L 19 B 453/06 AS ER

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
19
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 93 AS 3427/06 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 19 B 453/06 AS ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 26. Mai 2006 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I. Der Antragsteller wendet sich im einstweiligen Anordnungsverfahren gegen eine Absenkung des Arbeitslosengeldes II.

Der Antragsgegner bewilligte ihm mit Bescheid vom 03. März 2006 Leistungen für den Zeit-raum vom 01. Februar bis 31. Juli 2006 in Höhe von monatlich 657,30 Euro (345,- Euro Regelleistung und 312,30 Euro Kosten der Unterkunft).

Am 04. November 2005 unterbreitete der Antragsgegner dem Antragsteller einen Vermitt-lungsvorschlag für eine bis zum 30. Mai 2006 befristete Tätigkeit als Altenbetreuer in Teilzeit (30 Stunden) bei der L gGmbH zu einem Stundenlohn zu 1,50 Euro. Ein Beschäftigungsverhältnis kam nicht zustande. Der Antragsteller gab dazu an, er habe sich vorgestellt, sei aber nicht eingestellt worden, weil er einen Stundenlohn von 14,- Euro und Vollzeitbeschäftigung gefordert habe. Mit Bescheid vom 17. März 2006 entschied der Antragsgegner, dass der dem Antragsteller zustehende Anteil des Arbeitslosengeldes II für die Zeit vom 01. April bis 30. Juni 2006 um 30 % der Regelleistung, d. h. um 104,- Euro monatlich abgesenkt werde. Zur Begründung der Entscheidung wurde ausgeführt, der Antragsteller habe trotz Belehrung über die Rechtsfolgen mit unrealistischen Gehaltsforderungen das Zustandekommen eines Arbeits-vertrages bei der Firma L verhindert. Rechtsgrundlage für die Entscheidung sei § 31 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zweites Buch - SGB II -. Den dagegen gerichteten Widerspruch, mit dem der Antragsteller geltend machte, er habe die Tätigkeit auch wegen einer unmittelbar bevorstehen-den Fortbildung nicht angetreten, wies die Rechtsbehelfsstelle des Antragsgegners mit Wider-spruchsbescheid vom 10. April 2006 zurück.

Vom Sozialgericht ist ein dort am 18. April 2006 eingegangener und mit den Worten "sofortige Klage" überschriebener Schriftsatz des Antragstellers als einstweiliges Anordnungsverfahren registriert worden. Die Anfrage des Gerichts, ob das Verfahren als Klage und/oder als Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung geführt werden solle, ist vom Antragsteller nicht beantwortet worden. Er hat geltend gemacht, er habe vom 21. November 2005 bis 17. Februar 2006 erfolgreich an einer Qualifizierungsmaßnahme zur Sicherheitsfachkraft teilgenommen. In der Sicherheitsbranche könne realistischer Weise ein Stundenlohn von 14,- Euro erzielt wer-den, weshalb er die Qualifizierungsmaßnahme der gering entlohnten Beschäftigung vorgezo-gen habe. Zudem sei er ab dem 14. November 2005 mit der Beschaffung von Unterlagen für die bevorstehende Qualifizierungsmaßnahme beschäftigt gewesen.

Mit Beschluss vom 26. Mai 2006 hat das Sozialgericht den Antrag abgelehnt und zur Begrün-dung der Entscheidung ausgeführt, die Anordnung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 86 b Abs. 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG - komme bereits deshalb nicht in Betracht, weil keine ernsthaften Zweifel an der Rechtsmäßigkeit des Sanktionsbescheides bestünden. Es könne des-halb offen bleiben, ob der Antragsteller den Widerspruchsbescheid vom 10. April 2006 nicht nur mit einem Eilantrag, sondern auch einer Klage angefochten habe.

Gegen den ihm am 02. Juni 2006 zugestellten Beschluss wendet sich der Antragsteller mit der am 06. Juni 2006 eingegangenen Beschwerde. Er macht weiterhin geltend, er habe die fraglich Tätigkeit wegen der bevorstehenden Fortbildung und der in diesem Zusammenhang erforderli-chen Vorbereitungen (Einholung eines polizeilichen Führungszeugnisses etc.) nicht angetreten.

II.

Die Beschwerde ist zulässig, aber nicht begründet.

