L 4 RA 49/03

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 12 RA 5816/97 W00
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 4 RA 49/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 18. März 2003 wird zurückgewiesen. Die Klage gegen den Anpassungsbescheid zum 1. Juli 2003 und gegen den Bescheid vom 8. März 2004 wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind für das gesamte Verfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Höhe der dem Kläger zustehenden Altersrente.

Der 1931 geborene Kläger war im Beitrittsgebiet bis zum 31. Dezember 1990 als Bauingenieur, zuletzt bei der B, I für P und S, beschäftigt. Ab dem 01. Juni 1968 gehörte er der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz – AVItech – (Anlage 1 Nr. 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz – AAÜG -) an. Der zuständige Versorgungsträger stellte die Zugehörigkeit des Klägers ab diesem Tage bis zum 30. Juni 1990, die in dieser Zeit tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte sowie das Nichtvorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen einer besonderen Beitragsbemessungsgrenze mit Bescheid vom 30. August 1993 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03. Januar 1994 bestandskräftig fest. Zum 01. Januar 1974 trat der Kläger der freiwilligen Zusatzrentenversicherung – FZR – bei. Ab dem 01. Januar 1991 war der Kläger arbeitslos und bezog Altersübergangsgeld bis zum 27. Dezember 1993.

Am 04. Dezember 1991 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung einer Altersrente. Mit Rentenbescheid vom 01. Februar 1994 gewährte diese ihm nach Erschöpfung des Anspruchs auf Altersübergangsgeld ab dem 01. Januar 1994 eine Altersrente für Schwerbehinderte, Berufsunfähige oder Erwerbsunfähige in Höhe von 2.298,24 DM (Zahlbetrag abzgl. des Beitragsanteils zur Krankenversicherung: 2.154,60 DM).

Auf einen Überprüfungsantrag des Klägers vom 24. Juni 1994 erließ die Beklagte am 03. Januar 1995 einen weiteren Rentenbescheid, mit dem sie die Rente des Klägers neu feststellte. Bei einer monatlichen Rentenhöhe von 2.449,62 DM ergab sich abzüglich eines Beitragsanteils zur Krankenversicherung ein Zahlbetrag von 2.273,25 DM.

Mit seinem hiergegen am 30. Januar 1995 eingelegten Widerspruch machte der Kläger geltend, dass seine in der DDR erworbenen Ansprüche auf Zusatzrente nicht in Höhe der AVI berücksichtigt worden seien. Mit Bescheid vom 01. September 1997 stellte die Beklagte die Rente des Klägers erneut neu fest. Bei einer monatlichen Rentenhöhe von 2.810,71 DM ergab sich abzüglich eines Beitragsanteils zur Kranken- und Pflegeversicherung nunmehr ein Zahlbetrag von 2.602,72 DM. Im Übrigen wies sie den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 11. Dezember 1997 mit der Begründung zurück, dass nach dem AAÜG überführte Arbeitsentgelte oder Arbeitseinkommen ebenso wie Beitragszeiten im Beitrittsgebiet nur bis zur Beitragsbemessungsgrenze angerechnet werden könnten. Bei dem Kläger sei das Arbeitsentgelt/-einkommen für das jeweilige Kalenderjahr bis zur Höhe der Beitragsbemessungsgrenze berücksichtigt worden.

Mit seiner hiergegen am 19. Dezember 1997 erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt. Seine Rente sei wie die von Bestandsrentnern zu berechnen, wobei eine Anpassung wie bei Löhnen und Einkommen im Beitrittsgebiet zu berücksichtigen sei. Ferner sei eine Vergleichsberechnung gemäß § 307b des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VI) erforderlich. Bei der Berechnung der Rente sei auf die allgemeine Beitragsbemessungsgrenze abzustellen und nicht auf die verfassungswidrige abgesenkte besondere Beitragsbemessungsgrenze (Ost). Zusätzlich zur Versichertenrente sei der Anspruch auf die zusätzliche Rente aus dem Versorgungssystem und aus der FZR zu berücksichtigen.

