Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 1 P 172/03
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 P 3351/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
Die Beklagten tragen als Gesamtschuldner die Kosten des Rechtsstreits.
Der Streitwert wird auf EUR 20.000,00 festgesetzt.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der "Stretch-Lifter PULLA" (SLP) in die Produktgruppe 50 des Pflegehilfsmittelverzeichnisses nach § 128 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB V) i. V. m. § 78 Abs. 2 des Elften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB XI) aufzunehmen ist.
Am 29. Februar 2000 beantragte die E. AG, die den SLP entwickelt und zum 01. April 2001 die weitere Entwicklung und Vermarktung auf die Klägerin übertragen hatte, die Aufnahme des SLP in das Pflegehilfsmittelverzeichnis. Nach dem dem Antrag beigefügten Prospekt und der Produktbeschreibung bringt der SLP "Pflegebedürftige und Patienten ohne eigene Kraftanstrengung immer in die richtige Liegeposition - sanft und stufenlos per Knopfdruck". Neben der Erläuterung der technischen Funktion und der Energieversorgung wird der Vorgang für den Pflegeempfänger damit beschrieben, dass der bettlägerige Pflegebedürftige nach Anbringung einer Rolle mit dem Transportlaken am Fußende und einer Rolle zum Aufwickeln am Kopfende auf dem Transportlaken zwischen den beiden Rollen liegt, das durch Drücken eines Wipptasters bewegt bzw. gezogen und über die Rolle am Kopfende aufgewickelt wird, wodurch der Pflegebedürftige ohne eigene oder fremde Kraftanstrengung in Richtung Kopfende bis zum Loslassen des Tasters transportiert wird. Hervorgehoben wird die Eignung des SLP für den Einsatz beim Menschen mit Lähmungen und Teillähmungen, mit Altersschwäche, nach einem Schlaganfall und Patienten im Koma oder im Wachkoma. Der SLP, dem das TÜV-Zertifikat erteilt ist, wird mit einem Endpreis von ca. EUR 1.100,00 angeboten. Die Spitzenverbände der gesetzlichen Krankenkassen fassten den Antrag anfänglich als Antrag auf Aufnahme in das Hilfsmittelverzeichnis auf und erklärten mit Schreiben vom 25. Oktober 2000, dass der SLP wegen fehlender Hilfsmittelfunktion im Sinne des § 33 SGB V, ohne Behinderungsausgleichsfunktion, und ohne den Erfolg einer Krankenbehandlung zu sichern, nicht in das Hilfsmittelverzeichnis aufgenommen werden könne. Nach Abklärungen unter den Spitzenverbänden der Krankenkassen, hier handelnd für die Pflegekassen, teilte die federführende Beklagte zu 3) der E. AG unter dem 22. Januar 2001 mit, dass der SLP mangels Erleichterung der Pflege und Möglichkeit der Linderung der Beschwerden der Pflegebedürftigen nicht in das Pflegehilfsmittelverzeichnis aufgenommen werden könne. Weder sei eine sachgerechte Lagerung des Pflegebedürftigen möglich, noch sei die Gefahr eines Dekubitus bei der Nutzung des SLP auszuschließen, weshalb der Nachweis der Gebrauchstauglichkeit des SLP fehle. Im Übrigen gehe die Versorgung mit dem SLP über das Maß des Notwendigen hinaus. Die E. AG legte positive Erfahrungsberichte verschiedener Pflegeeinrichtungen vor. Der von den Beklagten eingeschaltete Medizinische Dienst der Spitzenverbände der Krankenkassen (MDS) kam in seiner Stellungnahme vom 21. November 2001 nach Darstellung des Funktionsvorgangs des SLP zu dem Ergebnis, dass eine eigenständige Nutzungsmöglichkeit durch den Pflegebedürftigen nicht erkennbar und der SLP zur Krankenbehandlung nicht einsetzbar, jedoch eventuell im Zuständigkeitsbereich der Pflegeversicherung Produktgruppe 50 (Pflegehilfsmittel zur Erleichterung der Pflege) nutzbar sei. Nach weiteren Abklärungen stellten die Beklagten mit Bescheid vom 28. März 2002 gegenüber der Klägerin fest, dass der SLP nicht in das Pflegehilfsmittelverzeichnis aufgenommen werde, da nicht nachgewiesen sei, dass mit dem Transport des Pflegebedürftigen zum Kopfende des Bettes eine adäquate Lagerung im Rahmen einer humanen und aktivierenden Pflege erreicht werde. Die Qualitätsstandards der Produktuntergruppen 50.45.02 (Pflegebettenzubehör) und 50.45.03 (Bettzurichtungen und zur Pflegeerleichterung) würden durch den SLP nicht eingehalten, zumal ein am Bett mittig angebrachter Bettgalgen die Nutzung des SLP hindere. Hiergegen erhob die Klägerin unter Hinweis auf den Nutzen des SLP Widerspruch. Mit Widerspruchsbescheid vom 21. Oktober 2002 wiesen die Spitzenverbände der Krankenkassen, handelnd als Spitzenverbände der Pflegekassen den Widerspruch unter Wiederholung der Begründung des Bescheids zurück. Die Funktionstauglichkeit sei von der Klägerin nachzuweisen. Hierbei berücksichtigten die vorgelegten Stellungnahmen der Pflegeeinrichtungen nicht den Einsatz des SLP in häuslichem Bereich bzw. dessen Nutzung durch einen medizinischen bzw. pflegerischen Laien.
