGB II erhalten, die den Bedarf für eine mehrtägige Klassenfahrt aber nicht aus eigenen Kräften und Mitteln decken können.
2. Die Beklagte bzw. der Landkreis K. hat - anders als im Widerspruchsbescheid vom 7.11.2005 ausgeführt - keine rechtliche Kompetenz, verbindliche Richtlinien für den Vollzug des § 23 (3) S. 1 Nr. 3 SGB II zu erlassen. Insbesondere § 27 SGB II bildet nach seinem eindeutigem Wortlaut dafür keine gesetzliche Grundlage. Auch eine Pauschalierung der für Klassenfahrten zu erbringenden Leistungen ist nicht zulässig (vgl. u.a. Hessisches Landessozialgericht, Beschl. v. 20.9.2005 - L 9 AS 38/05 ER; Rothkegel a.a.O. Rn. 73; Wieland a.a.O. Rn. 35). Dies ergibt sich bereits im Umkehrschluß aus § 23 (3) S. 5 SGB II. Mit dieser Vorschrift hat der Gesetzgeber die Möglichkeit einer Pauschalierung nur für Leistungen nach § 23 (3) S. 1 Nr. 1 u. 2 SGB II eröffnet. Die Kosten des Klägers für die Teilnahme am Schulskikurs sind daher in voller Höhe von 245.- Euro zu übernehmen.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
IV. Die Berufung war gem. § 144 (2) Nr. 1 SGG zuzulassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger gegenüber der Beklagten einen Anspruch auf Übernahme von Kosten i.H.v. 245.- Euro für einen Skischulkurs hat.
Der am 1992 geborene Kläger bezieht bei der Beklagten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Er besucht die 7. Klasse der H.-E.-Schule in K ...
Am 20.10.2005 beantragte die Mutter des Klägers für diesen bei der Beklagten eine einmalige Beihilfe für einen Schulskikurs, der im Zeitraum 11.12. bis 16.12.2005 in S. von der H.-E.-Schule für die 7. Klassen durchgeführt wurde. Die Kosten des Kurses sollten sich auf ca. 225.- Euro (inkl. 5 Tage-Vollpension, Busfahrt, Skipaß, Haftpflicht- u. Reiserücktrittsversicherung) belaufen. Sie legte eine Bestätigung der Schule vor, wonach sich der Kläger für den Skikurs, an dem voraussichtlich 10 der 27 Schüler der Klasse des Klägers teilnehmen wollten, angemeldet hatte.
Mit Bescheid vom 20.10.2005 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Es wurde ausgeführt, daß eine einmalige Beihilfe nach § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 SGB II nur gewährt werden könne, wenn die Nichtteilnahme an einer Klassenfahrt im Rahmen der schulrechtlichen Bestimmungen Kinder und Jugendliche benachteilige und aus dem Klassenverband ausgrenze. Nach den Richtlinien des Landkreises K. sei das regelmäßig nicht der Fall, sobald der Klassenverband nicht in voller Stärke an einer Klassenfahrt teilnähme. Im Falle des Klägers nähmen lediglich 10 von 27 Schülern teil, so daß eine Ausgrenzung nicht gegeben sei.
Am 3.11.2005 erhob der Kläger, vertreten durch seine Mutter, Widerspruch gegen den Ablehnungsbescheid.
Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 7.11.2005 als unbegründet zurückgewiesen. Zur Begründung führte die Beklagte u.a. aus, daß das Landratsamt K. nach § 27 Nr. 3 SGB II berechtigt sei, Richtlinien für den Vollzug der §§ 22 und 23 Abs. 3 SGB II zu erlassen, die die Anspruchsvoraussetzungen und ggf. Berechnung der Unterkunfts- und Heizkosten sowie der einmaligen Beihilfen konkretisierten. Die Leistungen würden bei Vorliegen der Voraussetzungen als Geldleistungen in Form von Pauschalbeträgen erbracht. Die Weisungen des Landratsamtes seien auf Basis von umfangreichen Erhebungen im Landratsamtsbezirk K. erstellt worden und für die ARGE SGB II K. bindend. Nach § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 SGB II gehöre die Teilnahme an einer vom Schulleiter genehmigten Klassenfahrt neben der Regelleistung zum Lebensbedarf eines Schülers. Klassenfahrten erweiterten die Möglichkeiten, Bildungs- und Erziehungsziele zu verfolgen und den Gruppenzusammenhalt zu fördern. Die Nichtteilnahme an derartigen Fahrten benachteilige Kinder und Jugendliche und grenze sie aus dem Klassenverband aus. Dies zu verhindern, sei auch Aufgabe der Grundsicherung für Arbeitsuchende. Im vorliegenden Fall betrüge die Klassenstärke der vom Kläger besuchten Schulklasse 27 Schüler. Es nähmen an der Fahrt - soweit diese überhaupt durchgeführt werde - aber lediglich 10 Schüler teil. Nachdem also nicht einmal die Hälfte der Klasse teilnähme, könne es zu einer Ausgrenzung des Klägers aus dem Klassenverband nicht kommen. Das eigentliche Ziel der gemeinsamen Veranstaltung, die Förderung des Gruppenzusammenhaltes und der sozialen Fähigkeiten, werde somit nicht erreicht.
Am 8.12.2005 hat der Kläger, vertreten durch seine Mutter, gegen den ablehnenden Bescheid Klage zum Sozialgericht Bayreuth erhoben. Zur Begründung trägt er vor, die Siebtklässler der H.-E.-Schule in K. führen schon seit Jahren auf eine mehrtägige Skifreizeit. Diese fände im Rahmen der schulrechtlichen Bestimmungen statt. Seine Eltern seien ALG II-Bezieher und besäßen keinerlei Schonvermögen. Trotzdem hätten sie ihm die Teilnahme an der Skifreizeit ermöglicht und neben den bei der Beklagten beantragten Kosten i.H.v. 245.- Euro selbst das Geld für Kleidung, einen Pass und Taschengeld aufgebracht. Die Fahrtkosten habe die Großmutter darlehensweise vorgestreckt. Es sei zwar richtig, daß nicht alle Kinder an der Freizeit teilnähmen, dafür müßten aber nicht finanzielle Gründe ausschlaggebend sein. Man dürfe ihm nicht deshalb die Teilnahme an der Fahrt verwehren, weil andere nicht teilnehmen möchten.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 20.10.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7.11.2005 zu verurteilen, die Kosten für die Teilnahme am Schulskikurs vom 11.12.2005 bis 16.12.2005 i.H.v. 245.- Euro zu übernehmen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie trägt vor, die Regelung in § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 und Satz 2 SGB II diene wie die bisherige Regelung des § 21 Abs. 1a Bundessozialhilfegesetz (BSHG) dazu, der sozialen Ausgrenzung des Leistungsempfängers zu begegnen, die dann bestünde, wenn es ihm nicht möglich sei, in der Umgebung von Menschen, die keine Hilfe empfangen, ähnlich wie diese zu leben. Diese gesetzliche Zielsetzung müsse für die Entscheidung des Grundsicherungsträgers darüber, ob er die Kosten für den Skikurs des Klägers trägt, ebenso relevant sein wie die mit dem Kurs verfolgte pädagogische Zielsetzung. Ansonsten käme es zu einer Ungleichbehandlung gegenüber anderen Schülern, bei denen die Leistungskraft der Eltern nicht allzu groß sei und die gerade noch keinen Anspruch auf SGB II-Leistungen hätten. Zudem sei eine Klassenfahrt eine schulische Veranstaltung, bei der entweder die Teilnahme grundsätzlich Pflicht sei oder die Mehrheit der Schüler tatsächlich teilnähme. Nur eine solche Veranstaltung könne den Integrationszweck erfüllen. Dies sei im Falle des Klägers aber nicht gegeben, da nur ein Drittel seiner Schulklasse an dem Skikurs teilgenommen habe. Seine Teilnahme könne also nicht durch das Integrations- bzw. Diskriminierungsargument gerechtfertigt werden. Wenn es dem Kläger darauf angekommen wäre, sich so zu verhalten wie die große Mehrheit seiner Klasse, hätte er nicht als Teil einer privilegierten Minderheit am Skikurs teilnehmen dürfen. Die Schule sei i.ü. ihrem pädagogischen Auftrag nachgekommen, indem der Unterricht während des Skikurses in einer anderen Klasse gewährleistet wurde. Die Beklagte führt des Weiteren aus, daß das Verfahren im Kreise der ALG II-Bezieher mit großem Interesse verfolgt werde. Falls der Kläger obsiege, sei mit einer Reihe von Nachahmeranträgen zu rechnen. Da das Verfahren somit von grundsätzlicher Bedeutung sei, werde gem. § 144 (2) Nr. 1 SGG die Zulassung der Berufung beantragt.