Das Sozialgericht hat die Klage, mit der der Kläger beantragt hat, die Rentenbescheide vom 01. Februar 1994, 03. Januar 1995 und 01. September 1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Dezember 1997 sowie die Bescheide über die Rentenanpassung jeweils zum 01. Juli der Jahre 2000 bis 2002 abzuändern und ihm eine höhere Altersrente zu gewähren, mit Urteil vom 18. März 2003 abgewiesen. Gegenstand des Verfahrens seien - abgesehen von dem bestandskräftig gewordenen Bescheid vom 01. Februar 1994 - die angefochtenen Rentenbescheide sowie die Rentenanpassungsmitteilungen zum 01. Juli der Jahre 2000, 2001 und 2002, die nach § 96 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) Gegenstand des Verfahrens geworden seien. Die Klage sei jedoch unbegründet. Der Kläger habe keinen Anspruch auf eine zusätzliche Rente aus dem Versorgungssystem. Für einen solchen Anspruch bestehe keine Rechtsgrundlage, da infolge der so genannten Systementscheidung, die in Zusatz- und Sonderversorgungssystemen erworbenen Ansprüche und Anwartschaften in die gesetzliche Rentenversicherung zu überführen, kein Anspruch mehr auf Erfüllung der in der DDR erteilten Versorgungszusage bestehe, sondern lediglich ein solcher auf Gewährung einer Rente nach dem SGB VI. Auch habe er keinen Anspruch auf Durchführung der begehrten Vergleichsberechnungen nach § 307b SGB VI, da ihm am 31. Dezember 1991 kein Anspruch auf eine nach dem AAÜG überführte Rente des Beitrittsgebietes zugestanden habe. Ebenso wenig stehe ihm ein Anspruch auf eine Vergleichsberechnung nach § 4 Abs. 4 AAÜG in der Fassung des 2. AAÜG-Änderungsgesetzes zu. Diese Vorschrift erfordere nicht nur einen Rentenbeginn vor dem 30. Juni 1995 – der hier gegeben sei -, sondern setze weiter voraus, dass in dem maßgeblichen Zeitraum vom 01. Januar 1992 bis zum 30. Juni 1995 ein Anspruch aus einem Versorgungssystem bestanden habe. Einen solchen Anspruch habe der Kläger aber nicht gehabt, denn dieser sei von einem bestehenden Anspruch aus der Sozialpflichtversicherung der DDR abhängig gewesen. Da es vorgezogene Altersrente für männliche Versicherte in der DDR nicht gegeben habe, hätte der Kläger erst mit Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf eine Altersrente in der DDR gehabt. Die Stichtagsregelung des § 4 Abs. 4 AAÜG sei auch verfassungsgemäß, was im Einzelnen ausgeführt wird. Auch im Übrigen sei die Klage unbegründet. Mangels Anspruchs auf Durchführung einer Vergleichsberechnung könne die Frage der Art und Weise der Dynamisierung der vergleichsweise ermittelten Rente dahingestellt bleiben. Schließlich sei die Regelung einer Beitragsbemessungsgrenze (Ost) gemäß § 275a SGB VI nicht zu beanstanden. Diese Regelung, die der besonderen wirtschaftlichen Situation in den neuen Bundesländern Rechnung trage, stelle eine Übergangsregelung für den Zeitraum dar, bis die Einkommensverhältnisse im Beitrittsgebiet sich denen des alten Bundesgebietes angeglichen hätten. Da der Kläger jedoch seit Einführung der Beitragsbemessungsgrenze (Ost) ab dem 01. Juli 1990 zu keinem Zeitpunkt Entgelte erzielt habe, die die Beitragsbemessungsgrenze (Ost) erreicht oder überschritten hätten, sei nicht erkennbar, inwieweit er hierdurch benachteiligt sein sollte. Weiterhin begegne die Rentenanpassung zum 01. Juli 2000 gemäß § 255c SGB VI weder einfach- noch verfassungsrechtlichen Bedenken. Nichts anderes gelte für die Rentenanpassungen zum 01. Juli 2001 und 01. Juli 2002.

Gegen dieses ihm am 24. Juni 2003 zugestellte Urteil richtet sich die am 03. Juli 2003 eingelegte Berufung des Klägers, mit der er im Wesentlichen sein Vorbringen aus dem erstinstanzlichen Verfahren wiederholt. Mit Schriftsatz vom 20. September 2004 hat der Kläger folgende Anträge wörtlich formuliert:

"1. Der Kläger beantragt, Beweis zu erheben, um aufgrund einer umfassenden Feststellung des Sachverhalts und der tatsächlichen Auswirkungen der angefochtenen Bescheide, des Urteils des SG und der zugrunde liegenden Vorschriften des RÜG eine ausreichende Grundlage für eine fundierte Einschätzung zu schaffen, ob dem Kläger ein diskriminierendes unverhältnismäßig vermindertes, den Einigungsvertrag sowie seine Grund- und Menschenrechte verletzendes Alterseinkommen zugemessen worden ist, das die juristische Spaltung Deutschlands auf dem Gebiet der Alterssicherung weiter dauerhaft vertieft.