Die hiergegen durch die Klägerin beim Sozialgericht (SG) Köln erhobene Klage wurde durch Beschluss vom 10. Januar 2003 an das SG Ulm verwiesen. Zur Begründung legte die Klägerin weiteres Prospektmaterial vor und erläuterte eingehend den pflegerischen Nutzen unter den Gesichtspunkten der Pflegeerleichterung, der Funktionstauglichkeit, des therapeutischen Nutzens und der Qualität. Bisher seien ca. zehn bis 15 Geräte pro Jahr an Heime, aber auch im häuslichen Bereich, nach ärztlicher Verordnung verkauft worden, ohne dass Mängel aufgetreten seien. Die Beklagten traten der Klage unter Vorlage der bei dem federführenden Beklagten zu 3) angefallenen Verwaltungsakten und Wiederholung des bisherigen Vorbringens entgegen. Der SLP helfe auch bei der Vermeidung von Lagerungsfehlern nicht. Mit Beschluss vom 10. Mai 2005 lud das SG den Gemeinsamen Bundesausschuss bei, der sich am Verfahren nicht beteiligte. Das SG hat weiter bei dem Sachverständigen für medizinische technische Geräte, Prof. Dr. Faust, das Gutachten vom 11. November 2003 eingeholt, der nach einem Ortstermin in den Räumen der Klägerin und in einer Klinik und Prüfung des Einsatzfeldes des SLP mit verschieden schweren Personen zu dem Ergebnis kam, dass es sich bei dem SLP um eine relativ einfache, aber wirkungsvolle Konstruktion handle, gegen die keine sicherheitstechnischen Bedenken bestünden.
Das SG hat der Klage mit Urteil vom 13. Juli 2004, das den Beklagten zu 5), 7) und 8) sowie dem Rechtsvorgänger der Beklagten zu 6) gegen Empfangsbekenntnis am 27. Juli 2004, den Beklagten zu 1), 2) und 4) am 28. Juli 2004 sowie dem Beklagten zu 3) am 29. Juli 2004 zugestellt wurde, stattgegeben und in den Entscheidungsgründen, auf die zur weiteren Darstellung Bezug genommen wird, nach Darlegung der rechtlichen Voraussetzungen im Wesentlichen ausgeführt, das Gutachten des Prof. Dr. Faust bestätige die Funktionstauglichkeit und die Notwendigkeit des SLP als Pflegehilfsmittel. Bedenken gegen die Wirtschaftlichkeit bestünden nicht.
