Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
23
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 38 SO 1408/06 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 23 B 190/06 SO ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 12. Juli 2006 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Antragsteller begehrt im vorliegenden Verfahren die vorläufige Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Gewährung laufender Sozialhilfe. Er ist ungarischer Staatsbürger und hält sich nach eigenen Angaben seit 1995 in Deutschland auf. Er habe Ende 2005 als freiberuflicher Übersetzer gearbeitet und absolviere auf eigenen Wunsch seit dem 01. April 2006 ein Praktikum bei dem Verein p e. V. in B. Sein Überleben bestreite er mit Zuwendungen seiner ehemaligen Lebensgefährtin. Er habe bisher keine Sozialleistungen in Anspruch genommen.
Den Antrag auf Sozialhilfe nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) vom 04. Mai 2006 lehnte die Antragsgegnerin mit Bescheid vom selben Tage ab. Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt könne nur Personen gewährt werden, die voll erwerbsgemindert seien. Über den hiergegen am 06. Juni 2006 erhobenen Widerspruch ist noch nicht entschieden.
Am 28. Juni 2006 beantragte der Antragsteller den Erlass einer einstweiligen Anordnung sowohl gegen die Antragsgegnerin als auch gegen das JobCenter Mitte bei dem Sozialgericht Berlin.
Mit Beschluss vom 12. Juli 2006 hat das Sozialgericht den gegen die Antragsgegnerin gerichteten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt und das Verfahren gegen das JobCenter Mitte abgetrennt: Der Antragsteller sei erwerbsfähig im Sinne des § 8 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II), da ihm die Aufnahme einer Beschäftigung zumindest erlaubt werden könnte. Sein Aufenthaltsrecht ergäbe sich auch nicht lediglich aus dem Zweck der Arbeitsuche (§ 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II). Damit seien Ansprüche auf Leistungen nach dem Dritten Kapitel des Zwölften Buches gemäß § 5 Abs. 2 Satz 1 SGB II ausgeschlossen.
Gegen den ihm am 18. Juli 2006 zugestellten Beschluss hat der Antragsteller am 09. August 2006 Beschwerde eingelegt und gleichzeitig beantragt, das Verfahren bis zum Abschluss des abgetrennten Parallelrechtsstreits gegen das JobCenter (SG Berlin S 94 AS 6528/06 ER) nicht zu betreiben. Das Sozialgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen.
Die Ausländerbehörde Berlin hat auf die Nachfrage des Senats telefonisch mitgeteilt, dass dort ein Datensatz hinsichtlich des Antragstellers nicht vorhanden sei. Der Antragsteller sei eine Woche gemeldet gewesen, von August 2005 bis Februar 2006 sei er wohl "untergetaucht".
Mit Beschluss vom 14. August 2006 hat das Sozialgericht Berlin den gegen das JobCenter Mitte gerichteten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Der Antragsteller sei nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen. Die hiergegen eingelegte Beschwerde ist ebenfalls bei dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg unter dem Aktenzeichen L 18 B 772/06 AS ER anhängig.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Verwaltungsakte der Antragsgegnerin verwiesen. Diese hat dem Senat bei seiner Entscheidung vorgelegen.
II.
Die zulässige Beschwerde des Antragstellers ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat zutreffend entschieden, dass der Antragsteller einen Anordnungsanspruch nicht mit der hohen Wahrscheinlichkeit glaubhaft gemacht hat, die eine Vorwegnahme der Hauptsache rechtfertigen würde (§ 86 b Abs. 2 Satz 1, Satz 4 Sozialgerichtsgesetz SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung ZPO ).
Nach dem gegenwärtigen Sach- und Streitstand steht dem Antragsteller kein Anspruch auf Leistungen nach dem SGB XII zu.
Nach § 21 Abs. 1 Satz 1 SGB XII erhalten Personen, die nach dem Zweiten Buch als Erwerbsfähige oder als Angehörige dem Grunde nach leistungsberechtigt sind, keine Leistungen für den Lebensunterhalt. Dies schließt einen Anspruch des Antragstellers gegen die Antragsgegnerin aus, da er dem Grunde nach leistungsberechtigt nach dem SGB II ist.
