L 4 KA 9/04

Land
Schleswig-Holstein
Sozialgericht
Schleswig-Holsteinisches LSG
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
4
1. Instanz
SG Kiel (SHS)
Aktenzeichen
S 13 KA 242/03
Datum
2. Instanz
Schleswig-Holsteinisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KA 9/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 2. April 2004 sowie der Bescheid der Beklagten vom 4. Juni 2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 8. Mai 2003 aufgehoben. Die Beklagte wird verpflichtet, gegenüber der Beigeladenen einen Schadens- ersatz in Höhe von 829,16 EUR festzusetzen. Die Beklagte trägt die Kosten des gesamten Verfahrens. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen im gesamten Verfahren sind nicht erstattungsfähig. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die klagende Ersatzkasse begehrt von der beklagten Kassenzahnärztlichen Vereinigung die Festsetzung eines Schadensersatzanspruchs gegen die beigeladene Vertragsärztin wegen mangelhafter Versorgung mit Zahnersatz.

Die beigeladene Zahnärztin gliederte auf der Grundlage eines von der Klägerin genehmigten Heil- und Kostenplanes vom 15. Januar 2001 bei dem Versicherten H N am 9. März 2001 Kronen sowie eine Brücke im Oberkiefer (Zahn 24 auf 27) sowie eine Brücke im Unterkiefer (Zahn 36 auf 38) ein. Von den Gesamtkosten des Zahnersatzes in Höhe von 5.200,00 DM trug die Klägerin einen Anteil von 1.621,70 DM entsprechend 829,16 EUR.

Nach Durchführung der Behandlung wandte sich der Patient zunächst zur Nachbehandlung an die Beigeladene. Er beklagte ein Schmerzgefühl bei kalten Getränken und Schmerzen beim Kauen auch bei geringer Kraftbelastung. Daraufhin wurden bei zwei Nachbehandlungsterminen Einschleifmaßnahmen durchgeführt, die jedoch nach Angaben des Patienten nicht zum Erfolg führten. Der Patient wandte sich daraufhin an die Klägerin. Er habe die Beigeladene nach erfolgloser Durchführung von zwei Nachbehandlungen um einen Maßnahmeplan gebeten, um endlich Klarheit zu haben. Dieser sei von ihr nicht erstellt worden. Das Vertrauen zur Beigeladenen sei nicht mehr gegeben. Dagegen machte die Beigeladene geltend, dass nach den zwei Nachbehandlungsterminen weitere Termine vereinbart worden seien, zu denen der Patient nicht mehr erschienen sei.

Daraufhin veranlasste die Klägerin das Gutachten des Zahnarztes Dr. Na zu der Frage, ob der am 9. März 2001 eingegliederte Zahnersatz funktionstüchtig sei und falls nein, ob Mängel in der Planung des Zahnersatzes durch den Zahnarzt, in der technischen Herstellung des Zahnersatzes oder anderer Art vorlägen.

In seinem Gutachten vom 18. September 2001 kam Dr. Na zu dem Ergebnis, dass die Zähne 24 und 38 bei der Vitalitätsprobe extrem überempfindlich reagiert hätten. Die Aufbissbeschwerden könnten auf die Schrägbelastung des um 45 Grad geneigten Zahns 38 zurückgeführt werden, die Temperaturüberempfindlichkeit auf den freiliegenden Kronenrand 24 sowie 38 distal. Eine Mängelbeseitigung sei nur durch Neuanfertigung zu erreichen. Wegen der starken Neigung von Zahn 38 sei eine Einbeziehung als Brückenpfeiler fraglich.

Daraufhin verlangte die Beigeladene die Erstellung eines Obergutachtens. Das Gutachten des Dr. Na sei widersprüchlich. Sie sei zu Nachbesserungen bereit. Der Patient sei leider zu den von ihm selbst vorgeschlagenen Terminen nicht erschienen. Eine Neuanfertigung des Zahnersatzes sei nicht erforderlich. Einschleifmaßnahmen, Fluoridtouchierungen und gegebenenfalls Mundbehandlungen würden ausreichen, um die Beschwerden zu beseitigen.

Die Klägerin veranlasste das Obergutachten des Zahnarztes Dr. D vom 15. Januar 2002. Dieser kam zu dem Ergebnis, dass die Unterkieferbrücke 36 bis 38 Mängel im Randschluss an Zahn 36 aufweise. Die Brückengliedgestaltung 26 und 37 sei mängelbehaftet, da parodontal unhygienisch. Durch nicht ausreichende Ausheilzeit (Extraktion 26 und 37 im Januar 2001, Eingliederung der Brücke am 9. März 2001) bestehe vom Brückenglied zum Alveolarkamm jeweils ein Defekt buccal an 26 und lingual an 37, der Speiseretentionen begünstige. Des Weiteren bestünden Mängel in der Okklusion, da 26, 27 und 37, 38 ohne okklusale Kontakte seien. Der mesial gekippte Zahn 38 sei unter vertragszahnärztlichen Gesichtspunkten nicht überkronungswürdig und eine Geschiebeteilung somit unwirtschaftlich. Zusammenfassend bestünden Mängel in Randschluss, Brückengliedgestaltung und Okklusion, die nur durch Neuanfertigung zu beheben seien. Dabei sei zu berücksichtigen, dass Zahn 38 wegen der starken Kippung als Brückenpfeiler nicht mehr geeignet sei.

Zu dem Obergutachten des Dr. D teilte die Beigeladene der Klägerin mit, dass sie dieses nur teilweise akzeptiere und auch nicht bereit sei, den gesamten Kassenanteil zurückzuzahlen. Sie sei nach wie vor bereit, ihrer Nachbesserungspflicht nachzukommen und die Unterkieferversorgung neu anzufertigen. Eine Neuanfertigung der Oberkieferversorgung auf Grund unhygienischer Brückengliedgestaltung, von der im Erstgutachten keine Rede gewesen sei, sei aus ihrer Sicht nicht erforderlich. Dazu sei vielmehr anzumerken, dass der Patient aus Kostengründen und wegen eines bevorstehenden Auslandsaufenthaltes das vorgeschlagene Langzeitprovisorium zur Überbrückung der Ausheilungsphase abgelehnt habe. Auch das Vertrauensverhältnis des Patienten zu ihr könne nicht gestört sein, da er nach Eingliederung des Zahnersatzes mehrere freundliche Postkarten und Grüße aus den USA mit Hinweisen auf die bevorstehende Problembeseitigung persönlich an sie gesandt habe.

