Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
6
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 2 SB 3035/03
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 SB 1823/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 11. April 2005 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Im Streit steht die Aufhebung der zuerkannten Merkzeichen "aG" und "H".
Der 1990 geborene Kläger erkrankte im März 2001 an einem Osteosarkom der Tibia rechts distal, das operativ entfernt und mit Chemotherapie nachbehandelt wurde. Am 27. Juni 2001 erfolgte eine Unterschenkelamputation rechts.
Auf Antrag vom 9. April 2001 erkannte das Versorgungsamt Ulm (VA) mit Bescheid vom 24. April 2001 ab 1. März 2001 einen Grad der Behinderung (GdB) von 100 an, dem als Funktionsbeeinträchtigung "Erkrankung des rechten Beines (in Heilungsbewährung)" zugrunde lag, sowie die Merkzeichen "G", "B", "aG", "H" und "RF".
Im März 2003 leitete das VA ein Nachprüfungsverfahren ein, zog u.a. bei der Pflegekasse der AOK H. das Pflegegutachten vom 13. Juni 2002 bei und holte bei der behandelnden Ärztin Dr. H. den Befundschein vom 22. April 2003 ein. Diese führte u.a. aus, der Kläger sei mit einer Prothese versorgt, habe jedoch psychisch Probleme, seine Erkrankung sowie die Prothese zu akzeptieren. Beigefügt waren die Arztbriefe der Chirurgischen Universitätsklinik U., Oberarzt Dr. H., vom 5. Dezember 2001 und 11. September 2002.
Nach Einholung einer versorgungsärztlichen (vä) Stellungnahme hörte das VA den Kläger an. Daraufhin wandte sich der behandelnde Facharzt für Allgemeinmedizin S. an das VA. Er teilte unter dem 24. Juni 2003 mit, dass der Verdacht auf ein Rezidiv des Krebsleidens bestehe. Die beabsichtigte Entziehung der Merkmale "H" und "aG" sei nicht vertretbar, da der Kläger sich nicht alleine frei bewegen könne. Er sei auf die ständige Begleitung durch eine Hilfsperson angewiesen.
Daraufhin zog das VA den Arztbrief der Chirurgischen Universitätsklinik U. vom 4. Juni 2003, OA Dr. S., bei. Darin wurde u.a. bemerkt, der Kläger spiele Fußball und klage aktuell über keine Schmerzen, nachdem vor zwei Wochen im linken oberen Sprunggelenk Schmerzen aufgetreten seien. Am rechten Bein seien reizlose Stumpf- und Narbenverhältnisse festzustellen sowie eine leichte Rötung wegen des Schwitzens. Im MRT vom 30. Mai 2003 hätten sich der Verdacht auf ein belastungsinduziertes, fokales Knochenmarksödem in der distalen Tibiaepiphyse sowie im Talus und Calcaneus und differentialdiagnostisch entzündliche Veränderungen gezeigt. Eine tumoröse Raumforderung sei nicht sicher auszuschließen.
Mit Bescheid vom 7. Juli 2003 hob das VA den Bescheid vom 24. April 2001 auf, da die Voraussetzungen für die Merkzeichen "H", "aG" sowie "RF" ab 10. Juli 2003 nicht mehr gegeben seien. Die Merkzeichen "G" und "B" blieben bestehen, ebenfalls der GdB von 100. Die Chemotherapie sei mittlerweile abgeschlossen, auch habe sich das Gehvermögen verbessert. Der Kläger sei jetzt auch wieder in der Lage, an öffentlichen Veranstaltungen teilzunehmen.
Dagegen erhob der Kläger Widerspruch mit der Begründung, die Hilfestellung seiner Mutter sei nach wie vor in großem Umfang erforderlich. Dies habe auch der Arzt S. bestätigt. Nach Einholung einer weiteren vä Stellungnahme wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 23. Oktober 2003 den Widerspruch zurück.
Dagegen erhob der Kläger am 25. November 2003 Klage zum Sozialgericht Ulm (SG). Zur Begründung führte er aus, die Tumornachsorge sei bislang zwar unauffällig gewesen. Doch bestünden ausgeprägte Hautreizungen im Bereich des Stumpfes und des Oberschenkels. Speziell die Narbenbildung bereite im Zusammenhang mit der Prothese erhebliche Probleme. Hinzu kämen Probleme mit der Prothese aufgrund des Alters und des Wachstums des Klägers. Das SG befragte den in der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendmedizin U. behandelnden Arzt Prof. Dr. D. schriftlich als sachverständigen Zeugen. Dieser führte unter dem 17. Mai 2004 aus, der Kläger befinde sich seit März 2001 in fortlaufender Behandlung. Die letzte Vorstellung sei am 12. März 2004 erfolgt. Der Kläger leide an einem metastasierenden Osteosarkom der distalen Tibia rechts mit Unterschenkelamputation am 27. Juni 2003 sowie einer ausgedehnten Lungenoperation am 16. August 2001. Von März 2001 bis Januar 2002 sei intensive Polychemotherapie durchgeführt worden. Derzeit sei der Kläger in Vollremission der Tumorerkrankung ohne Nachweis von Metastasen. Es bestehe ein nach Amputationen üblicher Zustand (Durckschmerzhaftigkeit und Probleme am Prothesenstumpf), weiterhin eine audiometrisch messbare Einschränkung des Hörvermögens im Hochtonbereich, was auf bekannte Nebeneffekte der Chemotherapie zurückzuführen sei. Beim Kläger bestehe weder eine außergewöhnliche Gehbehinderung, noch eine Hilflosigkeit, auch lägen die Voraussetzungen für die Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht (Merkzeichen "RF") nicht vor.