1.1. Zu klärende Fragen: 1.1.1. Zur Entwicklung des realen Alterseinkommens aufgrund der Zahlbetragsgarantie und der so genannten Überführung aufgrund des RÜG/AAÜG: 1.1.1.1. Welcher Wert des Alterseinkommen lag bereits aufgrund der Leistungen des Klägers zum 30.6./1.7.1990 vor, wie hat sich der Wert bis zum Rentenbeginn verändert und welchen Wert hätte das Alterseinkommen zum Rentenbeginn bei entsprechender Anwendung der Zahlbetragsgarantie des EV sowie bei einer Anpassung bzw. Angleichung der Rente entsprechend der Entwicklung der Löhne und Einkommen im Beitrittsgebiet (vgl. EV Art. 30 Abs. 5 und Anlage II Kapitel VIII Ziff. 9) zum 31.12.1991, zum 1.1.1992, zum 1.7.1999 und zum 1.7.2003 erreicht? 1.1.1.2. Welchen Wert erreicht die gemäß Überführungsbescheid berechnete Versichertenrente gem. RÜG bzw. SGB VI, wenn man von der zunächst fiktiven Berechnung zum 1.7.90, zum 31.12.1991, zum 1.1.92 sowie von der Rentenberechnung zum 1.7.99 und zum 01.07.2003 ausgeht? 1.1.1.3. Welchen Wert erreicht der Anteil des Alterseinkommens, der die Versichertenrente zu einer Vollversorgung aufstockte, gemessen an der Anpassung des gem. EV garantierten Zahlbetrages bzw. an der SGB VI-Versichertenrente zu den unter den vorigen Ziffern ermittelten Daten? Bleibt irgendein Anteil der Aufstockung zu einer Vollversorgung bei der Berechnung einer Versichertenrente gem. SGB VI übrig?

1.1.2. Zur so genannten Überführung der Ansprüche/Anwartschaften aus der DDR. 1.1.2.1. Mit welcher Zielstellung und mit welchen Ergebnissen erfolgte die Überführung gemäß dem AAÜG durch die Überführungsbescheide? Ging es darum, die angeblich zu günstigen Regelungen des EV zu beseitigen? Welche Gründe berechtigten dazu? Entspricht die praktische Wirkung der Überführung der Darstellung, nach der "die Überführung bewirkt, dass die Berechtigten ab 1992 – genauso wie die "normalen" Sozialversicherten – Versicherte bzw. Rentner der gesetzlichen RV sind ("Systementscheidung") ", wie es in einer Publikation der BfA heißt. Wird damit die Hauptfunktion und Wirkung des Überführungsbescheides gekennzeichnet, nach der es "Zweck dieser Regelungen ist , alle Versicherten der ehemaligen DDR grundsätzlich gleich zu behandeln"? 1.1.2.2. Wie wirkt sich diese Art der Überführung generell gegenüber den Betroffenen und wie in dem vorliegenden Fall auf den Wert des Alterseinkommens und damit auf sein Eigentum aus? 1.1.2.3. Führt nicht dieser "Zweck" der Überführung zu einer besonderen Art einer Einheitsrente, bei der für die entsprechenden Anspruchserwerbszeiten jeweils trotz unterschiedlicher Lebensleistungen, trotz unterschiedlicher früherer Ansprüche bzw. Voraussetzungen stets nur maximal der gleiche Rentenanteil (der für die ehem. Bürger der maßgebliche Anteils seines gesamten Alterseinkommens ist) erworben werden kann? 1.1.2.4. War die von dem EV beabsichtigte Überführung überhaupt auf eine einschneidende Veränderung bzw. Verminderung des realen Wertes der Ansprüche/Anwartschaften gerichtet oder zielte sie nicht vielmehr ab auf die organisatorische Veränderung hinsichtlich der Erfüllung der Ansprüche/Anwartschaften (vgl. das bekannte Gutachten von Prof. Merten)? 1.1.3. In diesem Rahmen sind weiter die Fragen zu beantworten, 1.1.3.1. welchen Inhalt die Überführung haben und was mit ihr bewirkt werden sollte: Sollten die über die Renten aus der Pflichtversicherung hinausgehenden Ansprüche/Anwartschaften der DDR-Bürger gemäß Staatsvertrag, RAnglG und EV überführt und damit dauerhaft bewahrt oder liquidiert und damit entschädigungslos enteignet werden? 1.1.3.2. wie viele Bürger der ehemaligen DDR von der Systementscheidung des RÜG betroffen sind (gegliedert nach Bestandsrentnern bis zum 30.6.1990 und bis zum 31.12.1991 sowie nach den rechtlich unterschiedlich behandelten Gruppen der Zugangsrentner)? 1.1.3.3. welche konkreten sozialen und wirtschaftlichen Auswirkungen die Überführung nach der Zielstellung des Staatsvertrages und des EV für die Betroffenen, besonders die Klägerin / den Kläger, und die Kommunen / Länder gehabt hätte im Vergleich zur sozialen und wirtschaftlichen Situation der Betroffenen und der Kommunen bzw. Länder nach einer sachgerechten vollständigen Überführung der an die neue wirtschaftliche Situation im Beitrittsgebiet anzupassenden Ansprüche aus der SV der DDR und der AVI bzw. FZR? 1.1.3.4. welche tatsächlichen wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen für die Betroffenen, speziell für den Kläger und die Kommunen etc., hat im Unterschied zu Ziffer 1.1.3.3. die Verfahrensweise nach der 1. u. 2. RAV sowie gemäß der Systementscheidung des RÜG bewirkt?"

