L 14 B 1328/05 AS ER

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
14
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 96 AS 10356/05 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 14 B 1328/05 AS ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 17. November 2005 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Streitig ist die Zahlung von weiteren 30 Euro als Leistung der Grundsicherung für Arbeitsuchende für den November 2005.

Der Antragsteller lebt seit Januar 2005 in einem Wohnheim, in dem er auf unbestimmte Zeit ein Appartement für einen Tagespreis von 6 Euro (inkl. Betriebs- und Heizkosten) anmietete. Die Antragsgegnerin übernahm gegenüber dem Vermieter die Kosten für die Unterkunft. Mit Bescheid vom 06. Juni 2005 bewilligte die Antragsgegnerin dem Antragsteller Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes für die Zeit vom 01. Juli 2005 bis 30. November 2005, und zwar in Höhe von 441 Euro für Juli 2005, 531 Euro für August 2005, 525 Euro für September 2005, 531 Euro für Oktober 2005 und 525 Euro für November 2005. Der Bescheid trägt auf Seite 2 den handschriftlichen Vermerk: "30 Euro Energiepauschale wird einbehalten". Der Berechnungsbogen des Bescheides weist durchgängig 345 Euro als monatliche Regelleistung zur Sicherung des Lebensunterhalts für erwerbsfähige Hilfebedürftige aus und 96 Euro als Kosten der Unterkunft und Heizung für Juli 2005, 186 Euro für August 2005, 180 Euro für September 2005, 186 Euro für Oktober 2005 und schließlich 180 Euro für November 2005. Mit weiterem Bescheid vom 06. Juni 2005 wies die Antragsgegnerin den Antragsteller darauf hin, dass ab 06. Juni 2005 eine Energiepauschale von monatlich 30 Euro aus der Regelleistung abgezogen werde, da der Antragsteller im Wohnheim lebe und keine Kosten für Energie habe.

Am 08. Juli 2005 wandte sich der Antragsteller an das Sozialgericht Berlin und beantragte, die Antragsgegnerin im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zu verpflichten, an ihn für die Monate Juli und August 2005 jeweils weitere 30 Euro sowie an den Vermieter weitere 90 Euro zu zahlen. Der Antragsteller legte Zahlungsanweisungen der Antragsgegnerin vor, nach denen ihm für die Monate Juli und August 2005 jeweils nur 315 Euro ausgezahlt werden sollten. Das Sozialgericht lehnte durch Beschluss vom 12. August 2005 - S 59 AS 5722/05 ER - den Erlass einer einstweiligen Anordnung ab. Soweit der Antragsteller für die Monate Juli und August 2005 die Zahlung von jeweils weiteren 30 Euro verlange, sei ein Anordnungsanspruch nicht ausreichend glaubhaft gemacht. § 22 Abs. 1 Satz 1 des Sozialgesetzbuches II (SGB II) bestimme zwar, dass Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen zu erbringen seien. Zu den zu übernehmenden Unterhaltskosten gehörten aber nicht die bereits von der Regelleistung des § 20 SGB II erfassten Kosten. Da Aufwendungen für Energie in den von der Antragsgegnerin übernommenen Unterkunftskosten bereits enthalten seien, sei es nicht zu beanstanden, dass die Antragsgegnerin diese in Höhe von 30 Euro aus der Regelleistung zum Abzug bringe. Die dagegen erhobene Beschwerde zum Landessozialgericht Berlin-Brandenburg hatte keinen Erfolg. Das Landessozialgericht befand in seinem Beschluss vom 01. September 2005 - L 18 B 1096/05 AS ER -, dass dem Antragsteller keine gegenwärtigen Nachteile daraus erwachsen könnten, dass er in den Monaten Juli und August 2005 die von ihm beanspruchten weiteren 30 Euro nicht erhalten habe. Soweit der Antragsteller weitere Zahlungen für die Zeit ab September 2005 begehre, sei sein Antrag aus den bereits vom Sozialgericht im Einzelnen aufgezeigten Gründen unbegründet.

