Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
5
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 91 AS 10835/05 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 5 B 1361/05 AS ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 23. November 2005 abgeändert. Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verurteilt, der Antragstellerin für die Zeit vom 16. November 2005 bis zum 31. Januar 2006 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches als Darlehen zu gewähren. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen. Die Antragsgegnerin hat der Antragstellerin die Hälfte ihrer außergerichtlichen Kosten für beide Instanzen zu erstatten.
Gründe:
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 23. November 2005 ist gemäß §§ 172 Abs. 1 und 173 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässig und in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang auch begründet. Zu Unrecht hat das Sozialgericht Berlin ihren am 16. November 2005 bei Gericht eingegangenen Antrag, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihr ab dem 01. September 2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB II) zu gewähren, vollumfänglich abgelehnt. Die Antragstellerin hat vielmehr einen Anspruch auf darlehensweise Gewährung von Leistungen für die Zeit vom 16. November 2005 bis zum 31. Januar 2006.
Nach § 86b Abs. 2 SGG sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Dies setzt voraus, dass sowohl ein Anordnungsanspruch als auch ein Anordnungsgrund glaubhaft gemacht werden. Dies ist vorliegend nur für die Zeit ab dem 16. November 2005 der Fall.
Die Antragstellerin, die Leistungen zur Sicherung des Existenzminimums begehrt, hat für die Zeit ab dem 16. November 2005 ein Bedürfnis an einer Entscheidung im einstweiligen Rechtsschutzverfahren glaubhaft gemacht. Zwar würden die begehrten Leistungen, wenn sie im Hauptsacheverfahren erstritten werden, rückwirkend gewährt. Während des Hauptsacheverfahrens ist jedoch das Existenzminimum nicht gedeckt. Diese möglicherweise längere Zeit andauernde, erhebliche Beeinträchtigung kann nachträglich nicht mehr ausgeglichen werden. Der elementare Lebensbedarf eines Menschen kann grundsätzlich nur in dem Augenblick befriedigt werden, in dem er entsteht ("Gegenwärtigkeitsprinzip").
Die Antragstellerin hat auch einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Bei der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren gebotenen summarischen Prüfung geht der Senat davon aus, dass ihr im Hauptsacheverfahren voraussichtlich ein Anspruch auf darlehensweise Gewährung von Arbeitslosengeld II für die Zeit vom 16. November 2005 bis zum 31. Januar 2006 gegen die Antragsgegnerin zugesprochen werden wird.
Nach § 7 Abs. 1 SGB II erhalten diejenigen Personen Leistungen nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches, die das 15., nicht aber das 65. Lebensjahr vollendet haben, erwerbsfähig und hilfebedürftig sind sowie ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Hilfebedürftige). Keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes haben nach Absatz 5 Satz 1 der Vorschrift hingegen Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (BAföG) oder der §§ 60 bis 62 des Dritten Buches dem Grunde nach förderungsfähig sind. Dies ist jedoch bei der Antragstellerin, die nicht mehr bei ihren Eltern wohnt und damit offensichtlich nicht die Voraussetzungen des § 7 Abs. 6 SGB II erfüllt, der regelt, auf welche Auszubildende § 7 Abs. 5 SGB II ausnahmsweise keine Anwendung findet, der Fall. Denn ihr Studium "Wirtschaft und Recht" an der Technischen Fachhochschule W ist dem Grunde nach nach dem BAföG förderungsfähig. Die Gewährung entsprechender Leistungen scheitert lediglich an der Überschreitung der Förderungshöchstdauer. Ist aber eine Ausbildung gemäß BAföG dem Grunde nach förderungsfähig, ändert sich an dem SGB II-Leistungsausschluss nicht dadurch etwas, dass sie konkret im Hinblick auf die Ausbildungsbiographie des Antragstellers nicht (mehr) gefördert wird.