Zur Beantwortung dieser Fragen werden Zeugen und Sachverständige benannt.

2. Der Kläger beantragt im Übrigen in der Sache:

"Das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 18.03.03 wird aufgehoben und die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger ein höheres Alterseinkommen zu gewähren. Dazu sind die bisher erteilten Rentenbescheide (Rentenbescheid vom 01.02.1994, 03.01.1995 und 01.09.1997) in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.12.97 und die weiteren Rentenbescheide sowie die Entscheidungen zur Anpassung der Rente zum 01.07.00, zum 01.07.01, zum 01.07.02 und zum 01.07.03 abzuändern; der Bescheid vom 08.03.04 ist aufzuheben.

Die Ansprüche des Klägers auf Renten aus der SV und aus dem zusätzlichen Versorgungssystem, dem er in der DDR angehörte, sowie auf Zusatzrente, sind in der Höhe zu berücksichtigen und an die Lohn- und Einkommensentwicklung im Beitrittsgebiet anzupassen, in der er sie in der DDR rechtmäßig erworben hat. Ihm sind der Zahlbetragsschutz des EV sowie ein angemessener Eigentums-, realer Bestands- und dauerhafter Vertrauensschutz auch durch eine dem § 307b SGB VI i.d.F. des 2. AAÜG-ÄndG entsprechende Vergleichsberechnung zu gewähren. ( ) Die sich aus den unterschiedlichen Berechnungsarten des Alterseinkommens ergebenden Resultate sind zu vergleichen und der höchste Betrag ist als Rente zu leisten".

3. Für den Fall, dass das LSG den Anträgen zur Sache nicht folgen will, beantragt der Kläger,

das Verfahren zum Ruhen zu bringen oder das Verfahren auszusetzen.

4. Der Kläger regt weiter hilfsweise an, einen Beschluss gemäß Artikel 100 GG zu fassen und dem BVerfG die Fragen zur Entscheidung vorzulegen,

"ob das mit dem Rentenüberleitungsgesetz geschaffene für den Kläger lebenslang wirkende Sonderrecht Ost auf dem Gebiet der Alterssicherung einschließlich des Gebiets des Pflichtversichertenrechts und ob die abweichend von § 260 SGB VI mit §§ 228a und 256a SGB VI durch das RÜG geschaffene besondere Beitragsbemessungsgrenze Ost für die Bürger, die in der DDR-SV pflichtversichert waren, zulässig sind,

ob in einen rechtmäßig in der DDR abgeschlossenen Versicherungsvertrag bzw. in einen arbeitsrechtlichen bzw. Einzelvertrag, der ausdrücklich eine Vollversorgung zusicherte, durch den Gesetzgeber oder auf andere Weise im Zusammenhang mit der Herstellung der Einheit Deutschlands eingegriffen, das damit erworbene Eigentum enteignet und der jeweils weiter geltende Vertrag als nichtig behandelt werden darf,

