L 15 SO 1061/05

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
15
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 18 SO 1122/05
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 15 SO 1061/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 06. Oktober 2005 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Auszahlung der Hilfe zum Lebensunterhalt für den Monat Dezember 2004.

Die 1961 geborene Klägerin bezog zuletzt seit Juli 2000 vom Beklagten laufende Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Bundessozialhilfegesetz – BSHG –. Die Zahlungen erfolgten unbar durch Überweisung unter anderem auf das von der Klägerin angegebene Konto. Der wiederholt geäußerten Bitte der Klägerin, die Zahlungsanweisungen jeweils mit dem Vermerk "Sozialhilfe" und einem Datum zu versehen, damit sie aus den Kontoauszügen ersehen könne, wie viel Sozialhilfe sie erhalten habe und für welchen Zeitraum, kam der Beklagte nicht nach. Mit Schreiben vom 28. April 2003 teilte ihr der zuständige Sachbearbeiter hierzu unter anderem mit, dass ein Großteil der Arbeit nur bewältigt werden könne, weil Vorgänge im automatisierten Verfahren geführt und zur Zahlung gebracht würden. Die von der Klägerin gewünschten Angaben zur jeweiligen Überweisung würden eine ständige manuelle Bearbeitung ihres Falles bedingen, die nicht geleistet werden könne. Im Jahr 2004 ging der Beklagte von einem monatlichen Bedarf der Klägerin in Höhe von insgesamt 687,38 Euro aus, wobei der Regelsatz von 296,00 Euro auf das Konto der Klägerin überwiesen wurde, während die Überweisungen für Miete und Heizung in Höhe von 241,36 Euro sowie die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 150,02 Euro direkt an den Vermieter bzw. die Krankenkasse gingen. Mit einem von ihr als Widerspruch bezeichneten Schreiben vom 03. Januar 2005 wandte sich die Klägerin, die seit Jahresbeginn Leistungen nach dem 2. Buch Sozialgesetzbuch – SGB II – vom JobCenter bezieht, an den Beklagten und machte geltend, dass sie die Sozialhilfe für Dezember 2004 nicht erhalten habe. Ihr seien noch 553,96 Euro (Regelsatz 296,00 Euro und Unterkunftskosten in Höhe von 257,96 Euro) auf ihr Konto zu überweisen. Weitere Eingaben und Beschwerden wegen der angeblich ausstehenden Dezember-Zahlung richtete die Klägerin an den Bezirksbürgermeister von Steglitz-Zehlendorf, den bezirklichen Ausschuss für Eingaben und Beschwerden, die Senatskanzlei des Regierenden Bürgermeisters - Bürgerreferat -, das Bürgerbüro eines SPD-Abgeordneten sowie die CDU-Fraktion im Abgeordnetenhaus von Berlin. Am 24. Februar 2005 hat die Klägerin eine "Untätigkeitsklage" beim Sozialgericht Berlin erhoben, mit der sie zunächst die Verurteilung des Beklagten begehrt hat, einen rechtsmittelfähigen Bescheid über ihren Widerspruch vom 03. Januar 2005 zu erteilen.

Der Beklagte hat nach Prüfung der Sachlage – wie schon in einem Schreiben an die Klägerin vom 04. Februar 2005 – dargelegt, dass die Sozialhilfe für Dezember 2004 pünktlich angewiesen worden sei und der Klägerin ungefähr am 29. November 2004 zur Verfügung gestanden haben müsse. Hierzu hat er einen Auszug aus der Buchungsliste vom 18. November 2004 vorgelegt, die unter dem Namen der Klägerin vier Zahlungsanweisungen aufweist, und zwar über Beträge in Höhe von 296,00 Euro sowie 63,91 Euro an die Klägerin selbst sowie in Höhe von 150,02 Euro an die Krankenkasse und in Höhe von 241,36 Euro an den Vermieter. Die Klägerin hat dem gegenüber geltend gemacht, dass es sich bei der letzten Überweisung des Beklagten, die ausweislich ihrer Kontoauszüge am 29. November 2004 in Höhe von 359,91 Euro verbucht worden ist, um den Regelsatz für November und die – wie stets im Voraus – zu zahlende Weihnachtsbeihilfe gehandelt habe. Ohne die am 30. Dezember 2004 gebuchte Vorauszahlung vom Job Center für Januar 2005 wäre sie in eine finanzielle Notlage geraten.