Mit Schreiben vom 16. April 2002 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Festsetzung eines Schadensersatzes gegenüber der Beigeladenen in Höhe von 829,16 EUR. Das Obergutachten habe das Vorgutachten im Hinblick auf die Brückenversorgung 24 bis 27 und 36 bis 38 bestätigt. Die Brücken wiesen Mängel in der Planung und technischen Herstellung auf und müssten neu angefertigt werden. Dagegen wandte die Beigeladene ein, dass die Einbeziehung des gekippten Zahns 38 auf den Wunsch des Patienten zurückgehe, der sich nicht mit einer Lücke zwischen 36 und 38 habe abfinden wollen. Die Behandlung sei dadurch erschwert gewesen, dass der Patient in Süddeutschland gearbeitet habe und Behandlungstermine in der Regel auf den Freitag, unter Umständen auch den Montagvormittag beschränkt gewesen seien. Außerdem habe der Patient zum Zeitpunkt der Behandlung eine zweiwöchige Geschäftsreise in die USA geplant. Eine Versorgung der Zähne mit einem Langzeitprovisorium zur optimalen Ausheilung der Extraktionswunde habe der Patient aus Kostengründen und der Sorge, das Provisorium könne während der Reise Beschwerden machen und eventuell einen Zahnersatz in den USA erforderlich machen, abgelehnt. Kontrolltermine am Wochenende, die dem Patienten angeboten worden seien, seien ebenfalls abgelehnt worden. Der Patient sei erst sechs Wochen nach der Prothesenversorgung am 11. Mai 2001 erstmals mit Temperatur- und Druckbeschwerden in ihrer Praxis erschienen. Sie habe versucht, eine Entlastung des Zahnes 38 durch Einschleifen zu erreichen, was leider zu der im Gutachten bemängelten Nonokklusion geführt habe. Daher sei sie selbstverständlich zu einer Neuanfertigung der Unterkieferversorgung bereit. Eine Neuanfertigung der Oberkieferversorgung sei dagegen nicht erforderlich, da die eingegliederte Brücke beschwerdefrei sei und eine leichte durch die kurzfristige Versorgung bedingte - unhygienische Form des Brückengliedes dies nicht zwingend erfordere.

Mit Bescheid vom 4. Juni 2002 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin auf Festsetzung eines Schadensersatzes gegenüber der Beigeladenen ab und führte zur Begründung im Wesentlichen aus: Die von der Klägerin veranlassten zahnärztlichen Gutachten beschrieben Mängel an der oberen und unteren Brücke, die eine Neuanfertigung notwendig machten. Die Beigeladene sei nach mehrfacher Aussage zur Nachbesserung auch durch Neuanfertigung bereit. Aus ihrer ausführlichen Stellungnahme gehe hervor, dass die Behandlung unter extremem Termindruck durchgeführt wurde. Das Risiko habe die Beigeladene auf Wunsch des Patienten übernommen und ihn auch darüber aufgeklärt. Der gesamte Ablauf der Behandlung inklusive der freundlichen Korrespondenz des Patienten mit der Zahnärztin lasse erkennen, dass die Zumutbarkeit einer Nachbesserung auch durch Neuanfertigung durchaus gegeben sei. Die beiden Nachbesserungstermine nach der Eingliederung des Zahnersatzes würden keinen Anlass geben, weshalb das Vertrauensverhältnis so gestört sein sollte, dass eine Nachbesserung nicht zumutbar wäre. Die erkennbaren Umstände des Behandlungsablaufes und auch die Behandlungs- und Planungsfehler seien nicht so gravierend, dass das Nachbesserungsrecht verwirkt wäre.

Daraufhin forderte die Beklagte den Versicherten auf, sich bei der Beigeladenen kostenlos den Zahnersatz im Unterkiefer neu anfertigen zu lassen. Dies lehnte der Versicherte ab. Er habe sich seinerzeit durch eine Person seines Vertrauens behandeln lassen, weil er panische Angst vor Zahnbehandlungen habe. Das Vertrauen zur Beigeladenen sei jedoch tiefgreifend gestört, nachdem bei zwei Nachuntersuchungen behauptet worden sei, alles sei in Ordnung. Die an die Beigeladene gerichtete Bitte, einen Maßnahmeplan über die weitere Behandlung zu erstellen, sei nicht beantwortet worden. Er habe bisher nicht den Mut gefunden, sich erneut in zahnärztliche Behandlung zu begeben. Er beabsichtige aber kurzfristig einen Zahnarzt seines Vertrauens aufzusuchen, um die erforderliche Behandlung durchführen zu lassen.

Die Klägerin legte Widerspruch gegen den ablehnenden Bescheid der Beklagten vom 4. Juni 2002 ein und führte zur Begründung im Wesentlichen aus: Die Beigeladene akzeptiere die obergutachtliche Beurteilung lediglich bezüglich der Versorgung des Unterkiefers. Nachdem die untere Brücke wegen der Kippung des Pfeilerzahnes 38 nicht indiziert gewesen sei, laufe das Angebot der kostenlosen Neuversorgung jedoch ins Leere. Die Brücke im Oberkiefer sei nach Auffassung beider Gutachter funktionsuntüchtig, weil bei Zahn 24 die Präparationsgrenze frei liege. Die Neuversorgung sei aber auch wegen fehlender Okklusion notwendig. Herr N habe entsprechende Beschwerden vorgetragen und die Beigeladene habe darauf offensichtlich nicht reagiert. Die mangelhafte Ausführung der Oberkieferversorgung rechtfertige ebenfalls die Rückzahlung der Kassenleistung.