ob die Gewährung der Zahlbetragsgarantie auf die Rentenzugänge bis zum 30.6.95, der Vergleichsberechnung gemäß § 307b SGB VI i.d.F. des 2. AAÜG-ÄndG auf die Zugänge bis zum 31.12.91 (Bestandsrentner) und der Dynamisierung des garantierten Zahlbetrages auf die Zugänge ab 1.1.92 zulässig ist und

ob die Verlagerung von Beiträgen der Pflegeversicherung allein auf die Arbeitnehmer beliebig erfolgen darf und

ob diese Maßnahmen mit dem GG und der EMRK übereinstimmen oder ob diese Regelungen und Verfahrensweisen den Eigentumsschutz (Art. 14 GG), den Gleichheitssatz (Art. 3 GG) und das Gebot der schrittweisen Angleichung der Einkommens- und Lebensverhältnisse Ost an West (Art. 72 GG) verletzen."

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen sowie die Klage gegen den Anpassungsbescheid zum 1. Juli 2003 und gegen den Bescheid vom 8. März 2004 abzuweisen.

Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend und führt ergänzend aus, dass § 307b SGB VI schon deshalb nicht zur Anwendung kommen könne, weil der Kläger am 31. Dezember 1991 keinen Rentenanspruch nach den Vorschriften des Beitrittsgebietes gehabt habe. Auch bestehe kein Anspruch auf eine Vergleichsberechnung nach § 4 Abs. 4 AAÜG i.d.F. des 2. AAÜG-ÄndG. Er habe nach den Vorschriften des Beitrittsgebietes erst ab dem 01. Oktober 1996 einen Rentenanspruch gehabt und damit außerhalb des maßgebenden, bis zum 30. Juni 1995 reichenden Zeitraums.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte und auf die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen, die dem Senat vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte über die Berufung des Klägers entscheiden, obwohl dieser in der mündlichen Verhandlung nicht vertreten war, da mit der ordnungsgemäßen Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden war (vgl. §§ 110 Abs. 1 Satz 2, 126, 153 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes – SGG -).

Der Senat hat teilweise bereits Bedenken an der Zulässigkeit der Anträge des Klägers, denen es – wie die aus dem Tatbestand ersichtlichen Formulierungen zeigen – an Bestimmtheit und Eindeutigkeit mangelt. Soweit sich dem klägerischen Vorbringen ein konkretes Begehren entnehmen lässt (§ 123 SGG), gilt Folgendes:

Gegenstand des Verfahrens sind, wie das Sozialgericht zutreffend festgestellt hat, die Rentenbescheide der Beklagten vom 03. Januar 1995 und 01. September 1997, die den vorangegangenen Rentenbescheid vom 01. Februar 1994 vollständig ersetzt haben und von denen wiederum der Bescheid vom 01. September 1997 gemäß § 86 SGG den Bescheid vom 03. Januar 1995 ersetzt hat. Gegenstand des Verfahrens ist auch der Widerspruchsbescheid vom 11. Dezember 1997, mit dem im Ergebnis der Widerspruch gegen den Rentenbescheid vom 03. Januar 1995 zurückgewiesen worden ist.

Die ausdrücklich angefochtenen Anpassungsbescheide sind jedoch entgegen der Auffassung des Sozialgerichts nicht nach § 96 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden, denn die in diesen Bescheiden enthaltenen Rentenanpassungen zum 01. Juli des jeweiligen Jahres, die allein die wertmäßige Fortschreibung eines bereits zuerkannten Wertes des Rechts auf Rente betreffen (vgl. BSG SozR 3/2600 § 248 Nr. 8 Seite 47 m.w.N.), bilden jeweils selbstständige Streitgegenstände. Insoweit wird nicht über den Geldwert des Rechts auf Rente, sondern ausschließlich über den Grad der Anpassung entschieden. Die Anpassungsbescheide sind auch nicht im Wege der Klageänderung nach § 99 Abs. 1 SGG in das Verfahren einzubeziehen, denn der Kläger hat zwar den Inhalt der Anpassungsbescheide, d.h. den Grad der Anpassung, beanstandet, die Beklagte hat sich hierauf jedoch nicht eingelassen und damit einer Klageänderung auch nicht zugestimmt (§ 99 Abs. 2 SGG). Es besteht auch kein Hinweis darauf, dass das Sozialgericht im Ermessenswege eine entsprechende Klageänderung für sachdienlich gehalten hätte, woran das Berufungsgericht gebunden wäre (vgl. Leitherer in Meyer-Lade¬wig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl., § 99 Anm. 15). Vielmehr ist das Sozialgericht offensichtlich lediglich davon ausgegangen, dass die Anpassungsbescheide nach § 96 SGG ohne weiteres Gegenstand des Verfahrens geworden sind, was nicht zutreffend ist. Aus dem gleichen Grund ist auch der erst im Laufe des Berufungsverfahrens ergangene und ausdrücklich angegriffene Rentenanpassungsbescheid vom 01. Juli 2003 nicht Gegenstand des Verfahrens geworden.

