L 19 B 53/06 AS ER

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
19
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 95 AS 10951/05 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 19 B 53/06 AS ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 15. Dezember 2005 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I. Das Verfahren betrifft die einstweilige Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch – SGB II –.

Dem Antragsteller wurden von der Antragsgegnerin zuletzt mit Bescheid vom 13. Juni 2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts bis 30. November 2005 in Höhe von zuletzt 700,40 Euro bewilligt. Bei einer persönlichen Vorsprache am 09. August 2005 erklärte der Antragsteller gegenüber der Antragsgegnerin, Einkommen aus einer selbstständigen Tätigkeit zu erzielen. Er arbeite ca. vier bis fünf Stunden in der Woche. Weiterhin gab er am 18. Oktober 2005 an, er arbeite an wechselnden Tagen an einer Privatschule. Die Antragsgegnerin forderte ihn unter dem 31. Oktober 2005 auf, eine Selbsteinschätzung über die Höhe des Einkommens und Nachweise über den Beginn der Tätigkeit einzureichen. Gleichzeitig wurde ihm mitgeteilt, die Zahlung werde bis zur Vorlage der Unterlagen ab November 2005 gestoppt. Bei einer per-sönlichen Vorsprache wurde der Antragsteller am 11. November 2005 nochmals um nähere Darlegung der Einkünfte gebeten. Nach einem Aktenvermerk vom gleichen Tag lehnte er dies ab und verlangte, ihm zunächst alle Möglichkeiten der Absetzung von Werbungskosten und Freibeträgen zu benennen.

Mit Bescheid vom 14. November 2005 erfolgte die Aufhebung der Bewilligung wegen "Wegfall der Bedürftigkeit" zum 01. November 2005. Bis dahin waren Leistungen oder Einkom-mensanrechnungen erbracht worden.

Am 21. November 2005 reichte der Antragsteller eine selbst erstellte Aufstellung über die Einnahmen und Ausgaben im August 2005 sowie eine Schätzung für September und Oktober 2005 ein. Die Antragsgegnerin forderte ihn daraufhin – laut Aktenvermerk vom 21. November 2005 – auf, Nachweise über die Höhe des Einkommens vorzulegen. Dazu sei der Antragsteller – so der Aktenvermerk – nicht bereit gewesen. Die Entgegennahme einer Abschlagszahlung für November 2005 in Höhe von 150,- Euro lehnte er ab.

Am 21. November 2005 beantragte er beim Sozialgericht Berlin, ihm einstweilen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ab 01. November 2005 zu gewähren. Mit Schreiben vom 30. November 2005 hat das Sozialgericht den Antragsteller nochmals gebeten, die angeforder-ten Unterlagen vorzulegen. Am gleichen Tag gingen beim Gericht vom Antragsteller selbst erstellte Aufstellungen über die Einnahmen und Ausgaben im September und Oktober 2005 ein.

Mit Beschluss vom 15. Dezember 2005 hat das Sozialgericht den Antrag abgelehnt. Den Zeit-raum vom 01. Dezember 2005 an betreffend hat es ausgeführt, ein Anordnungsanspruch sei nicht glaubhaft gemacht, da die Hilfebedürftigkeit des Antragstellers wegen fehlender Mitwirkung nicht habe festgestellt werden können.

Gegen den ihm am 20. Dezember 2005 zugestellten Beschluss wendet sich der Antragsteller mit der am 18. Januar 2006 bei Gericht eingegangenen Beschwerde. Unter Vorlage einer eben-falls selbst erstellten Abrechnung über die Einnahmen und Ausgaben im Dezember 2005 sowie der Kopie eines Kontoauszuges, aus dem am 15. Dezember 2005 gutgeschriebene Einkünfte in Höhe von 1.260,- Euro ersichtlich sind, macht er geltend, er habe der Antragsgegnerin die er-forderlichen Auskünfte erteilt. Im November 2005 habe er Bruttoeinnahmen von 1.136,- Euro erzielt, weshalb er mit der Einstellung der Zahlung für diesen Monat einverstanden sei. Die Ablehnung der Bewilligung von Leistungen vom 01. Dezember 2005 an könne er jedoch nicht akzeptieren, da seine Bruttoeinnahmen 632,- Euro betragen hätten und auch in den kommenden Monaten kein höherer Betrag zu erwarten sei.

II. Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Nachdem vom Antragsteller im Beschwerdever-fahren erklärt wurde, er sei aufgrund seiner Einkünfte im November 2005 damit einverstanden, für diesem Monat keine Leistungen zu erhalten, wird das Verfahren nur noch darüber geführt, ob die Antragsgegnerin einstweilen zu verpflichten ist, aufgrund des am 21. November 2005 – Eingangsdatum – gestellten Fortzahlungsantrag Leistungen vom 01. Dezember 2005 an zu erbringen.

