L 8 SB 1062/06

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
8
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 6 SB 3696/02
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 SB 1062/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichtes Karlsruhe vom 4. Februar 2006 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die am 1951 geborene Klägerin begehrt noch die Neufeststellung eines höheren Grades der Behinderung (GdB) nach dem Sozialgesetzbuch Neuntes Buch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - (SGB IX).

Das Versorgungsamt Karlsruhe (VA) stellte bei der Klägerin mit Bescheid vom 14.09.1988 wegen einer allergischen Rhinitis und Bronchitis mit asthmatischen Anfällen (Teil-GdB 30), eines Halswirbelsäulen- und Schulter-Arm-Syndroms (Teil-GdB 10) und eines depressiven Syndroms (Teil-GdB 10) erstmals den GdB mit 40 seit 28.03.1988 fest.

Zwei Anträge der Klägerin auf Erhöhung des GdB blieben hinsichtlich des festgestellten GdB von 40 erfolglos (Bescheide vom 09.12.1994 und 18.03.1997 - allergische Rhinitis und Bronchitis mit asthmatischen Anfällen - Teil-GdB 30 -; degenerative Wirbelsäulenveränderungen, Nacken-Schulter-Arm- und Lumbalsyndrom, Cervicobrachialgien - Teil-GdB 20 -; depressives Syndrom - Teil-GdB 10 -).

Am 17.10.2001 stellte die Klägerin einen weiteren Antrag auf Erhöhung des GdB. Das VA zog medizinische Befundunterlagen bei (Reha-Entlassungsbericht der Klinik im H., B. W., vom 10.10.2001; Dr. S. vom 09.11.2000 und 20.07.2001; Entlassungsberichte des Sana-Rheumazentrum B. W. vom 06.02.2001 und 07.02.2001; Berichte Prof. Dr. M. vom 29.12.2000 und 29.03.2001; Entlassungsbericht des Sana-Krankenhaus B. W. vom 24.04.2001; Befundschein Dr. M.-S. vom 16.01.2002) und ließ diese versorgungsärztlich auswerten (Dr. S. vom 07.03.2002).

Mit Bescheid vom 11.03.2002 entsprach das VA dem Antrag der Klägerin vom 17.10.2001 nicht. Die Funktionsbeeinträchtigungen allergische Rhinitis und Bronchialasthma (Teil-GdB 20), degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, muskuläre Verspannungen, Schulter-Arm-Syndrom, rezidivierende Tendomyalgien und Synovialgien im Knie- und Handgelenksbereich (Teil-GdB 30) sowie psycho-vegetative Störungen (Teil-GdB 10) bedingten weiterhin einen GdB von 40. Die geltend gemachten Gesundheitsstörungen Verdacht auf eine entzündliche rheumatische Erkrankung, Chondropathia patellae und Synovialektomien bedingten keine Funktionsbeeinträchtigung bzw. keinen Einzel-GdB von wenigstens 10 und stellten deshalb keine Behinderung dar. Mit Schreiben vom 15.03.2002 bescheinigte das VA der Klägerin zur Vorlage beim Finanzamt den GdB mit 40 seit 28.03.1988 sowie eine dauernde Einbuße der körperlichen Beweglichkeit aufgrund der bestehenden Behinderungen.

Gegen den "Bescheid vom 15.03.2002" legte die Klägerin mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 27.03.2002 am 28.03.2002 Widerspruch ein. Sie trug vor, bei ihr bestehe eine fortschreitende rheumatische Erkrankung. Es sei von einem GdB von mindestens 60 und von einer erheblichen Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr auszugehen. Die rheumatische Erkrankung im Bereich des Fußes lasse keine auch nur kurzen Gehstrecken zu. Auch das Treppengehen sei kaum mehr möglich.

Das VA holte den Befundschein des Dr. M.-S. vom 26.04.2002 ein. Nach versorgungsärztlicher Auswertung (Dr. K. vom 01.06.2002) entsprach das VA mit Bescheid vom 14.06.2002 dem Antrag der Klägerin vom 27.03.2002 auf Feststellung des Merkzeichens "G" nicht, da die Voraussetzungen hierfür nicht vorlägen. Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin am 04.07.2002 Widerspruch. Sie trug vor, die Beschwerden im Kniebereich sowie die rheumatische Erkrankung führten zu einer wesentlichen Gehbehinderung. Das VA zog den Befundbericht der Dr. B. vom 06.06.2002 bei und ließ diese versorgungsärztlich auswerten (Herr S. vom 30.09.2002).

