Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 11 U 1874/03
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 2 U 327/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 2 U 17/06
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Ein nicht versicherter Unternehmer steht auch nicht über die Verweisung des § 106 Abs. 3 Alt. 3 SGB VII auf §§ 104, 105 SGB VII unter Versicherungsschutz. Revision anhängig - B 2 U 17/06
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 16. Dezember 2005 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin Anspruch auf Hinterbliebenenleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung auf Grund des tödlichen Unfalls des Ehegatten H.-D. B. (im Folgenden B.) am 20. Juli 2001 hat, insbesondere ob B. gem. § 106 Abs. 3 Alt. 3 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch - SGB VII - unter Unfallversicherungsschutz stand.
Der 1946 geborene B. war unter anderem im Bereich Schlosserei-Montagebau selbstständig tätig und zwar als Unternehmer der Firma HDB in H ... In der gesetzlichen Unfallversicherung war er nicht bei der zuständigen Berufsgenossenschaft freiwillig versichert.
Am 20. Juli 2001 um 08:30 Uhr verunglückte B. auf dem Betriebsgelände der Firma Bo. und S. Hausgeräte GmbH (im Folgenden: Bo.) in D., als er aus ca. 10 m von einer Hebebühne stürzte, welche von einer herabfallenden Tafel umgerissen wurde. B. arbeitete als selbstständiger Unternehmer für die Firma DIW I.GmbH (im Folgenden: DIW), die Demontagearbeiten für Bosch durchführen sollte. Dem Frühschicht-Team gehörten 3 Arbeitnehmer der DIW sowie B an. Objektleiter war D. U. von DIW, der sich der fahrlässigen Tötung an B. schuldig gemacht hat (Strafbefehl vom 12. Januar 2002, rechtskräftig seit 6. März 2002). B. hatte unregelmäßig Aufträge von DIW erhalten und seine Leistungen der DIW in Rechnung gestellt.
Im August 2002 machte die Klägerin gegenüber der Beklagten Ansprüche geltend. Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 30. Januar 2003 die Gewährung von Leistungen ab. Der Verstorbene habe als Selbstständiger einen tödlichen Unfall erlitten. Er habe von seinem Recht eine freiwillige Versicherung abzuschließen keinen Gebrauch gemacht. Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein. Allein entscheidend sei, dass gegen den Schädiger keine Ansprüche bestünden, auch der nichtversicherte Unternehmer müsse sich gem. § 105 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch - SGB VII - das unfallversicherungsrechtliche Haftungsprivileg entgegenhalten lassen; zum Ausgleich hierfür erhalte er Leistungen der Unfallversicherung wie ein Versicherter. Mit Widerspruchsbescheid vom 11. Juni 2003 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. § 105 SGB VII setze voraus, dass Schädiger und Geschädigter Mitarbeiter desselben Betriebs seien, was aber vorliegend nicht der Fall sei.
