L 2 U 7/04

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 69 U 510/01
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 2 U 7/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 10. Oktober 2003 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Gewährung von Verletztenteilrente unter Anerkennung einer Hauterkrankung als Berufskrankheit nach Nr. 5101 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung (BKV).

Die 1978 geborene Klägerin absolvierte seit Februar 1996 eine Ausbildung zur Zahnarzthelferin. Im April 1998 ging bei der Beklagten ein Hautarztbericht von Dr. Z vom 22. Dezember 1997 ein, die den Verdacht eines berufsbedingten Ekzems beider Hände äußerte und eine sporadische Behandlung seit März 1996 sowie eine Arbeitsunfähigkeit vom 9. bis zum 22. Dezember 1997 mitteilte. Als Befund gab sie an "beide Hände gerötet, vor allem seitliche Fingerpartien, Handrücken; Fingerkuppen- Bläschen, Rhagaden, Schuppen, beide Handgelenke - Haut lichenifiziert, große Exkoriationen" (Hautabschürfungen). Dem Bericht waren Kopien von Epicutan-Testreihen vom 17. März 1997 beigefügt, aus denen sich eine schwache Reaktion auf Thiuram-Mix und Kobalt-Chlorid ergab.

Der von der Beklagten mit einer Untersuchung der Klägerin beauftragte Hautarzt und Allergologe Dr. E teilte unter dem 19. Mai 1998 mit, nach Einsatz allergenfreier Schutzhandschuhe aus Vinyl sei es nach Angaben der Klägerin zur fast vollständigen Rückbildung des vormaligen Handekzems gekommen. Hinweise für eine besondere Empfindlichkeit gegenüber Arbeitsstoffen (Desinfektionsmitteln usw.) im Bereich der Zahnarztpraxis lägen nicht vor. Die Beklagte holte einen Befundbericht von Dr. Z ein, die unter Angabe der Behandlungsdaten eine aus ihrer Sicht ständige Behandlung mitteilte. Am 22. Juni 1998 habe eine dezente Schuppung der Fingerkuppen und Fingerkanten vorgelegen. Konkrete präventive Maßnahmen am Arbeitsplatz seien nicht bekannt. Das Arbeitsamt leitete einen am 11. März 1999 gestellten Antrag auf berufliche Rehabilitation an die Beklagte weiter, mit dem die Klägerin geltend machte, die allergische Reaktion u. a. auf Quecksilber habe sich immer mehr verschlimmert. Die Allergie trete an den Fingern, Händen, Handgelenken, Unter- und Oberarmen, Ellenbeugen, Hinterkopf, Gesicht, Rücken, Oberschenkel, Unterschenkel und Kniebeugen auf. Der Umgang mit Patienten sei schwierig, da die Allergie unübersehbar sei. In einem Befundbericht vom 29. Juni 1999 teilte Dr. Z eine letztmalige Behandlung am 23.März 1999 mit. Zu diesem Zeitpunkt sei die Haut an beiden Handgelenken stark lichenifiziert und gerötet gewesen. Davor sei es seit Mitte Februar zu einer stärkeren Exazerbation mit Rötung, Bläschen und Schuppung im Bereich aller Beugen und auf dem Handrücken gekommen. Den Antrag auf Leistungen zur beruflichen Rehabilitation nahm die Klägerin am 3. August 1999 zurück, verfolgte aber das Feststellungsverfahren weiter.

