L 10 B 488/06 AS ER

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
10
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 94 AS 4230/06 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 10 B 488/06 AS ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 29. Mai 2006 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten werden auch für das Beschwerdeverfahren nicht erstattet.

Gründe:

Die Beschwerde kann keinen Erfolg haben.

Die erstrebte Regelungsanordnung gemäß § 86 b Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht erlassen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Der Anordnungsanspruch – die Rechtsposition, deren Durchsetzung im Hauptsacheverfahren beabsichtigt ist – sowie der Anordnungsgrund – die Eilbedürftigkeit der begehrten sofortigen Regelung – sind glaubhaft zu machen (§ 86 b Abs 4 SGG iVm § 920 Abs 2 Zivilprozessordnung).

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung in der jeweiligen Instanz – im Beschwerdeverfahren kommt es demnach auf den Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung an.

Die Antragstellerin hat weder für den von ihr im Wege einer einstweiligen Anordnung erstrebte Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Übernahme der Kosten für ihre alte Unterkunft für April 2006 (Anspruch zu 1) noch für den von ihr auf gleiche Weise begehrte Verpflichtung der Antragsgegnerin der Übernahme der Kaution für ihre neue Unterkunft (Anspruch zu 2), einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht.

Der Anspruch zu 1 scheitert daran, dass gemäß § 22 Abs 1 Satz 2 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) Unterkunftskosten grundsätzlich immer nur für eine einzige Unterkunft anzuerkennen sind, auch wenn der Hilfebedürftige mehrere Unterkünfte angemietet hat und rechtlich nutzen kann. Entscheidend ist dann die (vorrangig) tatsächlich genutzte Unterkunft (vgl Berlit in Rothkegel, Sozialhilferecht, Seite 261). Da die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 05. Mai 2006 Unterkunftskosten in Höhe von 358,00 EUR bewilligt hat, die den Kosten für April 2006 für die neue Unterkunft entsprechen, und die Kosten dieser Unterkunft höher sind als die für die alte Unterkunft, kann offen bleiben, ob die Antragstellerin im April 2006 noch in ihrer alten Unterkunft oder schon in der neuen Unterkunft gewohnt hat.

Es liegt ersichtlich auch kein Sachverhalt vor, der eine Ausnahme von dem geschilderten Grundsatz gebietet. Ein solcher Ausnahmefall ist nur anzuerkennen, wenn bei einem notwendigen Wohnungswechsel die Mietzeiträume wegen der Kündigungsfristen oder notwendiger Renovierungsarbeiten nicht nahtlos aufeinander abgestimmt werden können, so dass doppelte Mietaufwendungen (so genannte Überschneidungskosten) nicht zumutbar abgewendet werden können (vgl Berlit aaO). Eine solche Konstellation liegt hier schon deshalb nicht vor, weil der Umzug mit Rücksicht auf die Laufzeit des Vertrages für die alte Unterkunft bis zum 30. April 2006 zum Zeitpunkt der Anmietung der neuen Wohnung nicht notwendig war.

Der Anspruch zu 2 scheitert bereits daran, dass § 22 Abs 3 Satz 1 SGB II die Übernahme einer Mietkaution im Gegensatz zur Übernahme der Unterkunftskosten an die vorherige Zusicherung durch die Antragsgegnerin knüpft. Eine solche Zusicherung liegt unstreitig nicht vor. Ob über den eindeutigen Wortlaut hinaus Ausnahmen vom vorherigen Zustimmungs¬erfordernis gemacht werden können, etwa dann, wenn eine fristgerecht mögliche Entschei¬dung treuwidrig vereitelt worden ist (vgl hierzu Berlit aaO Seite 276) oder aber aus anderen Gründen (beispielsweise Verhinderung durch Krankheit) eine solche fristgerecht nicht eingeholt werden konnte, bedarf hier keiner Entscheidung, da eine solche Ausnahmekon¬stellation offensichtlich nicht vorlag. Dass der Antragstellerin, sollte sie die vereinbarte Kaution iHv 690 EUR (vgl § 19 des Mietvertrages vom 14. April 2006) nicht zahlen können, unter Umständen die Kündigung droht, ist die vom Gesetzgeber des SGB II in Kauf ge¬nommene Folge und rechtfertigt keine abweichende Beurteilung. Überdies bestehen erheb¬liche Zahlungserleichterungen, so dass der Vortrag der Antragstellerin nicht ausreicht, zu verdeutlichen, dass sie unmittelbar von der Beendigung des Mietverhältnisses bedroht ist. Sie ist nach der gesetzlichen Regelung (§ 551 Abs 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)) berechtigt, die Kaution in drei gleichen Raten zu zahlen, wobei die erste Rate zu Beginn des Mietverhältnisses, also zum vertraglich verein¬barten Überlassungstermin, fällig ist (§ 271 BGB), und der Vermieter kann die gesamte Kaution erst verlangen, wenn die ersten drei Mietmonate ohne Zahlung verstrichen sind.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer analogen Anwendung des § 193 SGG.

Diese Entscheidung ist nicht mit einer Beschwerde an das Bundessozialgericht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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