Gegen dieses Urteil wenden sich die Beklagten zu 7) und 8) mit am 10. August 2004, der Beklagte zu 2) mit am 12. August 2004, die Beklagten zu 3) und 5) mit am 16. August 2004, die Bundesknappschaft als Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 6) mit am 23. August 2004 und der Beklagte zu 1) mit am 26. August 2004 und eingegangenen Berufungen. Zu deren Begründung trägt der federführende Beklagte zu 3) unter Wiederholung der Begründung im ablehnenden Bescheid und Widerspruchsbescheid weiter vor, mit dem Einsatz des SLP sei keine aktivierende Pflege möglich. Das ständige Umlagern eines immobilen Pflegebedürftigen zwecks Meidung von Dekubitus sei immer noch erforderlich, weshalb es gar nicht zu einem Herunterrutschen des Pflegebedürftigen zum Fußende kommen könne. Die von der Klägerin eingereichten Erfahrungsberichte seien nicht hinreichend für die Schlussfolgerungen des SG. Das SG habe im Übrigen den Begriff der Funktionstauglichkeit mit dem Begriff der Funktionsfähigkeit verwechselt, da der gerichtliche Sachverständige Prof. Dr. Faust aufgrund seiner technischen Ausrichtung keine Aussagen zum medizinisch-therapeutischen Sachverhalt habe treffen können. Die Funktionstauglichkeit des SLP zeige sich erst beim Einsatz im häuslichen Bereich durch die Praxis vor Ort während einer längeren Anwendung. Das Gutachten sei im Übrigen nicht sehr sorgfältig erarbeitet, da es zum Teil lediglich auf Vermutungen basiere. Dies ergebe sich auch schon aus der Verwendung des Wortes "sicherlich" wie auch der Verwendung des Wortes "evident" durch das SG. Die Waschfähigkeit des Transportlakens bei 95° sei nicht nachgewiesen. Im Übrigen könne der Vorsitzenden der erkennenden Kammer keine besondere Sachkunde in diesem Bereich zuerkannt werden. Die von den Pflegekassen zur Verfügung gestellten vier- bis fünffach geteilten Pflegebetten, mit den besonderen Einstellungsmöglichkeiten der Matratzen und dadurch vielfältigen Lagerungsmöglichkeiten machten den Einsatz des SLP überflüssig.
Die Beklagten beantragen,
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 13. Juli 2004 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des SG für richtig und auch auf einem geeigneten Sachverständigengutachten beruhend. Der pflegerische Nutzen sei evident, weshalb eine wissenschaftliche Studie nicht notwendig sei. Der SLP erleichtere die Pflege für den Pflegenden. Das eingeholte Gutachten zur Funktionstauglichkeit des SLP sei fachlich qualifiziert und sorgfältig erstattet. Die Klägerin hat eine CD über die von ihr vertriebenen Hilfsmittel für die Alten- und Krankenpflege sowie eine Filmkassette über den SLP sowie den Wandlift Curator zu den Akten gereicht.
Der Berichterstatter hat den Sachverhalt mit den Beteiligten am 06. April 2005 erörtert und das Gutachten der Altenpflegerin, Altenpflegelehrerin und Diplom-Gerontologin Riedel vom 30. September 2005 eingeholt, das insbesondere auch die Verwendung des SLP im häuslichen Bereich überprüft und von dem Beklagten zu 3) aufgeworfene einzelne Fragen mit einbezogen hat.
Die Sachverständige Riedel kommt zusammenfassend zu dem Ergebnis, dass die Transfers innerhalb des Bettes vom Fußende in Richtung Kopfende mit dem SLP gerade bei den Lagerungen sowie der Flüssigkeits- und Nahrungsaufnahme erheblich erleichtert werden. Lagerungen im Rahmen der indizierten Prophylaxen bei Bettlägerigkeit würden durch den SLP nicht kompensiert. Die Pflegeerleichterung durch den Einsatz des SLP komme zugleich dem Pflegeempfänger zugute. Im Hinblick auf die aktivierende Pflege sei das Hilfsmittel wie andere auch gewissenhaft einzusetzen, weshalb beim Pflegeempfänger noch vorhandene Mobilitätsressourcen, die in die Pflegehandlungen integriert werden könnten, im Rahmen einer professionellen Pflege zu nutzen seien.
Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der von dem Beklagten zu 3) vorgelegten Verwaltungsakte sowie der Akten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegten Berufungen der Beklagten, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, sind statthaft und zulässig. Der Rechtsweg zu den Sozialgerichten ist gegeben. Die Berufungen sind jedoch nicht begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 28. März 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21. Oktober 2002 verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Sie hat einen Anspruch darauf, dass der von ihr entwickelte und vertriebene SLP in die Produktgruppe 50 des Pflegehilfsmittelverzeichnisses nach § 128 SGB V i.V.m. § 78 Abs. 2 SGB XI aufgenommen wird.
