L 1 B 179/05 KR ER

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 85 KR 787/05 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 1 B 179/05 KR ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens. Der Wert des Verfahrensgegenstandes wird für die erste Instanz auf 3.750,00 EUR und für die zweite Instanz auf 5.625,00 EUR festgesetzt.

Gründe:

Nachdem die Beteiligten übereinstimmend den Rechtstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, ist über die Kosten des Verfahrens nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes zu entscheiden (§ 197 a Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz [SGG] i. V. m. § 161 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung [VwGO]). Der Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 8. April 2005 ist gegenstandslos. Hier ist es gerecht und damit "billig", der Antragsgegnerin die Kosten aufzuerlegen, weil die Antragsstellerin mit ihren Begehren voraussichtlich ganz oder jedenfalls überwiegend Erfolg gehabt hätte:

Der erstinstanzlich gestellte Antrag ist zulässig und begründet gewesen. Es wird hierzu auf den allen Beteiligten bekannten Beschluss des 1. Senats des Landessozialgerichts Berlin vom 14. März 2005 – L 1 B 59/05 KR ER – verwiesen. Der Senat sieht sich zu einer Änderung seiner Auffassung durch die im Ergebnis gegenteilige Auffassung des 9. Senats im Beschluss vom 27. April 2005 – Landessozialgericht Berlin L 9 B 65/05 KR ER – nicht veranlasst. So war von Eilbedürftigkeit auszugehen (vgl. Beschluss vom 14. März 2005 –L1 B 59/05KR ER S.5). Im benannten Beschluss ist auch bereits ausgeführt, dass es sich bei dem Antrag (nur) um einen auf Erlass einer sogenannten Sicherungsanordnung nach § 86 b Abs. 2 Satz 1 SGG gehandelt hat und nicht um ein Begehren auf eine rechtserweiternde Regelungsanordnung nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG. Der (noch) fehlende Spruch der Schiedsperson stand einem Erfolg des Antrages nicht entgegen, da nur die Sicherung der der Antragsstellerin jedenfalls zustehenden Mindestrechte gefordert war. Womöglich gab es zwischen der Antragstellerin und der Antragsgegnerin sogar einzelvertragliche Beziehungen, nachdem und soweit die Antragsgegnerin ihre Versicherten weiterhin von der Antragsstellerin betreuen ließ. Solche vertraglichen Beziehungen hätten es der Antragsgegnerin jedenfalls nicht gestattet, sich so zu verhalten, als sei die Antragstellerin kein Vertragspartner mehr. Das Bundessozialgericht hat im Urteil vom 13. Mai 2004 –B 3 KR 2/03 R- SozR 4-2500 § 132a Nr. 1 eine unbeachtliche sogenannte protestatio facto contraria im dort entschiedenen Fall für einen vertraglichen Vergütungsanspruch bei Streit nur um die angemessene Bezahlung ausgeschlossen. Das Leugnen vertraglicher Beziehungen könnte unbeachtlich sein. Hier sollte jedenfalls nicht eine Rechtsposition gesichert werden, die materiell-rechtlich erst aufgrund eines Schiedsspruches hätte entstehen können. Es ist deshalb auch nicht ersichtlich, dass vor einem gerichtlichen Eilantrag erst noch ein vorläufiges Schiedsverfahren hätte durchgeführt werden müssen.

Es entspricht auch billigem Ermessen, der Antragsgegnerin die Verfahrenskosten hinsichtlich des im Schriftsatz vom 9. Mai 2005 gestellten weiteren Antrages ("Anschlussbeschwerde") aufzuerlegen:

Allgemein wäre unbillig, einem Antragsteller alleine deshalb die Kosten aufzuerlegen, weil sein bisheriger Antrag in der konkret gestellten Form unzulässig ist. Generell kommt es nämlich für das Vorliegen der Prozessvoraussetzungen auf den Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung an. Dass bei der Kostenentscheidung nicht streng nach der aktuellen Sach- und Rechtslage entschieden werden darf (a. A. für § 91a ZPO u. a. OLG Brandenburg NJW 2002, 1659 mit Nachweisen des Streitstandes für die ordentliche Gerichtsbarkeit; wie hier auch Clausing in Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 161 Rdnr. 23), ergibt sich bereits aus dem Wortlaut: Der bisherige Sach- und der Streitstand sind (lediglich) mit zu berücksichtigen. Hier ist deshalb nicht maßgeblich darauf abzustellen, dass der Antrag in die sachlich-funktionelle Zuständigkeit des Sozialgerichts gehört hätte. Dieser Antrag wäre nicht als unzulässig zurückzuweisen gewesen, sondern hätte (nur) zur Abtrennung und Verweisung an das sachlich zuständige Gericht geführt. Eine Verweisung im jetzigen Verfahrensstadium nach Erledigung nur wegen der Kostenentscheidung scheidet aus prozessökonomischen Gründen aus (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, § 161 Randnummer 11, 15).

Bei der Bewertung der Erfolgsaussicht ist auch ansonsten nicht nur auf den schriftsätzlich wörtlich gestellten Antrag abzustellen. Vielmehr sind mutmaßliche sachdienliche Änderungen, mit zu berücksichtigen (ebenso Landessozialgericht Baden-Württemberg, Beschluss vom 19. November 1993 – L 5 KA 1759/92 – Juris). Der Sache nach hat es sich bei dem Antrag entweder wie beim Hauptantrag um ein Begehren auf einstweilige Sicherung eines bestehenden Zustandes gehandelt und/oder auf Androhung eines Zwangsmittels zur Durchsetzung des ersten Antrages. Es ist daher zu unterstellen, dass die Antragstellerin nicht an ihrem Antrag strikt festgehalten hätte

Soweit das Antragsbegehren teilweise zu unbestimmt sein könnte und soweit mit dem anzudrohenden Ordnungsgeld über den in Satz 1 des § 201 SGG vorgesehenen Betrag hinausgegangen wird, führt dies unter Anwendung des Gedankens des § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO zu einem im Gesamtsaldo unbeachtlichen Unterliegen der Antragstellerin. Eine eventuelle Unbestimmtheit hätte noch korrigiert werden können. Die Höhe des Zwangsgeldes liegt im gerichtlichen Ermessen. Die Bezifferung durch den Vollstreckungsgläubiger stellt nur eine Anregung dar.

Der Streitwert des ursprünglichen Antrages war nach dem Auffangstreitwert zu bemessen (§§ 53 Abs. 3 Nr. 4, 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz [GKG]), weil der Sachverhalt keine anderweitige Schätzung ermöglicht. Vom vollen Auffangstreitwert war ein Abzug von 25 % vorzunehmen, weil es sich einerseits um ein Eilverfahren gehandelt hat, dieses andererseits jedoch einen die Hauptsache ersetzenden Charakter hatte. Der zusätzliche Antrag im Beschwerdeschriftsatz war auf die Hälfte des ersten zu schätzen, weil es sich der Sache nach nicht um eine völlig neue Angelegenheit gehandelt hat. Der Streitwert für die zweite Instanz ergibt sich nach § 39 GKG aus einer Addition. Die Abänderung der Streitwertfestsetzung für die erste Instanz findet in § 63 Abs. 3 GKG ihre Grundlage.

Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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