Gleiches gilt im Ergebnis für den Bescheid vom 08. März 2004. Er betrifft lediglich die Höhe des Abzugs für die Kranken- und Pflegeversicherung. Dies wirkt sich zwar auf den Auszahlungsbetrag der Rente aus; die Rentenhöhe als solche, die hier streitig ist, bleibt aber unberührt.

Hinsichtlich der nicht Verfahrensgegenstand gewordenen Anpassungsbescheide bis zum 01. Juli 2002 ist die Berufung mithin schon aus formalen Gründen unbegründet. Bezüglich des Rentenanpassungsbescheides zum 01. Juli 2003 und des Bescheides vom 08. März 2004, über die der Senat auf Klage zu entscheiden hat, ist die Klage unzulässig. Im Übrigen hat die Berufung des Klägers in der Sache keinen Erfolg. Der angefochtene Rentenbescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Dezember 1997 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.

Zu Ziffer 2 des Antrags des Klägers: Die Beklagte hat die dem Kläger ab dem 01. Januar 1994 zustehende Altersrente für Schwerbehinderte, Berufs- oder Erwerbsunfähige (§ 236a SGB VI) nach den Vorschriften des SGB VI zutreffend berechnet, was grundsätzlich von dem Kläger nicht bezweifelt wird, denn Einwendungen gegen den zu Grunde liegenden Versicherungsverlauf und gegen die einfach–rechtliche Rechtsanwendung hat der Kläger nicht vorgebracht. Ein höherer Wert seines Rechts auf Altersrente steht dem Kläger auch im Übrigen unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu. Soweit der Kläger meint, Anspruch auf eine Vergleichsberechnung nach § 307b SGB VI bzw. auf Rentenneuberechnung nach § 4 Abs. 4 AAÜG in der Fassung des 2. AAÜG-Änderungsgesetzes vom 27. Juli 2001 zu haben, trifft dies nicht zu. Zur Begründung wird im vollen Umfang auf die überzeugenden Ausführungen des Sozialgerichts, das auch den Wortlaut der genannten Vorschriften zutreffend wiedergegeben hat, Bezug genommen. Der Senat schließt sich dem nach eigener Überprüfung an (§ 153 Abs. 2 SGG). Soweit der Kläger die so genannte Systementscheidung angreift und die zusätzliche Gewährung von Renten aus der Sozialversicherung und FZR mit Zahlbetragsgarantie verlangt, fehlt es hierfür an einer Rechtsgrundlage, wie das BSG in ständiger Rechtssprechung entschieden hat. Diese Rechtslage ist auch mit dem Grundgesetz vereinbar (vgl. hierzu z. B. BSG SozR 3 – 8120 Kap. VIII H III Nr. 9, Nr. 14 m.w.N.). Der Senat schließt sich dieser den Klägerbevollmächtigten bekannten Rechtssprechung an und nimmt hierauf Bezug. Die in der gesetzlichen Rentenversicherung geltende Beitragsbemessungsgrenze (§§ 157, 159, 260 SGB VI) ist entgegen der Auffassung des Klägers verfassungsgemäß (vgl. BSG SozR 4 – 2600 § 260 Nr. 1). Dies gilt auch im Zusammenhang mit der Überleitung des SGB VI auf das Beitrittsgebiet zum 01. Januar 1992, die dazu geführt hat, dass erstmals Rentenberechtigte auf Grund dieser Überleitung gleichgestellte Rangstellenwerte auf Grund von Tätigkeiten im Beitrittsgebiet erhalten haben. Durch die Überleitung des SGB VI auf das Beitrittsgebiet (Art. 8, 30 Abs. 5 des Vertrages zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik über die Herstellung der Einheit Deutschlands vom 31. August 1990 – Einigungsvertrag – in Verbindung mit Art. 1 RÜG vom 25. Juli 1991) sind am 01. Januar 1992 an die Stelle des Rentenrechts des Beitrittsgebietes die Vorschriften des SGB VI und der entsprechenden Nebengesetze getreten und