Mit Bescheid vom 8. Mai 2003 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück und führte zur Begründung im Wesentlichen aus: Der geltend gemachte Schadensersatzanspruch setze voraus, dass der Versicherte auf Grund eines schuldhaft vertragswidrigen Verhaltens des Zahnarztes zur Kündigung des Dienstvertrags veranlasst worden sei. Es reiche nicht aus, dass eine im Rahmen der Dienstleistung erbrachte Leistung objektiv mit Mängeln behaftet sei. Ein zur Kündigung berechtigendes schuldhaft vertragswidriges Verhalten des Zahnarztes sei vielmehr nur dann gegeben, wenn dessen Arbeitsergebnis völlig unbrauchbar und eine Nachbesserung nicht möglich oder dem Versicherten nicht zumutbar sei. In diesem Zusammenhang sei darauf hinzuweisen, dass auch die Neuanfertigung noch als ultimative Form der Nachbesserung anzusehen sei. Die Frage der Zumutbarkeit einer Nachbesserung für den Versicherten beurteile sich nach den konkreten Umständen des Einzelfalles. Hierbei seien die Schwere des Behandlungsfehlers, Dauer und Umfang der bereits vorgenommenen Nachbesserungsversuche sowie gegebenenfalls die Einsicht des Vertragsarztes in die Mangelhaftigkeit der Leistungen zu berücksichtigen. Im vorliegenden Fall sei der Versicherte nicht zur Kündigung des Dienstvertrages berechtigt gewesen und der Regressanspruch der Klägerin sei daher nicht begründet. Bezüglich der geltend gemachten Planungsfehler bei der Einbeziehung des Zahns 38 sei zu berücksichtigen, dass in dem von der Klägerin genehmigten Heil- und Kostenplan ausdrücklich auf den extremen Neigungsgrad dieses Zahnes hingewiesen worden sei. Die Klägerin hätte die Möglichkeit gehabt, vor der Genehmigung des Heil- und Kostenplans eine Begutachtung durchführen zu lassen, was jedoch unterblieben sei. Unter diesen Umständen sei die nachträgliche Geltendmachung eines Planungsfehlers durch die Klägerin nicht mehr zulässig. Auch soweit sich der Regressanspruch auf Behandlungsfehler stütze, die in der mangelhaften Ausführung des Planes bestünden, sei dieser nicht begründet. Nach dem Inhalt des vorliegenden Gutachtens weise die eingegliederte zahnärztliche Versorgung allerdings Mängel auf, die als Behandlungsfehler zu werten seien. Zu nennen seien hier insbesondere die negative Stufe an Zahn 36 sowie die fehlende Okklusion an den Zähnen 26, 27 und 37, 38. Des Weiteren sei auf die eingetretene Spaltbildung am Brückenglied 26 hinzuweisen, die durch eine objektiv zu früh vorgenommene definitive Versorgung nach Extraktion mit plastischer Deckung zurückzuführen sei. Die Verantwortung für die durch Einschleifmaßnahmen eingetretene Nonokklusion im Unterkiefer habe die Vertragsärztin uneingeschränkt übernommen und sich insoweit zur Nachbesserung im Wege der Neuanfertigung bereit erklärt. Hinsichtlich der gutachtlich beschriebenen Mängel im Oberkiefer sei der Zeitdruck zu berücksichtigen, unter dem die Anfertigung der Prothese durchgeführt worden sei. Hierbei sei der Patient über die zahnmedizinisch idealere Lösung einer zunächst vorzunehmenden Versorgung mit einem Langzeitprovisorium aufgeklärt worden. Die gleichwohl erfolgte frühzeitige definitive Versorgung sei zumindest auch auf den Wunsch des Patienten zurückzuführen. Auch wenn die Verantwortung für die zahnmedizinische Leistung uneingeschränkt bei der Zahnärztin liege und eine wirksame Einwilligung des Patienten in medizinisch kontraindizierte Versorgungsformen nicht möglich sei, könne dieser Umstand gleichwohl bei der Frage der Zumutbarkeit weiterer Nachbesserungsmaßnahmen berücksichtigt werden. Nach Würdigung dieser Umstände sei der Patient zur fristlosen Kündigung des Behandlungsvertrages nicht berechtigt gewesen. Weitere Nachbesserungsmaßnahmen erschienen zumutbar. Eine Zerrüttung des Vertrauensverhältnisses zwischen der Beigeladenen und dem Versicherten sei nicht ersichtlich. Der Versicherte wäre verpflichtet gewesen, sich zu weiteren Nachbehandlungen in die Praxis zu begeben. In deren Verlauf hätte die Beigeladene, die sich zu ihrer Verantwortung bekannt habe, vermutlich auch ohne Einschaltung des Gutachterverfahrens eine Neuanfertigung jedenfalls des Unterkiefers angeboten und durchgeführt. Die Verantwortung für den möglicherweise auf Grund der bei dem Patienten bestehenden Zahnarztphobie eingetretenen Behandlungsabbruch habe die Vertragszahnärztin jedoch nicht zu übernehmen.