Am 21.3.2006 fand im Verfahren ein Erörterungstermin statt. Der im Termin geschlossene Vergleich wurde von der Beklagten am 27.4.2006 widerrufen.
Mit Schreiben vom 30.5.2006 bzw. Schriftsatz vom 22.5.2006 haben sich die Beteiligten mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Im Verfahren hat das Gericht schriftlich Auskunft bei der H.-E.-Schule in K. eingeholt. Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den Inhalt der Sitzungsniederschrift, der Gerichtsakte sowie der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht kann gem. § 124 (2) SGG ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden, da sich die Beteiligten damit einverstanden erklärt haben.
I. Die form- und fristgerecht erhobene Klage ist zulässig. Der 13-jährige Kläger ist im Verfahren durch seine Mutter gesetzlich vertreten. Der Rechtsstreit wurde nicht durch den im Erörterungstermin am 21.3.2006 geschlossenen Vergleich beendet, da der Vergleich seitens der Beklagten fristgerecht gegenüber dem Gericht schriftlich am 27.4.2006 widerrufen wurde.
II. Die Klage ist im vollen Umfang begründet. Der Kläger hat gegenüber der Beklagten einen Anspruch auf Übernahme der Kosten i.H.v. 245.- Euro für den Schulskikurs der H.-E.-Schule in K., an dem er im Zeitraum 11.12.2005 bis 16.12.2005 teilgenommen hat. Der Anspruch beruht auf § 23 (3) S. 1 Nr. 3 u. S. 2 SGB II.
Nach § 23 (3) S. 1 Nr. 3 u. S. 2 SGB II werden Leistungen für mehrtägige Klassenfahrten im Rahmen der schulrechtlichen Bestimmungen nicht von der Regelleistung umfaßt und daher gesondert erbracht.
1. Bei dem Schulskikurs, an dem der Kläger teilgenommen hat, handelt es sich um eine mehrtägige Klassenfahrt im Rahmen der schulrechtlichen Bestimmungen i.S.d. § 23 (3) S. 1 Nr. 3 SGB II.
a. Der Begriff "Klassenfahrt" in § 23 (3) S. 1 Nr. 3 SGB II ist dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung entsprechend auszulegen. § 23 (3) S. 1 Nr. 3 SGB II dient dazu, es unterstützungsbedürftigen Kindern finanziell zu ermöglichen, an mehrtägigen Schulfahrten, die üblicherweise mit höheren Kosten verbunden sind, die durch die Regelleistung nicht mehr abgedeckt werden können, teilzunehmen. Dadurch soll sichergestellt werden, daß auch bei diesen Kindern die jeweilige pädagogische Zielsetzung von Schulfahrten - welche wichtiger Bestandteil der Erziehung durch Schulen sind (vgl. Gesetzesbegründung zur Parallelvorschrift § 31 SGB XII (BT-Drucks. 15/1514, S. 60)) - verwirklicht werden kann. Das Entstehen erzieherischer Defizite soll verhindert werden (vgl. Hofmann in LPK-BSHG § 21 Rn. 42; Falterbaum in Hauck/Noftz, SGB XII, § 31 Rn. 14); schulische Bildung und Erziehung sollen - zumindest in diesem Punkt - keine Frage des Geldbeutels sein. Der Begriff "Klassenfahrt" ist daher im Rahmen des § 23 (3) S. 1 Nr. 3 SGB II nicht im engeren Wortsinn zu verstehen (auch der Gesetzgeber spricht in der Gesetzesbegründung zur Parallelvorschrift § 31 SGB XII (a.a.O.) wiederholt von "Schulfahrten"). Er ist vielmehr weit auszulegen, eine Einschränkung erfolgt allein durch das Tatbestandsmerkmal "im Rahmen der schulrechtlichen Bestimmungen" (vgl. Adolph in Linhart/Adolph, Sozialgesetzbuch II, § 23 Rn. 40). Der Begriff "Klassenfahrt" umfaßt somit u.a. auch von der Schule durchgeführte Studienfahrten, Kurs- und Jahrgangsfahrten sowie Schulskikurse wie denjenigen, an dem der Kläger teilgenommen hat.