Am 4. Juli 2003 hat die Klägerin zum Sozialgericht Heilbronn Klage erhoben, welches mit Beschluss vom 22. Juli 2003 den Rechtsstreit an das Sozialgericht Ulm (SG) verwiesen hat. Die Klägerin hat zur Begründung vorgetragen, § 106 Abs. 3 SGB VII sei einschlägig, denn beim Tätigwerden mehrerer Unternehmen auf einer Baustelle sei diese Baustelle als gemeinsame Betriebsstätte anzusehen. Es habe eine Gefahrengemeinschaft bestanden. Das SG hat mit Beschluss vom 12. November 2004 die Württembergische BauBG zum Verfahren beigeladen. Des weiteren hat es die Akten der Staatsanwaltschaft Augsburg eingesehen sowie schriftliche Auskünfte der DIW und der Firma Bo. vom 13. August 2005 und 17. Mai 2005 eingeholt und weiter Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen A. K ... Mit Urteil vom 16. Dezember 2005 hat das SG den angefochtenen Bescheid aufgehoben und die Beklagte verurteilt, der Klägerin Hinterbliebenenleistungen bis zur Höhe des zivilrechtlichen Schadensersatzanspruches aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu gewähren. Zwar habe B. mangels freiwilliger Versicherung bei der Beklagten keine versicherte Tätigkeit gem. § 6 SGB VII verrichtet; gleichfalls sei er nicht gem. § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB VII gesetzlich versichert gewesen. Doch sei B. gemäß § 105 Abs. 2 Satz 2 SGB VII, § 106 Abs. 3 Alt. 3 SGB VII unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung gestanden. Nach seinem Wortlaut betreffe § 106 Abs. 3 Alt. 3 SGB VII die Ersatzpflicht der beteiligten Tätigen untereinander, wobei ihr Verhältnis zum Unternehmer nicht ausdrücklich erwähnt werde. Die Verweisung auf § 104 und § 105 SGB VII, insbesondere auf § 105 Abs. 2 Satz 2 SGB VII, regle jedoch die Einbeziehung des Unternehmers. Auf Grund dieser Verweisung sei sowohl der versicherte Unternehmer wie auch der nichtversicherte Unternehmer als Geschädigter in die Haftungsbeschränkung mit einzubeziehen. B. habe mit den Versicherten/Arbeitnehmern der Firma DIW vorübergehend betriebliche Tätigkeiten auf einer gemeinsamen Betriebsstätte verrichtet.
Gegen das der Beklagten am 4. Januar 2006 zugestellte Urteil hat sie am 20. Januar 2006 Berufung eingelegt. Zur Begründung hat sie ausgeführt, gegen die Begründung des Versicherungsschutzes spreche vor allem der Wortlaut des § 106 Abs. Alt. 3 SGB VI, gemäß dem Versicherte mehrerer Unternehmen vorübergehend betriebliche Tätigkeiten auf einer gemeinsamen Betriebsstätte verrichten müssten. Auch aus der Verweisung auf die §§ 104, 105 SGB VII lasse sich nichts Gegenteiliges herleiten, da es sich lediglich um eine Rechtsfolgenverweisung handele, so dass zunächst einmal die Voraussetzungen des § 106 Abs. 3 Alt. 3 SGB VII vorliegen müssten.
Die Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 16. Dezember 2005 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für überzeugend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig und begründet. Der angefochtene Bescheid der Beklagten ist rechtmäßig. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Hinterbliebenenleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung. B. hat zum Unfallzeitpunkt nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung gestanden.
B. war weder kraft Gesetzes noch freiwillig versichert (s. §§ 2, 6 SGB VII). Insbesondere war B. nicht beschäftigt. Beschäftigung ist die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. B. war selbstständig tätig gewesen; er hat seine Leistungen der DIW in Rechnung gestellt. Es sind keinerlei Umstände ersichtlich, die für eine Weisungsabhängigkeit des B. sprechen. Insbesondere war B. nicht andauernd für die DIW tätig, sondern hatte nur unregelmäßig Aufträge erhalten. Gleichfalls war B. nicht gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB VII gesetzlich versichert, wie das SG zutreffend ausgeführt hat; hierauf wird gem. § 153 Abs. 2 Satz 2 SGG Bezug genommen.