Der von der Beklagten mit einem Zusammenhangsgutachten beauftragte Dr. E kam in seinem Gutachten vom 18. Oktober 1999 zu dem Ergebnis, im Epikutantest vom 27. September 1999 hätten sich keine Sensibilisierungen u. a. gegen Gummiinhaltsstoffe nachweisen lassen, wohl aber eine Latexsensibilisierung im Pricktest. Das erstmalig zu Beginn der Ausbildung im März 1996 aufgetretene atopische Handekzem sei mit Wahrscheinlichkeit mitursächlich auf berufliche Einwirkungen zurückzuführen. Durch den Einsatz von Vinylhandschuhen hätten die Haut-veränderungen auf ein sehr geringes Niveau zurückgeführt werden können. Ein erneutes Aufbrechen der Hautveränderungen mit ausgeprägten Streuphänomenen sei Ende Februar 1999 zu verzeichnen und durch den anfänglichen Einsatz latexhaltiger Schutzhandschuhe beim neuen Arbeitgeber zurückzuführen gewesen. Die Sensibilisierung auf Latex, verbunden mit einer vorübergehenden Verschlimmerung des atopischen Ekzems, sei zwar eindeutig berufsbezogen ausgelöst gewesen, Erkrankungsfolgen hätten aber durch den Wechsel auf Vinylhandschuhe vermieden werden können. Das atopische Handekzem mit Akzentuierung an den Handgelenken und sporadischer Behandlungsbedürftigkeit sei auf einen unzureichenden Hautschutz durch zu kurze Handschuhe bei der Reinigung der Behandlungsräume zurückzuführen. Im Wesentlichen sei von einer Vermeidbarkeit der beruflich auslösenden Faktoren der Hauterkrankung auszugehen. Hierfür spreche auch der Verlauf der Hauterkrankung im Zeitraum März 1999 bis August 1999. Als Folge der beruflich verursachten Erkrankung sei ausschließlich die geringgradige latente Sensibilisierung auf Latex anzusehen. Ein dokumentierter behandlungsbedürftiger Hautbefund zum Zeitpunkt der Einstellung der Tätigkeit habe nicht vorgelegen. Unabhängig von der beruflich verursachten Hauterkrankung liege eine atopische Hautdiathese vor.

Nachdem Dr. R in einer gewerbeärztlichen Stellungnahme empfohlen hatte, die Berufskrankheit nach Nr. 5101 der Anlage zur BKV wegen Nichterfüllung der Untervoraussetzungen nicht anzuerkennen, lehnte die Beklagte durch Bescheid vom 8. Februar 2000 die Anerkennung der beruflich verursachten Hauterkrankung als Berufskrankheit ab, da diese weder als schwer noch als wiederholt rückfällig zu beurteilen sei. Ungeachtet dessen habe auch kein objektiver Zwang zur Aufgabe der Tätigkeit als Zahnarzthelferin bestanden, weil durch Austausch bzw. Meidung latexhaltiger Arbeitsstoffe eine Fortsetzung der Tätigkeit möglich und zumutbar gewesen sei.

Mit ihrem Widerspruch machte die Klägerin geltend, anhand des auch aus den Akten ersichtlichen Krankheitsverlaufes sei ihre Erkrankung als wiederholt rückfällig anzuerkennen. Soweit der Gutachter unterstelle, dass eine erneute Behandlungsbedürftigkeit durch zu kurze Handschuhe ausgelöst worden sei, sei dies nicht nachvollziehbar und berücksichtige überdies nicht, dass die Hautveränderungen am Kopf durch den aus Hygienegründen erforderlichen Haargummi ausgelöst worden seien. Auch habe ein Zwang zur Aufgabe der Tätigkeit bestanden, weil zum Ende ihrer Tätigkeit das Tragen von Vinylhandschuhen nur begrenzt zur Besserung des Gesundheitszustandes geführt habe.

Die erneut befragte Dr. Z teilte der Beklagten am 29. August 2000 mit, dass eine erneute Behandlung erst am 17. Februar 2000 erfolgt sei. Nach Angaben der Klägerin seien die Hände auch zuvor behandlungsbedürftig gewesen, sie habe jedoch noch Salbe vorrätig gehabt. In der Zeit von Februar bis 3. April 2000 hätten lichenifizierte Hautareale und wenige Erosionen vorgelegen.