Nach § 7 Abs. 1 SGB II erhalten Leistungen nach dem SGB II Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, erwerbsfähig sind, hilfsbedürftig sind und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Hilfebedürftige). Die Erwerbsfähigkeit im Sinne dieser Regelung definiert § 8 SGB II. Danach ist erwerbsfähig, wer nicht wegen Krankheit oder Behinderung auf absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein (Abs. 1). Im Sinne von Abs. 1 können Ausländer nur erwerbstätig sein, wenn ihnen die Aufnahme einer Beschäftigung erlaubt ist oder erlaubt werden könnte (Abs. 2). Letztere Voraussetzung liegt bei dem Antragsteller vor, weshalb er erwerbsfähig im Sinne des § 7 Abs. 1 SGB II ist. Dem Antragsteller könnte eine Tätigkeit erlaubt werden. Dabei kann sich der Antragsteller auch als Ungar auf das Freizügigkeitsrecht aus § 2 Abs. 2 Nr. 1 des Freizügigkeitsgesetzes/EU (FreizügG/EU) berufen, das die Unionsbürgerrichtlinie (Richtlinie 2004/38/EG vom 29. April 2004, ABl. EU Nr. L 158 vom 30. April 2004, Seite 44, berichtigt ABl. EU Nr. L 229 vom 29. Juni 2004, Seite 35) umsetzt. Nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 FreizügG/EU können sich Unionsbürger als Arbeitnehmer in Deutschland aufhalten. Für den Antragsteller als Ungarn und damit als Staatsangehörigen eines Staates, der mit Vertrag vom 16. April 2003 der Europäischen Union beitrat (BGBl. 2003 II Seite 1408), sieht § 13 FreizügG/EU jedoch insoweit eine Sonderregelung vor, als das Gesetz nur Anwendung findet, wenn die Beschäftigung durch die Bundesagentur für Arbeit gemäß § 284 Abs. 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III) genehmigt wurde. Den Angehörigen der Staaten, die der Europäischen Union mit dem vorgenannten Vertrag vom 16. April 2003 beigetreten sind, sind indessen nicht gehindert, ihr prinzipiell unbeschränktes Aufenthaltsrecht als Arbeitsuchende geltend zu machen. Durch die Genehmigungsbedürftigkeit der Beschäftigung ist die Arbeitsuche für sie zwar europarechtlich zulässigerweise erschwert, aber sie ist nicht von vornherein erfolglos, da die Genehmigung erteilt werden kann (vgl. dazu Strick, NJW 2005, Seite 2182, 2186). Unter Berücksichtigung des § 13 FreizügG/EU könnte deshalb eine Beschäftigung im Sinne des § 8 Abs. 2 SGB II Angehörigen der Mitgliedsstaaten der Europäischen Union erlaubt werden, die mit Vertrag vom 16. April 2003 beigetreten sind und deren prinzipiell unbeschränktes Aufenthaltsrecht als Arbeitsuchende lediglich zur Abschottung der Arbeitsmärkte erschwert worden ist. Es kann insoweit dahingestellt bleiben, ob in jedem Fall, in dem einem Nicht EU Ausländer eine Arbeitserlaubnis erteilt werden könnte, vom Vorliegen der Voraussetzungen des § 8 Abs. 2 SGB II ausgegangen werden muss, bzw. ob solche Antragsteller dem rechtlichen Arbeitsmarktzugang (noch) derart fern stehen, dass dieses nicht gerechtfertigt ist (vgl. dazu LSG Berlin Brandenburg, Beschluss vom 13. Dezember 2005, L 25 B 1281/05 AS ER). Jedenfalls für Angehörige der Mitgliedsstaaten der Europäischen Union gilt dieses nicht.
Da der Anragsteller im Übrigen die sozialmedizinischen Voraussetzungen der Erwerbsfähigkeit des § 7 Abs. 1 SGB II erfüllt, ist er grundsätzlich leistungsberechtigt im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II.
Damit ist sein Anspruch auf Leistungen nach dem SGB XII gemäß § 21 SGB XII ausgeschlossen.