B. stand jedoch auch nicht gemäß § 106 Abs. 3 Alt. 3 SGB VII in Verbindung mit § 105 Abs. 2 Satz 2 SGB VII unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Verrichten Versicherte mehrerer Unternehmen vorübergehend betriebliche Tätigkeiten auf einer gemeinsamen Betriebsstätte, gelten die §§ 104 u. 105 SGB VII für die Ersatzpflicht der für die beteiligten Unternehmen Tätigen untereinander (so § 106 Abs. 3 Alt. 3 SGB VII). Unternehmer sind den Versicherten, die für ihre Unternehmen tätig sind oder zu ihren Unternehmen in einer sonstigen die Versicherung begründenden Beziehung stehen, sowie deren Angerhörigen und Hinterbliebenen nach anderen gesetzlichen Vorschriften zum Ersatz des Personenschadens, den ein Versicherungsfall verursacht hat, nur verpflichtet, wenn sie den Versicherungsfall vorsätzlich oder auf einem nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 SGB VII versicherten Weg herbeigeführt haben (§ 104 Abs. 1 SGB VII). Personen, die durch eine betriebliche Tätigkeit einen Versicherungsfall von Versicherten desselben Betriebs verursachen, sind diesen sowie deren Angehörigen und Hinterbliebenen nach anderen gesetzlichen Vorschriften zum Ersatz des Personenschadens nur verpflichtet, wenn sie den Versicherungsfall vorsätzlich oder auf einem nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 SGG VII versicherten Weg herbeigeführt haben. Satz 1 gilt entsprechend bei der Schädigung von Personen, die für denselben Betrieb tätig und nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII versicherungsfrei sind (§ 105 Abs. 1 SGB VII). Absatz 1 gilt entsprechend, wenn nicht versicherte Unternehmer geschädigt worden sind. Soweit nach Satz 1 eine Haftung ausgeschlossen ist, werden die Unternehmer wie Versicherte, die einen Versicherungsfall erlitten haben, behandelt, es sei denn, eine Ersatzpflicht des Schädigers gegenüber dem Unternehmer ist zivilrechtlich ausgeschlossen. Für die Berechnung von Geldleistungen gilt der Mindestjahresarbeitsverdienst als Jahresarbeitsverdienst. Geldleistungen werden jedoch nur bis zur Höhe eines zivilrechtlichen Schadensersatzanspruchs erbracht (§ 105 Abs. 2 SGB VII).
Zwar verweist § 106 Abs. 3 Alt. 3 SGB VII pauschal auf §§ 104, 105 SGB VII und damit auch auf § 105 Abs. 2 SGB VII, der den nicht versicherten Unternehmer einem Versicherten gleichstellt. Aber aus der ausdrücklichen Begrenzung des privilegierten Personenkreises auf "Versicherte" im Tatbestand des § 106 Abs. 3 Alt. 3 SGB VII kommt für den Senat zum Ausdruck, dass der Gesetzgeber die Privilegierung auf den genannten Personenkreis der Versicherten beschränkt hat (so schon LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 29. September 2005, L 2 U 3666/03 - die hiergegen erhobene Nichtzulassungsbeschwerde (B 2 U 353/05 B) wurde mit Beschluss vom 5. Mai 2006 als unzulässig verworfen). Deshalb ergibt sich, dass die Verweisung auf § 105 Abs. 2 SGB VII nicht beabsichtigt ist; ansonsten hätte der Gesetzgeber in § 106 Abs. 3 Alt. 3 SGB VII den privilegierten Kreis auch mit "Personen" anstatt mit "Versicherte" bezeichnen können, wie er es zum Beispiel in § 105 Abs. 1 SGB VII gemacht hat. Dann wäre aber auch keinerlei Begrenzung mehr für den haftungsprivilegierten Personenkreis gegeben, was auch gegen die allgemeine Auslegungsregel verstieße, Ausnahmetatbestände nicht erweiternd auszulegen. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in seinem Urteil vom 27. Juni 2002, Az. III ZR 234/01, demgemäß zwischen Versicherten und Nichtversicherten unterschieden und darauf hingewiesen, dass der Gesetzgeber auf dieser Unterscheidung (Systematik) aufbaut. Hinzu kommt, dass das Institut der freiwilligen Unternehmerversicherung ausgehöhlt würde, wenn § 105 Abs. 2 SGB VII auch in der Konstellation des § 106 Abs. 3 SGB VII Anwendung fände (so im Ergebnis auch Bereiter-Hahn/Mehrtens, § 106 SGB VII Anmerkung 8.7; Waltermann NJW, 2002, 1225, 1230). Der entgegenstehenden Auffassung (Kasseler Kommentar § 106 SGB VII Rdnr. 12, § 105 SGB VII Rdnr. 10; LSG Baden-Württemberg, NJW 2002, 1290), die auch das SG vertreten hat, kann sich der Senat dementsprechend nicht anschließen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.
