Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 7 U 2415/05 A
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 1 U 3854/06 KO-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Dem Bezirksrevisor als Vertreter der Staatskasse steht keine Beschwerdebefugnis gegen einen Beschlsss des Sozialgerichts, der nach Anforderung eines Vorschusses die Kosten eines Gutachtens nach § 109 SGG auf die Staatskasse übernimmt, zu (im Anschluss an den Beschluss des 9. Senats vom 16.05.2006 - L 9 R 4263/04 KO-B -).
Die Beschwerde des Landes Baden-Württemberg gegen den Beschluss des Sozialgerichts Heilbronn vom 8. August 2005 wird verworfen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Staatskasse.
Gründe:
I
Mit der Klage im Ausgangsverfahren begehrte der Kläger, unter Rücknahme des bestandskräftigen Bescheides vom 06.12.1996, mit welchem ihm die Beklagte des Ausgangsverfahrens wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 21.04.1995 eine Rente nach einer MdE von 40 vH gewährte, ihm eine Rente nach einer MdE von 100 vH zu gewähren. Auf Antrag des Klägers nach § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) holte das Sozialgericht das neuropsychologische Gutachten des Psychologischen Psychotherapeuten M. vom 23.08.2002 ein. Nach Einholen eines psychiatrischen Gutachtens und eines psychologischen Zusatzgutachtens vom 19.08.2003 von Amts wegen hob das Sozialgericht den Bescheid vom 25.02.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.04.2002 auf und verurteilte die Beklagte, den Bescheid vom 06.12.1996 teilweise zurückzunehmen und dem Kläger für die Zeit vom 23.12.1995 bis 31.12.1996 noch Zahlung in Höhe von EUR 8.432,02 und ab 01.01.1997 eine Verletztenrente auf Grundlage einer MdE in Höhe von 80 vH einer Vollrente nach den gesetzlichen Vorschriften zu gewähren. Im Übrigen wies es die Klage ab (Urteil vom 19.07.2005). Gegen dieses Urteil haben beide Beteiligte Berufung eingelegt, die beim erkennenden Senat noch anhängig ist (L 1 U 3436/05).
Auf Antrag des Klägers hat das Sozialgericht mit Beschluss vom 08.08.2005 die entstandenen Kosten der Begutachtung durch den Psychologischen Psychotherapeuten M. sowie die baren Auslagen und den Lohnausfall als Gerichtskosten übernommen, weil auf Grund der Ausführungen des Herrn M. es sich veranlasst gesehen habe, weitere Ermittlungen anzustellen und ein psychiatrisches Gutachten und ein psychologisches Zusatzgutachten einzuholen. Zudem habe sich das Gericht in den Entscheidungsgründen im Wesentlichen auf die Ausführungen von Herrn M. gestützt, weshalb das Gutachten für die gerichtliche Entscheidung Bedeutung gewonnen habe.
Gegen diesen Beschluss hat der Antragsgegner des vorliegenden Verfahrens am 22.08.2005 Beschwerde eingelegt, der das Sozialgericht nicht abgeholfen hat (Beschluss vom 18.10.2005). Im Einverständnis der Beteiligten hat der Senat das Ruhen des Beschwerdeverfahrens angeordnet (Beschluss vom 22.12.2005). Der Antragsgegner hat das ruhende Verfahren wieder angerufen und unter Hinweis auf den Beschluss des 9. Senats vom 16.05.2006 (L 9 R 4263/04 KO-B) um Entscheidung zu seinem Beschwerderecht gebeten.
Der Kläger hat sich der Auffassung des Beschlusses des 9. Senats vom 16.05.2006 angeschlossen.
II
Die Beschwerde des Antagsgegners ist unzulässig, denn der Staatskasse steht keine Beschwerdebefugnis in den Verfahren zur endgültigen Übernahme von Kosten nach § 109 SGG zu.
Der Senat hält damit an seiner bisherigen Rechtsprechung nicht mehr fest. Er geht ebenso wie der 9. Senat in dessen Beschluss vom 16.05.2006 (L 9 R 4263/04 KO-B) von der Unzulässigkeit der Beschwerde des Bezirksrevisors aus.
Nach § 109 Abs. 1 SGG muss auf Antrag des Versicherten, des Behinderten, des Versorgungsberechtigten oder Hinterbliebenen ein bestimmter Arzt gutachtlich gehört werden. Die Anhörung kann davon abhängig gemacht werden, dass der Antragsteller die Kosten vorschießt und vorbehaltlich einer anderen Entscheidung des Gerichts endgültig trägt. Das Recht auf Ermittlungen nach § 109 SGG steht dem Verfahrensbeteiligten auch dann zu, wenn das Gericht keine Veranlassung sieht, aufgrund der Amtsermittlungspflicht nach § 103 SGG den Sachverhalt weiter aufzuklären (allg. Meinung; vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl. § 109 Rdnr. 1 und 2 m. w. N.).