Der in den 7. Klassen der H.-E.-Schule, K., vom 11.12.2005 bis 16.12.2005 durchgeführte Schulskikurs hielt sich auch im Rahmen der schulrechtlichen Bestimmungen. Er entsprach den Bestimmungen der Bekanntmachung des bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus vom 21. November 2002 Nr. V/6 - K 7411 - 3/126 112 o.V., den gesetzlichen Vorgaben des § 22 Schulordnung für die Volksschulen in Bayern (Volksschulordnung - VSO) sowie den amtlichen Lehrplänen. Das Gericht bezieht sich in diesem Zusammenhang auch auf das Auskunftsschreiben des Rektors der H.-E.-Schule vom 31.1.2006.
Die vom Kläger eingeforderte Leistung i.H.v. 245.- Euro setzt sich zusammen aus 210.- Euro für die Teilnahme an der Schulfahrt, 15.- Euro Snowboard-Kursgebühr und 20.- Euro Leihgebühr für die Snowboardausrüstung. Diese Kosten stellen allesamt einen Sonderbedarf dar, der durch den mehrtägigen Schulskikurs veranlaßt war (siehe dazu Rothkegel in Gagel, SGB II, § 23 Rn. 72). Sie fallen auch nicht aus dem für eine 6-tägige-Schulskifahrt üblichen Kostenrahmen.
b. Die Einwendungen, die die Beklagte gegen eine Übernahme der Kosten i.H.v. 245.- Euro vorbringt, greifen nicht. Soweit die Beklagte als vordergründigen Gesetzeszweck des § 23 (3) S. 1 Nr. 3 SGB II benennt, bedürftigen Kindern ein angepaßtes, unauffälliges Verhalten im Kreise der Klassenkameraden zu ermöglichen und dadurch einer Diskriminierung bzw. Isolierung im Klassenverband zu entgehen, verkennt sie nicht nur den eigentlichen Gesetzeszweck (s.o.). Sie übersieht auch, daß es für ein bedürftiges Kind bereits eine gewisse Diskriminierung bzw. Isolierung im Klassenverband bedeutet, wenn es nicht aus freiem Willen eine Teilnahme an einer Schulfahrt absagen kann, sondern aus finanziellen Gründen absagen muß. Auch das in diesem Zusammenhang vorgebrachte Argument der Beklagten, aufgrund der geringen Teilnehmeranzahl aus der Klasse des Klägers habe der Zweck der Schulfahrt - Integration des Klägers in die Klassengemeinschaft - nicht mehr erreicht werden können, geht fehl. Ein Schulskikurs wird üblicherweise nicht im Klassenverband durchgeführt, sondern in nach Leistungsstärke zusammengestellten Kursen aus Schülern verschiedener Klassen. Die Integration des einzelnen Schülers in die Klassengemeinschaft kann daher bei einem Schulskikurs wenn überhaupt nur ein nicht entscheidender Teilaspekt der verfolgten pädagogischen Zielsetzung sein. Mit einem Schulskikurs soll den teilnehmenden Schüler vielmehr vor allem die Erlernung einer für das Land Bayern typischen Sportart, die Förderung der allgemeinen Kondition, die Kenntniserlangung von Regeln, die Stärkung personaler und sozialer Kompetenzen wie selbstverantwortliches Handeln, Teamfähigkeit und soziales Verantwortungsbewußtsein sowie das konkrete Kennenlernen von Prinzipien des Umweltschutzes ermöglicht werden. Das Gericht weist in diesem Zusammenhang auf die Bekanntmachung des bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus vom 21. November 2002 Nr. V/6 - K 7411 - 3/126 112 o.V. und das Auskunftsschreiben des Rektors der H.-E.