Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Aachen (NRW)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
11
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 11 AS 100/05
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 20 AS 90/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 01.07.2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 18.11.2005 verurteilt, der Klägerin und dem Kläger zuschussweise Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende für die Zeit ab dem 29.09.2005 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Beklagte hat die Kosten der Klägerin und des Klägers zu 6/7 zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist die Hilfebedürftigkeit als Anspruchsvoraussetzung der Grundsicherung für Arbeitsuchende.
Die Klägerin (geboren am 00.00.1945) und der Kläger (geboren am 00.00.1947) bewohnen ein Hausgrundstück in I-B von 1,424 qm Gesamtgrundfläche. Die Wohnfläche des Gebäudes beträgt nach Angaben der Klägerseite 180 qm, wovon 120 qm auf die Familie des 1969 geborenen Sohnes D U entfallen. Das Grundstück stand zunächst im Eigentum der Klägerin, die es mit notariellem Vertrag vom 29.09.2005 im Wege der vorweggenommenen Erbfolge dem Sohn D zu Alleineigentum übertragen hat.
In der Zeit vom 01.01.2005 bis zum 30.06.2005 bezogen Klägerin und Kläger Alg II zuschussweise i.H.v. insgesamt monatlich 541,89 Euro (einschließlich Versicherungsbeiträge). Den Fortzahlungsantrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 01.07.2005 mit der Begründung ab, es sei Vermögen i.H.v. 226.000.- Euro zu berücksichtigen, das den Freibetrag von 62.340.- Euro deutlich übersteige. Eine darlehensweise Leistungsgewährung bleibe außer Betracht, da dies von Klägerseite bereits im Vorfeld ausdrücklich abgelehnt worden sei. Den am 06.07.2005 eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Bescheid vom 18.11.2005 zurück.
Hiergegen richtet sich die am 30.11.2005 erhobene Klage.
Von Klägerseite wird ausgeführt, das Grundstück habe auch vor dem Vertrag vom 29.09.2005 nicht verwertet werden können, weil dem Sohn mit Vertrag von 1995 bereits ein rein schuldrechtliches Dauerwohnrecht an dem von ihm bewohnten Gebäudeteil eingeräumt worden sei, das im Falle einer Verwertung in einen Schadensersatzanspruch des Sohnes umgeschlagen sei. Weiterhin sei das Wohnrecht auch bei der Frage nach der Angemessenheit der von Klägerin und Kläger bewohnten Wohnfläche zu berücksichtigen. Der unbebaute Grundstücksteil sei aufgrund fehlender Erschließung nur von sehr geringem wirtschaftlichen Wert. Insgesamt reiche der zu erwartende Veräußerungserlös nicht aus, um ein angemessenes modernes Ausweichquartier zu erwerben. Auch fände sich für die von der Beklagten gewählten Grenzwerte von 130 qm bzw. 800 qm im Gesetz keine Stütze.
Klägerin und Kläger beantragen,
die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 01.07.2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 18.11.2005 zu verurteilen, ihnen zuschussweise Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende ab dem 01.07.2005 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen, soweit den Zeitraum vor dem 29.09.2005 betroffen ist.
Sie ist zuletzt der Auffassung, dass Hilfebedürftigkeit für die Zeit nach Abschluss des notariellen Vertrages gegeben sei, behält sich jedoch die Geltendmachung eines Rückforderungsanspruchs aus § 528 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) aus übergeleitetem Recht gegenüber dem Sohn der Klägerin und des Klägers vor. Hinsichtlich der Zeit vor Abschluss des Vertrages vom 29.09.2005 bleibt sie bei ihrer Auffassung, es sei zumutbar gewesen, das unangemessen große Grundstück zu veräußern und wirtschaftlich gegen ein angemessenes einzutauschen; insbesondere sei der Veräußerungserlös auch nicht durch einen Anspruch des Sohnes wesentlich gemindert worden, zumal Bereicherungsansprüche im Vertrag von 1995 ausdrücklich ausgeschlossen worden seien.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze und die übrige Gerichtsakte sowie auf die beigezogene Verwaltungsakte verwiesen, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist nur hinsichtlich des Zeitraums ab dem 29.09.2005 begründet. Hinsichtlich des davorliegenden Zeitraums sind die angefochtenen Entscheidungen der Beklagten nicht rechtswidrig im Sinne von § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG), da der Klägerin und dem Kläger in dieser Zeit keine Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende zugestanden haben.