Hinsichtlich der Entziehung des Merkzeichens "RF" schränkte der Kläger seine Klage daraufhin ein. Er legte mehrere ärztliche Atteste des Arztes S., u.a. vom 9. September 2004 vor. Danach bestehe neben den Grunderkrankungen beim Kläger ein allgemeines Kraft- und Ausdauerdefizit sowie eine rezidivierend auftretende oberflächliche Wunde im Bereich des Prothesenstumpfs. Der Kläger leide weiter unter Anpassungsproblemen bei Veränderung der Lebensumstände sowie auffälligen psychischen Reaktionen auf die schwere Belastung bei eigener Krebserkrankung. Aufgrund des Gesamtkrankheitsbildes bestehe ärztlicherseits die Notwendigkeit, dass er mittels eines Pkw oder Taxis zwei bis dreimal wöchentlich zur orthopädischen Behandlung gefahren werde. Es sei dem Kläger nicht möglich, öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen, da z.B. die Stufen von Bus und Bahn für ihn schwer zu passieren seien.
Durch Urteil vom 11. April 2005 wies das SG die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, der Kläger sei nicht hilflos im Sinne des Merkzeichens "H". Dafür sei Voraussetzung, dass eine Person für eine Reihe häufig und regelmäßig wiederkehrender Verrichtungen zur Sicherung der persönlichen Existenz der Hilfe bedürfe oder eine ständige Bereitschaft zur Hilfeleistung bestehe. Der Kläger bedürfe nach eigenem Vorbringen jedoch nur Hilfe zum An- und Ablegen der Prothese, weitergehender Hilfestellungen bedürfe er nicht. Dies habe auch Prof. Dr. D. bestätigt. Auch die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Merkzeichens "aG" lägen nicht vor, da der Kläger sich nicht nur mit fremder Hilfe oder großer Anstrengung außerhalb seines Kraftfahrzeugs bewegen könne, wie Prof. Dr. D. ebenfalls bestätigt habe. Das Attest des Arztes S. vom 9. September 2004 vermöge eine andere Beurteilung nicht zu rechtfertigen. Die von ihm geschilderten Schwierigkeiten beim Benutzen öffentlicher Verkehrsmittel rechtfertigten das Merkzeichen "B", das dem Kläger zuerkannt sei, nicht aber das Merkzeichen "aG".
Gegen das am 27. April 2005 zugestellte Urteil hat der Kläger am 6. Mai 2005 Berufung eingelegt. Zur Begründung wiederholt und vertieft er sein bisheriges Vorbringen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 11. April 2005 sowie den Bescheid vom 7. Juli 2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23. Oktober 2003 aufzuheben, soweit ihm die Nachteilsausgleiche "H" und "aG" entzogen worden sind.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er erachtet die angefochtenen Entscheidungen als zutreffend.
Das Gericht hat die Rehabilitations-Entlassberichte der K., Rehabilitationsklinik für Kinder mit Familie, Jugendliche und junge Erwachsene, Dr. L., vom 21. Juni 2002 (Aufenthalt des Klägers und seiner Familie vom 30. April bis 28. Mai 2002) und vom 10. Oktober 2003 (Aufenthalt des Klägers und seiner Familie vom 27. August bis 23. September 2003) beigezogen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Berichte inhaltlich verwiesen. Weiter hat das Gericht Prof. Dr. D. zum Gesundheitszustand des Klägers im Juli 2003 (Zeitpunkt der Entziehung der streitgegenständlichen Merkzeichen) nochmals schriftlich als sachverständigen Zeuge befragt. Dieser hat unter dem 1. September 2005 ausgeführt, der Kläger habe sich im fraglichen Zeitpunkt im Stadium der Vollremission befunden, habe aber immer wieder bei der Versorgung mit Prothesen Probleme mit Druckstellen gehabt. Die Untersuchung am 17. Juli 2003 habe bei subjektiver Beschwerdefreiheit reizlose Stumpf- und Narbenverhältnisse ohne pathologische Resistenzen oder Druckschmerz im Bereich des rechten Beines ergeben. Bei der Aufnahme in die Klinik K. im August 2003 seien ebenfalls Probleme mit der Prothese berichtet worden, zudem eine offene Wunde. Weiterhin seien Probleme mit flüssigem Gehen im Untersuchungsstatus vermerkt. Bei der Untersuchung des Bewegungsapparats sei darüber hinaus eine dezente rechtskonvexe thorakale Skoliose mit Beckenasymmetrie aufgefallen. Diese sei Folge der Unterschenkelamputation und mit den Problemen mit der Prothese erklärbar. Der Vorstellung bei ihm am 13. Juni 2003 sei am 11. Juni 2003 ein Sturz mit dem Fahrrad vorausgegangen, als der rechte Fuß des Klägers vom Pedal abgerutscht sei. Der Kläger habe sich eine Prellung im Bereich der rechten Schulter zugezogen, ansonsten hätten sich bei der körperlichen Untersuchung unauffällige Verhältnisse gezeigt. Nach seiner Beurteilung habe im Juli 2003 weder das Merkmal Hilflosigkeit noch eine außergewöhnliche Gehbehinderung vorgelegen, auch wenn der Kläger immer wieder Probleme mit der Prothesenversorgung gehabt habe. Es sei im fraglichen Zeitpunkt nicht gewährleistet gewesen, dass der Kläger mit Prothesenversorgung angemessen beweglich sei. Daher würde er im Zweifel das Merkmal "aG" anerkennen, nicht hingegen das Merkmal "H". Beigefügt war der Arztbrief vom 15. April 2003 sowie der Entlassbericht der K. vom 10. Oktober 2003 mit physiotherapeutischem Bericht des Physiotherapeuten und Sportlehrers H ... Dieser gab bei der Ganganalyse u.a. an, der Armpendel rechts sei vermindert, der Kläger gehe insgesamt aber sehr sicher und dynamisch. Bei Alltagsbewegungen und sportlicher Betätigung habe er keine Probleme.