In dem das Beschwerderecht des Bezirksrevisors bejahenden Beschluss des 9. Senats vom 15.02.1978 (L 9 KO 110/77 B-3), dem sich in der Folge zunächst alle Senate des Landessozialgerichts Baden-Württemberg angeschlossen hatten, wird die Entscheidung nach § 109 Abs. 1 Satz 2 SGG nicht als Nebenentscheidung im Prozess zwischen dem klagenden Antragsteller und der Behörde, sondern als eine außerhalb des Streitverfahrens zu treffende Entscheidung bezeichnet, die Rechtsbeziehungen zwischen dem Antragsteller nach § 109 SGG und dem Fiskus betreffe. Kosten einer aufgrund der Amtsermittlungspflicht erforderlichen Beweiserhebung seien vom Fiskus zu tragen, ohne dass dieser dagegen Einwendungen erheben könne. Nach Abschluss der Ermittlungen von Amts wegen ende jedoch die Kostenfreiheit und damit auch die Kostentragungspflicht des Fiskus. Kosten der außerhalb der Amtsermittlung erfolgenden Beweiserhebung nach § 109 SGG habe grundsätzlich der Kläger zu tragen. Wenn abweichend von dieser Regel der Staatskasse die Kosten aufgebürdet würden, sei der Fiskus beschwert und als Beteiligter des Kostenstreit anzusehen (so auch u. a. Pawlak in Hennig, SGG, § 109 Rdnr. 80; Roller in Lüdtke, SGG, Kommentar 2005 § 109 Rdnr. 28) und deshalb nach § 172 Abs. 1 SGG berechtigt, Beschwerde einzulegen.
Der Senat vertritt demgegenüber jetzt eine andere Rechtsauffassung.
Das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist für Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, Behinderte oder deren Sonderrechtsnachfolger kostenfrei, soweit sie in dieser jeweiligen Eigenschaft als Kläger oder Beklagte in einem Rechtszug beteiligt sind (§ 183 Satz 1 SGG). Nach § 183 Satz 4 SGG bleibt die Regelung in § 109 Abs. 1 Satz 2 SGG, wonach die vom Kläger beantragte Anhörung eines bestimmten Arztes von der Vorschussleistung abhängig gemacht werden kann, unberührt. Das Gutachten nach § 109 SGG ist ein Gerichtsgutachten. Die Kosten einer nach § 109 SGG beantragten Anhörung eines bestimmten Arztes sind, wie auch die Kosten einer von Amts wegen aufgenommenen Beweisaufnahme, Gerichtskosten, zu denen nach § 1 GKG die Auslagen gehören. Auslagen sind grundsätzlich die nach dem Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG) zu zahlenden Beträge (Nr. 9005 des Kostenverzeichnisses)
§ 109 Abs. 1 Satz 2 SGG räumt dem Gericht ein Ermessen ein, die beantragte Anhörung eines Arztes nach § 109 SGG davon abhängig zu machen, dass der Antragsteller die Kosten der Anhörung vorschießt und vorbehaltlich einer anderen Entscheidung des Gerichts endgültig trägt. In der Regel entspricht es fehlerfreiem Ermessen, einen Kostenvorschuss anzufordern, weil nach der freien Beweiswürdigung des Gerichts - weitere - Ermittlungen auf Grund der ihm obliegenden Amtsermittlungspflicht nicht geboten sind. Eine darüber hinausgehende Sachaufklärung soll nicht zu Lasten der Staatskasse erfolgen (BSG, NZS 1998, 302 = SozR 3 1500 § 109 Nr. 2). Diese Wertung folgt schon aus dem Umstand, dass Prozesskostenhilfe für das Gutachten nach § 109 SGG nicht bewilligt werden kann (§ 73 a Abs. 3 SGG). Als Ermessenserwägungen für den Verzicht auf die Anforderung des Kostenvorschusses werden - durchaus streitig - diskutiert (vgl. die Nachweise bei Meyer-Ladewig, a. a. O., § 109 Rdnr. 13; Pawlak in Hennig, SGG, § 109 Rdnr. 36; Peters-Sautter-Wolff; Kommentar Sozialgerichtsbarkeit, § 109 SGG, Nr. 5 Seite II/74-71) die nicht ganz chancenlose Möglichkeit einer weiteren Sachaufklärung durch das Gutachten, eine besondere wissenschaftliche Reputation des genannten Arztes bzw. dessen Verfügbarkeit über neue Untersuchungsmöglichkeiten, die Mittellosigkeit des Antragstellers oder der Umstand, dass ansonsten nur auf Grund der in den Akten befindlichen Gutachten zu entscheiden wäre. Das Gericht ist somit nicht daran gehindert, im Rahmen des im zustehenden Ermessens die beantragte Anhörung nach § 109 SGG durchzuführen, ohne sie von der Erfüllung der Auflage an den Kläger, einen Kostenvorschuss einzuzahlen, abhängig zu machen. Den Erlass der Beweisanordnung nach § 109 SGG ohne Anforderung des Kostenvorschusses kann die Staatskasse unstreitig nicht rügen, denn diese Beweisanordnung ist als prozessleitende Verfügung nicht anfechtbar (§ 172 Abs. 2 SGG). In diesem Fall ist nach dem Gesetzeswortlaut auch eine Entscheidung über die endgültige Kostentragung entbehrlich, da die entstandenen Gerichtskosten der Kostenfreiheit nach § 183 SGG unterliegen (allgemeine Meinung, vgl. Pawlak, a.a.O. Rdnr. 38; Peters-Sautter-Wolff, a.a.O., Seite II/74-73). Die Entscheidung, die gutachterliche Anhörung des Arztes nach § 109 SGG ohne Anforderung eines Kostenvorschusses durchzuführen, ist eine abschließende Entscheidung des Gerichts. Sie entzieht sich einer Abänderung, weil es hierfür an einer Rechtsgrundlage fehlt (h.M.; vgl. Peters-Sautters-Wolff, a.a.O., II/74-73, im Ergebnis ebenso Mayer-Ladewig u. a., a.a.O., Rdnr. 14, verneinend auch, wenn mit der Beweisanordnung eine spätere Kostenentscheidung vorbehalten wurde). Für ein Rüge- oder Beschwerderecht der Staatskasse bei Verzicht auf einen Kostenvorschuss ist daher kein Raum.