In einer Stellungnahme vom 6. November 2000 wiesen Prof. Dr. S, Direktor des Instituts für arbeits- und sozialmedizinische Allergiediagnostik B S, Dr. B und Dr. L darauf hin, dass entgegen der Auffassung von Dr. E von einer wiederholten Rückfälligkeit auszugehen sei, da diese schon dann anzunehmen sei, wenn nach weitgehender Besserung oder Abheilung des vorangegangenen Krankheitsschubes erneut Hauterscheinungen aufträten. Nach Aktenlage sei von drei bis vier Rezidiven auszugehen. Auch werde das Kriterium einer schweren Erkrankung wohl erfüllt, weil die Behandlungsperiode vom 8. Dezember 1997 bis 16. März 1998 vermutlich bis Juli 1998 angedauert habe und damit die erforderliche Zeit von sechs Monaten überschritten habe. Eine Berufskrankheit liege jedoch nicht vor, wenn durch geeignete Schutzmaßnahmen der Aufgabe der Tätigkeit wirksam begegnet werden könne. Rückblickend sei bei der Klägerin davon auszugehen, dass derartige Maßnahmen vor der Aufgabe der Tätigkeit nicht in vollem Umfang ausgeschöpft worden seien. Insbesondere wäre ein stationäres Heilverfahren mit Unterrichtung der Klägerin über hautschadende Arbeitsweise möglicherweise in der Lage gewesen, weitere Erkrankungsfälle unter Fortsetzung der Tätigkeit zu verhindern. Es habe
daher nicht die konkrete Gefahr des Eintritts einer Berufskrankheit bestanden.

Im Widerspruchsbescheid vom 28. Juni 2001 führte die Beklagte aus, dass nunmehr "die versicherungsrechtliche Voraussetzung der wiederholten Rückfälligkeit anerkannt" werde, der Widerspruch aber zurückgewiesen werde, soweit die Anerkennung der Hauterkrankung als Berufskrankheit nach Nr. 5101 begehrt werde. Nach Austausch der Handschuhe sei es zu einer Verbesserung des Hautbefundes gekommen, so dass berufsspezifische Sensibilisierungen vom Spättyp bei der Untersuchung durch Dr. E nicht mehr hätten festgestellt werden können. Selbst die damals noch dokumentierte leichte Reaktion vom Soforttyp sei bei einem von Dr. S im September 2000 durchgeführten Pricktest nicht mehr nachweisbar gewesen. Die Aufgabe der beruflichen Tätigkeit als Zahnarthelferin sei deshalb nicht erzwungen gewesen.

Mit der dagegen vor dem Sozialgericht Berlin erhobenen Klage hat die Klägerin geltend gemacht, die Annahme, es sei zu einer vollständigen Abheilung der Hautekzeme durch die Verwendung von Vinylhandschuhen eingetreten, entspreche nicht den Tatsachen. Es sei lediglich zu einer zwischenzeitlichen Verbesserung gekommen. Die Verschlechterung sei auf den fortgesetzten Gebrauch von Latexhandschuhen durch die anderen Praxismitglieder in ihrem Ausbildungsbetrieb zurückzuführen gewesen. Auch in der Zeit ab 1. Februar 1999 sei es nur unter fortgesetztem Gebrauch von Cortisonsalbe zu einer Besserung, nicht aber zu einer vollständi-gen Abheilung gekommen, während bei Absetzung der Medikamente sofort eine Verschlechte-rung des Krankheitsbildes eingetreten sei.