Ob der Antragsteller tatsächlich Leistungen nach dem SGB II erhält, ist insoweit unerheblich. Insbesondere kann dahinstehen, ob er nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende ausgenommen ist. Nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II sind von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende u. a. Ausländer ausgenommen, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt. Mit der Neufassung von Satz 2 hat der Gesetzgeber Art. 24 Abs. 2 i. V. m. Art. 14 Abs. 4 lit. b der Richtlinie 2004/38/EG (a. a. O.) umgesetzt (vgl. BT Drs. 16/688, S. 13). Danach ist der Aufnahmemitgliedsstaat nicht verpflichtet, anderen Personen als Arbeitnehmern oder Selbständigen, Personen, denen dieser Status erhalten bleibt, und ihren Familienangehörigen während der ersten drei Monate des Aufenthalts oder ggf. während des längeren Zeitraums nach Art. 14 Abs. 4 lit. b einen Anspruch auf Sozialhilfe zu gewähren. In den Gründen zu der Richtlinie 2004/38/EG heißt es, dass Personen, die ihr Aufenthaltsrecht ausüben, während ihres ersten Aufenthalts die Sozialleistungen des Aufnahmemitgliedsstaates nicht unangemessen in Anspruch nehmen sollen (vgl. Amtsblatt der Europäischen Union vom 30. April 2004, L 158/81, Rdnr. 10). Dem ist zu entnehmen, dass es sich bei § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II nicht etwa um eine Regelung handelt, die die Voraussetzung der – rechtlichen –Erwerbsfähigkeit und damit Anwendbarkeit des SGB II ausschließt, sondern lediglich eine Anspruchsvoraussetzung für einen Anspruch nach dem SGB II darstellt. Ansonsten hätten Personen, die durch diese Regelung von einem Anspruch nach dem SGB II ausgeschlossen sind, regelmäßig einen Anspruch nach dem SGB XII, was der vorgenannten europarechtlichen Intention der Regelung widersprechen würde.
Die Kostenentscheidung folgt aus einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde zum Bundessozialgericht angefochten werden (§ 199 SGG).
Gründe:
I.
Der Antragsteller begehrt im vorliegenden Verfahren die vorläufige Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Gewährung laufender Sozialhilfe. Er ist ungarischer Staatsbürger und hält sich nach eigenen Angaben seit 1995 in Deutschland auf. Er habe Ende 2005 als freiberuflicher Übersetzer gearbeitet und absolviere auf eigenen Wunsch seit dem 01. April 2006 ein Praktikum bei dem Verein p e. V. in B. Sein Überleben bestreite er mit Zuwendungen seiner ehemaligen Lebensgefährtin. Er habe bisher keine Sozialleistungen in Anspruch genommen.
Den Antrag auf Sozialhilfe nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) vom 04. Mai 2006 lehnte die Antragsgegnerin mit Bescheid vom selben Tage ab. Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt könne nur Personen gewährt werden, die voll erwerbsgemindert seien. Über den hiergegen am 06. Juni 2006 erhobenen Widerspruch ist noch nicht entschieden.
Am 28. Juni 2006 beantragte der Antragsteller den Erlass einer einstweiligen Anordnung sowohl gegen die Antragsgegnerin als auch gegen das JobCenter Mitte bei dem Sozialgericht Berlin.
Mit Beschluss vom 12. Juli 2006 hat das Sozialgericht den gegen die Antragsgegnerin gerichteten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt und das Verfahren gegen das JobCenter Mitte abgetrennt: Der Antragsteller sei erwerbsfähig im Sinne des § 8 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II), da ihm die Aufnahme einer Beschäftigung zumindest erlaubt werden könnte. Sein Aufenthaltsrecht ergäbe sich auch nicht lediglich aus dem Zweck der Arbeitsuche (§ 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II). Damit seien Ansprüche auf Leistungen nach dem Dritten Kapitel des Zwölften Buches gemäß § 5 Abs. 2 Satz 1 SGB II ausgeschlossen.