Dies hat das SG richtig und mit zutreffender Begründung entschieden, weshalb der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen (§ 153 Abs. 2 SGG) auf diese Entscheidungsgründe verweist.
Ergänzend ist im Hinblick auf das Vorbringen und die Ermittlungen im Berufungsverfahren auszuführen, dass das weiter eingeholte Gutachten der Sachverständigen Riedel die von den Beklagten kritisierte zu technische Ausrichtung des Gutachtens des Prof. Dr. Faust gerade zum medizinisch- therapeutischen Sachverhalt ergänzt und eine praxisnahe nachvollziehbare Bewertung des von der Klägerin angebotenen Produkts erbracht hat. Dieses Ergebnis stützt die vom SG getroffene Entscheidung weiter. Der Senat hat berücksichtigt, dass im Rahmen der Funktionstauglichkeit und im Hinblick auf die Verwendung des SLP in der häuslichen Pflege die pflege erleichternden Wirkungen des SLP nicht überschätzt werden dürfen. Wie die Sachverständige Riedel ausführte, bedarf der Einsatz des SLP gerade im Hinblick auf eine aktivierende Pflege der besonderen Überlegung. Der Einsatz des SLP ersetzt nicht die Dekubitusprophylaxe mit Umlagerung des Pflegebedürftigen. Er darf weiter auch nicht die vorhandenen Mobilitäts- und Unterstützungsmöglichkeiten des Pflegeempfängers ersetzen. Diese Einwendungen hindern jedoch einen Anspruch der Klägerin auf Aufnahme des von ihr vertriebenen SLP in das Pflegehilfsmittelverzeichnis nicht, da der unter den vorgenannten Einschränkungen immer noch vorhandene große pflege erleichternde Effekt des SLP im stationären wie im häuslichen Bereich bei der Abwägung überwiegt.
Die Berufung der Beklagten erwies sich somit als unbegründet.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 ff. VwGO. Die Festsetzung des Streitwertes erfolgt unter Hinweis auf die Begründung des SG.
Die Beklagten tragen als Gesamtschuldner die Kosten des Rechtsstreits.
Der Streitwert wird auf EUR 20.000,00 festgesetzt.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der "Stretch-Lifter PULLA" (SLP) in die Produktgruppe 50 des Pflegehilfsmittelverzeichnisses nach § 128 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB V) i. V. m. § 78 Abs. 2 des Elften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB XI) aufzunehmen ist.
Am 29. Februar 2000 beantragte die E. AG, die den SLP entwickelt und zum 01. April 2001 die weitere Entwicklung und Vermarktung auf die Klägerin übertragen hatte, die Aufnahme des SLP in das Pflegehilfsmittelverzeichnis. Nach dem dem Antrag beigefügten Prospekt und der Produktbeschreibung bringt der SLP "Pflegebedürftige und Patienten ohne eigene Kraftanstrengung immer in die richtige Liegeposition - sanft und stufenlos per Knopfdruck". Neben der Erläuterung der technischen Funktion und der Energieversorgung wird der Vorgang für den Pflegeempfänger damit beschrieben, dass der bettlägerige Pflegebedürftige nach Anbringung einer Rolle mit dem Transportlaken am Fußende und einer Rolle zum Aufwickeln am Kopfende auf dem Transportlaken zwischen den beiden Rollen liegt, das durch Drücken eines Wipptasters bewegt bzw. gezogen und über die Rolle am Kopfende aufgewickelt wird, wodurch der Pflegebedürftige ohne eigene oder fremde Kraftanstrengung in Richtung Kopfende bis zum Loslassen des Tasters transportiert wird. Hervorgehoben wird die Eignung des SLP für den Einsatz beim Menschen mit Lähmungen und Teillähmungen, mit Altersschwäche, nach einem Schlaganfall und Patienten im Koma oder im Wachkoma. Der SLP, dem das TÜV-Zertifikat erteilt ist, wird mit einem Endpreis von ca. EUR 1.100,00 angeboten. Die Spitzenverbände der gesetzlichen Krankenkassen fassten den Antrag anfänglich als Antrag auf Aufnahme in das Hilfsmittelverzeichnis auf und erklärten mit Schreiben vom 25. Oktober 2000, dass der SLP wegen fehlender Hilfsmittelfunktion im Sinne des § 33 SGB V, ohne Behinderungsausgleichsfunktion, und ohne den Erfolg