Das Sozialgericht hat ein Gutachten des Facharztes für Dermatologie und Venerologie Dr. N vom 17. Juni 2003 eingeholt, dem gegenüber die Klägerin angegeben hat, das am 7. Mai 2003 festgestellte Handekzem habe immer so ausgesehen. Der Sachverständige ist zu dem Ergebnis gelangt, bei der Klägerin bestehe eine anlagebedingte atopische Dermatitis. Für das nach Aufnahme der Ausbildung aufgetretene Handekzem sei neben der anlagebedingten atopischen Dermatitis die berufliche Tätigkeit als Zahnarzthelferin im Sinne einer wesentlichen Verschlimmerung als auslösend anzusehen. Die 1997 von Dr. Z festgestellte Typ IV-Allergie gegen Kobalt-Chlorid sei mit hinreichender Wahrscheinlichkeit schon durch Modeschmuckkontakt in der Kindheit entstanden. Die 1997 ebenfalls festgestellte Typ-IV-Allergie gegen Thiuram-Mix sei möglicherweise beruflich erworben, könne aber durch die Vermeidung von Gummihandschuhen gut gemieden werden. Die im Rahmen der Pricktestung festgestellte Typ I-Allergie gegen Latex sei im vorliegenden Fall nicht von Bedeutung, weil zu keinem Zeitpunkt eine klinisch relevante Manifestation dieser Sensibilisierung an der Haut vorgelegen habe. Diese äußere sich durch eine charakteristische Quaddelbildung, die zu keinem Zeitpunkt vorgelegen habe. Vielmehr seien immer typische Hautveränderungen im Sinne eines Ekzems wie Schuppung mit Rötung, Lichenifikation etc. dokumentiert. Das Handekzem sei nach den Aufzeichnungen von Dr. Z nicht als schwer zu bezeichnen, da es hierfür über etwa sechs Monate trotz angemessener Behandlung bestanden haben müsse. Eine regelmäßige Behandlung über einen derartigen Zeitraum sei nicht dokumentiert. Auch ein wiederholter Rückfall könne nicht festgestellt werden, da das Ekzem nach Angaben der Klägerin nie vollständig abgeheilt gewesen sei. Mit einer konsequenten und angemessenen Behandlung hätte die Klägerin in ihrem Beruf verbleiben können.

Durch Urteil vom 10. Oktober 2003 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die durch die berufliche Tätigkeit verursachte Erkrankung könne nicht als Berufskrankheit nach Nr. 5101 der Anlage zur BKV anerkannt werden, weil nicht zur vollen Überzeugung der Kammer habe fest-gestellt werden können, dass die Klägerin gezwungen gewesen sei, alle Tätigkeiten als Zahnarzthelferin zu unterlassen. Insoweit stimmten die Ausführungen von Dr. E, Prof. Dr. S als auch von Dr. N überein, die jeweils auf die Besserung der Erkrankung nach Verwendung von Vinylhandschuhen abgestellt hätten. Die Einwendungen der Klägerin hiergegen überzeugten nicht, weil das behandlungsfreie Intervall von März 1999 bis zur Aufgabe der Tätigkeit gerade die Einschätzung der Gutachter unterstreiche. Soweit die Klägerin demgegenüber ausgeführt habe, es sei nie zu einer vollständigen Abheilung gekommen, führe dies zu keiner anderen Ein-schätzung, weil bereits kurz nach Aufgabe der Tätigkeit im Herbst 1999 keine Typ-IV-Sensibilisierung auf Gummiinhaltsstoffe mehr habe festgestellt werden können, aber die Hautveränderungen fortbestanden hätten. Auch seien durch das Tragen der Handschuhe allein bei weitem nicht alle präventiven Schutzmaßnahmen ausgeschöpft gewesen.