Ist dagegen ein Kostenvorschuss angefordert worden, wie im vorliegenden Fall, bedarf es jedenfalls dann einer Entscheidung des Gerichts, wenn nicht dem Kläger, sondern der Staatskasse die Kosten endgültig zur Last fallen sollen. Die Anforderung des Kostenvorschusses ist eine Ausnahme vom Grundsatz der Kostenfreiheit, wonach Verfahrenskosten grundsätzlich nicht dem kostenprivilegierten Beteiligten als Gerichtskosten auferlegt werden können. Die Ermessensentscheidung zur Übernahme der Kosten auf die Staatskasse ist nach allgemeiner Überzeugung ermessensgerecht, wenn das nach § 109 SGG eingeholte Gutachten die Sachaufklärung wesentlich gefördert hat (Meyer-Ladewig, a. a. O., Rdnr. 16 a). Das Gericht hat somit bei der Entscheidung auf Übernahme der Kosten auf die Staatskasse ebenso Ermessensüberlegungen anzustellen, wie beim Verzicht auf die Anforderung eines Kostenvorschusses, nur sind im dortigen Verfahrensstadium die Überlegungen naturgemäß auf eine Prognose der Verfahrensförderlichkeit ausgerichtet, deren Richtigkeit im Sinne einer Belastung der Staatskasse diese nicht überprüfen kann.
In welcher Form die dem Gericht vorbehaltene andere Entscheidung nach § 109 Abs. 1 Satz 2 SGG zu ergehen hat, ist nicht geregelt. Grundsätzlich ist mit der Hauptsache auch über die Kosten zu entscheiden, weshalb neben der zu treffenden Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten nach § 193 SGG auch eine Entscheidung zu den Gerichtskosten nach § 109 SGG zu ergehen hat. Diese kann in einem gesonderten Beschluss, aber auch im Urteil oder Gerichtsbescheid getroffen werden. Dabei hat das Gericht folgerichtig auf den für seine Hauptsacheentscheidung maßgeblichen Beitrag des Gutachtens nach § 109 SGG zum Zeitpunkt seiner Entscheidung abzustellen.
Die Kostenentscheidung im Urteil oder im Gerichtsbescheid ist in diesem Fall nur mit dem gebotenen Rechtsmittel anfechtbar. Die isolierte Anfechtung der Kostenentscheidung mit der Berufung ist ausgeschlossen (§ 144 Abs. 4 SGG). Der Kläger/Antragsteller nach § 109 SGG kann daher nur mit seiner eigenen Berufung die ihm auferlegte Kostentragung anfechten. Das Berufungsgericht berücksichtigt bei der einheitlich zu ergehenden Kostenentscheidung, die dann auch die Kosten nach § 109 SGG umfasst, wie sonst auch, den Verfahrensgang und den Beitrag des Gutachtens nach § 109 SGG für seine Kostentscheidung. Der Grundsatz des Verbots der reformatio in peius gilt bei der Kostenentscheidung nicht (allgemeine Meinung; vgl. u. a. Meyer-Ladewig a. a. O. § 193 Rdnr. 16 mit Hinweis auf BSGE 62, 131, 136). Ob ausnahmsweise die nicht auf die Staatskasse übernommenen Kosten als außergerichtliche Kosten zu den erstattungsfähigen Kosten nach § 193 SGG gehören (in Ausnahmefällen bejahend Peters-Sautter-Wolff a. a. O., S. II/74-76) kann dahinstehen. Der am Hauptsacheverfahren nicht beteiligten Staatskasse steht von vornherein kein Rechtsbehelf gegen die Kostenentscheidung im Urteil oder Gerichtsbescheid zu. Als Nichtverfahrensbeteiligter kann die Staatskasse nicht Berufung, der im Übrigen auch § 144 Abs. 4 SGG entgegengehalten werden könnte, einlegen. Die Beschwerde gegen das Urteil bzw. den Gerichtsbescheid ist - mit Ausnahme der Nichtzulassungsbeschwerde nach § 145 SGG - nicht statthaft (§ 172 SGG).
Entscheidet das Sozialgericht über die Gerichtskosten statt in der Hauptsache in einem kostenrechtlichen Nebenverfahren durch gesonderten Beschluss, kann nichts anderes gelten.
Verfahrensgegenstand dieses kostenrechtlichen Nebenverfahrens ist die Frage, ob die im Hauptsacheverfahren angefallenen Gerichtskosten einer Ermittlung nach § 109 SGG der generellen Kostenfreiheit nach § 183 SGG unterfallen oder als Ausnahme hiervon als Gerichtskosten vom Kläger zu tragen sind. Verfahrensgegenstand ist deshalb eine Kostenentscheidung dem Grunde nach und nicht etwa eine nachträgliche Abänderung der Beweisanordnung nach § 109 SGG in eine solche auf der Amtsermittlungspflicht beruhende Beweisanordnung nach §§ 103, 106 SGG, die generell nach § 172 Abs. 2 SGG nicht anfechtbar wäre.