Das Sozialgericht hat dem Vorbringen der Klägerin sinngemäß den Antrag entnommen, den Beklagten zur Zahlung der Hilfe zum Lebensunterhalt für Dezember 2004 zu verurteilen und die Klage mit Gerichtsbescheid vom 06. Oktober 2005 abgewiesen. Zur Begründung hat das Gericht im Wesentlichen ausgeführt, soweit die Klägerin unstreitig nach §§ 2, 4, 11 ff BSHG einen Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt auch für den Monat Dezember 2004 gehabt habe, sei dieser durch die Zahlungen des Beklagten erfüllt worden. Den Verwaltungsvorgängen ließen sich für 2004 insgesamt 12 Hilfezahlungen entnehmen. Ausweislich der Buchungsliste sei die Zahlung für Dezember 2004, die sich aus dem Regelsatz (296,00 Euro), den Kosten für Miete und Heizung (zusammen 241,26 Euro), Krankenversicherungsbeiträgen (150,02 Euro) sowie einer Weihnachtsbeihilfe (63,91 Euro) zusammen gesetzt hätten, tatsächlich am 18. November 2004 zur Zahlung an die Klägerin bzw. den Vermieter und die Krankenkasse angewiesen worden und bei den Empfängern unstreitig Ende November/Anfang Dezember 2004 eingegangen. Soweit die Klägerin dennoch bestreite, für Dezember 2004 Hilfe zum Lebensunterhalt erhalten zu haben, sei dies allein auf ihre irrige Annahme zurückzuführen, dass es sich bei den erwähnten Zahlungseingängen um die Hilfe zum Lebensunterhalt für November 2004 gehandelt habe.

Gegen den ihr am 13. Oktober 2005 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 14. Oktober 2005 Berufung eingelegt, mit der sie ihr Begehren weiterverfolgt. Aus § 5 BSHG ergebe sich, dass die Sozialhilfe nicht im Voraus gewährt werde. Dies bedeute, dass die Sozialhilfe für Dezember 2004 nicht im November 2004 überwiesen worden sei. Im Dezember 2004 habe sie ausweislich ihrer Kontoauszüge keinerlei Zahlungen vom Beklagten erhalten.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 06. Oktober 2005 aufzuheben, und den Beklagten zu verurteilen, ihr Hilfe zum Lebensunterhalt für Dezember 2004 in Höhe von 553,96 Euro zu zahlen.

Der Beklagte hat mit Schriftsatz vom 6. Juni 2006 seine Bereitschaft erklärt, die nach Aktenlage bestehende Mietdifferenz für den Monat Dezember 2004 in Höhe von 16,60 Euro nachzubewilligen, sofern die Erhöhung der Miete auf 257,96 Euro mietrechtlich zulässig war und die Klägerin durch eine Bescheinigung der Vermieterin nachweist, dass dieser Differenzbetrag noch offen ist. Er beantragt im Übrigen,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält die angefochtene erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte sowie die vom Beklagten vorgelegten, die Klägerin betreffenden Verwaltungsvorgänge (3 Bände zum AZ. Soz Dez 2000, III d-G-140361 und 3122-G-140361) Bezug genommen, die dem Senat bei der Beratung und Entscheidung vorgelegen haben.

Entscheidungsgründe:

Der Senat hat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG –).

Die Berufung der Klägerin konnte keinen Erfolg haben.

Das Sozialgericht hat zutreffend dargelegt, dass der unstreitig bestanden habende Anspruch der Klägerin auf Gewährung von Hilfe zum Lebensunterhalt nach §§ 2, 4, 11 ff BSHG für den Monat Dezember 2004 durch entsprechende Zahlungen des Beklagten erfüllt worden ist. Dieser hat ausweislich der Buchungsliste vom 18. November 2004 unter dem Namen der Klägerin vier Beträge zur Zahlung angewiesen, und zwar 150,02 Euro an die Krankenkasse, 241,36 Euro an den Vermieter sowie an die Klägerin den Regelsatz in Höhe von 296,00 Euro und die Weihnachtsbeihilfe in Höhe von 63,91 Euro. Die zuletzt genanten Beträge hat die Klägerin unstreitig enthalten, denn ihrem Konto wurde am 29. November 2004 der Gesamtbetrag von 359,91 Euro gutgeschrieben. Diese Überweisung enthielt entgegen der Auffassung der Klägerin nicht den für November 2004 nachgezahlten, sondern den für Dezember 2004 im Voraus gezahlten Regelsatz. Auch die am 18. November 2004 veranlasste Überweisung an den Vermieter betraf nicht die Miete für November, sondern die hier ebenfalls streitige Zahlung der Unterkunftskosten für Dezember 2004. Sollte insoweit nachweislich noch eine berechtigte, offene Mietforderung in Höhe von 16,60 Euro bestehen – eine Klärung der Sachlage war dem Senat nicht möglich, weil die Klägerin der Vermieterin die Erteilung einer diesbezüglichen Auskunft untersagt hat – ist der Beklagte erklärtermaßen zur Nachbewilligung bereit, so dass es hierzu auch keiner gerichtlichen Entscheidung bedarf.