Zu Unrecht sind jedoch die Antragsgegnerin sowie das Sozialgericht Berlin davon ausgegangen, dass bei der Antragstellerin kein besonderer Härtefall im Sinne des § 7 Abs. 5 Satz 2 SGB II vorliegt, der es der Antragsgegnerin ermöglicht, der Antragstellerin Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes darlehensweise zu gewähren. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts Berlin unterliegt das Vorliegen einer besonderen Härte als Tatbestandsmerkmal vollumfänglich der gerichtlichen Überprüfung. Diese Prüfung führt vorliegend zum Ergebnis, dass die Antragsgegnerin fehlerhaft davon ausgegangen ist, dass bei der Antragstellerin keine besondere Härte vorliegt. Dabei bedarf es keiner Klärung, ob in Anlehnung an den zum früheren § 26 BSHG herrschenden Streit das Vorliegen einer besonderen Härte nur dann anzunehmen ist, wenn die Folgen des Anspruchsausschlusses über das Maß hinausgehen, das regelmäßig mit der Versagung von Hilfe zum Lebensunterhalt für eine Ausbildung verbunden ist und vom Gesetzgeber so bewusst in Kauf genommen wurde (vgl. BVerwGE 94, 224), oder diesbezüglich stets eine typisierende Betrachtungsweise geboten ist (vgl. Nachweise bei Eicher/Spellbrink, SGB II, Grundsicherung für Arbeitsuchende, § 7 Rn. 47). Denn im Falle der Antragstellerin ist zur Überzeugung des Senats davon auszugehen, dass die Folgen des Anspruchsausschlusses über das damit in aller Regel verbundene Maß hinausgehen. Ebenso liegt bei ihr eine der Fallgruppen vor, in der typischerweise das Vorliegen einer besonderen Härte diskutiert wird. Die Antragstellerin befindet sich in der Examensphase und steht nach jahrelangem Studium unmittelbar vor dessen Abschluss. Das Gericht verkennt nicht, dass die Vorschrift des § 7 Abs. 5 Satz 2 SGB II eng auszulegen ist, weil über die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II nicht eine Ausbildungsförderung auf zweiter Ebene geschaffen werden soll. Auch hat es berücksichtigt, dass die Antragstellerin bereits über eine abgeschlossene Berufsausbildung als Rechtsanwalts- und Notarsgehilfin verfügt und – worauf das Sozialgericht zu Recht hingewiesen hat – das Ende der Ausbildungsförderung nach dem BAföG wegen Überschreitens der Förderungshöchstdauer häufig genau in die Examenszeit fallen wird. Zugleich hatte der Senat jedoch zu beachten, dass in aller Regel nicht nur ein persönliches Interesse des Betroffenen am Abschluss einer einmal angefangenen Ausbildung besteht, es vielmehr auch im allgemeinen Interesse liegt, die Arbeitsmarktintegration aufgrund einer qualifizierten Ausbildung zu fördern. In diesem Spannungsfeld geht er davon aus, dass es jedenfalls in den Fällen, in denen sich ein Student nicht mehr nur in der zeitlich schwer abzugrenzenden Phase der Examensvorbereitung befindet, sondern es zum Abschluss des Examens nur noch einer Prüfung bedarf, auf deren Termin der Betroffene keinen Einfluss hat, eine nicht zu rechtfertigende Härte darstellen würde, die Gewährung von Leistungen zu versagen. Dies aber ist bei der Antragstellerin der Fall. Sie benötigt zum Abschluss des Studiums lediglich noch die Verteidigung ihrer Diplomarbeit. Auf diesen Zeitpunkt hat sie nach Abgabe der Arbeit Anfang Oktober 2005 keinen Einfluss, zumal die bisher unterbliebene Ansetzung eines Termins offenbar jedenfalls auch auf die Erkrankung von Prüfern zurückzuführen ist. Eine Leistungsversagung würde in diesem Fall nicht nur die Bemühungen der Antragstellerin in den vergangenen Jahren, sondern auch die ihr zugeflossenen Ausbildungsmittel nachträglich unangemessen entwerten.