Dagegen hat sich die Klägerin mit der am 4. Juni 2003 beim Sozialgericht Kiel eingegangenen Klage gewandt und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Entgegen der Auffassung der Beklagten stehe der Festsetzung des Schadensersatzanspruchs nicht entgegen, dass der Beigeladenen keine ausreichende Gelegenheit zur Nachbesserung gegeben worden wäre. Ein zum Schadensersatz verpflichtendes schuldhaftes vertragswidriges Verhalten des Zahnarztes sei nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts bereits dann als gegeben anzusehen, wenn dessen Arbeitsergebnis völlig unbrauchbar und eine Nachbesserung nicht möglich oder dem Versicherten nicht zumutbar sei. Sei das Arbeitsergebnis eines Zahnarztes völlig unbrauchbar und könne der Zahnersatz auch durch Nachbesserungsarbeiten nicht funktionsfähig gestaltet werden, könne der Zahnarzt zwangsläufig nicht damit gehört werden, ihm sei keine Gelegenheit zur Nachbesserung gegeben worden. Wenn eine Nachbesserung nicht möglich sei, könne dem Zahnarzt dazu auch keine Gelegenheit gegeben werden. Die Nachbesserung beziehe sich nicht auf die Möglichkeit zur Neuanfertigung. Da der Zahnersatz des Versicherten N sowohl im Oberkiefer wie auch im Unterkiefer erneuert werden müsse, komme es hier auf die Zumutbarkeit einer Nachbesserung für den Versicherten nicht an. Im Übrigen könne nicht zu Gunsten der Beigeladenen berücksichtigt werden, dass die erfolgte frühzeitige definitive Versorgung mit Zahnersatz zumindest auch auf den Wunsch des Patienten zurückzuführen sei. Der Zahnarzt dürfe sich auch vom Versicherten nicht zu Behandlungen drängen lassen, für die er aus medizinischen Erwägungen heraus keine Verantwortung übernehmen könne. Insoweit befreie selbst das Einverständnis des Versicherten den Zahnarzt grundsätzlich nicht von der Verantwortung für das medizinisch richtige Vorgehen.

Die Klägerin hat beantragt,

den Widerspruchsbescheid vom 13. Januar 2003 (richtig: 8. Mai 2003) aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, durch Bescheid einen Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen die Vertragszahnärztin Dr. C , S , wegen mangelhafter zahnprothetischer Versorgung ihres Versicherten H N in Höhe von 829,16 EUR festzusetzen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat auf den Inhalt der angefochtenen Bescheide Bezug genommen.

Die Beigeladene hat sich im Klageverfahren nicht geäußert.

Mit Urteil vom 2. April 2004 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Nach der Rechtsprechung werde ein die Schadensersatzverpflichtung auslösendes schuldhaft vertragswidriges Verhalten des Zahnarztes dann als gegeben angesehen, wenn dessen Arbeitsergebnis völlig unbrauchbar und eine Nachbesserung nicht möglich oder dem Versicherten nicht zumutbar sei. Diese Voraussetzungen seien hier nicht erfüllt. Die Beteiligten seien sich einig, dass die eingegliederte Zahnversorgung nicht uneingeschränkt mängelfrei sei. Einen Behandlungsfehler sehe die Kammer ebenso wie die Beteiligten in den festgestellten Okklusionsmängeln im Bereich der Zähne 26, 27 und 37. Dagegen könne die Überempfindlichkeit der Zahnhälse durchaus auf einer falschen Putztechnik des Patienten beruhen, so dass ein sichtbarer Kronenrand nicht bereits einen Behandlungsfehler darstelle. Die Kammer sei der Auffassung, dass sich die Okklusionsmängel im hinteren Bereich der linken Kieferhälfte durch Erneuerung der Unterkieferversorgung beheben ließen. Beide Gutachter beschrieben nämlich Kontakte an den Zähnen 24 und 25 zu den entsprechenden Zähnen des Gegenkiefers. Durch Neuanfertigung der Unterkieferversorgung hätte hier eine hinreichende Okklusion erreicht werden können. Die Neuanfertigung der Unterkieferversorgung sei dem Patienten auch zumutbar. Nach Auffassung der Kammer entfalle die Zumutbarkeit einer Nachbehandlung nicht generell dann, wenn eine Mängelbeseitigung nur durch Neuanfertigung des Zahnersatzes möglich sei. Die Zumutbarkeit könne nur dann entfallen, wenn sich von der Notwendigkeit einer Neuanfertigung auch stets auf die Schwere des Behandlungsfehlers schließen ließe. Das sei jedoch nicht der Fall. Aus zahlreichen vorangegangenen Verfahren sei der Kammer bekannt, dass es vorrangig eine handwerklich-technische Frage sei, ob eine Nachbehandlung durch Veränderung des bereits gefertigten Zahnersatzes, z.B. durch Einschleifen oder Unterfüttern zum Erfolg führe oder ob eine Erneuerung beispielsweise von Kronen erforderlich sei. Es seien durchaus Fälle denkbar, in denen die vollständige Erneuerung des Zahnersatzes für den Patienten schonender oder für die Krankenkasse wirtschaftlicher sei. Die Entscheidung darüber, ob dem Patienten eine erforderliche Nachbehandlung zumutbar sei oder ob ihm ein außerordentliches Kündigungsrecht zustehe, habe sich daher nach Auffassung der Kammer allein an den Umständen des Einzelfalles zu orientieren. Zu berücksichtigen seien dabei insbesondere die Schwere des Behandlungsfehlers, Dauer und Erfolg der bereits durchgeführten Nachbehandlung, die Einsicht des Zahnarztes in die Notwendigkeit einer Nachbehandlung sowie unter Umständen auch deren Umfang. Bei allem müsse berücksichtigt werden, dass auch Zahnärzten zuzubilligen sei, dass sie Krankheiten behandeln und der Behandlungserfolg sich nicht immer sogleich und uneingeschränkt einstelle, sondern Nachbehandlungen erforderlich seien. Vorliegend sei zu berücksichtigen, dass es sich um eine umfangreiche Zahnersatzversorgung in Ober- und Unterkiefer handele. Diese sei durch die Wünsche des Patienten nach einer Einbeziehung des gekippten Zahnes 38 und nach einer möglichst sofortigen definitiven Versorgung ohne Langzeitprovisorium erschwert gewesen. Hinzu komme, dass sich der Patient montags bis donnerstags aus beruflichen Gründen in Bayern aufgehalten und eine längere Reise in die Vereinigten Staaten von Amerika geplant habe. Aus diesen Gründen hätten notwendige Nachbehandlungstermine nur unter sehr erschwerten Bedingungen vereinbart werden können. Die Nachbehandlungstermine seien teilweise durch den Patienten nicht eingehalten worden. Letztlich hätten zwei Nachbehandlungstermine im April und Mai 2001 stattgefunden. Der Versicherte habe persönlichen Kontakt mit der Beigeladenen und deren Praxisteam gehalten, in dem er sie um einen Maßnahmeplan gebeten habe. Diese Umstände zeigten, dass weder aus Sicht der Beigeladenen noch aus Sicht des Versicherten das Vertrauensverhältnis zerstört gewesen sei. Vielmehr sei dem Patienten vorrangig an einer Beseitigung des Mangels gelegen gewesen.