Gegen den ihm am 18. Juli 2006 zugestellten Beschluss hat der Antragsteller am 09. August 2006 Beschwerde eingelegt und gleichzeitig beantragt, das Verfahren bis zum Abschluss des abgetrennten Parallelrechtsstreits gegen das JobCenter (SG Berlin S 94 AS 6528/06 ER) nicht zu betreiben. Das Sozialgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen.
Die Ausländerbehörde Berlin hat auf die Nachfrage des Senats telefonisch mitgeteilt, dass dort ein Datensatz hinsichtlich des Antragstellers nicht vorhanden sei. Der Antragsteller sei eine Woche gemeldet gewesen, von August 2005 bis Februar 2006 sei er wohl "untergetaucht".
Mit Beschluss vom 14. August 2006 hat das Sozialgericht Berlin den gegen das JobCenter Mitte gerichteten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Der Antragsteller sei nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen. Die hiergegen eingelegte Beschwerde ist ebenfalls bei dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg unter dem Aktenzeichen L 18 B 772/06 AS ER anhängig.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Verwaltungsakte der Antragsgegnerin verwiesen. Diese hat dem Senat bei seiner Entscheidung vorgelegen.
II.
Die zulässige Beschwerde des Antragstellers ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat zutreffend entschieden, dass der Antragsteller einen Anordnungsanspruch nicht mit der hohen Wahrscheinlichkeit glaubhaft gemacht hat, die eine Vorwegnahme der Hauptsache rechtfertigen würde (§ 86 b Abs. 2 Satz 1, Satz 4 Sozialgerichtsgesetz SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung ZPO ).
Nach dem gegenwärtigen Sach- und Streitstand steht dem Antragsteller kein Anspruch auf Leistungen nach dem SGB XII zu.
Nach § 21 Abs. 1 Satz 1 SGB XII erhalten Personen, die nach dem Zweiten Buch als Erwerbsfähige oder als Angehörige dem Grunde nach leistungsberechtigt sind, keine Leistungen für den Lebensunterhalt. Dies schließt einen Anspruch des Antragstellers gegen die Antragsgegnerin aus, da er dem Grunde nach leistungsberechtigt nach dem SGB II ist.
Nach § 7 Abs. 1 SGB II erhalten Leistungen nach dem SGB II Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, erwerbsfähig sind, hilfsbedürftig sind und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Hilfebedürftige). Die Erwerbsfähigkeit im Sinne dieser Regelung definiert § 8 SGB II. Danach ist erwerbsfähig, wer nicht wegen Krankheit oder Behinderung auf absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein (Abs. 1). Im Sinne von Abs. 1 können Ausländer nur erwerbstätig sein, wenn ihnen die Aufnahme einer Beschäftigung erlaubt ist oder erlaubt werden könnte (Abs. 2). Letztere Voraussetzung liegt bei dem Antragsteller vor, weshalb er erwerbsfähig im Sinne des § 7 Abs. 1 SGB II ist. Dem Antragsteller könnte eine Tätigkeit erlaubt werden. Dabei kann sich der Antragsteller auch als Ungar auf das Freizügigkeitsrecht aus § 2 Abs. 2 Nr. 1 des Freizügigkeitsgesetzes/EU (FreizügG/EU) berufen, das die Unionsbürgerrichtlinie (Richtlinie 2004/38/EG vom 29. April 2004, ABl. EU Nr. L 158 vom 30. April 2004, Seite 44, berichtigt ABl. EU Nr. L 229 vom 29. Juni 2004, Seite 35) umsetzt. Nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 FreizügG/EU können sich Unionsbürger als Arbeitnehmer in Deutschland aufhalten. Für den Antragsteller als Ungarn und damit als Staatsangehörigen eines Staates, der mit Vertrag vom 16. April 2003 der Europäischen Union beitrat (BGBl. 2003 II Seite 1408), sieht § 13 FreizügG/EU jedoch insoweit eine Sonderregelung vor, als das Gesetz nur Anwendung findet, wenn die Beschäftigung durch die Bundesagentur für Arbeit gemäß § 284 Abs. 