L 20 B 439/04 R ER

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
20
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 14 RJ 709/03 ER
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 20 B 439/04 R ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Nürnberg vom 09.07.2004 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten um Rentenleistungen wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, hilfsweise um Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben.

Der 1956 geborene Kläger hat nach seinen Angaben eine Lehre zum Konditor absolviert (Prüfung 1975) und eine Fortbildung zum Bäckermeister (1985). Er war in diesem Berufsbereich versicherungspflichtig beschäftigt bis November 1999.

Im Verfahren vor dem Sozialgericht Nürnberg - SG - (Az: S 12 RJ 109/03) wegen Rentengewährung schlossen die Beteiligten am 07.08.2003 folgenden Vergleich: 1. Der Vertreter der Beklagten erklärt sich bereit, erneut über den Antrag auf Erwerbsminderungsrente/Berufsunfähigkeitsrente ab Antragstellung 07.02.2002 zu entscheiden, falls die Berufsförderungsmaßnahme (= Leistungen zur Teilhabe) scheitern sollte. 2. Die Beklagte trägt ein Drittel der außergerichtlichen Kosten des Hauptsacheverfahrens. 3. Die Beteiligten sind sich darüber einig, dass damit der Rechtsstreit in vollem Umfang erledigt ist.

Mit dem am 12.11.2003 beim SG eingegangenen Schriftsatz machte der Kläger im Wege des Eilantrages folgendes geltend: Er könne nicht durch das Arbeitsamt vermittelt werden. Das Arbeitslosengeld laufe am 25.12.2003 aus; er werde nicht zulassen, dass er Sozialhilfe bekomme. Er sei einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt. Von der Antragsgegnerin (Ag) seien keine Leistungen erbracht worden. Diese habe vielmehr ihre Mitwirkung verweigert. Es seien Zusagen für Umschulungen gemacht worden, zuletzt bez. der Umschulung zum Fahrlehrer, Müllereitechniker oder Lebensmitteltechniker. Er habe seine Mitwirkung erbracht und auf die Kosten geachtet. Seitens des Versicherten wurden folgende Anträge gestellt: Antrag auf Aufhebung des Verwaltungsaktes, Widerrruf eines rechtmäßigen Verwaltungsaktes, Recht auf Anhörung, Aufhebung eines Verwaltungsaktes bei Änderung der Verhältnisse, vorläufiger Rechtsschutz und Untätigkeitsklage, gegen die LVA B ...

Die Ag hat beantragt, den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zurückzuweisen. Sie hat vorgetragen, seit dem am 07.08.2003 geschlossenen Vergleich sei erneut versucht worden, den Antragssteller (Ast) zur Teilnahme an einem Beratungsgespräch zu veranlassen. Die Folgen einer fehlenden Mitwirkung seien ihm bekannt. Den für den 06.10.2003 festgesetzten Beratungstermin habe er unentschuldigt nicht wahrgenommen. Es sei insgesamt nicht erkennbar, was der Ast mit seinem Eilantrag bezwecke, da die Verzögerung des Verfahrens wie bis dahin auf seinem Verhalten beruhe. Die vom Ast geäußerten Berufswünsche gingen in die unterschiedlichsten Richtungen und wechselten in regelmäßigen Abständen. Ein Abschluss des Berufsförderungsverfahrens und dann auch die Fortsetzung der Rentenangelegenheit sei weiterhin nicht absehbar.