Mit Widerspruchsbescheid des Landesversorgungsamtes Baden-Württemberg vom 25.09.2002 wurden die Widersprüche gegen die Bescheide vom 11.03.2002 und 14.06.2002 zurückgewiesen. Eine wesentliche Änderung sei nicht eingetreten. Die Auswertung der vorliegenden Befundunterlagen habe gezeigt, dass sich eine wesentliche Verschlimmerung, die eine Erhöhung des GdB rechtfertigen könnte, nicht feststellen lasse. Da die Klägerin nicht schwerbehindert sei, sei die Grundvoraussetzung für die Feststellung des Merkzeichens "G" nicht erfüllt.

Hiergegen erhob die Klägerin am 25.10.2002 Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG). Sie machte zur Begründung geltend, aufgrund ihrer Erkrankungen sei ein GdB von mindestens 60 anzunehmen und das Merkzeichen "G" festzustellen. Die Beeinträchtigung beim Bewegungsapparat dominiere. Sie legte ein Attest von Dr. M.-S. vom 12.12.2002 vor.

Das SG hörte Dr. M.-S. schriftlich als sachverständigen Zeugen. Er teilte in seiner Stellungnahme vom 28.05.2003 unter Vorlage von Arztbriefen, Befundberichten und Entlassungsberichten mit, über die anerkannten Gesundheitsstörungen hinaus bestehe eine seronegative chronische Polyarthritis mit begleitenden Polymyalgien. Hinsichtlich des Schultergelenkes links schätzte er den GdB auf 20 - 30, hinsichtlich des Handgelenkes auf 20, hinsichtlich des Bewegungsapparates auf 40. Ein Gesamt-GdB von 50 könnte insgesamt gerechtfertigt werden. Die Bewegungsfähigkeit der Klägerin im Straßenverkehr sei nicht erheblich eingeschränkt.

Anschließend holte das SG von Amts wegen das Gutachten des Internisten Dr. L., Karlsruhe, vom 11.12.2003 ein. Er diagnostizierte nach einer ambulanten Untersuchung der Klägerin degenerative Veränderungen der Wirbelsäule mit HWS-/Schulter-Arm-Syndrom links betont (Teil-GdB 20), rezidivierende Strecksehnensynovitis beider Handgelenke, Zustand nach Synovektomie der Strecksehen links und rechts, leichte Gebrauchseinschränkung beider Hände links betont (Teil-GdB 10), eine allergische Rhinitis und allergisches Asthma (Teil-GdB 30). Er gelangte zu der Bewertung, der Gesamt-GdB sei auf 40 festzusetzen. Ein behinderndes depressives Syndrom bzw. eine behindernde psychovegetative Störung liege nicht vor. Die Laborwerte hätten eine abklärungsbedürftige Eisenmangelanämie gezeigt, wie sie zu einem chronischen Blutverlust passe.

Auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 SGG holte das SG des Gutachten des Facharztes für Allgemeinmedizin M.-S., Bretten, vom 06.08.2004 ein. Er diagnostizierte eine allergische Rhinitis, rezidivierende Bronchitiden mit asthmatischen Anfällen, degenerative Wirbelsäulenveränderungen, ein Schulter-Arm-Syndrom mit rezidivierenden Capsulitiden bei gleichzeitig bestehender Arthrose im linken Schultergelenk, ein Lumbal-Syndrom mit rezidivierenden Lumboischialgien, Cervikocephalgien, rezidivierende depressive Episoden und eine seronegative chronische Polyarthritis mit begleitenden Polymyalgien. Die seronegative chronische Polyarthritis mit begleitenden Polymyalgien wirke sich in fluktuierenden, aber kontinuierlich bestehenden schmerzhaften Schwellungen der Hand- und Kniegelenke aus. Die degenerativen Wirbelsäulenveränderungen müssten mit einem Teil-GdB von 30 veranschlagt werden. Für die Polyarthritis bezüglich der Handgelenke einschließlich der Unterarme und der Kniegelenke sei ein Teil-GdB von 40 – 50 anzusetzen. Die Beeinträchtigung des Bewegungsapparates und die chronisch rezidivierenden Bronchitiden mit Asthma rechtfertigten einen GdB von 50. Dr. L. habe in seinem Gutachten den gesicherten Befund der chronischen Polyarthritis ins Gegenteil verkehrt.