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III) genehmigt wurde. Den Angehörigen der Staaten, die der Europäischen Union mit dem vorgenannten Vertrag vom 16. April 2003 beigetreten sind, sind indessen nicht gehindert, ihr prinzipiell unbeschränktes Aufenthaltsrecht als Arbeitsuchende geltend zu machen. Durch die Genehmigungsbedürftigkeit der Beschäftigung ist die Arbeitsuche für sie zwar europarechtlich zulässigerweise erschwert, aber sie ist nicht von vornherein erfolglos, da die Genehmigung erteilt werden kann (vgl. dazu Strick, NJW 2005, Seite 2182, 2186). Unter Berücksichtigung des § 13 FreizügG/EU könnte deshalb eine Beschäftigung im Sinne des § 8 Abs. 2 SGB II Angehörigen der Mitgliedsstaaten der Europäischen Union erlaubt werden, die mit Vertrag vom 16. April 2003 beigetreten sind und deren prinzipiell unbeschränktes Aufenthaltsrecht als Arbeitsuchende lediglich zur Abschottung der Arbeitsmärkte erschwert worden ist. Es kann insoweit dahingestellt bleiben, ob in jedem Fall, in dem einem Nicht EU Ausländer eine Arbeitserlaubnis erteilt werden könnte, vom Vorliegen der Voraussetzungen des § 8 Abs. 2 SGB II ausgegangen werden muss, bzw. ob solche Antragsteller dem rechtlichen Arbeitsmarktzugang (noch) derart fern stehen, dass dieses nicht gerechtfertigt ist (vgl. dazu LSG Berlin Brandenburg, Beschluss vom 13. Dezember 2005, L 25 B 1281/05 AS ER). Jedenfalls für Angehörige der Mitgliedsstaaten der Europäischen Union gilt dieses nicht.
Da der Anragsteller im Übrigen die sozialmedizinischen Voraussetzungen der Erwerbsfähigkeit des § 7 Abs. 1 SGB II erfüllt, ist er grundsätzlich leistungsberechtigt im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II.
Damit ist sein Anspruch auf Leistungen nach dem SGB XII gemäß § 21 SGB XII ausgeschlossen.
Ob der Antragsteller tatsächlich Leistungen nach dem SGB II erhält, ist insoweit unerheblich. Insbesondere kann dahinstehen, ob er nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende ausgenommen ist. Nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II sind von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende u. a. Ausländer ausgenommen, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt. Mit der Neufassung von Satz 2 hat der Gesetzgeber Art. 24 Abs. 2 i. V. m. Art. 14 Abs. 4 lit. b der Richtlinie 2004/38/EG (a. a. O.) umgesetzt (vgl. BT Drs. 16/688, S. 13). Danach ist der Aufnahmemitgliedsstaat nicht verpflichtet, anderen Personen als Arbeitnehmern oder Selbständigen, Personen, denen dieser Status erhalten bleibt, und ihren Familienangehörigen während der ersten drei Monate des Aufenthalts oder ggf. während des längeren Zeitraums nach Art. 14 Abs. 4 lit. b einen Anspruch auf Sozialhilfe zu gewähren. In den Gründen zu der Richtlinie 2004/38/EG heißt es, dass Personen, die ihr Aufenthaltsrecht ausüben, während ihres ersten Aufenthalts die Sozialleistungen des Aufnahmemitgliedsstaates nicht unangemessen in Anspruch nehmen sollen (vgl. Amtsblatt der Europäischen Union vom 30. April 2004, L 158/81, Rdnr. 10). Dem ist zu entnehmen, dass es sich bei § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II nicht etwa um eine Regelung handelt, die die Voraussetzung der – rechtlichen –Erwerbsfähigkeit und damit Anwendbarkeit des SGB II ausschließt, sondern lediglich eine Anspruchsvoraussetzung für einen Anspruch nach dem SGB II darstellt. Ansonsten hätten Personen, die durch diese Regelung von einem Anspruch nach dem SGB II ausgeschlossen sind, regelmäßig einen Anspruch nach dem SGB XII, was der vorgenannten europarechtlichen Intention der Regelung widersprechen würde.
Die Kostenentscheidung folgt aus einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde zum Bundessozialgericht angefochten werden (§ 199 SGG).
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