Aufgrund der besonderen Fallgestaltung geht der Senat weiter davon aus, dass das Ermessen der Antragsgegnerin vorliegend auf Null reduziert ist, so dass der Antragstellerin Leistungen nach dem SGB II als Darlehen – angesichts des eindeutigen Wortlautes aber auch nur als solches – zu gewähren sind.
Soweit die Antragstellerin Leistungen für die Zeit ab dem 01. September bis zum 15. November 2005 begehrt, kommt der Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht in Betracht. Nach § 86b Abs. 2 SGG sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis nur zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Das ist für den genannten Zeitraum jedoch ausgeschlossen. Für den genannten Zeitraum konnte bezogen auf den entscheidenden Zeitpunkt der Antragstellung beim Sozialgericht Berlin am 16. November 2005 kein eiliges Regelungsbedürfnis (mehr) bestehen, weil der Antragstellerin durch die Versagung der Leistungen für die Vergangenheit keine wesentlichen Nachteile mehr entstehen können, die sich durch den Erlass der auf eine zukünftige Regelung gerichteten einstweiligen Anordnung noch abwenden ließen. Denn die Antragstellerin hat in dieser Zeit, für die sie im Wege des Erlasses der einstweiligen Anordnung Leistungen nach dem SGB II begehrt, ihren Lebensunterhalt aus eigenen oder fremden Mitteln gedeckt, so dass sie hierfür auf die begehrten Leistungen zur Grundsicherung nicht mehr angewiesen ist. Für die Wiederherstellung dazu aufgewandten eigenen Vermögens kann die begehrte einstweilige Anordnung nicht ergehen, weil die damit verbundenen Nachteile bereits eingetreten sind und deshalb nicht mehr abgewendet werden können, was Voraussetzung der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nach § 86b SGG ist. Dies gilt gleichermaßen, soweit die Antragstellerin Schulden eingegangen sein sollte. Die der Antragstellerin bis zum Zeitpunkt der Antragstellung beim Sozialgericht entstandenen Nachteile können deshalb nur im Rahmen eines eventuellen Hauptsacheverfahrens beseitigt werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG analog und orientiert sich am Ausgang in der Sache selbst.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Gründe:
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 23. November 2005 ist gemäß §§ 172 Abs. 1 und 173 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässig und in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang auch begründet. Zu Unrecht hat das Sozialgericht Berlin ihren am 16. November 2005 bei Gericht eingegangenen Antrag, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihr ab dem 01. September 2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB II) zu gewähren, vollumfänglich abgelehnt. Die Antragstellerin hat vielmehr einen Anspruch auf darlehensweise Gewährung von Leistungen für die Zeit vom 16. November 2005 bis zum 31. Januar 2006.
Nach § 86b Abs. 2 SGG sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Dies setzt voraus, dass sowohl ein Anordnungsanspruch als auch ein Anordnungsgrund glaubhaft gemacht werden. Dies ist vorliegend nur für die Zeit ab dem 16. November 2005 der Fall.
Die Antragstellerin, die Leistungen zur Sicherung des Existenzminimums begehrt, hat für die Zeit ab dem 16. November 2005 ein Bedürfnis an einer Entscheidung im einstweiligen Rechtsschutzverfahren glaubhaft gemacht. Zwar würden die begehrten Leistungen, wenn sie im Hauptsacheverfahren erstritten werden, rückwirkend gewährt. Während des Hauptsacheverfahrens ist jedoch das Existenzminimum nicht gedeckt. Diese möglicherweise längere Zeit andauernde, erhebliche Beeinträchtigung kann nachträglich nicht mehr ausgeglichen werden. Der elementare Lebensbedarf eines Menschen kann grundsätzlich nur in dem Augenblick befriedigt werden, in dem er entsteht ("Gegenwärtigkeitsprinzip").