Beteiligter dieses Nebenverfahrens ist nur der Kläger, denn die Beklagte kommt als Kostenschuldner nicht in Betracht. Die Staatskasse ist bereits formal im Hauptsacheverfahren nicht beteiligt, sodass hieraus ein formaler Beteiligtenstatus im Nebenverfahren ebenfalls nicht zu begründen ist. Verfahren mit nur einem Beteiligten sind den Verfahrensordnungen nicht fremd (vgl. etwa das Beschwerdeverfahren des Zeugen oder des Sachverständigen gegen ein verhängtes Ordnungsmittel). Eine materielle Beschwer der Staatskasse ist ebenfalls nicht zu begründen. Zwar können im Beschwerdeverfahren auch Dritte, d. h. Nichtprozessbeteiligte, die Verletzung subjektiver Rechte geltend machen, doch scheidet dies vorliegend aus (so auch der 9. Senat, Beschluss vom 16.05.2006, a. a. O.; dagegen a. A. der 8. und 11. Senat des Landessozialgerichts Baden-Württemberg, vgl. Beschluss vom 23.1.2006 - L 8. SB 3834/05 KO B und vom 28.11.2005 - L 11 R 4141/05 KO-B), weil der Staatskasse subjektive Rechte nicht zustehen und Befugnisse insoweit einer Ermächtigung durch Gesetz bedürfen.
Die durch die Kostenfreiheit in der Sozialgerichtsbarkeit veranlasste Bereitstellung staatlicher Mittel ist die Wahrnehmung staatlicher Aufgaben. Sofern zunächst vom Prozessbeteiligten erbrachte Aufwendungen in dem gesetzlich geregelten Fall einer Ausnahme von der generellen Kostenfreiheit nach § 109 Abs. 1 Satz 2 SGG von der Staatskasse zu übernehmen sind, gehört dies zur Wahrnehmung der im öffentlichen Interesse liegenden staatlichen Aufgaben, Mittel im Rahmen der Kostenfreiheit des sozialgerichtlichen Verfahrens bereitzustellen. Die Wahrnehmung allein öffentlicher Interessen im gerichtlichen Verfahren bedarf aber einer ausdrücklichen Rechtsgrundlage (so auch der 9. Senat, a. a. O.), wie sie die bestehenden Regelungen der Kostengesetze zum Beschwerderecht der Staatskasse darstellen (z. B. § 66 Abs. 1 GKG, § 14 Abs. 2 KostenO, § 4 Abs. 3 JVEG, § 127 Abs. 3 ZPO).
Eine konkret auf den vorliegenden Fall anwendbare Rechtsgrundlage zum Beschwerderecht der Staatskasse liegt nicht vor. § 109 Abs. 1 Satz 2 SGG enthält nur eine Kostenregelung, vergleichbar der Kostenregelung nach § 197a SGG für den Bereich der gerichtskostenpflichtigen Streitigkeiten. Die Beschwerdebefugnis der Staatskasse ist weder ausdrücklich normiert worden noch ergibt sich eine solche durch Auslegung oder analoge Anwendung.
Nach der Systematik des SGG hat die Staatskasse kein Rügerecht bei einer Beweisanordnung nach § 109 SGG ohne Vorschussanforderung oder bei einer die Staatskasse belastenden Kostenentscheidung im Urteil oder Gerichtsbescheid. Eine an Systematik der Regelungen des SGG oder am Gesetzeszweck des § 109 Abs. 1 Satz 2 SGG orientierte Auslegung findet für ein Beschwerderecht der Staatskasse keinen Ansatz. Auch die der Staatskasse ein Beschwerderecht einräumenden, bestehenden kostenrechtlichen Vorschriften betreffen nur die Anfechtung der Kosten der Höhe nach, eine generelle Anfechtung der Kostengrundentscheidung ist darin nicht geregelt. Dies gilt auch für die der Interessenlage noch am ehesten vergleichbare Regelung nach § 127 Abs. 3 ZPO, die der Staatskasse ein Beschwerderecht nur insoweit einräumt, als die - rechnerische - Richtigkeit der Bedürftigkeit zur Überprüfung des Beschwerdegerichts gestellt werden kann, nicht jedoch die volle inhaltliche Überprüfung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe und damit die Belastung der Staatskasse, da die Beurteilung der Erfolgsaussicht des Rechtsmittels mit der Beschwerde der Staatskasse nicht gerügt werden kann (so auch der 9. Senat, Beschluss vom 16.05.2006, a.a.O., m. H. a. BGHZ 119, 372, 374). Ein generelles Beschwerderecht der Staatskasse in den Fällen, in denen eine sie belastende Kostenentscheidung ergehen könnte, ist den genannten Regelungen nicht als allgemeine Zwecksetzung zu entnehmen.
Für die Annahme einer gesetzgeberischen ungeplanten Regelungslücke hat der Senat überdies keinen Anhaltspunkt. Die analoge Anwendung der genannten Vorschriften zum Beschwerderecht der Staatskasse ist daher nicht geboten, zumal das SGG mehrere grundsätzliche Änderungen erfahren hat, ohne dass insoweit eine Beschwerdebefugnis der Staatskasse eingeführt wurde, obwohl die Mehrzahl der Landessozialgerichte eine Beschwerdebefugnis ablehnt (vgl. die Nachweise im Beschluss des 9. Senats vom 16.05.2006, a.a.O.).