Die mündliche Verhandlung des SG am 18.05.2005 wurde zur Einholung einer sachverständigen Zeugenauskunft der Dr. B., B., vertagt. Dr. B. teilte in ihrer schriftlichen sachverständigen Zeugenauskunft vom 27.06.2005 mit, sie habe über die anerkannten Behinderungen hinaus eine im Jahr 2002 eingetretene rheumatische Arthritis festgestellt, die mit einem Teil-GdB von 30 zu bewerten sei. Der Gesamt-GdB betrage 50. Das Merkzeichen "G" sei nicht zu gewähren. Sie legte auf Nachfragen des SG ihren Arztbrief vom 06.06.2002 vor und teilte am 29.09.2005 ergänzend mit, es bestehe eine rheumatische Arthritis mit leichter Aktivität, wofür der GdB von 30 (maximal 40) angemessen erscheine. In ihrer weiteren schriftlichen sachverständigen Zeugenauskunft vom 25.10.2005 nahm sie zu den Funktionseinbußen und zur Krankheitsaktivität der rheumatischen Arthritis Stellung.

Die Klägerin sah sich durch das Gutachten von Dr. M.-S. und die Stellungnahmen von Dr. B. in ihrer Ansicht bestätigt. Sie trug weiter vor, eine Eisenspeichermangelanäme sei zusätzlich zu berücksichtigen. Sie legte das Attest des Dr. M.-S. vom 28.04.2005 vor.

Der Beklagte trat der Klage unter Vorlage der Stellungnahmen der Versorgungsärzte D. vom 07.10.2003 und Dr. F. vom 05.11.2004 und 15.09.2005 weiter entgegen.

Mit Gerichtsbescheid vom 04.02.2006 wies das SG die Klage ab. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sei die Kammer davon überzeugt, dass die bei der Klägerin bestehenden Gesundheitsstörungen die Feststellung eines höheren GdB als 40 nicht rechtfertigen. Die Klägerin erfülle auch die gesundheitlichen Voraussetzungen für das Merkzeichen "G" nicht. Auf die Entscheidungsgründe des Gerichtsbescheides wird Bezug genommen.

Gegen den am 09.02.2006 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 02.03.2006 Berufung eingelegt. Sie hat zur Begründung ausgeführt, die Ausführungen des SG überzeugten nicht. Es würdige die Gutachten in einem unausgewogenen Verhältnis und berücksichtige im Wesentlichen ohne weitere Begründung ausschließlich einseitig die Ausführungen des Versorgungsarztes Dr. F ... Aus der Stellungnahme von Dr. B. und Dr. M.-S. gehe hervor, dass die Morgensteifigkeit beider Hände und Füße bei der Bemessung des GdB zu berücksichtigen sei, was das SG wortlos übergehe. Das SG habe schließlich nicht alle Gesundheitsbeeinträchtigungen berücksichtigt. Nach den Stellungnahmen ihrer behandelnden Ärzte lägen Versteifungen in den Händen, Armen sowie im Knie und in den Beinen vor, während das SG davon ausgehe, es lägen keine Funktionsstörungen der unteren Extremitäten vor. Danach lägen sehr wohl eine Gehbehinderung und erhebliche Funktionsbehinderungen ihres Bewegungsapparates vor. Die Beeinträchtigungen der Hände, Füße sowie des Knies berücksichtige das SG nicht. In diesem Rahmen befürworte Dr. B. einen GdB von 50. Auch die Atemwegserkrankung werde nicht angemessen berücksichtigt. Nach den AHP sei ein Einzel-GdB von mindestens 20 - 40 anzusetzen. Außerdem setzte sich das SG auch hier mit seinen eigenen Feststellungen in Widerspruch. Es verletze den Amtsermittlungsgrundsatz. Seit November 2005 bestehe wegen der rheumatischen Erkrankung Arbeitsunfähigkeit. Eine Kurmaßnahme und die medikamentöse Behandlung hätten ihren Gesundheitszustand nicht bessern können. Es sei ein Bluthochdruck (200/130) festgestellt worden. Nach Ansicht ihrer behandelnden Ärzte bestehe derzeit lediglich noch eine Teilerwerbsfähigkeit. Diese Entwicklung belege, dass ein GdB von 50 vorliege.