Die Antragstellerin hat auch einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Bei der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren gebotenen summarischen Prüfung geht der Senat davon aus, dass ihr im Hauptsacheverfahren voraussichtlich ein Anspruch auf darlehensweise Gewährung von Arbeitslosengeld II für die Zeit vom 16. November 2005 bis zum 31. Januar 2006 gegen die Antragsgegnerin zugesprochen werden wird.
Nach § 7 Abs. 1 SGB II erhalten diejenigen Personen Leistungen nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches, die das 15., nicht aber das 65. Lebensjahr vollendet haben, erwerbsfähig und hilfebedürftig sind sowie ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Hilfebedürftige). Keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes haben nach Absatz 5 Satz 1 der Vorschrift hingegen Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (BAföG) oder der §§ 60 bis 62 des Dritten Buches dem Grunde nach förderungsfähig sind. Dies ist jedoch bei der Antragstellerin, die nicht mehr bei ihren Eltern wohnt und damit offensichtlich nicht die Voraussetzungen des § 7 Abs. 6 SGB II erfüllt, der regelt, auf welche Auszubildende § 7 Abs. 5 SGB II ausnahmsweise keine Anwendung findet, der Fall. Denn ihr Studium "Wirtschaft und Recht" an der Technischen Fachhochschule W ist dem Grunde nach nach dem BAföG förderungsfähig. Die Gewährung entsprechender Leistungen scheitert lediglich an der Überschreitung der Förderungshöchstdauer. Ist aber eine Ausbildung gemäß BAföG dem Grunde nach förderungsfähig, ändert sich an dem SGB II-Leistungsausschluss nicht dadurch etwas, dass sie konkret im Hinblick auf die Ausbildungsbiographie des Antragstellers nicht (mehr) gefördert wird.
Zu Unrecht sind jedoch die Antragsgegnerin sowie das Sozialgericht Berlin davon ausgegangen, dass bei der Antragstellerin kein besonderer Härtefall im Sinne des § 7 Abs. 5 Satz 2 SGB II vorliegt, der es der Antragsgegnerin ermöglicht, der Antragstellerin Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes darlehensweise zu gewähren. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts Berlin unterliegt das Vorliegen einer besonderen Härte als Tatbestandsmerkmal vollumfänglich der gerichtlichen Überprüfung. Diese Prüfung führt vorliegend zum Ergebnis, dass die Antragsgegnerin fehlerhaft davon ausgegangen ist, dass bei der Antragstellerin keine besondere Härte vorliegt. Dabei bedarf es keiner Klärung, ob in Anlehnung an den zum früheren § 26 BSHG herrschenden Streit das Vorliegen einer besonderen Härte nur dann anzunehmen ist, wenn die Folgen des Anspruchsausschlusses über das Maß hinausgehen, das regelmäßig mit der Versagung von Hilfe zum Lebensunterhalt für eine Ausbildung verbunden ist und vom Gesetzgeber so bewusst in Kauf genommen wurde (vgl. BVerwGE 94, 224), oder diesbezüglich stets eine typisierende Betrachtungsweise geboten ist (vgl. Nachweise bei Eicher/Spellbrink, SGB II, Grundsicherung für Arbeitsuchende, § 7 Rn. 47). Denn im Falle der Antragstellerin ist zur Überzeugung des Senats davon auszugehen, dass die Folgen des Anspruchsausschlusses über das damit in aller Regel verbundene Maß hinausgehen. Ebenso liegt bei ihr eine der Fallgruppen vor, in der typischerweise das Vorliegen einer besonderen Härte diskutiert wird. Die Antragstellerin befindet sich in der Examensphase und steht nach jahrelangem Studium unmittelbar vor dessen Abschluss. Das Gericht verkennt nicht, dass die Vorschrift des § 7 Abs. 5 Satz 2 SGB II eng auszulegen ist, weil über die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II nicht eine Ausbildungsförderung auf zweiter Ebene geschaffen werden soll. Auch hat es berücksichtigt, dass die Antragstellerin bereits über eine abgeschlossene Berufsausbildung als