Die Kosten des Beschwerdeverfahren trägt die Staatskasse.
Der Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Staatskasse.
Gründe:
I
Mit der Klage im Ausgangsverfahren begehrte der Kläger, unter Rücknahme des bestandskräftigen Bescheides vom 06.12.1996, mit welchem ihm die Beklagte des Ausgangsverfahrens wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 21.04.1995 eine Rente nach einer MdE von 40 vH gewährte, ihm eine Rente nach einer MdE von 100 vH zu gewähren. Auf Antrag des Klägers nach § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) holte das Sozialgericht das neuropsychologische Gutachten des Psychologischen Psychotherapeuten M. vom 23.08.2002 ein. Nach Einholen eines psychiatrischen Gutachtens und eines psychologischen Zusatzgutachtens vom 19.08.2003 von Amts wegen hob das Sozialgericht den Bescheid vom 25.02.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.04.2002 auf und verurteilte die Beklagte, den Bescheid vom 06.12.1996 teilweise zurückzunehmen und dem Kläger für die Zeit vom 23.12.1995 bis 31.12.1996 noch Zahlung in Höhe von EUR 8.432,02 und ab 01.01.1997 eine Verletztenrente auf Grundlage einer MdE in Höhe von 80 vH einer Vollrente nach den gesetzlichen Vorschriften zu gewähren. Im Übrigen wies es die Klage ab (Urteil vom 19.07.2005). Gegen dieses Urteil haben beide Beteiligte Berufung eingelegt, die beim erkennenden Senat noch anhängig ist (L 1 U 3436/05).
Auf Antrag des Klägers hat das Sozialgericht mit Beschluss vom 08.08.2005 die entstandenen Kosten der Begutachtung durch den Psychologischen Psychotherapeuten M. sowie die baren Auslagen und den Lohnausfall als Gerichtskosten übernommen, weil auf Grund der Ausführungen des Herrn M. es sich veranlasst gesehen habe, weitere Ermittlungen anzustellen und ein psychiatrisches Gutachten und ein psychologisches Zusatzgutachten einzuholen. Zudem habe sich das Gericht in den Entscheidungsgründen im Wesentlichen auf die Ausführungen von Herrn M. gestützt, weshalb das Gutachten für die gerichtliche Entscheidung Bedeutung gewonnen habe.
Gegen diesen Beschluss hat der Antragsgegner des vorliegenden Verfahrens am 22.08.2005 Beschwerde eingelegt, der das Sozialgericht nicht abgeholfen hat (Beschluss vom 18.10.2005). Im Einverständnis der Beteiligten hat der Senat das Ruhen des Beschwerdeverfahrens angeordnet (Beschluss vom 22.12.2005). Der Antragsgegner hat das ruhende Verfahren wieder angerufen und unter Hinweis auf den Beschluss des 9. Senats vom 16.05.2006 (L 9 R 4263/04 KO-B) um Entscheidung zu seinem Beschwerderecht gebeten.
Der Kläger hat sich der Auffassung des Beschlusses des 9. Senats vom 16.05.2006 angeschlossen.
II
Die Beschwerde des Antagsgegners ist unzulässig, denn der Staatskasse steht keine Beschwerdebefugnis in den Verfahren zur endgültigen Übernahme von Kosten nach § 109 SGG zu.
Der Senat hält damit an seiner bisherigen Rechtsprechung nicht mehr fest. Er geht ebenso wie der 9. Senat in dessen Beschluss vom 16.05.2006 (L 9 R 4263/04 KO-B) von der Unzulässigkeit der Beschwerde des Bezirksrevisors aus.
Nach § 109 Abs. 1 SGG muss auf Antrag des Versicherten, des Behinderten, des Versorgungsberechtigten oder Hinterbliebenen ein bestimmter Arzt gutachtlich gehört werden. Die Anhörung kann davon abhängig gemacht werden, dass der Antragsteller die Kosten vorschießt und vorbehaltlich einer anderen Entscheidung des Gerichts endgültig trägt. Das Recht auf Ermittlungen nach § 109 SGG steht dem Verfahrensbeteiligten auch dann zu, wenn das Gericht keine Veranlassung sieht, aufgrund der Amtsermittlungspflicht nach § 103 SGG den Sachverhalt weiter aufzuklären (allg. Meinung; vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl. § 109 Rdnr. 1 und 2 m. w. N.).