Die Berichterstatterin des Verfahrens hat den Sach- und Streitstand am 20. Dezember 2005 mit den Beteiligten erörtert. Auf die Sitzungsniederschrift vom gleichen Tag wird inhaltlich verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten sowie der Gerichtsakten beider Instanzen verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143, 144 SGG statthafte und nach § 151 SGG zulässige Berufung ist unbegründet. Dem Kläger stehen die Merkzeichen "H" und "aG" nicht zu.
Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Soweit die Änderung zu Gunsten des Betroffenen erfolgt, soll der Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden (§ 48 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch [SGB X]).
In den tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen, die der Bescheiderteilung vom 24. April 2001 zugrunde gelegen haben, ist eine wesentliche Änderung im Juli 2003 eingetreten, da der Kläger die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Merkzeichen "H" und "aG" nicht mehr erfüllt. Denn er ist weder hilflos noch außergewöhnlich gehbehindert.
Als hilflos ist diejenige Person anzusehen, die infolge von Gesundheitsstörungen nicht nur vorübergehend für eine Reihe von häufig und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen zur Sicherung der persönlichen Existenz im Ablauf eines jeden Tages fremder Hilfe dauernd bedarf. Dabei muss der Umfang der häufig wiederkehrenden Verrichtungen erheblich sein, was der Fall ist, wenn die Hilfe dauernd für zahlreiche Verrichtungen, die häufig und regelmäßig wiederkehren, benötigt wird.
Der Nachteilsausgleich "aG" steht nur Schwerbehinderten zu, die außergewöhnlich gehbehindert im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 14 des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) oder anderer straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften sind.
Die Zuerkennung des Nachteilsausgleichs "aG" befreit den Behinderten von Beschränkungen des Haltens und Parkens im Straßenverkehr und eröffnet ihm besonders gekennzeichnete Parkmöglichkeiten. Darüber hinaus ist er als Halter eines Kraftfahrzeuges von der Kraftfahrzeugsteuer befreit (§ 3a Abs. 1 Kraftfahrzeugsteuergesetz). Nach der allgemeinen Verwaltungsvorschrift zu § 46 Abs. 1 Nr. 11 StVO (vgl. BAnz 1976 Nr. 142 vom 31.07.1976 , S. 3. ff) sind als Schwerbehinderte mit außergewöhnlicher Gehbehinderung solche Personen anzusehen, die sich wegen der Schwere ihres Leidens dauernd nur mit fremder Hilfe oder nur mit großer Anstrengung außerhalb ihres Kraftfahrzeuges bewegen können. Hierzu zählen: Querschnittsgelähmte, Doppeloberschenkelamputierte, Doppelunterschenkelamputierte, Hüftexartikulierte und einseitig Oberschenkelamputierte, die dauernd außerstande sind, ein Kunstbein zu tragen, oder nur eine Beckenkorbprothese tragen können oder zugleich unterschenkel- oder armamputiert sind sowie andere Schwerbehinderte, die nach versorgungsärztlicher Feststellung, auch aufgrund von Erkrankungen, dem vorstehend aufgeführten Personenkreis gleichzustellen sind.
Nach den Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht , Ausgabe 2004 (AP), die der Senat im Interesse einer gleichmäßigen Rechtsanwendung anwendet (vgl. BSG 72, 285, 286; BSG SozR 3 - 3870 a.a.O.; BSG, Urteil vom 18.09.2003 - B 9 SB 3/02 R), sind als Erkrankungen der inneren Organe, die eine solche Gleichstellung rechtfertigen, beispielsweise Herzschäden mit schweren Dekompensationserscheinungen oder Ruheinsuffizienz anzusehen (S. 140), was insoweit einen GdB von mindestens 80 voraussetzt (S. 72). Nach den AP ist von einer außergewöhnlichen Gehbehinderung nur dann auszugehen, wenn die Fortbewegung auf das Schwerste eingeschränkt ist (Abschnitt 31 Abs. 4; vgl. auch BSG SozR 3870 § 3 SchwbG Nrn. 11, 18). Der begünstigte Personenkreis ist daher eng zu fassen, weil eine Ausweitung desselben die Verknappung des ortsnahen Parkraums - der im übrigen nicht beliebig vermehrbar ist - nach sich ziehen würde, wodurch dem gesamten begünstigten Personenkreis letztlich eine längere Wegstrecke zugemutet würde (vgl. BSG SozR 3870 § 3 SchwbG Nr. 28). Deshalb ist ein Betroffener mit der Gruppe der in der Verwaltungsvorschrift beispielhaft aufgeführten schwerbehinderten Menschen nur gleichzustellen, wenn seine Gehfähigkeit in ungewöhnlich hohem Maße eingeschränkt ist und er sich nur unter ebenso großen Anstrengungen wie die in der Vorschrift ausdrücklich aufgeführten Schwerbehinderten oder nur mit fremder Hilfe fortbewegen kann. Der vollständige Verlust des Gehvermögens ist daher nicht zu fordern. Das Restgehvermögen muss aber so weit eingeschränkt sein, dass es dem Betroffenen unzumutbar ist, längere Wege zu Fuß zurückzulegen (BSG, Urteil vom 10.12.2002 -B 9 SB 7/01 R). Einen exakten Beurteilungsmaßstab zur Abgrenzung des anspruchsberechtigten Personenkreises nach dem gesteigerten Energieaufwand beim Gehen gibt es nicht. Das BSG hält eine in Metern ausgedrückte Wegstrecke hierfür grundsätzlich nicht für tauglich. Die mögliche Weglänge bis zu den ersten auftretenden Zeichen der Erschöpfung ist aber ein gewichtiges Indiz für die Beurteilung des Restgehvermögens (vgl. BSG vom 10.12.2002 zu einer Gehpause wegen Erschöpfung nach 30 Metern). Aus dem Gebot, den begünstigten Personenkreis eng zu fassen, hat der Senat in ständiger Rechtsprechung (vgl. stellvertretend Urteil vom 27.09.2001 - L 6 SB 1340/00 mwN) abgeleitet, dass die Sonderparkplätze in der Nähe von Behörden, anderen öffentlichen Einrichtungen oder Kliniken sowie die Sonderparkrechte vor Wohnungen und Arbeitsstätten denjenigen vorbehalten bleiben sollen, denen nur noch Wegstrecken zumutbar sind, die sie von diesen Sonderparkplätzen aus üblicherweise bis zum Eingang des zu erreichenden Gebäudes zurücklegen können. Solche Wegstrecken in die Eingangsbereiche der betreffenden Gebäude betragen in der Regel unter 100 m (vgl. LSG aaO; ebenso der 11. Senat des LSG Baden-Württemberg in seinem Urteil vom 19.03.2002 - L 11 SB 942/01). Die Fähigkeit des Behinderten, Wegstrecken über 100 Meter ohne Erholungspausen und Zeichen der Überanstrengung in angemessener Zeit zurücklegen zu können, erachtet der Senat unter Berücksichtigung der Entscheidung des BSG vom 10.12.2002 in Fortentwicklung seiner bisherigen Rechtsprechung als gewichtiges Indiz für ein anspruchsausschließendes Restgehvermögen.