Gegen das ihr am 23. Dezember 2003 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin vom 23. Januar 2004. Sie macht geltend, das Sozialgericht habe nicht berücksichtigt, dass sie durch Selbstmedikation der von Dr. Z empfohlenen Hautcreme nur zeitweise die Symptome der Erkrankung habe unterdrücken können. Bei Absetzung der Medikamente sei es sofort zu einer Verschlimmerung der Hauterkrankung gekommen. Die von der Kammer verwerteten Untersuchungen seien nicht aussagekräftig, weil sie bereits nach Aufgabe der Tätigkeit erfolgt seien. Auf die Ausführungen von Prof. Dr. S könne die Feststellung, dass ein Unterlassungszwang nicht bestanden habe, nicht gestützt werden, weil dieser nur ausgeführt habe, weitere Maßnahmen hätten möglicherweise eine Aufgabe der Tätigkeit vermeiden können. Das Gutachten von Dr. N bringe insoweit keine Erkenntnisse. Sie habe aus ihrer Sicht alle Möglichkei-ten ausgeschöpft, bevor sie die Tätigkeit aufgegeben habe.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 10. Oktober 2003 sowie den Bescheid der Beklagten vom 8. Februar 2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 28. Juni 2001 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr unter Anerkennung einer Berufskrankheit nach Nr. 5101 der Anlage zur BKV eine Verletztenteilrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 20 v.H. zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie macht geltend, dass für die Anerkennung einer Berufskrankheit der Zwang zur Aufgabe der Tätigkeit objektiv festgestellt werden müsse. Dies sei unter Berücksichtigung der Besserung des Gesundheitszustandes, den die Klägerin gegenüber Dr. E angegeben habe und der durch die Befundberichte von Dr. Z dokumentiert werde, nicht möglich.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten (einschließlich der Akten des SG - S 69 U 510/01) und der Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist unbegründet.

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Anerkennung ihrer Erkrankung als Berufskrankheit nach Nr. 5101 der Anlage zur BKV und Gewährung einer Verletztenteilrente.

Berufskrankheiten sind die Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als solche bezeichnet hat und die ein Versicherter bei einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 Sozialgesetzbuch (SGB) VII begründenden Tätigkeit erleidet. Zu den vom Verordnungsgeber bezeichneten Berufskrankheiten gehören nach der Nr. 5101 der Anlage zur BKV "schwere oder wiederholt rückfällige Hauterkrankungen, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können".

Diese Tatbestandsvoraussetzungen sind nicht erfüllt. Auf der Grundlage des Gutachtens von Dr. E in Verbindung mit der Stellungnahme von Prof. Dr. S, Dr. B und Dr. L steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die Klägerin an einer wiederholt rückfälligen Hauterkrankung leidet. In der Stellungnahme legen die mit arbeitsmedizinischen Fragestellungen in besonderem Maße vertrauten Gutachter anhand der Aktenlage nachvollziehbar dar, dass jedenfalls drei Rezidive der Hauterkrankung der Klägerin festgestellt werden können. Bestand erstmals im März 1996 nach Aufnahme der Ausbildung ein Handekzem, so stellt die erneute Erkrankung im März 1997 ein erstes Rezidiv dar. Selbst wenn dies dem Befundbericht von Dr. Z vom 22. Dezember 1997 nicht eindeutig zu entnehmen wäre und hiergegen die erstmalige Epicutantestung im März 1997 sprechen dürfte, stellt jedenfalls der erneute Krankheitsschub vom Dezember 1997 ein erstes Rezidiv dar. Geht man von einer weitergehenden durchgehenden Behandlung bis März 1998 aus, so ist jedenfalls im Juli 1998 ein zweites Rezidiv und durch eine erneute Verschlechterung ein drittes Rezidiv im Februar 1999 aufgetreten. Dieser Bewertung steht die Einschätzung des Gutachters Dr. N, es liege keine wiederholt rückfällige Hauterkrankung vor, weil nach den Angaben der Klägerin durchgehend die Befunde vorgelegen hätten, die er am 7. Mai 2003 vorgefunden habe, nicht entgegen. Denn diese Angabe steht schon im Widerspruch zu dem Befund, den Dr. E im September 1999 erhoben hat, der gerade keinen krankhaften Hautbefund feststellen konnte, sondern ausgeführt hat, die gesamte Haut erscheine sehr trocken. Des Weiteren beschreibt Dr. Z in ihrem im Juli 1998 bei der Beklagten eingegangenen Befundbericht, dass die entsprechenden Hauterscheinungen am 22. Juni 1998 bis auf eine dezente Restschuppung abgeheilt gewesen seien.