Dass die Hilfebedürftigkeit (als Leistungsvoraussetzung der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach § 9 Sozialgesetzbuch - Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - SGB II) ab dem 29.09.2005 (Abschluss des notariellen Vertrages über die Übertragung des Grundstücks) eingetreten war, ist zuletzt nicht mehr streitig. Für die Frage der Leistungsgewährung ist es auch nicht von Bedeutung, ob die Beklagte möglicherweise einen Anspruch gegen einen Dritten nach § 528 BGB i.V.m. § 33 SGB II hat.
Für die Zeit vom 01.07.2005 bis zum 29.09.2005 bestand indes kein Leistungsanspruch, denn Klägerin und Kläger verfügten über verwertbares Vermögen in Form des unangemessenen großen Hausgrundstücks. Nach § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 SGB II ist ein selbst genutztes Hausgrundstück von angemessener Größe als Vermögen nicht zu berücksichtigen. Den Begriff der Angemessenheit definiert das Gesetz (bis auf den Hinweis auf die während des Leistungsbezugs maßgeblichen Lebensumstände, § 12 Abs. 3 Satz 2 SGB II) nicht näher.
Das Hausgrundstück ist nicht angemessen groß i.S.d. § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 SGB II. Sowohl das Grundstück an sich als auch die Wohnfläche überschreiten die - dem Grunde nach nicht zu beanstandenden - Grenzwerte von 800 qm bzw 130 qm. Zwar ist es richtig, dass diese genauen Richtwerte im Gesetz keine Stütze finden, jedoch erklärt das Gesetz in § 12 Abs. 3 Satz 2 SGB II die Lebensunstände während des Bezugs von SGB II-Leistungen zum Maßstab für die Angemessenheit. Vor diesem Hintergrund erscheint jedenfalls die Wohnfläche als unangemessen groß. Sie beläuft sich nach den klägerseitigen Angaben auf 180 qm und liegt somit bei dem Dreifachen der Fläche, die bei einer zur Miete wohnenden 2-köpfigen Bedarfsgemeinschaft als angemessen i.S.d. § 22 SGB II anzusehen wäre (hierzu etwa Lang, in: Eicher/Spellbrink, a.a.O., § 22, Rn. 43). Auch wenn an den von der Beklagte herangezogenen Grenzwerten möglicherweise nicht in allen Fällen festzuhalten ist, liegt die Wohnfläche im vorliegenden Fall erheblich über dem, was unter den üblichen Lebensumständen im Alg II-Bezug in Anspruch genommen werden kann. Insbesondere ist hierbei auch die vom Sohn und seiner Familie bewohnte Fläche mitzuberücksichtigen. Zwar ist der Umfang eines als beschränkte persönliche Dienstbarkeit bestellten Wohnrechts von der Gesamtfläche in Abzug zu bringen (Mecke, in: Eicher/Spellbrink, a.a.O., § 12, Rn. 72), hier beruhte das Wohnrecht indes auf einem rein schuldrechtlichen Vertrag, der im Falle einer Veräußerung keine Wirkung gegenüber Dritten entfaltete.