Nach der Überzeugung des Senats ist der Kläger seit Juli 2003 nicht mehr hilflos im Sinne der genannten Voraussetzungen. Weder die ärztliche Äußerung des Prof. Dr. D. noch die des Arztes S. lassen Anhaltspunkte dafür erkennen, dass der Kläger nach wie vor bei einer Reihe von häufig und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen zur Sicherung seiner persönlichen Existenz im Ablauf eines jeden Tages fremder Hilfe dauernd bedarf. Entsprechende Einschränkungen sind auch nicht den aktenkundigen Rehaentlassberichten aus der K. oder sonstigen ärztlichen Befundberichten oder Arztbriefen zu entnehmen. Soweit die Mutter des Klägers im Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage schilderte, ihr Sohn (der Kläger) sei schon deshalb hilflos, weil er beispielsweise beim Anziehen der Prothese oder auch beim Duschen durch Handreichungen ihrer Hilfe bedarf und sie ihn täglich zur Schule fahren müsse, vermag dies nicht die genannten Kriterien zu erfüllen. Das Merkzeichen "H" kann nicht schon dann zuerkannt werden, wenn bei einzelnen Verrichtungen Hilfe und Unterstützung geleistet werden muss, sondern erfordert einen erheblichen Umfang an notwendiger Hilfe. Einzelne Verrichtungen, selbst wenn sie lebensnotwendig sind und im täglichen Lebenslauf wiederholt vorgenommen werden (z.B. Hilfe beim Anziehen einzelner Bekleidungsstücke, notwendige Begleitung bei Spaziergängen, Hilfe im Straßenverkehr) genügen dafür nicht. Für andere als diese beispielhaft aufgeführten Verrichtungen bedarf der Kläger aber keiner Hilfe. Dies wird nicht zuletzt daran deutlich, dass er wieder regelmäßig die Schule besucht und dort auch ohne Betreuung durch seine Mutter oder andere Personen am Unterricht teilnehmen kann. Dass er durch seine Erkrankung und Behinderung möglicherweise mehr Unterstützung durch seine Familie benötigt bzw. erhält als ein vergleichbarer Jugendlicher ohne Erkrankung, verkennt auch das Gericht nicht. Dies genügt jedoch nicht, um im Sinne des Merkzeichens "H" auch von Hilflosigkeit auszugehen.
Gleiches gilt, soweit das Merkzeichen "aG" im Streit steht. Soweit der Arzt S. auf Probleme des Klägers beim Benutzen öffentlicher Verkehrsmittel hinweist, lässt das Gericht offen, ob und inwieweit diese (noch) bestehen. Denn selbst die vom Arzt S. geschilderten Probleme unterstellt, rechtfertigt die Notwendigkeit der Begleitung bei der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel die Zuerkennung des Merkzeichens "B", nicht aber des Merkzeichens "aG". Das Merkzeichen "B" ist dem Kläger jedoch noch immer zuerkannt und steht auch vorliegend nicht im Streit. Weitergehende Einschränkungen der Gehfähigkeit, die derart gravierend sind, dass sie das Merkzeichen "aG" rechtfertigen könnten, sind nicht ersichtlich. Insbesondere ist dem physiotherapeutischen Bericht vom Oktober 2003 unzweifelhaft zu entnehmen, dass der Kläger keine wesentlichen Einschränkungen oder Beschwerden beim Gehen mehr hat. Dabei verkennt das Gericht nicht, dass das Gehvermögen durch die Prothesenversorgung nicht unbedingt demjenigen eines nicht behinderten jungen Menschen entspricht und insbesondere bei sportlicher Betätigung möglicherweise Einschränkungen zu beachten sind. Allerdings genügt dies nicht, um das Merkzeichen "aG" zuzusprechen. Da sich der Kläger auch innerhalb der Schule frei bewegt, steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass das Gehvermögen nicht mehr im erforderlichen Ausmaß eingeschränkt ist. Soweit zeitweise im Bereich der Prothesenversorgung Druckstellen oder schmerzhafte Veränderungen entstehen, führt dies zu keiner anderen Beurteilung, da es sich hierbei nicht um Behinderungen handelt, die das Gehvermögen im erforderlichen Ausmaß für mehr als sechs Monate einschränken.