Der Rechtsstreit ist mit den Beteiligten in nichtöffentlicher Sitzung am 02.06.2006 durch den Berichterstatter erörtert worden. In diesem Termin hat die Klägerin ihre Berufung hinsichtlich der Feststellung der Voraussetzungen für das Merkzeichen "G" zurückgenommen. Ergänzend hat die Klägerin vorgetragen, sie befinde sich seit April 2006 wegen des Bluthochdruckleidens bei Dr. M.-S. in Behandlung.

Die Klägerin beantragt noch,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 4. Februar 2006 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 11. März 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. September 2002 zu verurteilen, bei ihr den Grad der Behinderung mit 50 seit der Antragstellung festzustellen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend. Das SG habe sich mit den bei der Klägerin vorliegenden Funktionsstörungen und dem hierdurch bedingten Gesamt-GdB auseinander gesetzt.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die erst- und zweitinstanzlichen Gerichtsakten sowie ein Band Akten des Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß den §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte Berufung der Klägerin, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist zulässig, jedoch nicht begründet. Das angefochtene Urteil des SG ist nicht zu beanstanden. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Neufeststellung des GdB von 50 oder mehr.

Streitgegenstand des Berufungsverfahrens ist nicht mehr die Feststellung der Voraussetzungen für das Merkzeichen "G". Die Klägerin hat insoweit die Berufung zurückgenommen, so dass sich die Berufung insoweit erledigt hat.

Der Beklagte wird seit 01.01.2005 wirksam durch das Regierungspräsidium Stuttgart (Abteilung 10) vertreten. Nach § 71 Abs. 5 SGG wird in Angelegenheiten des Schwerbehindertenrechts das Land durch das Landesversorgungsamt oder durch die Stelle, der dessen Aufgaben übertragen worden sind, vertreten. In Baden-Württemberg sind die Aufgaben des Landesversorgungsamts durch Art 2 Abs. 2 des Gesetzes zur Reform der Verwaltungsstruktur, zur Justizreform und zur Erweiterung des kommunalen Handlungsspielraums (Verwaltungsstruktur Reformgesetz - VRG -) vom 01.07.2004 (GBI S. 469) mit Wirkung ab 01.01.2005 (Art 187 VRG) auf das Regierungspräsidium Stuttgart übergegangen.

Das SG hat im angefochtenen Gerichtsbescheid die für die Entscheidung des Rechtsstreites maßgeblichen gesetzlichen Vorschriften und Rechtsgrundsätze vollständig und zutreffend genannt. Hierauf nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug.

Das SG hat die Klage auch mit zutreffender Begründung abgewiesen. Der Senat gelangt nach eigener Überprüfung aus den im Gerichtsbescheid dargestellten Entscheidungsgründen ebenfalls zu der Überzeugung, dass die bei der Klägerin bestehenden Behinderungen mit einem GdB von 40 angemessen und ausreichend bewertet sind und dass damit eine wesentliche Änderung (Verschlimmerung) im Sinne des § 48 SGB X nicht eingetreten ist. Insbesondere ist der Senat mit dem SG der Überzeugung, dass der Einzel-GdB von 30 wegen Funktionsstörungen der Wirbelsäule und des Bewegungsapparates - unter Einbeziehung der rheumatischen Arthritis der Klägerin – angemessen und ausreichend bewertet ist, dass die allergische Rhinitis und Bronchitis mit asthmatischen Anfällen einen Einzel-GdB von 20 bedingt und dass sonstige dauerhafte Gesundheitsstörungen/Funktionsstörungen (depressives/psychovegetatives Syndrom Einzel-GdB 10), die nach den vom SG zutreffend dargestellten Grundsätzen eine Erhöhung des Gesamt-GdB rechtfertigen könnten, bei der Klägerin nicht vorliegen. Der Senat macht sich die Ausführungen des SG in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Gerichtsbescheides zur Vermeidung von Wiederholungen voll zu eigen und nimmt hierauf zur Begründung seiner eigenen Entscheidung Bezug (§ 152 Abs. 3 SGG).