In dem das Beschwerderecht des Bezirksrevisors bejahenden Beschluss des 9. Senats vom 15.02.1978 (L 9 KO 110/77 B-3), dem sich in der Folge zunächst alle Senate des Landessozialgerichts Baden-Württemberg angeschlossen hatten, wird die Entscheidung nach § 109 Abs. 1 Satz 2 SGG nicht als Nebenentscheidung im Prozess zwischen dem klagenden Antragsteller und der Behörde, sondern als eine außerhalb des Streitverfahrens zu treffende Entscheidung bezeichnet, die Rechtsbeziehungen zwischen dem Antragsteller nach § 109 SGG und dem Fiskus betreffe. Kosten einer aufgrund der Amtsermittlungspflicht erforderlichen Beweiserhebung seien vom Fiskus zu tragen, ohne dass dieser dagegen Einwendungen erheben könne. Nach Abschluss der Ermittlungen von Amts wegen ende jedoch die Kostenfreiheit und damit auch die Kostentragungspflicht des Fiskus. Kosten der außerhalb der Amtsermittlung erfolgenden Beweiserhebung nach § 109 SGG habe grundsätzlich der Kläger zu tragen. Wenn abweichend von dieser Regel der Staatskasse die Kosten aufgebürdet würden, sei der Fiskus beschwert und als Beteiligter des Kostenstreit anzusehen (so auch u. a. Pawlak in Hennig, SGG, § 109 Rdnr. 80; Roller in Lüdtke, SGG, Kommentar 2005 § 109 Rdnr. 28) und deshalb nach § 172 Abs. 1 SGG berechtigt, Beschwerde einzulegen.
Der Senat vertritt demgegenüber jetzt eine andere Rechtsauffassung.
Das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist für Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, Behinderte oder deren Sonderrechtsnachfolger kostenfrei, soweit sie in dieser jeweiligen Eigenschaft als Kläger oder Beklagte in einem Rechtszug beteiligt sind (§ 183 Satz 1 SGG). Nach § 183 Satz 4 SGG bleibt die Regelung in § 109 Abs. 1 Satz 2 SGG, wonach die vom Kläger beantragte Anhörung eines bestimmten Arztes von der Vorschussleistung abhängig gemacht werden kann, unberührt. Das Gutachten nach § 109 SGG ist ein Gerichtsgutachten. Die Kosten einer nach § 109 SGG beantragten Anhörung eines bestimmten Arztes sind, wie auch die Kosten einer von Amts wegen aufgenommenen Beweisaufnahme, Gerichtskosten, zu denen nach § 1 GKG die Auslagen gehören. Auslagen sind grundsätzlich die nach dem Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG) zu zahlenden Beträge (Nr. 9005 des Kostenverzeichnisses)
§ 109 Abs. 1 Satz 2 SGG räumt dem Gericht ein Ermessen ein, die beantragte Anhörung eines Arztes nach § 109 SGG davon abhängig zu machen, dass der Antragsteller die Kosten der Anhörung vorschießt und vorbehaltlich einer anderen Entscheidung des Gerichts endgültig trägt. In der Regel entspricht es fehlerfreiem Ermessen, einen Kostenvorschuss anzufordern, weil nach der freien Beweiswürdigung des Gerichts - weitere - Ermittlungen auf Grund der ihm obliegenden Amtsermittlungspflicht nicht geboten sind. Eine darüber hinausgehende Sachaufklärung soll nicht zu Lasten der Staatskasse erfolgen (BSG, NZS 1998, 302 = SozR 3 1500 § 109 Nr. 2). Diese Wertung folgt schon aus dem Umstand, dass Prozesskostenhilfe für das Gutachten nach § 109 SGG nicht bewilligt werden kann (§ 73 a Abs. 3 SGG). Als Ermessenserwägungen für den Verzicht auf die Anforderung des Kostenvorschusses werden - durchaus streitig - diskutiert (vgl. die Nachweise bei Meyer-Ladewig, a. a. O., § 109 Rdnr. 13; Pawlak in Hennig, SGG, § 109 Rdnr. 36; Peters-Sautter-Wolff; Kommentar Sozialgerichtsbarkeit, § 109 SGG, Nr. 5 Seite II/74-71) die nicht ganz chancenlose Möglichkeit einer weiteren Sachaufklärung durch das Gutachten, eine besondere wissenschaftliche Reputation des genannten Arztes bzw. dessen Verfügbarkeit über neue Untersuchungsmöglichkeiten, die Mittellosigkeit des Antragstellers oder der Umstand, dass ansonsten nur auf Grund der in den Akten befindlichen Gutachten zu entscheiden wäre. Das Gericht ist somit nicht daran gehindert, im Rahmen des im zustehenden Ermessens die beantragte Anhörung nach § 109 SGG durchzuführen, ohne sie von der Erfüllung der Auflage an den Kläger, einen Kostenvorschuss einzuzahlen, abhängig zu machen. Den Erlass der Beweisanordnung nach § 109 SGG ohne Anforderung des Kostenvorschusses kann die Staatskasse unstreitig nicht rügen, denn diese Beweisanordnung ist als prozessleitende Verfügung nicht anfechtbar (§ 172 Abs. 2 SGG). In diesem Fall ist nach dem Gesetzeswortlaut auch eine Entscheidung über die endgültige Kostentragung entbehrlich, da die entstandenen Gerichtskosten der Kostenfreiheit nach § 183 SGG unterliegen (allgemeine Meinung, vgl. Pawlak, a.a.O. Rdnr. 38; Peters-Sautter-Wolff, a.a.O., Seite II/74-73). Die Entscheidung, die gutachterliche Anhörung des Arztes nach § 109 SGG ohne Anforderung eines Kostenvorschusses durchzuführen, ist eine abschließende Entscheidung des Gerichts. Sie entzieht sich einer Abänderung, weil es hierfür an einer Rechtsgrundlage fehlt (h.M.; vgl. Peters-Sautters-Wolff, a.a.O., II/74-73, im Ergebnis ebenso Mayer-Ladewig u. a., a.a.O., Rdnr. 14, verneinend auch, wenn mit der Beweisanordnung eine spätere Kostenentscheidung vorbehalten wurde). Für ein Rüge- oder Beschwerderecht der Staatskasse bei Verzicht auf einen Kostenvorschuss ist daher kein Raum.