Das SG hat die Klage daher zu Recht abgewiesen. Auch die Berufung war zurückzuweisen
Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Im Streit steht die Aufhebung der zuerkannten Merkzeichen "aG" und "H".
Der 1990 geborene Kläger erkrankte im März 2001 an einem Osteosarkom der Tibia rechts distal, das operativ entfernt und mit Chemotherapie nachbehandelt wurde. Am 27. Juni 2001 erfolgte eine Unterschenkelamputation rechts.
Auf Antrag vom 9. April 2001 erkannte das Versorgungsamt Ulm (VA) mit Bescheid vom 24. April 2001 ab 1. März 2001 einen Grad der Behinderung (GdB) von 100 an, dem als Funktionsbeeinträchtigung "Erkrankung des rechten Beines (in Heilungsbewährung)" zugrunde lag, sowie die Merkzeichen "G", "B", "aG", "H" und "RF".
Im März 2003 leitete das VA ein Nachprüfungsverfahren ein, zog u.a. bei der Pflegekasse der AOK H. das Pflegegutachten vom 13. Juni 2002 bei und holte bei der behandelnden Ärztin Dr. H. den Befundschein vom 22. April 2003 ein. Diese führte u.a. aus, der Kläger sei mit einer Prothese versorgt, habe jedoch psychisch Probleme, seine Erkrankung sowie die Prothese zu akzeptieren. Beigefügt waren die Arztbriefe der Chirurgischen Universitätsklinik U., Oberarzt Dr. H., vom 5. Dezember 2001 und 11. September 2002.
Nach Einholung einer versorgungsärztlichen (vä) Stellungnahme hörte das VA den Kläger an. Daraufhin wandte sich der behandelnde Facharzt für Allgemeinmedizin S. an das VA. Er teilte unter dem 24. Juni 2003 mit, dass der Verdacht auf ein Rezidiv des Krebsleidens bestehe. Die beabsichtigte Entziehung der Merkmale "H" und "aG" sei nicht vertretbar, da der Kläger sich nicht alleine frei bewegen könne. Er sei auf die ständige Begleitung durch eine Hilfsperson angewiesen.
Daraufhin zog das VA den Arztbrief der Chirurgischen Universitätsklinik U. vom 4. Juni 2003, OA Dr. S., bei. Darin wurde u.a. bemerkt, der Kläger spiele Fußball und klage aktuell über keine Schmerzen, nachdem vor zwei Wochen im linken oberen Sprunggelenk Schmerzen aufgetreten seien. Am rechten Bein seien reizlose Stumpf- und Narbenverhältnisse festzustellen sowie eine leichte Rötung wegen des Schwitzens. Im MRT vom 30. Mai 2003 hätten sich der Verdacht auf ein belastungsinduziertes, fokales Knochenmarksödem in der distalen Tibiaepiphyse sowie im Talus und Calcaneus und differentialdiagnostisch entzündliche Veränderungen gezeigt. Eine tumoröse Raumforderung sei nicht sicher auszuschließen.
Mit Bescheid vom 7. Juli 2003 hob das VA den Bescheid vom 24. April 2001 auf, da die Voraussetzungen für die Merkzeichen "H", "aG" sowie "RF" ab 10. Juli 2003 nicht mehr gegeben seien. Die Merkzeichen "G" und "B" blieben bestehen, ebenfalls der GdB von 100. Die Chemotherapie sei mittlerweile abgeschlossen, auch habe sich das Gehvermögen verbessert. Der Kläger sei jetzt auch wieder in der Lage, an öffentlichen Veranstaltungen teilzunehmen.
Dagegen erhob der Kläger Widerspruch mit der Begründung, die Hilfestellung seiner Mutter sei nach wie vor in großem Umfang erforderlich. Dies habe auch der Arzt S. bestätigt. Nach Einholung einer weiteren vä Stellungnahme wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 23. Oktober 2003 den Widerspruch zurück.
Dagegen erhob der Kläger am 25. November 2003 Klage zum Sozialgericht Ulm (SG). Zur Begründung führte er aus, die Tumornachsorge sei bislang zwar unauffällig gewesen. Doch bestünden ausgeprägte Hautreizungen im Bereich des Stumpfes und des Oberschenkels. Speziell die Narbenbildung bereite im Zusammenhang mit der Prothese erhebliche Probleme. Hinzu kämen Probleme mit der Prothese aufgrund des Alters und des Wachstums des Klägers. Das SG befragte den in der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendmedizin U. behandelnden Arzt Prof. Dr. D. schriftlich als sachverständigen Zeugen. Dieser führte unter dem 17. Mai 2004 aus, der Kläger befinde sich seit März 2001 in fortlaufender Behandlung. Die letzte Vorstellung sei am 12. März 2004 erfolgt. Der Kläger leide an einem metastasierenden Osteosarkom der distalen Tibia rechts mit Unterschenkelamputation am 27. Juni 2003 sowie einer ausgedehnten Lungenoperation am 16. August 2001. Von März 2001 bis Januar 2002 sei intensive Polychemotherapie durchgeführt worden. Derzeit sei der Kläger in Vollremission der Tumorerkrankung ohne Nachweis von Metastasen. Es bestehe ein nach Amputationen üblicher Zustand (Durckschmerzhaftigkeit und Probleme am Prothesenstumpf), weiterhin eine audiometrisch messbare Einschränkung des Hörvermögens im Hochtonbereich, was auf bekannte Nebeneffekte der Chemotherapie zurückzuführen sei. Beim Kläger bestehe weder eine außergewöhnliche Gehbehinderung, noch eine Hilflosigkeit, auch lägen die Voraussetzungen für die Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht (Merkzeichen "RF") nicht vor.