Die Hauterkrankung ist auch durch die berufliche Tätigkeit der Klägerin bei einer anlagebedingten Neurodermitis im Sinne einer rechtlich wesentlichen Mitwirkung beruflicher Einwirkungen verursacht worden. Zu diesem Ergebnis gelangen sowohl Dr. E als auch Dr. N, die beide von einer Verschlimmerung der vorbestehenden Dermatitis sprechen.

Die Anerkennung einer Berufskrankheit nach Nr. 5101 setzt des weiteren jedoch voraus, dass die Hauterkrankung zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen hat, die für die Entstehung oder Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können. Der Zwang zum Unterlassen der schädigenden Tätigkeit muss objektiv vorgelegen haben. Hierfür ist eine nachträgliche objektive Betrachtungsweise maßgeblich (vgl. BSG SozR 3-5670 Anl. 1 Nr. 2108 Nr. 2). Diese objektive Notwendigkeit des Unterlassens setzt nicht eine faktische Unmöglichkeit der weiteren Ausübung der Tätigkeit voraus, ausreichend ist, dass eine Fortsetzung der bisherigen Tätigkeit wegen der schon eingetretenen Gesundheitsstörung oder wegen der Gefahr einer Verschlimmerung oder des Wiederauflebens der Krankheit aus medizinischer Sicht nicht verantwortet werden kann (vgl. Becker, die Voraussetzungen des Unterlassungszwangs im Berufskrankheiten-Recht, NZS 2004, S. 617,620).

Diese Voraussetzung ist nicht erfüllt, solange andere Möglichkeiten zur Verfügung stehen, durch die sichergestellt werden kann, dass der Betreffende die Tätigkeit weiter ausüben kann. Dies haben alle im Verfahren gehörten medizinischen Sachverständigen, wenn auch mit verschiedenen Argumenten, bejaht. Soweit Dr. E in diesem Zusammenhang darauf abgestellt hat, dass das Tragen von Vinylhandschuhen ab April 1999 keine Behandlungsbedürftigkeit mehr ausgelöst habe, hat dem die Klägerin zwar entgegengehalten, dass es um Juni 1999 zu einer Verschlechterung gekommen sei. Allein das Tragen der Handschuhe beinhaltet jedoch nicht alle geeigneten Maßnahmen im Sinne von § 3 BKV, sondern daneben kommen u.a. weitere Maßnahmen in Betracht wie Beratung, Unterweisung über hautschonende Arbeitsweisen. Dass derartige Maßnahmen im vorliegenden Fall nicht ausgeschöpft, aber denkbar waren, hat Prof. Dr. S dargestellt. Auch wenn er insoweit lediglich von möglichen Maßnahmen gesprochen hat, ändert dies nichts daran, dass diese Maßnahmen hätten angewandt werden müssen, um den objektiven Zwang zur Aufgabe der Tätigkeit feststellen zu können. Denn der Unterlassungszwang hat zwei Funktionen: Zum einen soll damit eine typisierende Festlegung des Schwere-grades der Krankheit erfolgen, um Bagatellerkrankungen, auch wenn sie kausal auf berufliche Einwirkungen zurückzuführen sind, von einer Anerkennung und Entschädigung als Berufskrankheit auszuschließen. Vor allem aber soll ein Verbleiben des Versicherten auf dem ihn gefährdenden Arbeitsplatz verhindert und dadurch eine Verschlimmerung der Krankheit mit der Folge einer erhöhten Entschädigungspflicht verhütet werden (vgl BSGE 84, 30, 39 = SozR 3-2200 § 551 Nr 12 S 44; BSG SozR 2200 § 551 Nr 10, 24). Der zuletzt genannte Zweck wird nicht nur dann erreicht, wenn der Versicherte seine Berufstätigkeit aufgibt, sondern auch dann, wenn die schädigenden Einwirkungen am Arbeitsplatz durch geeignete Schutzmaßnahmen beseitigt werden und deshalb die Gefahr einer Verschlimmerung oder des Wiederauflebens der Krankheit durch Fortsetzung der Berufstätigkeit nicht mehr droht. Danach kann der Unterlas-sungszwang nur bejaht werden, wenn trotz Ausschöpfung aller Maßnahmen die Gefahr einer Verschlimmerung oder des Wiederauflebens der Krankheit droht. Erst dann ist der Unterlassungszwang als anspruchsbegründendes Tatbestandsmerkmal positiv festgestellt. Deshalb reicht es nicht aus, dass gewisse Zweifel an dem Verbleiben des Versicherten auf seinem
Arbeitsplatz bleiben, wenn dieser vor Ausschöpfung der Maßnahmen den Arbeitsplatz aufgegeben hat. Durch die Ausführungen von Dr. N wird vielmehr belegt, dass im Hinblick auf die Ausprägung der Erkrankung der Klägerin gute Chancen bestanden, dass weitere Maßnahmen eine Aufgabe der Tätigkeit hätten vermeiden können. Der Gutachter hat seine Einschätzung durch das Ergebnis seiner Allergietestungen belegt, indem er darauf verwiesen hat, dass sich keine Typ IV-Allergie habe feststellen lassen. Des weiteren hat er darauf verwiesen, dass auch in der Vergangenheit keine Latex-Allergie des Typs I, die mit Quaddelbildung hätte verbunden sein müssen, bestanden habe.