Offen lassen kann das Gericht, ob nach den baulichen Gegebenheiten die Abtrennung eines Gebäudeteils möglich und wirtschaftlich sinnvoll ist, denn als weniger stark eingreifende Verwertungsform bleibt die Beleihung des Gesamtgrundstücks in Höhe desjenigen Wertes, der auf den ("überschießenden") unangemessenen Teil entfält. Auch wenn die Veräußerung des Grundstücks ingesamt (und somit der von der Beklagten vorgeschlagene "Tausch gegen ein angemessen großes Grundstück") grundsätzlich nicht verlangt werden kann, muss im Interesse der Allgemeinheit berücksichtigt werden, dass die Verwertungsform der Beleihung auch dann greift, wenn eine teilweise Veräußerung (durch Abtrennung der "überschießenden" Flächen) unmöglich oder unwirtschaftlich ist. Dass in diesem Zusammenhang der Wert des Grundstücks(teils) zu ermitteln ist, verstößt auch nicht gegen die Bezugnahme nur auf die angemessene Größe (und nicht auf den angemessenen Wert: Zeitler, in: Mergler/Zink, SGB II/SGB XII, § 12 SGB II, Rn. 90; Mecke, a.a.O., Rn. 70) in § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 SGB II. Diese Wertermittlung greift erst dann, wenn in einem ersten Schritt die Angemessenheit der Grundstücksgröße dem Grundsatze nach verneint worden ist.
Bei dieser Wertberechnung ist die klägerseitig bewohnte Fläche - ausgehend von dessen eigenen Angaben - mit 60 qm zu berücksichtigen. Angesichts einer Gesamtfläche von (nach klägerseitigen Angaben) 180 qm werden somit 2/3 des Wohngebäudes fremdgenutzt. Unter Zugrundelegung der Wertberechnung durch die Beklagte (die einen wirtschaftlichen Wert des Gebäudes von 161.544,50 Euro annimmt) entfällt hierauf ein Wert von 107.696,32 Euro. Selbst unter Zugrundelegung eines Abzugs von 35 % bei der Ermittlung des Beleihungswertes verbleibt hier ein Betrag von 70.002,61 Euro, der über dem Vermögensfreibetrag liegt. Angesichts dieses erheblichen Unterschiedes zwischen dem geschätzten Wert des Gebäudes und dem klägerseitigen Freibetrag braucht das Gericht die - zumindest in Teilen streitigen - Wertberechnungen nicht durch Sachaufklärung vozunehmen. Auch an dieser Stelle ist das dem Sohn eingeräumte Wohnrecht nicht zu berücksichtigen. Den Ausführungen der Klägerseite zu einem Anspruch des Sohnes bei Verletzung des Vertrages von 1995 folgt das Gericht nicht. Dem Grunde nach steht einer Schadensersatzpflicht o.Ä. aus der Verletzung des rein schuldrechtlichen Wohnrechts bereits entgegen, dass sie im Ergebnis dem Wohnrecht - auf dem Umweg über die "abschreckende Wirkung" der Schadensersatzpflicht - eine quasi-sachenrechtliche Wirkung verschaffte. Hierin läge wiederum ein Verstoß gegen den Typenzwang des Sachenrechts. Der Höhe nach müsste sich der Sohn jedenfalls ersparte Mietaufwendungen entgegenhalten lassen, während eigene Ansprüche aufgrund der von ihm veranlassten baulichen Verbesserungen nach dem Vertrag von 1995 ausgeschlossen sind.
Eine darlehensweise Gewährung (§ 9 Abs. 4 SGB II) scheidet bereits deswegen aus, weil der Kläger ausdrücklich erklärt hat, er wolle entweder zuschussweise Leistungen oder überhaupt keine.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Das Gericht berücksichtigt hierbei, dass der grundsätzlichen Frage nach der Berücksichtigung des Hausgrundstücks sowie eines eventuellen Anspruchs aus § 528 BGB eine über den konkreten Bewilligungsabschnitt hinausreichende Bedeutung zukommt. Bei der Aufteilung nach Obsiegen und Unterliegen berücksichtigte das Gericht insbesondere die Absicht des Klägers, ab Mai 2007 Altersrente in Anspruch zu nehmen und somit aus dem SGB II-Leistungsbezug auszuscheiden.