Hinsichtlich der Entziehung des Merkzeichens "RF" schränkte der Kläger seine Klage daraufhin ein. Er legte mehrere ärztliche Atteste des Arztes S., u.a. vom 9. September 2004 vor. Danach bestehe neben den Grunderkrankungen beim Kläger ein allgemeines Kraft- und Ausdauerdefizit sowie eine rezidivierend auftretende oberflächliche Wunde im Bereich des Prothesenstumpfs. Der Kläger leide weiter unter Anpassungsproblemen bei Veränderung der Lebensumstände sowie auffälligen psychischen Reaktionen auf die schwere Belastung bei eigener Krebserkrankung. Aufgrund des Gesamtkrankheitsbildes bestehe ärztlicherseits die Notwendigkeit, dass er mittels eines Pkw oder Taxis zwei bis dreimal wöchentlich zur orthopädischen Behandlung gefahren werde. Es sei dem Kläger nicht möglich, öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen, da z.B. die Stufen von Bus und Bahn für ihn schwer zu passieren seien.
Durch Urteil vom 11. April 2005 wies das SG die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, der Kläger sei nicht hilflos im Sinne des Merkzeichens "H". Dafür sei Voraussetzung, dass eine Person für eine Reihe häufig und regelmäßig wiederkehrender Verrichtungen zur Sicherung der persönlichen Existenz der Hilfe bedürfe oder eine ständige Bereitschaft zur Hilfeleistung bestehe. Der Kläger bedürfe nach eigenem Vorbringen jedoch nur Hilfe zum An- und Ablegen der Prothese, weitergehender Hilfestellungen bedürfe er nicht. Dies habe auch Prof. Dr. D. bestätigt. Auch die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Merkzeichens "aG" lägen nicht vor, da der Kläger sich nicht nur mit fremder Hilfe oder großer Anstrengung außerhalb seines Kraftfahrzeugs bewegen könne, wie Prof. Dr. D. ebenfalls bestätigt habe. Das Attest des Arztes S. vom 9. September 2004 vermöge eine andere Beurteilung nicht zu rechtfertigen. Die von ihm geschilderten Schwierigkeiten beim Benutzen öffentlicher Verkehrsmittel rechtfertigten das Merkzeichen "B", das dem Kläger zuerkannt sei, nicht aber das Merkzeichen "aG".
Gegen das am 27. April 2005 zugestellte Urteil hat der Kläger am 6. Mai 2005 Berufung eingelegt. Zur Begründung wiederholt und vertieft er sein bisheriges Vorbringen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 11. April 2005 sowie den Bescheid vom 7. Juli 2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23. Oktober 2003 aufzuheben, soweit ihm die Nachteilsausgleiche "H" und "aG" entzogen worden sind.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er erachtet die angefochtenen Entscheidungen als zutreffend.
Das Gericht hat die Rehabilitations-Entlassberichte der K., Rehabilitationsklinik für Kinder mit Familie, Jugendliche und junge Erwachsene, Dr. L., vom 21. Juni 2002 (Aufenthalt des Klägers und seiner Familie vom 30. April bis 28. Mai 2002) und vom 10. Oktober 2003 (Aufenthalt des Klägers und seiner Familie vom 27. August bis 23. September 2003) beigezogen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Berichte inhaltlich verwiesen. Weiter hat das Gericht Prof. Dr. D. zum Gesundheitszustand des Klägers im Juli 2003 (Zeitpunkt der Entziehung der streitgegenständlichen Merkzeichen) nochmals schriftlich als sachverständigen Zeuge befragt. Dieser hat unter dem 1. September 2005 ausgeführt, der Kläger habe sich im fraglichen Zeitpunkt im Stadium der Vollremission befunden, habe aber immer wieder bei der Versorgung mit Prothesen Probleme mit Druckstellen gehabt. Die Untersuchung am 17. Juli 2003 habe bei subjektiver Beschwerdefreiheit reizlose Stumpf- und Narbenverhältnisse ohne pathologische Resistenzen oder Druckschmerz im Bereich des rechten Beines ergeben. Bei der Aufnahme in die Klinik K. im August 2003 seien ebenfalls Probleme mit der Prothese berichtet worden, zudem eine offene Wunde. Weiterhin seien Probleme mit flüssigem Gehen im Untersuchungsstatus vermerkt. Bei der Untersuchung des Bewegungsapparats sei darüber hinaus eine dezente rechtskonvexe thorakale Skoliose mit Beckenasymmetrie aufgefallen. Diese sei Folge der Unterschenkelamputation und mit den Problemen mit der Prothese erklärbar. Der Vorstellung bei ihm am 13. Juni 2003 sei am 11. Juni 2003 ein Sturz mit dem Fahrrad vorausgegangen, als der rechte Fuß des Klägers vom Pedal abgerutscht sei. Der Kläger habe sich eine Prellung im Bereich der rechten Schulter zugezogen, ansonsten hätten sich bei der körperlichen Untersuchung unauffällige Verhältnisse gezeigt. Nach seiner Beurteilung habe im Juli 2003 weder das Merkmal Hilflosigkeit noch eine außergewöhnliche Gehbehinderung vorgelegen, auch wenn der Kläger immer wieder Probleme mit der Prothesenversorgung gehabt habe. Es sei im fraglichen Zeitpunkt nicht gewährleistet gewesen, dass der Kläger mit Prothesenversorgung angemessen beweglich sei. Daher würde er im Zweifel das Merkmal "aG" anerkennen, nicht hingegen das Merkmal "H". Beigefügt war der Arztbrief vom 15. April 2003 sowie der Entlassbericht der K. vom 10. Oktober 2003 mit physiotherapeutischem Bericht des Physiotherapeuten und Sportlehrers H ... Dieser gab bei der Ganganalyse u.a. an, der Armpendel rechts sei vermindert, der Kläger gehe insgesamt aber sehr sicher und dynamisch. Bei Alltagsbewegungen und sportlicher Betätigung habe er keine Probleme.