Gegen das ihr am 22. April 2004 zugestellte Urteil wendet sich die Klägerin mit der am 30. April 2004 beim Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht eingegangenen Berufung, zu deren Begründung sie ihr Vorbringen aus dem erstinstanzlichen Verfahren wiederholt und vertieft. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts komme es vorliegend nicht auf die Zumutbarkeit oder Unzumutbarkeit einer Nachbesserung durch Neuanfertigung an. Eine Mängelbeseitigung durch Neuanfertigung habe das Bundessozialgericht nicht statuiert. Ausschlaggebend sei, dass das Arbeitsergebnis der Beigeladenen völlig unbrauchbar und eine Nachbesserung nicht möglich sei. Erwägungen zur Zumutbarkeit einer Nachbesserung kämen in diesem Fall nicht zum Tragen.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 2. April 2004 sowie den Bescheid der Beklagten vom 4. Juni 2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 8. Mai 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, einen Schadensersatzanspruch gegenüber der Beigeladenen in Höhe von 829,16 EUR festzusetzen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil und macht geltend, dass eine erforderliche Neuanfertigung des Zahnersatzes nicht dessen völlige Unbrauchbarkeit indiziere. Im Übrigen müsse die Gesamtversorgung im Ober- und Unterkiefer einheitlich betrachtet werden. Im vorliegenden Fall bedürfe es lediglich der Neuversorgung im Unterkiefer und nicht in der gesamten prothetischen Versorgung.

Die Beigeladene hat sich auch im Berufungsverfahren nicht geäußert.

Die den streitigen Sachverhalt betreffenden Verwaltungsakten der Klägerin und der Beklagten haben dem Senat vorgelegen. Diese sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung gewesen. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf ihren Inhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat hat wie bereits das Sozialgericht in der Besetzung mit je einem Richter aus dem Kreis der Krankenkassen und der Kassenzahnärzte entschieden, da der geltend gemachte Anspruch Außenrechtsbeziehungen der Kassenzahnärztlichen Vereinigung zur Krankenkasse betrifft (BSG, Urteil vom 3.Dezember 1997 B 6 RKa 40/96 ; BSG, Urteil vom 21. April 1993 - 14a RKa 6/92 - SozR 3-5555 § 15 Nr. 1).

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig. Sie ist insbesondere statthaft, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes mit 829,16 EUR die Grenze von 500,00 EUR gem. § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) überschreitet. Die Statthaftigkeit der Berufung ist nicht davon abhängig, dass der Wert des Beschwerdegegenstandes 5.000,00 EUR überschreitet, weil es sich vorliegend nicht um eine Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden im Sinne des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG handelt. Als Erstattungsstreitigkeiten im Sinne des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG sind in erster Linie Streitigkeiten um Erstattungsansprüche im Sinne der §§ 102 ff. Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) anzusehen (vgl. Kummer, NZS 1993, 285, 291). Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits ist das Begehren der klagenden Krankenkasse auf Festsetzung eines Schadensersatzanspruches gegenüber der Beigeladenen. Es handelt sich dabei auch bei einer weiten Auslegung des Begriffs nicht um einen Erstattungsanspruch (im Ergebnis ebenso zu § 149 SGG in der bis zur Aufhebung durch das Gesetz zur Entlastung der Rechtspflege vom 11. Januar 1993, BGBl. I S. 50 geltenden Fassung: BSG, Urteil vom 21. April 1993, a. a. O.).

Die Berufung ist auch begründet. Die Klägerin hat Anspruch darauf, dass die Beklagte gegenüber der Beigeladenen einen Schadensersatz in Höhe von 829,16 EUR festsetzt.

Rechtsgrundlage des von der Klägerin verfolgten Begehrens auf Festsetzung eines Schadensersatzanspruches ist eine öffentlich-rechtliche Schadensersatzpflicht des Vertragsarztes im Verhältnis zur Kassenzahnärztlichen Vereinigung, die sich aus dem Gesamtzusammenhang der Regelungen des Zahnarzt-Ersatzkassenvertrages (EKV-Z) ergibt. Im Falle mangelhafter Versorgung mit Zahnersatz ist der Zahnarzt zum Schadensersatz und sind die vertragsärztlichen Institutionen zur Festsetzung des Schadensersatzanspruches verpflichtet. Die Krankenkasse kann nicht selbst unmittelbar gegen den Zahnarzt vorgehen, weil und solange die vertragszahnärztlichen Institutionen diesem gegenüber im Hinblick auf seine fortbestehende Zulassung zur vertragszahnärztlichen Versorgung noch Regelungsgewalt besitzen (BSG, Urteil vom 28. April 2004 - B 6 KA 64/03 R - SozR 4-5555 § 12 Nr. 1, juris Rz. 13, m.w.N.).