2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin Anspruch auf Hinterbliebenenleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung auf Grund des tödlichen Unfalls des Ehegatten H.-D. B. (im Folgenden B.) am 20. Juli 2001 hat, insbesondere ob B. gem. § 106 Abs. 3 Alt. 3 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch - SGB VII - unter Unfallversicherungsschutz stand.
Der 1946 geborene B. war unter anderem im Bereich Schlosserei-Montagebau selbstständig tätig und zwar als Unternehmer der Firma HDB in H ... In der gesetzlichen Unfallversicherung war er nicht bei der zuständigen Berufsgenossenschaft freiwillig versichert.
Am 20. Juli 2001 um 08:30 Uhr verunglückte B. auf dem Betriebsgelände der Firma Bo. und S. Hausgeräte GmbH (im Folgenden: Bo.) in D., als er aus ca. 10 m von einer Hebebühne stürzte, welche von einer herabfallenden Tafel umgerissen wurde. B. arbeitete als selbstständiger Unternehmer für die Firma DIW I.GmbH (im Folgenden: DIW), die Demontagearbeiten für Bosch durchführen sollte. Dem Frühschicht-Team gehörten 3 Arbeitnehmer der DIW sowie B an. Objektleiter war D. U. von DIW, der sich der fahrlässigen Tötung an B. schuldig gemacht hat (Strafbefehl vom 12. Januar 2002, rechtskräftig seit 6. März 2002). B. hatte unregelmäßig Aufträge von DIW erhalten und seine Leistungen der DIW in Rechnung gestellt.
Im August 2002 machte die Klägerin gegenüber der Beklagten Ansprüche geltend. Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 30. Januar 2003 die Gewährung von Leistungen ab. Der Verstorbene habe als Selbstständiger einen tödlichen Unfall erlitten. Er habe von seinem Recht eine freiwillige Versicherung abzuschließen keinen Gebrauch gemacht. Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein. Allein entscheidend sei, dass gegen den Schädiger keine Ansprüche bestünden, auch der nichtversicherte Unternehmer müsse sich gem. § 105 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch - SGB VII - das unfallversicherungsrechtliche Haftungsprivileg entgegenhalten lassen; zum Ausgleich hierfür erhalte er Leistungen der Unfallversicherung wie ein Versicherter. Mit Widerspruchsbescheid vom 11. Juni 2003 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. § 105 SGB VII setze voraus, dass Schädiger und Geschädigter Mitarbeiter desselben Betriebs seien, was aber vorliegend nicht der Fall sei.
Am 4. Juli 2003 hat die Klägerin zum Sozialgericht Heilbronn Klage erhoben, welches mit Beschluss vom 22. Juli 2003 den Rechtsstreit an das Sozialgericht Ulm (SG) verwiesen hat. Die Klägerin hat zur Begründung vorgetragen, § 106 Abs. 3 SGB VII sei einschlägig, denn beim Tätigwerden mehrerer Unternehmen auf einer Baustelle sei diese Baustelle als gemeinsame Betriebsstätte anzusehen. Es habe eine Gefahrengemeinschaft bestanden. Das SG hat mit Beschluss vom 12. November 2004 die Württembergische BauBG zum Verfahren beigeladen. Des weiteren hat es die Akten der Staatsanwaltschaft Augsburg eingesehen sowie schriftliche Auskünfte der DIW und der Firma Bo. vom 13. August 2005 und 17. Mai 2005 eingeholt und weiter Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen A. K ... Mit Urteil vom 16. Dezember 2005 hat das SG den angefochtenen Bescheid aufgehoben und die Beklagte verurteilt, der Klägerin Hinterbliebenenleistungen bis zur Höhe des zivilrechtlichen Schadensersatzanspruches aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu gewähren. Zwar habe B. mangels freiwilliger Versicherung bei der Beklagten keine versicherte Tätigkeit gem. § 6 SGB VII verrichtet; gleichfalls sei er nicht gem. § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB VII gesetzlich versichert gewesen. Doch sei B. gemäß § 105 Abs. 2 Satz 2 SGB VII, § 106 Abs. 3 Alt. 3 SGB VII unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung gestanden. Nach seinem Wortlaut betreffe § 106 Abs. 3 Alt. 3 SGB VII die Ersatzpflicht der beteiligten Tätigen untereinander, wobei ihr Verhältnis zum Unternehmer nicht ausdrücklich erwähnt werde. Die Verweisung auf § 104 und § 105 SGB VII, insbesondere auf § 105 Abs. 2 Satz 2 SGB VII, regle jedoch die Einbeziehung des Unternehmers. Auf Grund dieser Verweisung sei sowohl der versicherte Unternehmer wie auch der nichtversicherte Unternehmer als Geschädigter in die Haftungsbeschränkung mit einzubeziehen. B. habe mit den Versicherten/Arbeitnehmern der Firma DIW vorübergehend betriebliche Tätigkeiten auf einer gemeinsamen Betriebsstätte verrichtet.
Gegen das der Beklagten am 4. Januar 2006 zugestellte Urteil hat sie am 20. Januar 2006 Berufung eingelegt. Zur Begründung hat sie ausgeführt, gegen die Begründung des Versicherungsschutzes spreche vor allem der Wortlaut des § 106 Abs. Alt. 3 SGB VI, gemäß dem Versicherte mehrerer Unternehmen vorübergehend betriebliche Tätigkeiten auf einer gemeinsamen Betriebsstätte verrichten müssten. Auch aus der Verweisung auf die §§ 104, 105 SGB VII lasse sich nichts Gegenteiliges herleiten, da es sich lediglich um eine Rechtsfolgenverweisung handele, so dass zunächst einmal die Voraussetzungen des § 106 Abs. 3 Alt. 3 SGB VII vorliegen müssten.
Die Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 16. Dezember 2005 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für überzeugend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig und begründet. Der angefochtene Bescheid der Beklagten ist rechtmäßig. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Hinterbliebenenleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung. B. hat zum Unfallzeitpunkt nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung gestanden.
B. war weder kraft Gesetzes noch freiwillig versichert (s. §§ 2, 6 SGB VII). Insbesondere war B. nicht beschäftigt. Beschäftigung ist die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. B. war selbstständig tätig gewesen; er hat seine Leistungen der DIW in Rechnung gestellt. Es sind keinerlei Umstände ersichtlich, die für eine Weisungsabhängigkeit des B. sprechen. Insbesondere war B. nicht andauernd für die DIW tätig, sondern hatte nur unregelmäßig Aufträge erhalten. Gleichfalls war B. nicht gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB VII gesetzlich versichert, wie das SG zutreffend ausgeführt hat; hierauf wird gem. § 153 Abs. 2 Satz 2 SGG Bezug genommen.