Die Berichterstatterin des Verfahrens hat den Sach- und Streitstand am 20. Dezember 2005 mit den Beteiligten erörtert. Auf die Sitzungsniederschrift vom gleichen Tag wird inhaltlich verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten sowie der Gerichtsakten beider Instanzen verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143, 144 SGG statthafte und nach § 151 SGG zulässige Berufung ist unbegründet. Dem Kläger stehen die Merkzeichen "H" und "aG" nicht zu.
Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Soweit die Änderung zu Gunsten des Betroffenen erfolgt, soll der Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden (§ 48 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch [SGB X]).
In den tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen, die der Bescheiderteilung vom 24. April 2001 zugrunde gelegen haben, ist eine wesentliche Änderung im Juli 2003 eingetreten, da der Kläger die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Merkzeichen "H" und "aG" nicht mehr erfüllt. Denn er ist weder hilflos noch außergewöhnlich gehbehindert.
Als hilflos ist diejenige Person anzusehen, die infolge von Gesundheitsstörungen nicht nur vorübergehend für eine Reihe von häufig und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen zur Sicherung der persönlichen Existenz im Ablauf eines jeden Tages fremder Hilfe dauernd bedarf. Dabei muss der Umfang der häufig wiederkehrenden Verrichtungen erheblich sein, was der Fall ist, wenn die Hilfe dauernd für zahlreiche Verrichtungen, die häufig und regelmäßig wiederkehren, benötigt wird.
Der Nachteilsausgleich "aG" steht nur Schwerbehinderten zu, die außergewöhnlich gehbehindert im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 14 des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) oder anderer straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften sind.
Die Zuerkennung des Nachteilsausgleichs "aG" befreit den Behinderten von Beschränkungen des Haltens und Parkens im Straßenverkehr und eröffnet ihm besonders gekennzeichnete Parkmöglichkeiten. Darüber hinaus ist er als Halter eines Kraftfahrzeuges von der Kraftfahrzeugsteuer befreit (§ 3a Abs. 1 Kraftfahrzeugsteuergesetz). Nach der allgemeinen Verwaltungsvorschrift zu § 46 Abs. 1 Nr. 11 StVO (vgl. BAnz 1976 Nr. 142 vom 31.07.1976 , S. 3. ff) sind als Schwerbehinderte mit außergewöhnlicher Gehbehinderung solche Personen anzusehen, die sich wegen der Schwere ihres Leidens dauernd nur mit fremder Hilfe oder nur mit großer Anstrengung außerhalb ihres Kraftfahrzeuges bewegen können. Hierzu zählen: Querschnittsgelähmte, Doppeloberschenkelamputierte, Doppelunterschenkelamputierte, Hüftexartikulierte und einseitig Oberschenkelamputierte, die dauernd außerstande sind, ein Kunstbein zu tragen, oder nur eine Beckenkorbprothese tragen können oder zugleich unterschenkel- oder armamputiert sind sowie andere Schwerbehinderte, die nach versorgungsärztlicher Feststellung, auch aufgrund von Erkrankungen, dem vorstehend aufgeführten Personenkreis gleichzustellen sind.
Nach den Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht , Ausgabe 2004 (AP), die der Senat im Interesse einer gleichmäßigen Rechtsanwendung anwendet (vgl. BSG 72, 285, 286; BSG SozR 3 - 3870 a.a.O.; BSG, Urteil vom 18.09.2003 - B 9 SB 3/02 R), sind als Erkrankungen der inneren Organe, die eine solche Gleichstellung rechtfertigen, beispielsweise Herzschäden mit schweren Dekompensationserscheinungen oder Ruheinsuffizienz anzusehen (S. 140), was insoweit einen GdB von mindestens 80 voraussetzt (S. 72). Nach den AP ist von einer außergewöhnlichen Gehbehinderung nur dann auszugehen, wenn die Fortbewegung auf das Schwerste eingeschränkt ist (Abschnitt 31 Abs. 4; vgl. auch BSG SozR 3870 § 3 SchwbG Nrn. 11, 18). Der begünstigte Personenkreis ist daher eng zu fassen, weil eine Ausweitung desselben die Verknappung des ortsnahen Parkraums - der im übrigen nicht beliebig vermehrbar ist - nach sich ziehen würde, wodurch dem gesamten begünstigten Personenkreis letztlich eine längere Wegstrecke zugemutet würde (vgl. BSG SozR 3870 § 3 SchwbG Nr. 28). Deshalb ist ein Betroffener mit der Gruppe der in der Verwaltungsvorschrift beispielhaft aufgeführten schwerbehinderten Menschen nur gleichzustellen, wenn seine Gehfähigkeit in ungewöhnlich hohem Maße eingeschränkt ist und er sich nur unter ebenso großen Anstrengungen wie die in der Vorschrift ausdrücklich aufgeführten Schwerbehinderten oder nur mit fremder Hilfe fortbewegen kann. Der vollständige Verlust des Gehvermögens ist daher nicht zu fordern. Das Restgehvermögen muss aber so weit eingeschränkt sein, dass es dem Betroffenen unzumutbar ist, längere Wege zu Fuß zurückzulegen (BSG, Urteil vom 10.12.2002 -B 9 SB 7/01 R). Einen exakten Beurteilungsmaßstab zur Abgrenzung des anspruchsberechtigten Personenkreises nach dem gesteigerten Energieaufwand beim Gehen gibt es nicht. Das BSG hält eine in Metern ausgedrückte Wegstrecke hierfür grundsätzlich nicht für tauglich. Die mögliche Weglänge bis zu den ersten auftretenden Zeichen der Erschöpfung ist aber ein gewichtiges Indiz für die Beurteilung des Restgehvermögens (vgl. BSG vom 10.12.2002 zu einer Gehpause wegen Erschöpfung nach 30 Metern). Aus dem Gebot, den begünstigten Personenkreis eng zu fassen, hat der Senat in ständiger Rechtsprechung (vgl. stellvertretend Urteil vom 27.09.2001 - L 6 SB 1340/00 mwN) abgeleitet, dass die Sonderparkplätze in der Nähe von Behörden, anderen öffentlichen Einrichtungen oder Kliniken sowie die Sonderparkrechte vor Wohnungen und Arbeitsstätten denjenigen vorbehalten bleiben sollen, denen nur noch Wegstrecken zumutbar sind, die sie von diesen Sonderparkplätzen aus üblicherweise bis zum Eingang des zu erreichenden Gebäudes zurücklegen können. Solche Wegstrecken in die Eingangsbereiche der betreffenden Gebäude betragen in der Regel unter 100 m (vgl. LSG aaO; ebenso der 11. Senat des LSG Baden-Württemberg in seinem Urteil vom 19.03.2002 - L 11 SB 942/01). Die Fähigkeit des Behinderten, Wegstrecken über 100 Meter ohne Erholungspausen und Zeichen der Überanstrengung in angemessener Zeit zurücklegen zu können, erachtet der Senat unter Berücksichtigung der Entscheidung des BSG vom 10.12.2002 in Fortentwicklung seiner bisherigen Rechtsprechung als gewichtiges Indiz für ein anspruchsausschließendes Restgehvermögen.
