L 1 KR 68/04 NZB

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 73 KR 605/03
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 1 KR 68/04 NZB
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Nichtzulassungsbeschwerde wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Beklagte gewährte dem Kläger im Anschluss an Arbeitslosenhilfe vom 14. Oktober 1998 bis 25. Januar 1999 Krankengeld. Für den Monat Dezember 1998 berechnete sie Krankengeld entsprechend den Vorschriften des § 47 Abs. 1 Sätze 6 und 7 Sozialgesetzbuch (SGB) V (nur) für 30 Tage. Danach wird das Krankengeld für Kalendertage gezahlt; ist es aber für einen ganzen Kalendermonat zu zahlen, ist dieser mit 30 Tagen anzusetzen. Im Übrigen gewährte sie das Krankengeld gemäß § 47 b Abs. 1 SGB V in Höhe des Betrages der Arbeitslosenhilfe, den der Kläger zuletzt bezogen hatte.

Dem gegenüber beanspruchte der Kläger im Überprüfungsverfahren die Anwendung der Leistungsvorschriften des Arbeitsförderungsrechts auch hinsichtlich der bei der Leistung zu berücksichtigenden Kalendertage. Danach stehe ihm für den Monat Dezember 1998 Krankengeld für 31 Tage zu, mithin ein Mehrbetrag von 56,40 DM. Die Beklagte erteilte einen ab-schlägigen Bescheid. Widerspruch und Klage blieben erfolglos. Das Sozialgericht Berlin ließ in seinem Urteil vom 5. April 2004 die – nach § 144 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulassungsbedürftige – Berufung nicht zu. Die vom Kläger aufgeworfenen verfassungsrecht-lichen Fragen seien nicht geeignet, der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung beizumessen.

Mit der Nichtzulassungsbeschwerde macht der Kläger geltend, das Sozialgericht habe das ins Verfahren eingeführte Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 14. Septem-ber 1999 – L 5 KR 62/99 – verfahrensfehlerhaft nicht gewürdigt. Das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen sei in diesem Urteil bei dem hier zugrunde liegenden Sachverhalt ver-gleichbarer Fallgestaltung zu der Auffassung gelangt, dass für alle Kalendertage des Monats Krankengeld zu zahlen sei. Im Übrigen habe der Gesetzgeber die gerügte Ungleichbehandlung durch die zum 1. Januar 2005 in Kraft gesetzte Neuregelung in § 134 SGB III beseitigt. Danach sei für die Zahlung von Arbeitslosengeld der volle Kalendermonat nun ebenfalls (stets nur) mit 30 Kalendertagen anzusetzen.

II.

Die Nichtzulassungsbeschwerde nach § 145 SGG ist unbegründet.

Es liegt keiner der Zulassungsgründe des § 144 Abs. 2 SGG vor.

Insbesondere lässt sich kein Verfahrensmangel feststellen, auf dem die Entscheidung des Sozialgerichts beruhen kann (§ 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG). Zwar kann ein Verfahrensmangel auch in Mängeln der Entscheidungsgründe bestehen. Solche liegen jedoch nicht vor. Insbesondere fehlt es den Entscheidungsgründen nicht deshalb an einem unverzichtbaren Mindestinhalt, weil das Sozialgericht das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 14. September 1999 nicht ausdrücklich "gewürdigt" hat. Der Senat hat keine Zweifel, dass das Sozialgericht sich gerade im Hinblick auf das vorgenannte Urteil unter Berücksichtigung maßgeblicher Literatur mit den einfachgesetzlichen und verfassungsrechtlichen Fragen des Falles so eingehend auseinandergesetzt hat, wie es das getan hat. Auf eine ausdrückliche Erwähnung des eine andere Rechtsmeinung vertretenden obergerichtlichen Urteils kommt es dabei nicht an.

Es liegt auch kein Fall der Divergenz im Sinne des § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG vor. Um einen solchen Fall handelt es sich zwar auch, wenn das Urteil des Sozialgerichts von einer Ent-scheidung des Landessozialgerichts abweicht. Das ist hier jedoch nicht der Fall. Mit einer Entscheidung "des Landessozialgerichts" ist lediglich eine solche des Berufungsgerichts gemeint (vgl. Meyer-Ladewig in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer SGG 8. Auflage 2005 § 144 Rz 30). Eine divergierende Entscheidung des Landessozialgerichts Berlin als Berufungsgericht ist jedoch nicht ersichtlich.

Schließlich hat die Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG. Eine grundsätzliche Bedeutung kann zwar auch bei einer Abweichung von einer Entscheidung eines anderen Landessozialgerichts (als des Berufungsgerichts) gegeben sein. Das gilt aber nicht, wenn die Rechtssache außer Kraft gesetztes Recht betrifft bzw. sich die maßgebliche Rechtsfrage wegen einer Änderung der Rechtslage gegenwärtig nicht mehr stellt (vgl. Meyer-Ladewig a.a.O. § 160 Rz 7 b, § 160 a Rz 19 b). So liegt es hier. Vom 1. Januar 2005 an gibt es die Entgeltersatzleistung der Arbeitslosenhilfe nicht mehr. Von diesem Zeitpunkt an werden auch Kalendermonate mit 31 Tagen bei der Leistungsbemessung im

Arbeitsförderungsrecht einerseits und im Krankenversicherungsrecht andererseits nicht mehr unterschiedlich berücksichtigt, sodass sich insbesondere verfassungsrechtliche Fragen insoweit nicht mehr stellen. Die Klärung von Rechtsfragen abgelaufenen Rechts liegt aber nicht im allgemeinen Interesse. Sie ist weder geeignet, die Rechtseinheit zu erhalten noch die Weiter-entwicklung des Rechts zu fördern. Sie dient lediglich einem Individualinteresse, dass eine grundsätzliche Bedeutung nicht zu begründen vermag (vgl. Meyer-Ladewig a.a.O. § 144 Rz 28).

Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 SGG.

Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
Saved