Ergänzend und im Hinblick auf das Berufungsvorbringen der Klägerin bleibt auszuführen:

Die vom VA mit einem Einzel-GdB von 30 berücksichtigten degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule, muskuläre Verspannungen, Schulter-Arm-Syndrom, rezidivierende Tendomyalgien und Synovialgien im Knie- und Handgelenksbereich sind nach der schriftlichen Zeugenaussage von Dr. B. vom 25.10.2005 im Zusammenhang mit der rheumatischen Erkrankung (Arthritis) der Klägerin zu sehen und deshalb in diesem Zusammenhang zu bewerten. Dass im Bereich der Wirbelsäule und/oder der oberen und unteren Extremitäten unabhängig davon Behinderungen vorliegen, die bei der Bewertung des GdB zusätzlich erhöhend zu berücksichtigen wären, trifft bei der Klägerin nach den bei der Begutachtung durch Dr. L. erhobenen Befunden und auch sonst vorliegenden Befundunterlagen nicht zu, wie das SG im angefochtenen Gerichtbescheid und Dr. F. in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 05.11.2004 zutreffend ausgeführt haben, die das SG wie auch der Senat als sachverständiges Parteivorbringen verwerten kann. Damit entspricht die Bewertung des Einzel-GdB von 30 durch Dr. B. in ihren Stellungnahmen an das SG vom 27.06.2005 und 25.10.2005 im Ergebnis der Bewertung durch den Beklagten. Sie hat in ihrer Stellungnahme vom 25.10.2005 zur Bewertung des Gesamt-GdB ausgeführt, ob sich unter Berücksichtigung der Hypertonie und des Asthmas ein GdB von 40 oder 50 vertreten lasse, hänge letztlich vom Schweregrad der Erkrankung ab. Die Hypertonie und das Asthma rechtfertigen einen GdB von 50 jedoch nicht, wie noch auszuführen ist.

Entgegen der Ausführungen der Klägerin liegen (dauerhafte) Versteifungen an den Händen und Armen sowie im Knie und in den Beinen nicht vor. Zwar hat Dr. B. in ihrer Stellungnahme vom 25.10.2005 über eine Versteifung beider Handgelenke berichtet. Dies trifft nach den von Dr. L. in seinem Gutachten mitgeteilten Untersuchungsbefunden aber nicht zu. Danach besteht bei der Klägerin (lediglich) eine endgradig schmerzhafte Bewegungseinschränkung nach allen Richtungen im linken Schultergelenk, eine eingeschränkte Beweglichkeit des rechten Handgelenkes hohlhandwärts und ellenwärts, die nach dem Gutachten von Dr. L. lediglich eine leichte Gebrauchseinschränkung beider Hände links betont bewirkt. Ansonsten sind das rechte Schultergelenk, die Ellenbogengelenke, das linke Handgelenk, die Fingergelenke beider Hände und die Beingelenke der Klägerin frei beweglich. Dem entspricht auch, dass Dr. B. in ihrer Stellungnahme vom 27.06.2005 lediglich von einer "Morgensteifigkeit" der Hände und Füße berichtet hat, die mit dem Einzel-GdB von 30 ausreichend berücksichtigt ist. Soweit die Klägerin zur Begründung ihrer Berufung weiter rügt, das SG setze sich hinsichtlich seiner Ausführungen zu Funktionsstörungen der unteren Extremitäten in Widerspruch zu seinen eigenen Feststellungen, trifft dies somit nicht zu. Entsprechendes gilt, soweit die Klägerin weiter einwendet, aus den Gutachten sei ersichtlich, dass sie kürzere und längere Strecken zu Fuß nur unter erheblichen Schmerzen sowie starken Ermüdungserscheinungen der Muskeln und Gelenke und nur sehr langsam zurücklegen könne. Weder Dr. L. noch Dr. M.-S. haben in ihren Gutachten eine solche Einschränkung der Gehfähigkeit de Klägerin festgestellt.