Nach der Überzeugung des Senats ist der Kläger seit Juli 2003 nicht mehr hilflos im Sinne der genannten Voraussetzungen. Weder die ärztliche Äußerung des Prof. Dr. D. noch die des Arztes S. lassen Anhaltspunkte dafür erkennen, dass der Kläger nach wie vor bei einer Reihe von häufig und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen zur Sicherung seiner persönlichen Existenz im Ablauf eines jeden Tages fremder Hilfe dauernd bedarf. Entsprechende Einschränkungen sind auch nicht den aktenkundigen Rehaentlassberichten aus der K. oder sonstigen ärztlichen Befundberichten oder Arztbriefen zu entnehmen. Soweit die Mutter des Klägers im Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage schilderte, ihr Sohn (der Kläger) sei schon deshalb hilflos, weil er beispielsweise beim Anziehen der Prothese oder auch beim Duschen durch Handreichungen ihrer Hilfe bedarf und sie ihn täglich zur Schule fahren müsse, vermag dies nicht die genannten Kriterien zu erfüllen. Das Merkzeichen "H" kann nicht schon dann zuerkannt werden, wenn bei einzelnen Verrichtungen Hilfe und Unterstützung geleistet werden muss, sondern erfordert einen erheblichen Umfang an notwendiger Hilfe. Einzelne Verrichtungen, selbst wenn sie lebensnotwendig sind und im täglichen Lebenslauf wiederholt vorgenommen werden (z.B. Hilfe beim Anziehen einzelner Bekleidungsstücke, notwendige Begleitung bei Spaziergängen, Hilfe im Straßenverkehr) genügen dafür nicht. Für andere als diese beispielhaft aufgeführten Verrichtungen bedarf der Kläger aber keiner Hilfe. Dies wird nicht zuletzt daran deutlich, dass er wieder regelmäßig die Schule besucht und dort auch ohne Betreuung durch seine Mutter oder andere Personen am Unterricht teilnehmen kann. Dass er durch seine Erkrankung und Behinderung möglicherweise mehr Unterstützung durch seine Familie benötigt bzw. erhält als ein vergleichbarer Jugendlicher ohne Erkrankung, verkennt auch das Gericht nicht. Dies genügt jedoch nicht, um im Sinne des Merkzeichens "H" auch von Hilflosigkeit auszugehen.
Gleiches gilt, soweit das Merkzeichen "aG" im Streit steht. Soweit der Arzt S. auf Probleme des Klägers beim Benutzen öffentlicher Verkehrsmittel hinweist, lässt das Gericht offen, ob und inwieweit diese (noch) bestehen. Denn selbst die vom Arzt S. geschilderten Probleme unterstellt, rechtfertigt die Notwendigkeit der Begleitung bei der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel die Zuerkennung des Merkzeichens "B", nicht aber des Merkzeichens "aG". Das Merkzeichen "B" ist dem Kläger jedoch noch immer zuerkannt und steht auch vorliegend nicht im Streit. Weitergehende Einschränkungen der Gehfähigkeit, die derart gravierend sind, dass sie das Merkzeichen "aG" rechtfertigen könnten, sind nicht ersichtlich. Insbesondere ist dem physiotherapeutischen Bericht vom Oktober 2003 unzweifelhaft zu entnehmen, dass der Kläger keine wesentlichen Einschränkungen oder Beschwerden beim Gehen mehr hat. Dabei verkennt das Gericht nicht, dass das Gehvermögen durch die Prothesenversorgung nicht unbedingt demjenigen eines nicht behinderten jungen Menschen entspricht und insbesondere bei sportlicher Betätigung möglicherweise Einschränkungen zu beachten sind. Allerdings genügt dies nicht, um das Merkzeichen "aG" zuzusprechen. Da sich der Kläger auch innerhalb der Schule frei bewegt, steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass das Gehvermögen nicht mehr im erforderlichen Ausmaß eingeschränkt ist. Soweit zeitweise im Bereich der Prothesenversorgung Druckstellen oder schmerzhafte Veränderungen entstehen, führt dies zu keiner anderen Beurteilung, da es sich hierbei nicht um Behinderungen handelt, die das Gehvermögen im erforderlichen Ausmaß für mehr als sechs Monate einschränken.
Das SG hat die Klage daher zu Recht abgewiesen. Auch die Berufung war zurückzuweisen
Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
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