Ist dagegen ein Kostenvorschuss angefordert worden, wie im vorliegenden Fall, bedarf es jedenfalls dann einer Entscheidung des Gerichts, wenn nicht dem Kläger, sondern der Staatskasse die Kosten endgültig zur Last fallen sollen. Die Anforderung des Kostenvorschusses ist eine Ausnahme vom Grundsatz der Kostenfreiheit, wonach Verfahrenskosten grundsätzlich nicht dem kostenprivilegierten Beteiligten als Gerichtskosten auferlegt werden können. Die Ermessensentscheidung zur Übernahme der Kosten auf die Staatskasse ist nach allgemeiner Überzeugung ermessensgerecht, wenn das nach § 109 SGG eingeholte Gutachten die Sachaufklärung wesentlich gefördert hat (Meyer-Ladewig, a. a. O., Rdnr. 16 a). Das Gericht hat somit bei der Entscheidung auf Übernahme der Kosten auf die Staatskasse ebenso Ermessensüberlegungen anzustellen, wie beim Verzicht auf die Anforderung eines Kostenvorschusses, nur sind im dortigen Verfahrensstadium die Überlegungen naturgemäß auf eine Prognose der Verfahrensförderlichkeit ausgerichtet, deren Richtigkeit im Sinne einer Belastung der Staatskasse diese nicht überprüfen kann.
In welcher Form die dem Gericht vorbehaltene andere Entscheidung nach § 109 Abs. 1 Satz 2 SGG zu ergehen hat, ist nicht geregelt. Grundsätzlich ist mit der Hauptsache auch über die Kosten zu entscheiden, weshalb neben der zu treffenden Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten nach § 193 SGG auch eine Entscheidung zu den Gerichtskosten nach § 109 SGG zu ergehen hat. Diese kann in einem gesonderten Beschluss, aber auch im Urteil oder Gerichtsbescheid getroffen werden. Dabei hat das Gericht folgerichtig auf den für seine Hauptsacheentscheidung maßgeblichen Beitrag des Gutachtens nach § 109 SGG zum Zeitpunkt seiner Entscheidung abzustellen.
Die Kostenentscheidung im Urteil oder im Gerichtsbescheid ist in diesem Fall nur mit dem gebotenen Rechtsmittel anfechtbar. Die isolierte Anfechtung der Kostenentscheidung mit der Berufung ist ausgeschlossen (§ 144 Abs. 4 SGG). Der Kläger/Antragsteller nach § 109 SGG kann daher nur mit seiner eigenen Berufung die ihm auferlegte Kostentragung anfechten. Das Berufungsgericht berücksichtigt bei der einheitlich zu ergehenden Kostenentscheidung, die dann auch die Kosten nach § 109 SGG umfasst, wie sonst auch, den Verfahrensgang und den Beitrag des Gutachtens nach § 109 SGG für seine Kostentscheidung. Der Grundsatz des Verbots der reformatio in peius gilt bei der Kostenentscheidung nicht (allgemeine Meinung; vgl. u. a. Meyer-Ladewig a. a. O. § 193 Rdnr. 16 mit Hinweis auf BSGE 62, 131, 136). Ob ausnahmsweise die nicht auf die Staatskasse übernommenen Kosten als außergerichtliche Kosten zu den erstattungsfähigen Kosten nach § 193 SGG gehören (in Ausnahmefällen bejahend Peters-Sautter-Wolff a. a. O., S. II/74-76) kann dahinstehen. Der am Hauptsacheverfahren nicht beteiligten Staatskasse steht von vornherein kein Rechtsbehelf gegen die Kostenentscheidung im Urteil oder Gerichtsbescheid zu. Als Nichtverfahrensbeteiligter kann die Staatskasse nicht Berufung, der im Übrigen auch § 144 Abs. 4 SGG entgegengehalten werden könnte, einlegen. Die Beschwerde gegen das Urteil bzw. den Gerichtsbescheid ist - mit Ausnahme der Nichtzulassungsbeschwerde nach § 145 SGG - nicht statthaft (§ 172 SGG).
Entscheidet das Sozialgericht über die Gerichtskosten statt in der Hauptsache in einem kostenrechtlichen Nebenverfahren durch gesonderten Beschluss, kann nichts anderes gelten.
Verfahrensgegenstand dieses kostenrechtlichen Nebenverfahrens ist die Frage, ob die im Hauptsacheverfahren angefallenen Gerichtskosten einer Ermittlung nach § 109 SGG der generellen Kostenfreiheit nach § 183 SGG unterfallen oder als Ausnahme hiervon als Gerichtskosten vom Kläger zu tragen sind. Verfahrensgegenstand ist deshalb eine Kostenentscheidung dem Grunde nach und nicht etwa eine nachträgliche Abänderung der Beweisanordnung nach § 109 SGG in eine solche auf der Amtsermittlungspflicht beruhende Beweisanordnung nach §§ 103, 106 SGG, die generell nach § 172 Abs. 2 SGG nicht anfechtbar wäre.