-Schule vom 31.1.2006 hin. Die genannte pädagogische Zielsetzung konnte nach Auskunft des Rektors durch den durchgeführten Schulskikurs erreicht werden, da die vorgegebene Mindestteilnehmerzahl von insgesamt 35 Schülern aus den 7. Klassen überschritten wurde. Der Beklagten kommt nicht das Recht zu, die Entscheidung des Rektors der H.-E.-Schule, den Schulskikurs durchzuführen, auf ihre pädagogische Richtigkeit bzw. Sinnhaftigkeit zu überprüfen. Die Entscheidungskompetenz liegt in diesem Bereich ausschließlich bei den Schulen (vgl. u.a. Wieland in Estelmann, SGB II, § 23 Rn. 37 m.w.N.; Hofmann a.a.O.). Entgegen der Ansicht der Beklagten konnte die spezielle pädagogische Zielsetzung des Schulskikurses auch nicht durch Unterricht in den heimischen Klassenzimmern erreicht werden. Dies ergibt sich bereits daraus, daß die nicht am Skikurs teilnehmenden Schüler der 7. Klassen nach Auskunft des Rektors klassenübergreifend zusammengefaßt und betreut wurden, aufgrund des unterschiedlichen Leistungsvermögens der Schüler aber noch nicht einmal normaler Unterricht möglich war. Schließlich ist die weitere Behauptung der Beklagten, auch andere Kinder könnten an Schulfahrten nicht teilnehmen, weil ihre Eltern nicht finanzkräftig genug seien, pauschal und nicht stichhaltig. Zum einen gibt es im konkreten Fall keinerlei Anhaltspunkte dafür, daß die Mitschüler des Klägers, die an dem Schulskikurs nicht teilgenommen haben, dies aus mangelnder Finanzkraft der Eltern nicht konnten. Als Gründe für die Nichtteilnahme kämen ebenso u.a. fehlendes sportliches Interesse, anderweitige Verpflichtungen oder Verabredungen im Kurszeitraum, Investition der Kursgebühr in einen Familienurlaub oder die Erfüllung anderweitiger finanzieller Wünsche der Mitschüler in Betracht. Zum anderen übersieht die Beklagte, daß gem. § 23 (3) S. 3 SGB II Leistungen nach § 23 (3) S. 1 Nr. 3 SGB II auch an Hilfebedürftige erbracht werden, die keine Leistungen nach dem SGB II erhalten, die den Bedarf für eine mehrtägige Klassenfahrt aber nicht aus eigenen Kräften und Mitteln decken können.
2. Die Beklagte bzw. der Landkreis K. hat - anders als im Widerspruchsbescheid vom 7.11.2005 ausgeführt - keine rechtliche Kompetenz, verbindliche Richtlinien für den Vollzug des § 23 (3) S. 1 Nr. 3 SGB II zu erlassen. Insbesondere § 27 SGB II bildet nach seinem eindeutigem Wortlaut dafür keine gesetzliche Grundlage. Auch eine Pauschalierung der für Klassenfahrten zu erbringenden Leistungen ist nicht zulässig (vgl. u.a. Hessisches Landessozialgericht, Beschl. v. 20.9.2005 - L 9 AS 38/05 ER; Rothkegel a.a.O. Rn. 73; Wieland a.a.O. Rn. 35). Dies ergibt sich bereits im Umkehrschluß aus § 23 (3) S. 5 SGB II. Mit dieser Vorschrift hat der Gesetzgeber die Möglichkeit einer Pauschalierung nur für Leistungen nach § 23 (3) S. 1 Nr. 1 u. 2 SGB II eröffnet. Die Kosten des Klägers für die Teilnahme am Schulskikurs sind daher in voller Höhe von 245.- Euro zu übernehmen.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
IV. Die Berufung war gem. § 144 (2) Nr. 1 SGG zuzulassen.
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