einer Krankenbehandlung zu sichern, nicht in das Hilfsmittelverzeichnis aufgenommen werden könne. Nach Abklärungen unter den Spitzenverbänden der Krankenkassen, hier handelnd für die Pflegekassen, teilte die federführende Beklagte zu 3) der E. AG unter dem 22. Januar 2001 mit, dass der SLP mangels Erleichterung der Pflege und Möglichkeit der Linderung der Beschwerden der Pflegebedürftigen nicht in das Pflegehilfsmittelverzeichnis aufgenommen werden könne. Weder sei eine sachgerechte Lagerung des Pflegebedürftigen möglich, noch sei die Gefahr eines Dekubitus bei der Nutzung des SLP auszuschließen, weshalb der Nachweis der Gebrauchstauglichkeit des SLP fehle. Im Übrigen gehe die Versorgung mit dem SLP über das Maß des Notwendigen hinaus. Die E. AG legte positive Erfahrungsberichte verschiedener Pflegeeinrichtungen vor. Der von den Beklagten eingeschaltete Medizinische Dienst der Spitzenverbände der Krankenkassen (MDS) kam in seiner Stellungnahme vom 21. November 2001 nach Darstellung des Funktionsvorgangs des SLP zu dem Ergebnis, dass eine eigenständige Nutzungsmöglichkeit durch den Pflegebedürftigen nicht erkennbar und der SLP zur Krankenbehandlung nicht einsetzbar, jedoch eventuell im Zuständigkeitsbereich der Pflegeversicherung Produktgruppe 50 (Pflegehilfsmittel zur Erleichterung der Pflege) nutzbar sei. Nach weiteren Abklärungen stellten die Beklagten mit Bescheid vom 28. März 2002 gegenüber der Klägerin fest, dass der SLP nicht in das Pflegehilfsmittelverzeichnis aufgenommen werde, da nicht nachgewiesen sei, dass mit dem Transport des Pflegebedürftigen zum Kopfende des Bettes eine adäquate Lagerung im Rahmen einer humanen und aktivierenden Pflege erreicht werde. Die Qualitätsstandards der Produktuntergruppen 50.45.02 (Pflegebettenzubehör) und 50.45.03 (Bettzurichtungen und zur Pflegeerleichterung) würden durch den SLP nicht eingehalten, zumal ein am Bett mittig angebrachter Bettgalgen die Nutzung des SLP hindere. Hiergegen erhob die Klägerin unter Hinweis auf den Nutzen des SLP Widerspruch. Mit Widerspruchsbescheid vom 21. Oktober 2002 wiesen die Spitzenverbände der Krankenkassen, handelnd als Spitzenverbände der Pflegekassen den Widerspruch unter Wiederholung der Begründung des Bescheids zurück. Die Funktionstauglichkeit sei von der Klägerin nachzuweisen. Hierbei berücksichtigten die vorgelegten Stellungnahmen der Pflegeeinrichtungen nicht den Einsatz des SLP in häuslichem Bereich bzw. dessen Nutzung durch einen medizinischen bzw. pflegerischen Laien.
Die hiergegen durch die Klägerin beim Sozialgericht (SG) Köln erhobene Klage wurde durch Beschluss vom 10. Januar 2003 an das SG Ulm verwiesen. Zur Begründung legte die Klägerin weiteres Prospektmaterial vor und erläuterte eingehend den pflegerischen Nutzen unter den Gesichtspunkten der Pflegeerleichterung, der Funktionstauglichkeit, des therapeutischen Nutzens und der Qualität. Bisher seien ca. zehn bis 15 Geräte pro Jahr an Heime, aber auch im häuslichen Bereich, nach ärztlicher Verordnung verkauft worden, ohne dass Mängel aufgetreten seien. Die Beklagten traten der Klage unter Vorlage der bei dem federführenden Beklagten zu 3) angefallenen Verwaltungsakten und Wiederholung des bisherigen Vorbringens entgegen. Der SLP helfe auch bei der Vermeidung von Lagerungsfehlern nicht. Mit Beschluss vom 10. Mai 2005 lud das SG den Gemeinsamen Bundesausschuss bei, der sich am Verfahren nicht beteiligte. Das SG hat weiter bei dem Sachverständigen für medizinische technische Geräte, Prof. Dr. Faust, das Gutachten vom 11. November 2003 eingeholt, der nach einem Ortstermin in den Räumen der Klägerin und in einer Klinik und Prüfung des Einsatzfeldes des SLP mit verschieden schweren Personen zu dem Ergebnis kam, dass es sich bei dem SLP um eine relativ einfache, aber wirkungsvolle Konstruktion handle, gegen die keine sicherheitstechnischen Bedenken bestünden.