Der einstweilige Rechtsschutz richtet sich insoweit, wie das Sozialgericht bereits zutreffend dargelegt hat, nach § 86 b Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG –. Eine vorläufige Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Leistungserbringung setzt danach voraus, dass sowohl ein Anord-nungsanspruch (d. h. ein nach der Rechtslage gegebener Anspruch auf die einstweilig begehrte Leistung) wie auch ein Anordnungsgrund (im Sinne einer Eilbedürftigkeit des Verfahrens) vorliegt. Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch sind vom Antragsteller glaubhaft zu ma-chen (§ 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung).

Wie das Sozialgericht zutreffend entschieden hat, hat der Antragsteller den Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht, denn es ist nach wie vor unklar, ob ihm bedürftigkeitsabhängige (vgl. §§ 9, 11, 12 Sozialgesetzbuch Zweites Buch – SGB II –) Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende zustehen. Trotz wiederholter Anfrage durch die Antragsgegnerin hat der An-tragsteller bislang nicht unmissverständlich dargelegt, seit wann er Einkünfte aus einer selbst-ständigen Tätigkeit bezieht. Aus den Ausführungen in seiner Beschwerdebegründung lässt sich allenfalls vermuten, dass die Tätigkeit im August 2005 begonnen wurde. Die Klärung des Tätigkeits-beginns ist ebenso wie die genaue Ermittlung des Einkommens in bereits zurückliegenden Monaten auch für die laufende Leistungsbewilligung von Bedeutung, da etwaige Überzah-lungen – bis einschließlich Oktober 2005 wurden Leistungen ohne Einkommensanrechnung bewilligt und gezahlt – mit laufenden Ansprüchen gemäß § 51 Sozialgesetzbuch Erstes Buch – SGB I – ggf. aufgerechnet werden können. Entscheidend ist aber vor allem, dass der An-tragsteller bisher keine nachvollziehbaren Angaben zu seinen laufenden Einkünften gemacht hat. Es liegen lediglich von ihm selbst ausgestellte Abrechnungen über Einnahmen und Ausgaben vor. Da der Antragsteller offenbar als freier Mitarbeiter selbstständig für den "Förderkreis" Fortbildung tätig ist, kann er zwar nicht wie ein Arbeitnehmer einen Arbeitsvertrag beibringen, es sind jedoch keine Gründe dafür ersichtlich, dass er nicht in der Lage wäre, vom Auftraggeber eine Bescheinigung über Beginn, Umfang und Vergütung der Dienstleistung einzuholen und der Antragsgegnerin vorzulegen. Nach § 58 Abs. 2 SGB II hat derjenige, der eine laufende Geldleistung nach diesem Buch beantragt hat oder bezieht und Dienst- oder Werkleistungen gegen Vergütung erbringt dem Dienstberechtigten oder Besteller den für die Bescheinigung des Arbeitsentgelts oder der Vergütung vorgeschriebenen Vordruck unverzüglich vorzulegen. Die Antragsgegnerin hat dem Antragsteller mit Schreiben vom 31. Oktober 2005 eine Ein-kommenserklärung/Verdienstbescheinigung zum Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts mit der Bitte übersandt, dieses Zusatzblatt auszufüllen. Der Antragsteller hat in diesem Zusatzblatt zwar Angaben über seine Tätigkeit als EDV-Dozent gemacht aber keine Nachweise (Bescheinigung des Auftraggebers) darüber beigefügt, obwohl das Formular dazu ausdrücklich eine Aufforderung erhält. Gründe dafür, die die Antragsgegnerin allein aufgrund der Angaben des Antragstellers zu seinen Einkünften zur Zahlung von Leistungen zu verpflichten, liegen nicht vor. Solche Gründe könnten etwa dann gegeben sein, wenn derjenige, der eine Leistung beantragt, geltend macht, dass sein Auftraggeber nicht zur Erstellung einer Vergütungsbescheinigung bereit ist und gleichzeitig von ihm nachvollziehbare Angaben zu den Einkünften (beispielsweise durch Vorlage der der Tätigkeit zugrunde liegenden Vergütungsver-einbarungen) gemacht werden. Beides ist hier jedoch nicht der Fall.

Der Senat sah sich auch nicht aufgrund der Tatsache, dass hier Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhals streitig sind, veranlasst, diese vorläufig und gegebenenfalls nur vermindert zuzusprechen. Denn einerseits bezieht der Antragsteller Einkünfte, die auch nach seiner Einschätzung jedenfalls im November 2005 die Bedürftigkeit ganz haben entfallen lassen und zum anderen geht der Senat davon aus, dass der Antragsteller eine sofortige Leistungsbewilligung durch Vorlage einer Einkommensbescheinigung des Auftraggebers bei der Antragsgegnerin erreichen kann.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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