Zuständig für die Festsetzung des Schadensregresses war jedenfalls nach der hier maßgebenden Rechtslage bis zum Abschluss des Verwaltungsverfahrens im Mai 2003 - die beklagte Kassenzahnärztliche Vereinigung, gegen die sich die Verpflichtungsklage zu Recht richtet. Anders als im zahnärztlichen Primärkassenbereich, in dem insoweit die Befugnis zur Festsetzung von Schadensregressen den für die Wirtschaftlichkeitsprüfung zustehenden Gremien übertragen worden ist, war nach dem EKV-Z in der zuletzt durch Vereinbarung vom 25. Oktober 2001 geänderten, bis zum 31. Dezember 2004 geltenden Fassung im Ersatzkassenbereich die Zuständigkeit der Kassenzahnärztlichen Vereinigung gegeben (vgl. BSG, a.a.O., juris Rz. 14, m.w.N.). § 12 Abs. 6 EKV-Z in der hier noch maßgebenden Fassung sah vor, dass die Kassenzahnärztliche Vereinigung bei der nächsten Abrechnung "durch Vertragsinstanzen anerkannte Forderungen einer Vertragskasse gegen einen Vertragsarzt aus diesem Vertrag" absetzt. Eine Pflicht zur Abführung des Erlöses des gegen den Zahnarzt festgesetzten Regressanspruchs steht unter dem Vorbehalt, dass sich dieser Regressanspruch durchsetzen lässt (BSG, Urteil vom 21. April 1993, a.a.O., juris Rz. 26).

Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts ist die Beklagte verpflichtet, gegenüber der Beigeladenen den geltend gemachten Schadensersatz in Höhe von 829,16 EUR festzusetzen. Bei der Versorgung von Zahnersatz gegenüber dem Patienten handelt es sich um einen Dienstvertrag im Sinne des § 611 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) der - da es sich um Dienstleistungen höherer Art handelt - gemäß § 627 BGB grundsätzlich jederzeit gekündigt werden kann. Dies schließt ein Recht des Zahnarztes auf Nachbesserung zur Vermeidung von Schadensersatzansprüchen in der Regel aus. Ein Schadensersatzanspruch setzt jedoch unabhängig davon, ob man diesen im Einzelfall aus einer analogen Anwendung von § 628 BGB oder dem Rechtsinstitut der positiven Vertragsverletzung ableitet - voraus, dass der Versicherte auf Grund eines schuldhaft vertragswidrigen Verhaltens des Zahnarztes zur Kündigung veranlasst worden ist. Hierfür reicht die Tatsache, dass eine im Rahmen der Dienstleistung erbrachte Leistung mit Mängeln behaftet ist, allein nicht aus (BSG, Urteil vom 2. Dezember 1992 - 14a/6 RKa 43/91 - SozR 3 5555 § 9 Nr. 1; BSG, Urteil vom 16. Januar 1991 – 6 RKa 25/89 – SozR 3 5555 § 12 Nr. 2). Ein zur Kündigung berechtigendes schuldhaftes vertragswidriges Verhalten des Zahnarztes wird im vorliegenden Zusammenhang dann als gegeben angesehen, wenn dessen Arbeitsergebnis vollständig unbrauchbar und eine Nachbesserung nicht möglich oder dem Versicherten nicht zumutbar ist (BSG, a.a.O.).

Der Senat lässt offen, ob dem Versicherten im vorliegenden Fall eine Nachbesserung zumutbar gewesen wäre. Jedenfalls wird das Schreiben des Versicherten an die Beigeladene, mit dem er nach erfolgloser Durchführung von zwei Nachbesserungsversuchen um einen "Maßnahmeplan" gebeten hat, entgegen der Auffassung des Sozialgerichts nicht als Beleg für ein fortbestehendes Vertrauensverhältnis zwischen der Beigeladenen und dem Versicherten angesehen werden können, weil der Versicherte gerade geltend macht, dass das Vertrauensverhältnis nach erfolgloser Durchführung der Nachbesserungsversuche und nachdem die Beigeladene nicht auf die Bitte um Erstellung eines Maßnahmeplans reagiert habe, zerstört worden sei. Darauf kommt es hier jedoch nicht an, weil eine Mängelbeseitigung nur durch Neuanfertigung des Zahnersatzes möglich ist. Die Frage, ob es dem Versicherten zumutbar ist, eine Nachbesserung durch die Beigeladene durchführen zu lassen, kann unter diesen Umständen dahingestellt bleiben.

Dabei verkennt der Senat nicht, dass eine Nachbehandlung durch Veränderung des bereits gefertigten Zahnersatzes für den Patienten weniger belastend sein kann als eine Neuanfertigung. Dies wird sogar vielfach der Fall sein. Wenn man jedoch - wie das Sozialgericht - auch in Fällen der Unbrauchbarkeit des Zahnersatzes auf die Umstände des Einzelfalles und die Frage abstellen wollte, ob die erforderliche Neuanfertigung für den Patienten belastender ist als eine Nachbesserung und wenn man zusätzlich berücksichtigen würde, ob die Notwendigkeit einer Neuanfertigung im Einzelfall mit der Schwere des Behandlungsfehlers in Zusammenhang steht, würden die in der Rechtsprechung in Anlehnung an zivilrechtliche Maßstäbe entwickelten Kriterien mit der Unterscheidung von Fallgestaltungen, in denen die Mängel durch eine Nachbesserung behoben werden können und Fallgestaltungen, in denen eine vollständige Neuanfertigung erforderlich ist, bedeutungslos. Der Senat hält an den in der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts vertretenen Maßstäben fest. Es erscheint dem Senat sachgerecht, dem Patienten in den Fällen, in denen ohnehin eine vollständige Neuanfertigung des Zahnersatzes erforderlich ist, die Möglichkeit zum Wechsel des behandelnden Zahnarztes zuzugestehen, ohne dass die Zumutbarkeit einer erneuten Behandlung beim bisher behandelnden Zahnarzt im Einzelnen zu prüfen ist. Im übrigen sind die in der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts entwickelten Maßstäbe in der Praxis sehr viel leichter zu handhaben, als ein Abstellen auf die "Umstände des Einzelfalles" auch in Fällen der Erforderlichkeit einer Neuanfertigung. Vielfach wäre eine sehr umfangreiche Aufklärung des Sachverhalts erforderlich. Das gilt insbesondere in Fallgestaltungen wie der Vorliegenden, in der die Angaben des Versicherten und die der behandelnden Ärztin zum Verlauf der Behandlung und den Auswirkungen auf das Vertrauensverhältnis nicht übereinstimmen. Das Sozialgericht ist bei seiner Beurteilung der Umstände des Einzelfalles soweit ersichtlich ebenso wie die Beklagte von der Darstellung durch die Beigeladene ausgegangen, ohne dies näher zu begründen.