Beteiligter dieses Nebenverfahrens ist nur der Kläger, denn die Beklagte kommt als Kostenschuldner nicht in Betracht. Die Staatskasse ist bereits formal im Hauptsacheverfahren nicht beteiligt, sodass hieraus ein formaler Beteiligtenstatus im Nebenverfahren ebenfalls nicht zu begründen ist. Verfahren mit nur einem Beteiligten sind den Verfahrensordnungen nicht fremd (vgl. etwa das Beschwerdeverfahren des Zeugen oder des Sachverständigen gegen ein verhängtes Ordnungsmittel). Eine materielle Beschwer der Staatskasse ist ebenfalls nicht zu begründen. Zwar können im Beschwerdeverfahren auch Dritte, d. h. Nichtprozessbeteiligte, die Verletzung subjektiver Rechte geltend machen, doch scheidet dies vorliegend aus (so auch der 9. Senat, Beschluss vom 16.05.2006, a. a. O.; dagegen a. A. der 8. und 11. Senat des Landessozialgerichts Baden-Württemberg, vgl. Beschluss vom 23.1.2006 - L 8. SB 3834/05 KO B und vom 28.11.2005 - L 11 R 4141/05 KO-B), weil der Staatskasse subjektive Rechte nicht zustehen und Befugnisse insoweit einer Ermächtigung durch Gesetz bedürfen.
Die durch die Kostenfreiheit in der Sozialgerichtsbarkeit veranlasste Bereitstellung staatlicher Mittel ist die Wahrnehmung staatlicher Aufgaben. Sofern zunächst vom Prozessbeteiligten erbrachte Aufwendungen in dem gesetzlich geregelten Fall einer Ausnahme von der generellen Kostenfreiheit nach § 109 Abs. 1 Satz 2 SGG von der Staatskasse zu übernehmen sind, gehört dies zur Wahrnehmung der im öffentlichen Interesse liegenden staatlichen Aufgaben, Mittel im Rahmen der Kostenfreiheit des sozialgerichtlichen Verfahrens bereitzustellen. Die Wahrnehmung allein öffentlicher Interessen im gerichtlichen Verfahren bedarf aber einer ausdrücklichen Rechtsgrundlage (so auch der 9. Senat, a. a. O.), wie sie die bestehenden Regelungen der Kostengesetze zum Beschwerderecht der Staatskasse darstellen (z. B. § 66 Abs. 1 GKG, § 14 Abs. 2 KostenO, § 4 Abs. 3 JVEG, § 127 Abs. 3 ZPO).
Eine konkret auf den vorliegenden Fall anwendbare Rechtsgrundlage zum Beschwerderecht der Staatskasse liegt nicht vor. § 109 Abs. 1 Satz 2 SGG enthält nur eine Kostenregelung, vergleichbar der Kostenregelung nach § 197a SGG für den Bereich der gerichtskostenpflichtigen Streitigkeiten. Die Beschwerdebefugnis der Staatskasse ist weder ausdrücklich normiert worden noch ergibt sich eine solche durch Auslegung oder analoge Anwendung.
Nach der Systematik des SGG hat die Staatskasse kein Rügerecht bei einer Beweisanordnung nach § 109 SGG ohne Vorschussanforderung oder bei einer die Staatskasse belastenden Kostenentscheidung im Urteil oder Gerichtsbescheid. Eine an Systematik der Regelungen des SGG oder am Gesetzeszweck des § 109 Abs. 1 Satz 2 SGG orientierte Auslegung findet für ein Beschwerderecht der Staatskasse keinen Ansatz. Auch die der Staatskasse ein Beschwerderecht einräumenden, bestehenden kostenrechtlichen Vorschriften betreffen nur die Anfechtung der Kosten der Höhe nach, eine generelle Anfechtung der Kostengrundentscheidung ist darin nicht geregelt. Dies gilt auch für die der Interessenlage noch am ehesten vergleichbare Regelung nach § 127 Abs. 3 ZPO, die der Staatskasse ein Beschwerderecht nur insoweit einräumt, als die - rechnerische - Richtigkeit der Bedürftigkeit zur Überprüfung des Beschwerdegerichts gestellt werden kann, nicht jedoch die volle inhaltliche Überprüfung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe und damit die Belastung der Staatskasse, da die Beurteilung der Erfolgsaussicht des Rechtsmittels mit der Beschwerde der Staatskasse nicht gerügt werden kann (so auch der 9. Senat, Beschluss vom 16.05.2006, a.a.O., m. H. a. BGHZ 119, 372, 374). Ein generelles Beschwerderecht der Staatskasse in den Fällen, in denen eine sie belastende Kostenentscheidung ergehen könnte, ist den genannten Regelungen nicht als allgemeine Zwecksetzung zu entnehmen.
Für die Annahme einer gesetzgeberischen ungeplanten Regelungslücke hat der Senat überdies keinen Anhaltspunkt. Die analoge Anwendung der genannten Vorschriften zum Beschwerderecht der Staatskasse ist daher nicht geboten, zumal das SGG mehrere grundsätzliche Änderungen erfahren hat, ohne dass insoweit eine Beschwerdebefugnis der Staatskasse eingeführt wurde, obwohl die Mehrzahl der Landessozialgerichte eine Beschwerdebefugnis ablehnt (vgl. die Nachweise im Beschluss des 9. Senats vom 16.05.2006, a.a.O.).
Die Kosten des Beschwerdeverfahren trägt die Staatskasse.
Der Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
Saved