Die Zuordnung der gezahlten Leistungen zum Monat Dezember 2004 ergibt sich aus folgenden Erwägungen: Das mit Ablauf des 31. Dezember 2004 außer Kraft getretene BSHG enthielt keine ausdrückliche Regelung über die Fälligkeit der darin vorgesehenen Leistungen, wie sie etwa in § 41 Abs. 1 Satz 3 SGB II normiert ist, wonach die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach diesem Gesetz – das heißt insbesondere das der Klägerin seit Anfang 2005 gewährte Alg II – grundsätzlich für jeweils sechs Monate bewilligt und monatlich im Voraus erbracht werden sollen, während Geldleistungen nach dem SGB III – z. B. Arbeitslosengeld – nach § 337 SGB III regelmäßig monatlich nachträglich ausgezahlt werden. Mangels entsprechender ausdrücklicher Regelungen galt für die Sozialhilfe nach dem BSHG – wie auch für entsprechende Leistungen nach dem am 01. Januar 2005 in Kraft getretenen SGB XII – deshalb die Grundregel des § 41 SGB I, wonach Ansprüche auf Sozialleistungen mit ihrem Entstehen fällig werden, das heißt jeweils zu Beginn des entsprechenden Leistungszeitraumes. Da die laufende Hilfe zum Lebensunterhalt gemäß § 22 BSHG in Verbindung mit den Vorschriften der Regelsatzverordnung monatlich berechnet wurde und keine rentengleiche Dauerleistung darstellte, wurde sie grundsätzlich monatlich jeweils neu im Voraus für einen Kalendermonat bewilligt. Es ist nicht nachvollziehbar, wie die Klägerin meint, aus § 5 BSHG eine rückwirkende Zahlungspflicht des Beklagten ableiten zu können. Der hier allein als Rechtsgrundlage in Betracht kommende Absatz 1 dieser Vorschrift regelte nämlich, dass die Sozialhilfe einzusetzen hatte, sobald dem Träger der Sozialhilfe oder den von ihm beauftragten Stellen bekannt wurde, dass die Voraussetzungen für die Hilfegewährung vorlagen. Hieraus folgt lediglich, dass für eine Hilfegewährung kein Antrag erforderlich war, sondern der Sozialhilfeträger bei Bekanntwerden einer Notlage von Amts wegen zum Einschreiten verpflichtet war. Diese Regelung, verbunden mit der grundsätzlich auf einen Monat bezogenen Hilfe zum Lebensunterhalt, bestätigt vielmehr, dass diese Leistungen regelmäßig im Voraus zu erbringen waren, während die Annahme der Klägerin, dass Regelsatz und Miete stets nachträglich gegen Ende eines Monats für diesen laufenden Monat gewährt worden seien, mit dem Grundsatz kollidieren würde, dass Sozialhilfe nach dem BSHG regelmäßig nicht für die Vergangenheit geleistet wurde. Eine Gesamtschau auf die der Klägerin im Jahr 2004 gewährten Leistungen bestätigt im Übrigen die Zahlungen für den hier streitigen Monat Dezember 2004. Der in den Verwaltungsvorgängen befindliche, vom Beklagten am 15. März 2005 erstellte maschinelle Leistungsnachweis weist für das Jahr 2004 alle ausgezahlten Beträge aus, aufgeteilt nach Monaten und der jeweiligen Hilfeart. Danach wurden durchgehend für alle 12 Monate von Januar bis Dezember 2004 als Hilfe zum Lebensunterhalt monatlich 537,36 Euro gezahlt, nämlich der Regelsatz in Höhe von 296,00 Euro und Unterkunftskosten in Höhe von 241,36 Euro. Ob hierbei möglicherweise von der Klägerin mitgeteilte Mieterhöhungen unberücksichtigt geblieben sind, ist bezüglich der Monate Januar bis November 2004 nicht Gegenstand dieses Verfahrens. Hinsichtlich des Monats Dezember 2004 ist der Beklagte, wie bereits ausgeführt, grundsätzlich zu einer Nachbewilligung bereit.

Schließlich hat die Klägerin selbst eingeräumt, dass sie sich bei dem Wechsel von Sozialhilfe nach dem BSHG zum Alg II nach dem SGB II zum Jahresende 2004 in keiner finanziellen Notlage befunden hat, weil sie Monat für Monat lückenlos eine Zahlung vom Beklagten bzw. dem JobCenter erhalten hat. Auch hieraus ergibt sich ohne Zweifel, dass die Klägerin vom Beklagten die ihr zustehenden Regelsatzleistungen für das gesamte Jahr 2004 – das heißt einschließlich für Dezember 2004 – erhalten hat, die ihr, wie die anschließenden Leistungen nach dem SGB II vom JobCenter, jeweils im Voraus für den anschließenden Kalendermonat überwiesen worden sind.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ergebnis in der Hauptsache.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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