Mit Beschluss vom 09.07.2004 hat das SG den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgewiesen. Eine einstweilige Anordnung könne unter den Voraussetzungen des § 86b Abs 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG - ergehen. Danach müsse die Gefahr bestehen, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Ast vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (§ 86b Abs 2 Satz 1 SGG); einstweilige Anordnungen könnten auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig sein, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheine, § 86b Abs 2 Satz 2 SGG. Diese Voraussetzungen seien im Falle des Ast nicht gegeben; es sei keine Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis erforderlich, um wesentliche Nachteile abzuwenden. Eine summarische Überprüfung habe ergeben, dass der Ast schon keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht habe. Die Ag habe sich aufgrund des am 07.08.2003 vor dem SG Nürnberg geschlossenen Vergleichs lediglich dazu bereit erklärt und verpflichtet, erneut über den Antrag auf Erwerbsminderungsrente/ Berufsunfähigkeitsrente aufgrund des Antrags vom 07.02.2002 zu entscheiden, falls die Berufsförderungsmaßnahme (Leistungen zur Teilhabe) scheitern sollte; dies bedeute, dass sich die Ag bei einem Scheitern der Berufsförderungsmaßnahme nicht verpflichtet habe, anschließend Erwerbsminderungsrente zu zahlen, sondern lediglich erneut über den Rentenantrag zu entscheiden. Eine Verpflichtung der Ag zur Rentengewährung bei Einstellung des Arbeitslosengeldes sei ebenfalls nicht begründet worden. Darüber hinaus habe der Ast auch keinen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Die Ablehnung der Rentenzahlung sei grundsätzlich nicht geeignet, vollendete Tatsachen zu schaffen, die sich nachträglich nicht mehr rückgängig machen ließen. Der Lebensbedarf des Ast sei nicht gefährdet, denn er konnte durch Beantragung von Arbeitslosenhilfe (Alhi) gesichert werden. Im Übrigen dürfe der Erlass des im Hauptsacheverfahren beantragten Verwaltungsaktes nicht im Wege einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel einer endgültigen Entscheidung vorweg genommen werden. Die Abwägung zwischen den Belangen der Versichertengemeinschaft und den Interessen des Ast habe ergeben, dass die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes nicht zur Abwendung drohender Nachteile erforderlich sei.

Mit Schriftsatz vom 02.08.2004, beim Bayer.Landessozialgericht eingegangen am 05.08.2004, erhob der Ast sofortige Beschwerde gegen den Beschluss des SG vom 31.07.2004 (= Tag der Zustellung des Beschlusses vom 09.07.2004 an ihn). Einen konkret sachbezogenen Beschwerdeantrag hat der Ast nicht gestellt. Er hat ausgeführt, seit Oktober 2002 sei die LVA für ihn zuständig, nicht das Arbeitsamt. Eine Nahtlosigkeitsregelung habe zu keiner Zeit vorgelegen. Bei dem Vergleich vor dem SG sei keine Feststellung getroffen worden, wer was wann zu zahlen habe. Sein Gesundheitszustand habe sich nachweislich verschlechtert. Das Arbeitsamt könne ihn nicht mehr vermitteln und keiner stelle ihn mehr ein, da er schwerbehindert sei und die LVA für ihn zuständig sei. Der Vorwurf der fehlenden Kooperation ihm gegenüber sei aus der Luft gegriffen. Die LVA sei mit Leistungszahlung seit Oktober 2002 für ihn zuständig, kein Arbeitsamt oder eine andere Behörde.

Das SG hat der Beschwerde nicht abgeholfen und diese dem BayLSG zur Entscheidung vorgelegt.

Dem Senat haben die Verwaltungsakten der Beklagten (mehrere Bände, z.T. in Fotokopien) und die Prozessakten des SG Nürnberg vorgelegen. Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde des Klägers ist form- und fristgerecht eingelegt und auch im Übrigen zulässig, §§ 172, 173 SGG.

Das Rechtsmittel des Ast erweist sich als nicht begründet. Das SG hat zutreffend entschieden, dass die Ag nicht im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten ist, Leistungen an den Ast, aus Rentenanspruch oder wegen berufsfördernder Maßnahme (= Teilhabe am Arbeitsleben), zu erbringen. Es hat ebenso zutreffend herausgestellt, dass die Voraussetzungen des § 86b Abs 2 SGG nicht vorliegen, weil der Ast weder einen Anordnungsanspruch noch einen Anordnungsgrund auch nur glaubhaft gemacht hat. Es hat darauf hingewiesen, dass die Ablehnung der Rentenzahlung grundsätzlich nicht geeignet ist, vollendete Tatsachen zu schaffen, die sich nachträglich nicht mehr rückgängig machen ließen. Der Lebensbedarf des Ast konnte und kann auch auf andere Weise, nämlich durch Leistungen der Arbeitsverwaltung oder der Sozialhilfe (auch nach damaliger Rechtslage) gesichert werden. Im Übrigen hat der Ast auch mit seinem Beschwerdeschriftsatz nicht deutlich gemacht, welche konkrete Leistung er ab wann begehrt. Er hat allgemeine Ausführungen gemacht, welcher Leistungsträger für ihn nach seiner Meinung zuständig ist und seine Unzufriedenheit mit der Sachbearbeitung durch die LVA geäußert. Der Senat weist die Beschwerde des Ast aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück und sieht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab, § 153 Abs 2 SGG analog.

Dieser Beschluss ergeht kostenfrei und ist nicht anfechtbar, § 177 SGG.
Rechtskraft
Aus
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