Bereits am 01. September 2005 wandte sich der Antragsteller erneut an das Sozialgericht Berlin und begehrte, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, für die Monate September und Oktober 2005 jeweils weitere 30 Euro an ihn zu zahlen. Er habe wiederum nur über 315 Euro lautende Zahlungsanweisungen erhalten. Das Sozialgericht wies diesen Antrag zurück (Beschluss vom 09. November 2005 – S 37 AS 8525/05 ER -). Der Antrag sei unzulässig, da ihm die materielle Rechtskraft des Beschlusses des Landessozialgerichts vom 01. September 2005 - L 18 B 1096/05 AS ER - entgegenstehe. Dagegen erhob der Antragsteller Beschwerde zum Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, die gegenwärtig noch vor dem 5. Senat anhängig ist (L 5 B 1341/05 AS ER).

Am 31. Oktober 2005 hat sich der Antragsteller wieder an das Sozialgericht Berlin gewandt und begehrt, dass die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet werde, an ihn weitere 30 Euro für den Bewilligungszeitraum November 2005 auszuzahlen. Entgegen dem Bewilligungsbescheid vom 06. Juni 2005 habe er nur eine Zahlungsanweisung zur Verrechnung über einen Betrag von 315 Euro für November 2005 erhalten. Das Sozialgericht hat den Antrag abgelehnt (Beschluss vom 17. November 2005 – S 96 AS 10356/05 ER -). Der Antrag sei unzulässig, weil ihm die materielle Rechtskraft des Beschlusses des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 01. September 2005 - L 18 B 1096/05 AS ER - entgegenstehe. Dagegen richtet sich die am 25. November 2005 beim Sozialgericht eingegangene Beschwerde. Der Antragsteller macht geltend, dass er Anspruch auf den vollen Regelsatz in Höhe von 345 Euro habe und daneben die Übernahme von Aufwendungen für Unterkunft und Heizung in voller Höhe verlangen könne. Ihm seien für die Zeit von Juli bis November 2005 insgesamt 150 Euro "gestohlen" worden, die nun für den Kauf von Winterbekleidung fehlten.

Der Antragsteller beantragt nach dem Sinn seines Vorbringens,

den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 17. November 2005 aufzuheben und die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, an ihn weitere 30 Euro zu zahlen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie hat am 17. November 2005 einen Widerspruchsbescheid erlassen, mit dem sie den Widerspruch des Antragstellers gegen den Bescheid vom 06. Juni 2005 zurückgewiesen hat. In dem Widerspruchsbescheid führt sie aus, dass die Kosten für Energie bereits aus der allgemeinen Pauschale von 345 Euro zu bestreiten seien. Wenn aber Energiekosten von einem Vermieter als Teil der Unterkunftskosten berechnet und erstattet würden, käme es zu einer unzulässigen doppelten Berücksichtigung. Deswegen habe die Senatsverwaltung für Gesundheit, Soziales und Verbraucherschutz, der die Fachaufsicht zustehe, von ihrem Weisungsrecht Gebrauch gemacht und in Ermangelung entsprechender Regelungen im SGB II die JobCenter angewiesen, die auf § 28 SGB XII basierende Regelsatzverordnung vom 03. Juni 2004 anzuwenden. Nach den in einem Rundschreiben I Nr. 7/2003 vom 03. Juni 2003 festgesetzten Pauschalen sei die Leistung in Höhe von 30 Euro zu mindern. Für eine Kürzung käme nur der allgemeine Regelsatz von 345 Euro in Betracht, da die Kosten der Unterkunft im vollen Umfang an den Vermieter des Antragstellers gezahlt würden.

Für die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte, die den Antragsteller betreffende Verwaltungsakte der Antragsgegnerin, sowie die Akten des Sozialgerichts Berlin zum Aktz: S 59 AS 5722/05 ER – L 18 B 1096/05 AS ER und S 37 AS 8525/05 ER – L 5 B 1341/05 AS ER verwiesen, die bei der Entscheidung vorgelegen haben.

II.