Das SG hat der Klage mit Urteil vom 13. Juli 2004, das den Beklagten zu 5), 7) und 8) sowie dem Rechtsvorgänger der Beklagten zu 6) gegen Empfangsbekenntnis am 27. Juli 2004, den Beklagten zu 1), 2) und 4) am 28. Juli 2004 sowie dem Beklagten zu 3) am 29. Juli 2004 zugestellt wurde, stattgegeben und in den Entscheidungsgründen, auf die zur weiteren Darstellung Bezug genommen wird, nach Darlegung der rechtlichen Voraussetzungen im Wesentlichen ausgeführt, das Gutachten des Prof. Dr. Faust bestätige die Funktionstauglichkeit und die Notwendigkeit des SLP als Pflegehilfsmittel. Bedenken gegen die Wirtschaftlichkeit bestünden nicht.
Gegen dieses Urteil wenden sich die Beklagten zu 7) und 8) mit am 10. August 2004, der Beklagte zu 2) mit am 12. August 2004, die Beklagten zu 3) und 5) mit am 16. August 2004, die Bundesknappschaft als Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 6) mit am 23. August 2004 und der Beklagte zu 1) mit am 26. August 2004 und eingegangenen Berufungen. Zu deren Begründung trägt der federführende Beklagte zu 3) unter Wiederholung der Begründung im ablehnenden Bescheid und Widerspruchsbescheid weiter vor, mit dem Einsatz des SLP sei keine aktivierende Pflege möglich. Das ständige Umlagern eines immobilen Pflegebedürftigen zwecks Meidung von Dekubitus sei immer noch erforderlich, weshalb es gar nicht zu einem Herunterrutschen des Pflegebedürftigen zum Fußende kommen könne. Die von der Klägerin eingereichten Erfahrungsberichte seien nicht hinreichend für die Schlussfolgerungen des SG. Das SG habe im Übrigen den Begriff der Funktionstauglichkeit mit dem Begriff der Funktionsfähigkeit verwechselt, da der gerichtliche Sachverständige Prof. Dr. Faust aufgrund seiner technischen Ausrichtung keine Aussagen zum medizinisch-therapeutischen Sachverhalt habe treffen können. Die Funktionstauglichkeit des SLP zeige sich erst beim Einsatz im häuslichen Bereich durch die Praxis vor Ort während einer längeren Anwendung. Das Gutachten sei im Übrigen nicht sehr sorgfältig erarbeitet, da es zum Teil lediglich auf Vermutungen basiere. Dies ergebe sich auch schon aus der Verwendung des Wortes "sicherlich" wie auch der Verwendung des Wortes "evident" durch das SG. Die Waschfähigkeit des Transportlakens bei 95° sei nicht nachgewiesen. Im Übrigen könne der Vorsitzenden der erkennenden Kammer keine besondere Sachkunde in diesem Bereich zuerkannt werden. Die von den Pflegekassen zur Verfügung gestellten vier- bis fünffach geteilten Pflegebetten, mit den besonderen Einstellungsmöglichkeiten der Matratzen und dadurch vielfältigen Lagerungsmöglichkeiten machten den Einsatz des SLP überflüssig.
Die Beklagten beantragen,
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 13. Juli 2004 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des SG für richtig und auch auf einem geeigneten Sachverständigengutachten beruhend. Der pflegerische Nutzen sei evident, weshalb eine wissenschaftliche Studie nicht notwendig sei. Der SLP erleichtere die Pflege für den Pflegenden. Das eingeholte Gutachten zur Funktionstauglichkeit des SLP sei fachlich qualifiziert und sorgfältig erstattet. Die Klägerin hat eine CD über die von ihr vertriebenen Hilfsmittel für die Alten- und Krankenpflege sowie eine Filmkassette über den SLP sowie den Wandlift Curator zu den Akten gereicht.