Etwas anderes folgt auch nicht aus der vom Bundessozialgericht vorgenommenen teleologischen Auslegung der Tatbestandsvoraussetzungen dahingehend, dem Anspruch auf Anerkennung und Entschädigung dieser Berufskrankheit stehe nicht entgegen, dass der Versicherte infolge von Schutzmaßnahmen seines Arbeitgebers in der Lage sei, seine bisherige Tätigkeit in vollem Umfang weiterzuführen, wenn die beruflich bedingte Erkrankung im Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Schutzmaßnahmen bereits eine MdE von mindestens 10 v.H. bedinge (BSG, Urteil vom 9. Dezember 2003, B 2 U 5/03 R= SozR 4-5671 Anl. 1 Nr. 5101 Nr. 1). Abgesehen davon, dass derartige Schutzmaßnahmen vorliegend nicht getroffen werden konnten, weil die Klägerin vorab die Tätigkeit aufgegeben hat, lässt sich eine Ausprägung der berufsbedingten Hauterkrankung mit einer MdE von 10 v.H. dem gesamten Akteninhalt nicht entnehmen. Dr. E begründet das Vorliegen einer lediglich geringen Sensibilisierung mit dem Ergebnis des Pricktestes und mit der Tatsache, dass durch Behandlung die Hautveränderungen auf ein sehr niedriges Niveau zurückgeführt werden konnten. Dr. N verweist ebenfalls auf die geringe Ausprägung des Ekzems.

Soweit die Klägerin sich ergänzend zur Begründung ihres Anspruchs auf den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch wegen von ihr angenommenen Versäumnissen der Beklagten berufen hat, folgt daraus nichts anderes. Denn Inhalt des Herstellungsanspruchs ist die Herstellung des Zustandes, der bestanden hätte, wenn eine zutreffende Beratung durch den Träger der Sozialversicherung vorgenommen worden wäre. Eine derartige Beratung hätte jedoch nur zu Maßnahmen führen können, die der Klägerin ein Verbleiben auf dem Arbeitsplatz ermöglicht hätte. Dadurch würde aber ein Rentenanspruch gerade ausgeschlossen.

Nach alledem hatte die Berufung keinen Erfolg.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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