Die Beschwerde kann keinen Erfolg haben. Dabei lässt der Senat ausdrücklich dahingestellt, ob der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz – wie das Sozialgericht meint – deswegen unzulässig war, weil der 18. Senat des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg in seinem Beschluss vom 01. September 2005 über die Ansprüche des Antragstellers ab September 2005 und damit auch für November 2005 bereits entschieden hatte. Dagegen spricht, dass der Tenor des Beschlusses des Landessozialgerichts sich ausschließlich auf den Beschluss des Sozialgerichts bezieht, welches – wie sich aus den Gründen seines Beschlusses ergibt – nur über Ansprüche auf Zahlung von jeweils weiteren 30 Euro für die Monate Juli und August 2005 entscheiden wollte. Sofern der 18. Senat den Streitgegenstand des Verfahrens weiter gesehen hat (wofür die Gründe seines Beschlusses vom 01. September 2005 sprechen), fehlt es an einer ausdrücklichen Entscheidung über dieses Rechtsschutzbegehren des Antragstellers im Beschlusstenor. Allein dieser bestimmt aber über den Umfang der Rechtskraft (vgl. Meyer-Ladewig, SGG, 8. Aufl., § 141 Rdnr. 7).

Gegenstand des vorliegenden Verfahrens kann jedenfalls ausschließlich der Anspruch auf Zahlung von weiteren 30 Euro für den Monat November 2005 sein. Denn nur insoweit hat der Antragsteller vor der 96. Kammer des Sozialgerichts Berlin den Erlass einer einstweiligen Anordnung begehrt. Für die Monate Oktober und September 2005 ist zudem noch ein Verfahren vor dem 5. Senat des Landessozialgerichts anhängig. Mit seinem auf November 2005 beschränkten Begehren kann der Kläger im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes aber selbst dann keinen Erfolg haben, wenn der Antrag nicht wegen einer bereits ergangenen rechtskräftigen Entscheidung unzulässig war. Die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung sind wegen der im November 2005 ausgebliebenen Zahlung von weiteren 30 Euro nicht erfüllt.

Nach § 86 b Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) kann eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis erlassen werden, wenn das zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Der Senat vermag nicht zu erkennen, dass vorliegend ein dringendes unabweisbares Regelungsbedürfnis besteht, sodass es jedenfalls an einem Anordnungsgrund fehlt. Selbst wenn die Antragsgegnerin zu Unrecht 30 Euro von den im Bescheid vom 06. Juni 2005 bereits für den Monat November 2005 bewilligten 345 Euro nicht ausgezahlt haben sollte, kann der Antragsteller nicht dringend auf diesen Betrag angewiesen sein.

Dem Antragsteller kann zugemutet werden, die Rechtsfragen, ob und unter welchen Voraussetzungen eine "Inklusivmiete" um die Energiekosten für Strom und Warmwasserversorgung gemindert werden darf und ob eine "Aufrechnung" von sich danach ergebenden Überzahlungen an den Vermieter mit dem allgemeinen Regelsatz nach § 20 Abs. 2 SGB II möglich ist, in einem Hauptsacheverfahren klären zu lassen. Der Antragsteller war nicht auf die Auszahlung des vollen Regelsatzes angewiesen, um seine Energiekosten bestreiten zu können, weil diese bereits in den (vollständig übernommenen) Kosten für Unterkunft und Heizung enthalten waren. Er hatte deswegen weniger Ausgaben als ein vergleichbarer Leistungsempfänger, dem Energiekosten für Strom und Warmwasseraufbereitung gesondert berechnet werden und der sie aus seinem Regelsatz bezahlen muss. Diese Besserstellung rechtfertigt die Annahme, dass der Antragsteller selbst mit dem um 30 Euro reduzierten Satz das erhalten hat, was für die Sicherung seines Lebensunterhaltes im November 2005 notwendig gewesen ist. Ist der Erlass einer einstweiligen Anordnung danach aber auch in der Sache nicht gerechtfertigt, kann die Beschwerde gegen die Entscheidung des Sozialgerichts keinen Erfolg haben und ist folglich zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung ergeht entsprechend § 193 SGG.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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