Rechtsanwalts- und Notarsgehilfin verfügt und – worauf das Sozialgericht zu Recht hingewiesen hat – das Ende der Ausbildungsförderung nach dem BAföG wegen Überschreitens der Förderungshöchstdauer häufig genau in die Examenszeit fallen wird. Zugleich hatte der Senat jedoch zu beachten, dass in aller Regel nicht nur ein persönliches Interesse des Betroffenen am Abschluss einer einmal angefangenen Ausbildung besteht, es vielmehr auch im allgemeinen Interesse liegt, die Arbeitsmarktintegration aufgrund einer qualifizierten Ausbildung zu fördern. In diesem Spannungsfeld geht er davon aus, dass es jedenfalls in den Fällen, in denen sich ein Student nicht mehr nur in der zeitlich schwer abzugrenzenden Phase der Examensvorbereitung befindet, sondern es zum Abschluss des Examens nur noch einer Prüfung bedarf, auf deren Termin der Betroffene keinen Einfluss hat, eine nicht zu rechtfertigende Härte darstellen würde, die Gewährung von Leistungen zu versagen. Dies aber ist bei der Antragstellerin der Fall. Sie benötigt zum Abschluss des Studiums lediglich noch die Verteidigung ihrer Diplomarbeit. Auf diesen Zeitpunkt hat sie nach Abgabe der Arbeit Anfang Oktober 2005 keinen Einfluss, zumal die bisher unterbliebene Ansetzung eines Termins offenbar jedenfalls auch auf die Erkrankung von Prüfern zurückzuführen ist. Eine Leistungsversagung würde in diesem Fall nicht nur die Bemühungen der Antragstellerin in den vergangenen Jahren, sondern auch die ihr zugeflossenen Ausbildungsmittel nachträglich unangemessen entwerten.
Aufgrund der besonderen Fallgestaltung geht der Senat weiter davon aus, dass das Ermessen der Antragsgegnerin vorliegend auf Null reduziert ist, so dass der Antragstellerin Leistungen nach dem SGB II als Darlehen – angesichts des eindeutigen Wortlautes aber auch nur als solches – zu gewähren sind.
Soweit die Antragstellerin Leistungen für die Zeit ab dem 01. September bis zum 15. November 2005 begehrt, kommt der Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht in Betracht. Nach § 86b Abs. 2 SGG sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis nur zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Das ist für den genannten Zeitraum jedoch ausgeschlossen. Für den genannten Zeitraum konnte bezogen auf den entscheidenden Zeitpunkt der Antragstellung beim Sozialgericht Berlin am 16. November 2005 kein eiliges Regelungsbedürfnis (mehr) bestehen, weil der Antragstellerin durch die Versagung der Leistungen für die Vergangenheit keine wesentlichen Nachteile mehr entstehen können, die sich durch den Erlass der auf eine zukünftige Regelung gerichteten einstweiligen Anordnung noch abwenden ließen. Denn die Antragstellerin hat in dieser Zeit, für die sie im Wege des Erlasses der einstweiligen Anordnung Leistungen nach dem SGB II begehrt, ihren Lebensunterhalt aus eigenen oder fremden Mitteln gedeckt, so dass sie hierfür auf die begehrten Leistungen zur Grundsicherung nicht mehr angewiesen ist. Für die Wiederherstellung dazu aufgewandten eigenen Vermögens kann die begehrte einstweilige Anordnung nicht ergehen, weil die damit verbundenen Nachteile bereits eingetreten sind und deshalb nicht mehr abgewendet werden können, was Voraussetzung der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nach § 86b SGG ist. Dies gilt gleichermaßen, soweit die Antragstellerin Schulden eingegangen sein sollte. Die der Antragstellerin bis zum Zeitpunkt der Antragstellung beim Sozialgericht entstandenen Nachteile können deshalb nur im Rahmen eines eventuellen Hauptsacheverfahrens beseitigt werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG analog und orientiert sich am Ausgang in der Sache selbst.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
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