Für ein Festhalten an den in der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts entwickelten Maßstäben spricht ferner, dass diese mit der Rechtsprechung der Zivilgerichte zu der Frage in Einklang stehen, unter welchen Voraussetzungen der Patient den Behandlungsvertrag mit dem Zahnarzt kündigen kann, ohne dass dem Zahnarzt ein Vergütungsanspruch für die bis dahin erbrachten Leistungen zusteht. Geregelt wird dies allerdings in § 628 Abs. 1 Satz 2 BGB und nicht wie die Entscheidungen des BSG vom 16. Januar 1991 und vom 2. Dezember 1992 (a. a. O.) nahe legen könnten in § 628 Abs. 2 BGB. Nach dieser Vorschrift steht dem Dienstverpflichteten ein Anspruch auf Vergütung insoweit nicht zu, als seine bisherigen Leistungen infolge der Kündigung für den anderen Teil kein Interesse haben, wenn der Verpflichtete die Kündigung des anderen Teils durch sein vertragswidriges Verhalten veranlasst hat (oder wenn der Verpflichtete kündigt, ohne durch vertragswidriges Verhalten des anderen Teils dazu veranlasst zu sein.). Die zivilgerichtliche Rechtsprechung geht davon aus, das die Leistung in Gestalt des Zahnersatzes für den Patienten jedenfalls dann kein Interesse hat, wenn der Zahnersatz mangelhaft ist und sich ein mangelfreier Zahnersatz nicht durch eine – dem Üblichen entsprechende Nachbehandlung, wie z.B. Einschleifen, herstellen lässt, sondern völlig unbrauchbar bzw. wenn eine Neuherstellung des Zahnersatzes erforderlich ist (OLG Hamburg, Urteil vom 25. November 2005 – 1 U 6/05OLGR 2006, 128; OLG Düsseldorf, Urteil vom 11. Mai 2000 – 8 U 133/99 – AHRS 2695/303; OLG Koblenz, Urteil vom 7. Januar 1993 5 U 1289/92 – MedR 1994, 30; OLG Köln, Urteil vom 12. Januar 1977 – 2 U 100/76 VersR 1977, 843). Unter diesen Umständen kommt es nicht darauf an, ob dem Patienten eine (weitere) Nachbehandlung zumutbar ist. Soweit die Beklagte geltend macht, dass die Neubestellung als ultimative Form der Nachbesserung anzusehen sei, mag dies im Zusammenhang mit dem Anspruch auf Nacherfüllung im Werkvertragsrecht zutreffen (vgl. BGH, Urteil vom 10. Oktober 1985 VII ZR 303/84BGHZ 96, 111 = NJW 1986, 711). Für die hier zu beurteilende Frage des Bestehens eines Honoraranspruchs nach der Kündigung eines Dienstvertrags kommt es darauf jedoch nicht an.

Zur Überzeugung des Senats steht fest, dass die am 9. März 2001 durchgeführte Versorgung des Versicherten mit Zahnersatz sowohl bezogen auf die Brücke im Oberkiefer als auch bezogen auf die Brücke im Unterkiefer mangelhaft war und dass eine Nachbesserung im Sinne einer Beseitigung des Mangels an dem eingegliederten Zahnersatz insgesamt nicht möglich ist, sondern dass eine Neuherstellung erforderlich ist. Dabei lässt der Senat dahinstehen, ob der Regressanspruch auf mögliche Planungsfehler wegen der Einbeziehung des Zahns 38 gestützt werden kann oder ob die Klägerin mit diesem Einwand wegen der Genehmigung des Heil- und Kostenplans ausgeschlossen ist (vgl. dazu BSG, Urteil vom 20. Mai 1992 14a/6 RKa 9/90 - SozR 3-5555 § 12 Nr. 3, juris Rz. 30; BSG, Urteil vom 2. Dezember 1992, a. a. O., juris Rz. 17). Denn der von der Beigeladenen eingegliederte Zahnersatz weist weitere Mängel auf, die in der mangelhaften Ausführung des Behandlungsplans begründet sind und die eine Neuanfertigung erforderlich machen.