Der Berichterstatter hat den Sachverhalt mit den Beteiligten am 06. April 2005 erörtert und das Gutachten der Altenpflegerin, Altenpflegelehrerin und Diplom-Gerontologin Riedel vom 30. September 2005 eingeholt, das insbesondere auch die Verwendung des SLP im häuslichen Bereich überprüft und von dem Beklagten zu 3) aufgeworfene einzelne Fragen mit einbezogen hat.
Die Sachverständige Riedel kommt zusammenfassend zu dem Ergebnis, dass die Transfers innerhalb des Bettes vom Fußende in Richtung Kopfende mit dem SLP gerade bei den Lagerungen sowie der Flüssigkeits- und Nahrungsaufnahme erheblich erleichtert werden. Lagerungen im Rahmen der indizierten Prophylaxen bei Bettlägerigkeit würden durch den SLP nicht kompensiert. Die Pflegeerleichterung durch den Einsatz des SLP komme zugleich dem Pflegeempfänger zugute. Im Hinblick auf die aktivierende Pflege sei das Hilfsmittel wie andere auch gewissenhaft einzusetzen, weshalb beim Pflegeempfänger noch vorhandene Mobilitätsressourcen, die in die Pflegehandlungen integriert werden könnten, im Rahmen einer professionellen Pflege zu nutzen seien.
Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der von dem Beklagten zu 3) vorgelegten Verwaltungsakte sowie der Akten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegten Berufungen der Beklagten, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, sind statthaft und zulässig. Der Rechtsweg zu den Sozialgerichten ist gegeben. Die Berufungen sind jedoch nicht begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 28. März 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21. Oktober 2002 verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Sie hat einen Anspruch darauf, dass der von ihr entwickelte und vertriebene SLP in die Produktgruppe 50 des Pflegehilfsmittelverzeichnisses nach § 128 SGB V i.V.m. § 78 Abs. 2 SGB XI aufgenommen wird.
Dies hat das SG richtig und mit zutreffender Begründung entschieden, weshalb der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen (§ 153 Abs. 2 SGG) auf diese Entscheidungsgründe verweist.
Ergänzend ist im Hinblick auf das Vorbringen und die Ermittlungen im Berufungsverfahren auszuführen, dass das weiter eingeholte Gutachten der Sachverständigen Riedel die von den Beklagten kritisierte zu technische Ausrichtung des Gutachtens des Prof. Dr. Faust gerade zum medizinisch- therapeutischen Sachverhalt ergänzt und eine praxisnahe nachvollziehbare Bewertung des von der Klägerin angebotenen Produkts erbracht hat. Dieses Ergebnis stützt die vom SG getroffene Entscheidung weiter. Der Senat hat berücksichtigt, dass im Rahmen der Funktionstauglichkeit und im Hinblick auf die Verwendung des SLP in der häuslichen Pflege die pflege erleichternden Wirkungen des SLP nicht überschätzt werden dürfen. Wie die Sachverständige Riedel ausführte, bedarf der Einsatz des SLP gerade im Hinblick auf eine aktivierende Pflege der besonderen Überlegung. Der Einsatz des SLP ersetzt nicht die Dekubitusprophylaxe mit Umlagerung des Pflegebedürftigen. Er darf weiter auch nicht die vorhandenen Mobilitäts- und Unterstützungsmöglichkeiten des Pflegeempfängers ersetzen. Diese Einwendungen hindern jedoch einen Anspruch der Klägerin auf Aufnahme des von ihr vertriebenen SLP in das Pflegehilfsmittelverzeichnis nicht, da der unter den vorgenannten Einschränkungen immer noch vorhandene große pflege erleichternde Effekt des SLP im stationären wie im häuslichen Bereich bei der Abwägung überwiegt.
Die Berufung der Beklagten erwies sich somit als unbegründet.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 ff. VwGO. Die Festsetzung des Streitwertes erfolgt unter Hinweis auf die Begründung des SG.
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