Tatbestand:
Streitig ist die Hilfebedürftigkeit als Anspruchsvoraussetzung der Grundsicherung für Arbeitsuchende.
Die Klägerin (geboren am 00.00.1945) und der Kläger (geboren am 00.00.1947) bewohnen ein Hausgrundstück in I-B von 1,424 qm Gesamtgrundfläche. Die Wohnfläche des Gebäudes beträgt nach Angaben der Klägerseite 180 qm, wovon 120 qm auf die Familie des 1969 geborenen Sohnes D U entfallen. Das Grundstück stand zunächst im Eigentum der Klägerin, die es mit notariellem Vertrag vom 29.09.2005 im Wege der vorweggenommenen Erbfolge dem Sohn D zu Alleineigentum übertragen hat.
In der Zeit vom 01.01.2005 bis zum 30.06.2005 bezogen Klägerin und Kläger Alg II zuschussweise i.H.v. insgesamt monatlich 541,89 Euro (einschließlich Versicherungsbeiträge). Den Fortzahlungsantrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 01.07.2005 mit der Begründung ab, es sei Vermögen i.H.v. 226.000.- Euro zu berücksichtigen, das den Freibetrag von 62.340.- Euro deutlich übersteige. Eine darlehensweise Leistungsgewährung bleibe außer Betracht, da dies von Klägerseite bereits im Vorfeld ausdrücklich abgelehnt worden sei. Den am 06.07.2005 eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Bescheid vom 18.11.2005 zurück.
Hiergegen richtet sich die am 30.11.2005 erhobene Klage.
Von Klägerseite wird ausgeführt, das Grundstück habe auch vor dem Vertrag vom 29.09.2005 nicht verwertet werden können, weil dem Sohn mit Vertrag von 1995 bereits ein rein schuldrechtliches Dauerwohnrecht an dem von ihm bewohnten Gebäudeteil eingeräumt worden sei, das im Falle einer Verwertung in einen Schadensersatzanspruch des Sohnes umgeschlagen sei. Weiterhin sei das Wohnrecht auch bei der Frage nach der Angemessenheit der von Klägerin und Kläger bewohnten Wohnfläche zu berücksichtigen. Der unbebaute Grundstücksteil sei aufgrund fehlender Erschließung nur von sehr geringem wirtschaftlichen Wert. Insgesamt reiche der zu erwartende Veräußerungserlös nicht aus, um ein angemessenes modernes Ausweichquartier zu erwerben. Auch fände sich für die von der Beklagten gewählten Grenzwerte von 130 qm bzw. 800 qm im Gesetz keine Stütze.
Klägerin und Kläger beantragen,
die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 01.07.2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 18.11.2005 zu verurteilen, ihnen zuschussweise Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende ab dem 01.07.2005 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen, soweit den Zeitraum vor dem 29.09.2005 betroffen ist.
Sie ist zuletzt der Auffassung, dass Hilfebedürftigkeit für die Zeit nach Abschluss des notariellen Vertrages gegeben sei, behält sich jedoch die Geltendmachung eines Rückforderungsanspruchs aus § 528 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) aus übergeleitetem Recht gegenüber dem Sohn der Klägerin und des Klägers vor. Hinsichtlich der Zeit vor Abschluss des Vertrages vom 29.09.2005 bleibt sie bei ihrer Auffassung, es sei zumutbar gewesen, das unangemessen große Grundstück zu veräußern und wirtschaftlich gegen ein angemessenes einzutauschen; insbesondere sei der Veräußerungserlös auch nicht durch einen Anspruch des Sohnes wesentlich gemindert worden, zumal Bereicherungsansprüche im Vertrag von 1995 ausdrücklich ausgeschlossen worden seien.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze und die übrige Gerichtsakte sowie auf die beigezogene Verwaltungsakte verwiesen, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist nur hinsichtlich des Zeitraums ab dem 29.09.2005 begründet. Hinsichtlich des davorliegenden Zeitraums sind die angefochtenen Entscheidungen der Beklagten nicht rechtswidrig im Sinne von § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG), da der Klägerin und dem Kläger in dieser Zeit keine Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende zugestanden haben.