die nach Beitrittsgebietsrecht erworbenen Ansprüche und Anwartschaften aus Sozialversicherung und FZR sowie die zum 31. Dezember 1991 überführten Ansprüche und Anwartschaften aus Versorgungssystemen (§§ 2, 4 Abs. 1 bis § 5 AAÜG) durch die entsprechenden Ansprüche und Anwartschaften aus dem SGB VI ersetzt worden. Damit können zukunftsgerichtet Rechte und Ansprüche nur in diesem Rentenversicherungssystem und unter Berücksichtigung der allgemeinen Beitragsbemessungsgrenze entstehen. Die auf der Beitragsbemessungsgrenze beruhenden Regelungen der §§ 256a und 259b SGB VI i.V.m. § 260 Satz 2 SGB VI verstoßen auch nicht gegen Art. 14 Abs. 1 GG, denn der Schutz des Art. 14 Abs. 1 GG erstreckt sich allein auf die nach Maßgabe des Einigungsvertrages ausgestalteten und als Rechtspositionen der gesamtdeutschen Rechtsordnung anerkannten Ansprüche und Anwartschaften aus der Sozialversicherung, der FZR und den Zusatzversorgungssystemen (vgl. das Leiturteil des BVerfG vom 28. April 1999, 1 BvL 32/95 und 1 BvR 2105/95); dies gilt auch für die nach dem AAÜG anerkannten Arbeitsentgelte oder Arbeitseinkommen. Die Begrenzung auf die allgemeine Obergrenze der in der Sozialversicherung berücksichtigungsfähigen Verdienste ergibt sich aus § 6 Abs. 1 AAÜG. Die danach bzw. nach der Anlage 3 zum AAÜG anzurechnenden Höchstbeträge des Arbeitsentgelts bzw. -einkommens bei der Überführung ergeben, vervielfältigt mit den Faktoren der Anlage 10 zum SGB VI, die in der Anlage 2 des SGB VI genannte Beitragsbemessungsgrenze für das jeweilige Kalenderjahr. Die in der DDR erworbenen subjektiven Rechte sind, soweit sie durch den Einigungsvertrag nicht anerkannt worden sind, mit dem Untergang der DDR erloschen, was auch das Bundesverfassungsgericht (a.a.O.) ausdrücklich gebilligt hat. Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass das Bundesverfassungsgericht inzwischen eine andere Auffassung vertritt, denn für die in der FZR versicherten Verdienste hat das Bundesverfassungsgericht mit Nichtannahmebeschluss vom 06. August 2002 (1 BvR 586/98) ausdrücklich bestätigt, dass die Anwendung der Beitragsbemessungsgrenze auch auf diese Verdienste verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist.

Zu Ziffer 3 und 4 des Antrags des Klägers: Für ein Ruhen oder eine Aussetzung des Verfahrens (§ 114 SGG) besteht nach alledem kein Anlass, da die entscheidungserheblichen Fragen höchstrichterlich geklärt sind. Vor diesem Hintergrund sieht der Senat sich auch nicht zur Vorlage an das Bundesverfassungsgericht nach Art. 100 GG gedrängt, denn die höchstrichterliche Rechtssprechung ist überzeugend und lässt keinen Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der einschlägigen Normen.

Zu Ziffer 1 des Antrags des Klägers: Der Beweisantrag des Klägers ist unzulässig, da er nicht den Vorgaben des § 359 der Zivilprozessordnung (ZPO), der über § 118 Abs. 1 Satz 1 SGG Anwendung findet, entspricht. Es sind keine streitigen Tatsachen, über die Beweis erhoben werden soll, benannt worden. Vielmehr handelt es sich um einen unzulässigen Ausforschungsantrag (§ 359 Nr. 1 ZPO).

Nach alledem konnte der Kläger mit seinem Begehren keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Gründe hierfür nach § 160 Abs. 1 Nr. 1 und 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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