Der abweichenden Bewertung von Dr. M.-S. in seinem Gutachten (Einzel-GdB 40 bis 50) vermag sich auch der Senat nicht anzuschließen. Er hält dieses Gutachten - ebenso wie das SG - für nicht schlüssig und nachvollziehbar, weshalb der Senat dem Gutachten ebenfalls nicht zu folgen vermag.

Entgegen der Ansicht der Klägerin ist ihre Atemwegserkrankung (allergische Rhinitis und Bronchitis mit asthmatischen Anfällen) mit einem Einzel-GdB von 20 angemessen bewertet, wie das SG im angefochtenen Gerichtbescheid zutreffend ausgeführt hat. Die von Dr. L. erhobenen und vom SG zutreffend dargestellten Lungenbefunde und die von der Klägerin geschilderten Beschwerden rechtfertigen es auch zur Überzeugung des Senats nicht, den nach den AHP vorgesehenen GdB-Rahmen von 20 - 40, wovon auch die Klägerin ausgeht, teilweise oder ganz auszuschöpfen. Der Empfehlung von Dr. L. in seinem Gutachten, den früher vom Beklagten angesetzten GdB von 30 beizubehalten, vermag sich auch der Senat nicht anzuschließen. Insbesondere im Hinblick auf die von der Klägerin geschilderten Beschwerden erachtet es auch der Senat für angemessen, den GdB bei 20 anzusetzen, zumal auch Dr. L. davon ausgeht, dass mit seiner Empfehlung "der Bemessungsspielraum bereits nach oben vollständig ausgeschöpft ist", so dass auch auf der Grundlage seiner Bewertung die Annahme einer Schwerbehinderteneigenschaft der Klägerin (GdB 50) nicht gerechtfertig wäre. Dem Vorbringen der Klägerin im Berufungsverfahren ist mit einem GdB von 20 wegen der Atemwegserkrankung ausreichend Rechnung getragen.

Sonstige Gesundheitsstörungen, die eine Erhöhung des Gesamt-GdB auf 50 oder mehr rechtfertigen können, liegen bei der Klägerin nicht vor. Insbesondere liegt nach dem Gutachten von Dr. L. ein depressives Syndrom bzw. eine psychovegetative Störung bei der Klägerin nicht vor. Weiter wird von den gehörten Ärzten ein Schlafapnoe-Syndrom als GdB relevante Behinderung der Klägerin nicht berichtet. Entsprechendes gilt für die diagnostizierte Eisenmangelanämie, die nach der Stellungnahme von Dr. W. vom 05.11.2004 zudem behandelbar ist. Dass die Klägerin deswegen an Beeinträchtigungen leidet, die GdB erhöhend zu berücksichtigen sind, ist nicht ersichtlich, wie Dr. W. weiter überzeugend ausgeführt hat (vgl. auch Stellungnahme vom 15.09.2005) und wird im Übrigen von der Klägerin auch nicht substantiiert geltend gemacht.

Das von der Klägerin im Berufungsverfahren geltend gemachte Bluthochdruckleiden kann derzeit noch nicht berücksichtigt werden. Dieses Leiden ist grundsätzlich behandelbar, wie dem Senat aus zahlreichen anderen Berufungsverfahren aus eigener Sachkunde bekannt ist und worauf auch Dr. F. in der Stellungnahme vom 15.09.2005 überzeugend hinweist. Die Klägerin befindet sich nach ihrem Vorbringen im Erörterungstermin am 02.06.2006 deswegen erst seit (frühestens) Anfang April 2006 in ärztlicher Behandlung, so dass jedenfalls derzeit von einer nicht nur vorübergehenden Gesundheitsstörung/Funktionsbehinderung, wie sie für die GdB-Bewertung erforderlich ist, nicht ausgegangen werden kann. Es besteht daher auch kein Anlass, den Sachverhalt hierzu weiter aufzuklären.

Auch sonst besteht kein Anlass zu weiteren Ermittlungen von Amts wegen. Der Senat hält den entscheidungsrelevanten Sachverhalt für aufgeklärt. Dass eine Verschlimmerung im Gesundheitszustand der Klägerin eingetreten ist, die Anlass zu weiteren Ermittlungen geben könnte, ist nicht der Fall.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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