B. stand jedoch auch nicht gemäß § 106 Abs. 3 Alt. 3 SGB VII in Verbindung mit § 105 Abs. 2 Satz 2 SGB VII unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Verrichten Versicherte mehrerer Unternehmen vorübergehend betriebliche Tätigkeiten auf einer gemeinsamen Betriebsstätte, gelten die §§ 104 u. 105 SGB VII für die Ersatzpflicht der für die beteiligten Unternehmen Tätigen untereinander (so § 106 Abs. 3 Alt. 3 SGB VII). Unternehmer sind den Versicherten, die für ihre Unternehmen tätig sind oder zu ihren Unternehmen in einer sonstigen die Versicherung begründenden Beziehung stehen, sowie deren Angerhörigen und Hinterbliebenen nach anderen gesetzlichen Vorschriften zum Ersatz des Personenschadens, den ein Versicherungsfall verursacht hat, nur verpflichtet, wenn sie den Versicherungsfall vorsätzlich oder auf einem nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 SGB VII versicherten Weg herbeigeführt haben (§ 104 Abs. 1 SGB VII). Personen, die durch eine betriebliche Tätigkeit einen Versicherungsfall von Versicherten desselben Betriebs verursachen, sind diesen sowie deren Angehörigen und Hinterbliebenen nach anderen gesetzlichen Vorschriften zum Ersatz des Personenschadens nur verpflichtet, wenn sie den Versicherungsfall vorsätzlich oder auf einem nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 SGG VII versicherten Weg herbeigeführt haben. Satz 1 gilt entsprechend bei der Schädigung von Personen, die für denselben Betrieb tätig und nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII versicherungsfrei sind (§ 105 Abs. 1 SGB VII). Absatz 1 gilt entsprechend, wenn nicht versicherte Unternehmer geschädigt worden sind. Soweit nach Satz 1 eine Haftung ausgeschlossen ist, werden die Unternehmer wie Versicherte, die einen Versicherungsfall erlitten haben, behandelt, es sei denn, eine Ersatzpflicht des Schädigers gegenüber dem Unternehmer ist zivilrechtlich ausgeschlossen. Für die Berechnung von Geldleistungen gilt der Mindestjahresarbeitsverdienst als Jahresarbeitsverdienst. Geldleistungen werden jedoch nur bis zur Höhe eines zivilrechtlichen Schadensersatzanspruchs erbracht (§ 105 Abs. 2 SGB VII).
Zwar verweist § 106 Abs. 3 Alt. 3 SGB VII pauschal auf §§ 104, 105 SGB VII und damit auch auf § 105 Abs. 2 SGB VII, der den nicht versicherten Unternehmer einem Versicherten gleichstellt. Aber aus der ausdrücklichen Begrenzung des privilegierten Personenkreises auf "Versicherte" im Tatbestand des § 106 Abs. 3 Alt. 3 SGB VII kommt für den Senat zum Ausdruck, dass der Gesetzgeber die Privilegierung auf den genannten Personenkreis der Versicherten beschränkt hat (so schon LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 29. September 2005, L 2 U 3666/03 - die hiergegen erhobene Nichtzulassungsbeschwerde (B 2 U 353/05 B) wurde mit Beschluss vom 5. Mai 2006 als unzulässig verworfen). Deshalb ergibt sich, dass die Verweisung auf § 105 Abs. 2 SGB VII nicht beabsichtigt ist; ansonsten hätte der Gesetzgeber in § 106 Abs. 3 Alt. 3 SGB VII den privilegierten Kreis auch mit "Personen" anstatt mit "Versicherte" bezeichnen können, wie er es zum Beispiel in § 105 Abs. 1 SGB VII gemacht hat. Dann wäre aber auch keinerlei Begrenzung mehr für den haftungsprivilegierten Personenkreis gegeben, was auch gegen die allgemeine Auslegungsregel verstieße, Ausnahmetatbestände nicht erweiternd auszulegen. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in seinem Urteil vom 27. Juni 2002, Az. III ZR 234/01, demgemäß zwischen Versicherten und Nichtversicherten unterschieden und darauf hingewiesen, dass der Gesetzgeber auf dieser Unterscheidung (Systematik) aufbaut. Hinzu kommt, dass das Institut der freiwilligen Unternehmerversicherung ausgehöhlt würde, wenn § 105 Abs. 2 SGB VII auch in der Konstellation des § 106 Abs. 3 SGB VII Anwendung fände (so im Ergebnis auch Bereiter-Hahn/Mehrtens, § 106 SGB VII Anmerkung 8.7; Waltermann NJW, 2002, 1225, 1230). Der entgegenstehenden Auffassung (Kasseler Kommentar § 106 SGB VII Rdnr. 12, § 105 SGB VII Rdnr. 10; LSG Baden-Württemberg, NJW 2002, 1290), die auch das SG vertreten hat, kann sich der Senat dementsprechend nicht anschließen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.
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