Mit seiner Überzeugung zur Erforderlichkeit einer vollständigen Neuanfertigung des Zahnersatzes stützt sich der Senat auf das im Verwaltungsverfahren eingeholte zahnärztliche Gutachten des Dr. Na vom 18. September 2001 und das Obergutachten des Dr. D vom 15. Januar 2002. Die Gutachter sind übereinstimmend zu der Auffassung gekommen, dass sowohl die Versorgung im Bereich des Oberkiefers als auch die Versorgung im Bereich des Unterkiefers Mängel aufweist, die nur durch eine Neuanfertigung behoben werden können. Damit übereinstimmend hat die Beklagte in dem Bescheid vom 4. Juni 2002 unter Bezugnahme auf die von der Klägerin in Auftrag gegebenen Gutachten die Auffassung vertreten, dass die beschriebenen Mängel sowohl an der oberen als auch an der unteren Brücke eine Neuanfertigung notwendig machen. Wörtlich heißt es in dem Bescheid: "Die Gutachten, die im Abstand von vier Monaten erstellt wurden, beschreiben Mängel an der oberen und unteren Brücke, die eine Neuanfertigung notwendig machen". An der Erforderlichkeit der Neuanfertigung sowohl der Brücke im Oberkiefer als auch der Brücke im Unterkiefer hat die Beklagte auch im angefochtenen Widerspruchsbescheid keine Zweifel zum Ausdruck gebracht und die ablehnende Entscheidung allein damit begründet, dass auch die Neuanfertigung als ultimative Form der Nachbesserung anzusehen sei. Soweit das Sozialgericht in seiner Entscheidung Zweifel an der Erforderlichkeit einer Neuanfertigung der Brücke im Oberkiefer geäußert hat und sich dabei auf die Sachkunde des als Vertragszahnarzt tätigen ehrenamtlichen Richters Dr. Ha gestützt hat, konnte der Senat dies nicht nachvollziehen. Nach dem Inhalt der Entscheidungsgründe hat Dr. Ha lediglich darauf hingewiesen, dass die festgestellte Überempfindlichkeit der Zahnhälse auf einer falschen Putztechnik des Patienten beruhen könne und dass ein sichtbarer Kronenrand nicht bereits einen Behandlungsfehler darstelle, wenn die Krone die Präparationsgrenze im Übrigen erreiche. Dabei handelt es sich jedoch nach der gewählten Formulierung nur um eine von mehreren Möglichkeiten. Darüber hinaus ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass eine Beurteilung der Frage, ob eine Nachbesserung der Brücke im Oberkiefer möglich ist oder ob eine Neuanfertigung erforderlich ist, eine Untersuchung des mit der Brücke versorgten Versicherten voraussetzt. Insoweit bezieht sich der Senat auf die Sachkunde des als Vertragszahnarzt tätigen ehrenamtlichen Richters Hb. Ausschlaggebend kann nach Auffassung des Senats daher nur der Inhalt der im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachten sein. Beide Gutachter haben den Versicherten nach der Eingliederung des Zahnersatzes durch die Beigeladene zeitnah untersucht. Die Gutachten beschreiben übereinstimmend Mängel sowohl bezogen auf die Brücke im Oberkiefer als auch auf die Brücke im Unterkiefer. Auch der Obergutachter Dr. D kommt auf dieser Grundlage zu dem Ergebnis, dass die bestehenden Mängel nur durch Neuanfertigung zu beheben sind. Der Beurteilung durch die Gutachter sind keine Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, dass sich die Erforderlichkeit einer Neuanfertigung nur auf eine der beiden als mangelhaft beschriebenen Brücken beziehen könnte.

Die Beklagte hat erstmals in der Berufungserwiderung vom 11. Mai 2006 geltend gemacht, dass es vorliegend lediglich der Neuversorgung im Unterkiefer und damit nicht der gesamten Versorgung des Patienten mit Zahnersatz in der linken Gesichtshälfte bedurft hätte. Diese Auffassung ist nicht näher begründet worden. Die Beigeladene, die im Verwaltungsverfahren ebenfalls die Auffassung vertreten hatte, dass eine Neuversorgung im Bereich des Oberkiefers nicht erforderlich sei, hat sich im gesamten gerichtlichen Verfahren nicht mehr geäußert. Unter diesen Umständen hat der Senat keinen Anlass gesehen, im gerichtlichen Verfahren weitere Ermittlungen anzustellen. Vielmehr konnte sich der Senat mit seiner Überzeugungsbildung auf die im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachten stützen. Bei den von der klagenden Krankenkasse eingeholten Gutachten handelt es sich nicht um Privatgutachten. Die im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachten sind im gerichtlichen Verfahren urkundlich verwertbar (BSG, Urteil vom 20. Mai 1992 14a/6 RKa 9/90 - SozR 3 5555 § 12 Nr. 3). Eine weitere Aufklärung des Sachverhalts durch die Einholung weiterer Gutachten ist unter diesen Umständen nur erforderlich, wenn die im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachten im Klageverfahren im Einzelnen substantiiert angegriffen werden oder wenn der Sachverhalt im Verwaltungsverfahren mangelhaft aufgeklärt worden ist, weil z.B. versäumt worden ist, ein Obergutachten einzuholen (vgl. BSG, Urteil vom 2. Dezember 1992, a.a.O.). Diese Voraussetzungen liegen hier jedoch nicht vor. Zwar hat die Beklagte in der mündlichen Verhandlung ergänzend zu der Erforderlichkeit der Neuversorgung allein im Bereich des Unterkiefers vorgetragen. Solche erstmals in der mündlichen Verhandlung vorgetragenen Bedenken können nach Auffassung des Senats jedoch nicht als substantiiertes Vorbringen im Sinne der o. g. Rechtsprechung des Bundessozialgerichts angesehen werden. Im übrigen sieht der Senat keine Möglichkeit, den von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung erstmals dargelegten Zweifeln an der Erforderlichkeit der Neuversorgung im Bereich des Oberkiefers nachzugehen, weil eine Aufklärung des Sachverhalts durch die Einholung eines weiteren Gutachtens zeitnah erfolgen müsste und jedenfalls nach Ablauf eines Zeitraums von mehr als fünf Jahren ausgeschlossen ist. Auch insoweit bezieht sich der Senat auf die Sachkunde des ehrenamtlichen Richters Hb.

Es bestehen keine Zweifel am Verschulden der Beigeladenen. Zwar gibt es Anhaltspunkte dafür, dass Bemühungen der Beigeladenen, besonderen Wünschen des Versicherten Rechnung zu tragen, zu dem unbefriedigenden Ergebnis beigetragen haben könnten. Dies ändert aber jedenfalls nichts daran, dass die Beigeladene die Verantwortung für die fachgerechte Erbringung der Leistung trägt und sich nicht auf Wünsche des Patienten einlassen darf, die nicht fachgerecht zu realisieren sind. Von der uneingeschränkten Verantwortung der Zahnärztin für die zahnmedizinische Leistung ist im Übrigen auch die Beklagte im angefochtenen Widerspruchsbescheid ausgegangen.

Der Anspruch steht der Klägerin in der geltend gemachten Höhe zu. Da der Zahnersatz vollständig unbrauchbar war, entspricht die Schadenshöhe dem von der Krankenkasse anteilig geleisteten Honorar (vgl. BSG, Beschluss vom 29. Juni 2001 - B 6 KA 74/00 B -, veröffentlicht in juris; BSG, Urteil vom 2. Dezember 1992, a.a.O., juris Rz. 30). Dass dieses fehlerhaft berechnet worden sein könnte, ist nicht ersichtlich und auch von den Beteiligten nicht geltend gemacht worden.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1, Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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