Der einstweilige Rechtsschutz richtet sich im vorliegenden Verfahren nach § 86 b Abs. 1 Nr. 2 SGG, da eine bereits bewilligte Leistung durch Verwaltungsakt entzogen wurde, so dass die - alleinige - Anfechtungsklage in der Hauptsache die richtige Klageart wäre.

Wie bereits das Sozialgericht im erstinstanzlichen Verfahren, lässt es der Senat auch im Beschwerdeverfahren offen, ob überhaupt die Voraussetzungen für die Durchführung des auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung gerichteten Verfahrens vorliegen. Dazu zählt nämlich auch, dass der angefochtene Verwaltungsakt noch nicht bestandskräftig geworden sein darf. Es muss Widerspruch eingelegt oder (nach Erlass eines Widerspruchsbescheides) Anfechtungs-klage erhoben worden sein (vgl. Meyer-Ladewig, Sozialgerichtsgesetz 8. Auflage § 86 b Rdnr. 7). Ob diese Voraussetzung erfüllt ist, kann nicht abschließend geklärt werden, denn der Antragsteller hat eine dahingehende Anfrage nicht beantwortet und auch aus seinem Beschwerdevorbringen lassen sich diesbezüglich keine Anhaltspunkte entnehmen.

Die Beschwerde ist jedoch bereits deshalb nicht begründet, weil bei einer summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage nicht davon ausgegangen werden kann, dass der Antragsteller in einem Hauptsacheverfahren mit seinen Einwendungen gegen den Absenkungsbescheid wird durchdringen können. Im einstweiligen Rechtsschutzverfahren lässt sich das Gericht bei der Frage, ob es die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Anfechtungsklage anordnet, regelmäßig von einer allgemeinen Interessenabwägung leiten, bei der das Aussetzungsinteresse des Betroffenen einerseits sowie die Erfolgsaussichten in der Hauptsache andererseits berücksichtigt werden.

Bei der in einem Eilverfahren regelmäßig nur möglichen summarischen Prüfung ist die Absenkung der Leistungshöhe, die ihre Rechtsgrundlage in § 31 Abs. 1 Nr.1 Buchstabe d. SGB II findet, nicht zu beanstanden. Dem Antragsteller wurde mit Schreiben vom 04. November 2005 eine ab 14. November 2005 zu besetzende Arbeitsstelle angeboten. Anhaltspunkte dafür, dass es sich dabei um eine nicht zumutbare Tätigkeit (vgl. zur Zumutbarkeit § 10 SGB II) gehandelt haben könnte, sind nicht ersichtlich. Dagegen spricht auch nicht die geringe Vergütung, denn es handelt sich dabei nach Lage der Akten offensichtlich um eine zusätzliche, im öffentlichen Interesse liegende Arbeit im Sinne von § 16 Abs. 3 Satz 2 SGB II (Ein-Euro-Job), bei der kein Arbeitsentgelt, sondern lediglich eine angemessene Mehraufwandsentschädigung neben Leistungen nach dem SGB II gezahlt wird. Die Einwendung des Antragstellers, er habe die Tätig-keit wegen der unmittelbar bevorstehenden Qualifizierungsmaßnahme abgelehnt, ist nicht überzeugend. Nach Lage der Verwaltungsakten begehrte der Antragsteller erstmals am 10. November 2005 einen Bildungsgutschein, der ihm am 28. November 2005 für eine bereits am 21. November 2005 begonnene Maßnahme, an der er vom 29. November 2005 an teilnahm, ausgehändigt wurde. Bereits am 06. November 2005 hatte der Antragsteller jedoch erklärt, er sei wegen der von ihm geforderten 14,- Euro Stundenlohn sowie Vollzeitbeschäftigung nicht eingestellt worden. Aufgrund des geschilderten zeitlichen Ablaufs kann mithin die Arbeitsablehnung in keinem Zusammenhang mit der kurze Zeit später begonnenen Bildungsmaßnahme gestanden haben. Dafür spricht auch, dass der Antragsteller in der Erklärung über das Nichtzustandekommen eines Beschäftigungsverhältnisses ebenfalls als alleinigen Grund angab, er habe die geforderten 14,- Euro Stundenlohn nicht erhalten.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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