Dass die Hilfebedürftigkeit (als Leistungsvoraussetzung der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach § 9 Sozialgesetzbuch - Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - SGB II) ab dem 29.09.2005 (Abschluss des notariellen Vertrages über die Übertragung des Grundstücks) eingetreten war, ist zuletzt nicht mehr streitig. Für die Frage der Leistungsgewährung ist es auch nicht von Bedeutung, ob die Beklagte möglicherweise einen Anspruch gegen einen Dritten nach § 528 BGB i.V.m. § 33 SGB II hat.
Für die Zeit vom 01.07.2005 bis zum 29.09.2005 bestand indes kein Leistungsanspruch, denn Klägerin und Kläger verfügten über verwertbares Vermögen in Form des unangemessenen großen Hausgrundstücks. Nach § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 SGB II ist ein selbst genutztes Hausgrundstück von angemessener Größe als Vermögen nicht zu berücksichtigen. Den Begriff der Angemessenheit definiert das Gesetz (bis auf den Hinweis auf die während des Leistungsbezugs maßgeblichen Lebensumstände, § 12 Abs. 3 Satz 2 SGB II) nicht näher.
Das Hausgrundstück ist nicht angemessen groß i.S.d. § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 SGB II. Sowohl das Grundstück an sich als auch die Wohnfläche überschreiten die - dem Grunde nach nicht zu beanstandenden - Grenzwerte von 800 qm bzw 130 qm. Zwar ist es richtig, dass diese genauen Richtwerte im Gesetz keine Stütze finden, jedoch erklärt das Gesetz in § 12 Abs. 3 Satz 2 SGB II die Lebensunstände während des Bezugs von SGB II-Leistungen zum Maßstab für die Angemessenheit. Vor diesem Hintergrund erscheint jedenfalls die Wohnfläche als unangemessen groß. Sie beläuft sich nach den klägerseitigen Angaben auf 180 qm und liegt somit bei dem Dreifachen der Fläche, die bei einer zur Miete wohnenden 2-köpfigen Bedarfsgemeinschaft als angemessen i.S.d. § 22 SGB II anzusehen wäre (hierzu etwa Lang, in: Eicher/Spellbrink, a.a.O., § 22, Rn. 43). Auch wenn an den von der Beklagte herangezogenen Grenzwerten möglicherweise nicht in allen Fällen festzuhalten ist, liegt die Wohnfläche im vorliegenden Fall erheblich über dem, was unter den üblichen Lebensumständen im Alg II-Bezug in Anspruch genommen werden kann. Insbesondere ist hierbei auch die vom Sohn und seiner Familie bewohnte Fläche mitzuberücksichtigen. Zwar ist der Umfang eines als beschränkte persönliche Dienstbarkeit bestellten Wohnrechts von der Gesamtfläche in Abzug zu bringen (Mecke, in: Eicher/Spellbrink, a.a.O., § 12, Rn. 72), hier beruhte das Wohnrecht indes auf einem rein schuldrechtlichen Vertrag, der im Falle einer Veräußerung keine Wirkung gegenüber Dritten entfaltete.
Offen lassen kann das Gericht, ob nach den baulichen Gegebenheiten die Abtrennung eines Gebäudeteils möglich und wirtschaftlich sinnvoll ist, denn als weniger stark eingreifende Verwertungsform bleibt die Beleihung des Gesamtgrundstücks in Höhe desjenigen Wertes, der auf den ("überschießenden") unangemessenen Teil entfält. Auch wenn die Veräußerung des Grundstücks ingesamt (und somit der von der Beklagten vorgeschlagene "Tausch gegen ein angemessen großes Grundstück") grundsätzlich nicht verlangt werden kann, muss im Interesse der Allgemeinheit berücksichtigt werden, dass die Verwertungsform der Beleihung auch dann greift, wenn eine teilweise Veräußerung (durch Abtrennung der "überschießenden" Flächen) unmöglich oder unwirtschaftlich ist. Dass in diesem Zusammenhang der Wert des Grundstücks(teils) zu ermitteln ist, verstößt auch nicht gegen die Bezugnahme nur auf die angemessene Größe (und nicht auf den angemessenen Wert: Zeitler, in: Mergler/Zink, SGB II/SGB XII, § 12 SGB II, Rn. 90; Mecke, a.a.O., Rn. 70) in § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 SGB II. Diese Wertermittlung greift erst dann, wenn in einem ersten Schritt die Angemessenheit der Grundstücksgröße dem Grundsatze nach verneint worden ist.
Bei dieser Wertberechnung ist die klägerseitig bewohnte Fläche - ausgehend von dessen eigenen Angaben - mit 60 qm zu berücksichtigen. Angesichts einer Gesamtfläche von (nach klägerseitigen Angaben) 180 qm werden somit 2/3 des Wohngebäudes fremdgenutzt. Unter Zugrundelegung der Wertberechnung durch die Beklagte (die einen wirtschaftlichen Wert des Gebäudes von 161.544,50 Euro annimmt) entfällt hierauf ein Wert von 107.696,32 Euro. Selbst unter Zugrundelegung eines Abzugs von 35 % bei der Ermittlung des Beleihungswertes verbleibt hier ein Betrag von 70.002,61 Euro, der über dem Vermögensfreibetrag liegt. Angesichts dieses erheblichen Unterschiedes zwischen dem geschätzten Wert des Gebäudes und dem klägerseitigen Freibetrag braucht das Gericht die - zumindest in Teilen streitigen - Wertberechnungen nicht durch Sachaufklärung vozunehmen. Auch an dieser Stelle ist das dem Sohn eingeräumte Wohnrecht nicht zu berücksichtigen. Den Ausführungen der Klägerseite zu einem Anspruch des Sohnes bei Verletzung des Vertrages von 1995 folgt das Gericht nicht. Dem Grunde nach steht einer Schadensersatzpflicht o.Ä. aus der Verletzung des rein schuldrechtlichen Wohnrechts bereits entgegen, dass sie im Ergebnis dem Wohnrecht - auf dem Umweg über die "abschreckende Wirkung" der Schadensersatzpflicht - eine quasi-sachenrechtliche Wirkung verschaffte. Hierin läge wiederum ein Verstoß gegen den Typenzwang des Sachenrechts. Der Höhe nach müsste sich der Sohn jedenfalls ersparte Mietaufwendungen entgegenhalten lassen, während eigene Ansprüche aufgrund der von ihm veranlassten baulichen Verbesserungen nach dem Vertrag von 1995 ausgeschlossen sind.
Eine darlehensweise Gewährung (§ 9 Abs. 4 SGB II) scheidet bereits deswegen aus, weil der Kläger ausdrücklich erklärt hat, er wolle entweder zuschussweise Leistungen oder überhaupt keine.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Das Gericht berücksichtigt hierbei, dass der grundsätzlichen Frage nach der Berücksichtigung des Hausgrundstücks sowie eines eventuellen Anspruchs aus § 528 BGB eine über den konkreten Bewilligungsabschnitt hinausreichende Bedeutung zukommt. Bei der Aufteilung nach Obsiegen und Unterliegen berücksichtigte das Gericht insbesondere die Absicht des Klägers, ab Mai 2007 Altersrente in Anspruch zu nehmen und somit aus dem SGB II-Leistungsbezug auszuscheiden.
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