Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 12 KR 116/05
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 5 KR 31/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 12 KR 6/06 BH
Datum
Kategorie
Beschluss
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 11.01.2006 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
I.
Streitgegenstand ist die Befreiung von der Krankenversicherung der Rentner, hilfsweise die gesetzliche Krankenversicherung in Österreich. Der 1940 geborene Kläger, der Altersrente ausschließlich von der deutschen Rentenversicherung bezieht, ist seit 01.05.2003 pflichtversichertes Mitglied der Beklagten gemäß § 5 Abs.1 Nr.11 Sozialgesetzbuch (SGB) V und § 20 Abs.1 Nr.11 SGB XI. Seit 01.02.2004 hat er seinen Wohnsitz in Österreich. Mit der Begründung, ständige Beitragserhöhungen nicht dulden und das Risiko von Krankheit selbst tragen zu wollen, beantragte der Kläger am 23.06.2004 den Austritt aus Kranken- und Pflegeversicherung. Dies lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 07.09.2004 ab. Ein Austritt sei nicht möglich, lediglich ein Wechsel zu einer anderen Krankenkasse in Deutschland. Den Widerspruch wies sie am 20.10.2004 zurück. Dagegen hat der Kläger am 08.11.2004 Klage erhoben und die Entlassung aus der Mitgliedschaft bei den Beklagten beantragt, hilfsweise einen Zuschuss zu seinen Krankenversicherungs- und Pflegeversicherungsbeiträgen bzw. deren Senkung. U.a. hat er geltend gemacht, zum Zeitpunkt des Rentenbeginns sei der Beitrag noch von der Rentenversicherung zur Hälfte getragen worden, die ständigen Beitragserhöhungen und Zuzahlungen überforderten ihn. Noch vor zehn Jahren seien die Rentner beitragsfrei gewesen. Im Übrigen müsse er in Österreich das Meiste selbst bezahlen. Das Sozialgericht Augsburg hat die Klage am 11.01.2006 abgewiesen. Der Kläger habe kein Austrittsrecht, da sein Befreiungsantrag bei den Beklagten nicht rechtzeitig eingegangen sei. Die Zwangsversicherung stelle keinen Verstoß gegen Grundgesetz oder Europarecht dar, da der Beitragsverpflichtung eine Gegenleistung als Versicherter wie ein österreichischer Rentner in Österreich und mit Leistungsansprüchen in Deutschland gegenüberstehe. Über eine Beitragsreduzierung werde mangels Zulässigkeit des Antrags nicht entschieden. Gegen das am 27.01.2006 zugestellte Urteil hat der Kläger am 06.02.2006 Berufung eingelegt. Die Beklagte lasse ihn auf Kosten sitzen, die sie bei seinem Wohnsitz in Deutschland erstatten müsste. Die laufenden Rentenkürzungen seien unzulässig und Ausdruck einer ungerechten Lastenverteilung von Arbeitgebern auf Rentner, von Kranken auf Gesunde. Er halte eine Nachbesserung der Gesetze auf EU-Ebene für geboten, um zu verhindern, dass er trotz überhöhter Beiträge in Deutschland in Österreich das Meiste selbst bezahlen müsse. Er wäre lieber in Österreich versichert bzw. wolle eine Beitragsreduzierung, weswegen er bereits bei der Beklagten einen Bescheid beantragt habe.
Der Kläger beantragt, unter Abänderung des Urteiles des Sozialgerichts Augsburg vom 11.01.2006 die Beklagte zu verurteilen, ihn rückwirkend aus der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung zu entlassen, hilfsweise, ihn direkt in Österreich bei der gesetzlichen Krankenkasse zu versichern, hilfsweise, den Beitrag auf das österreichische Beitragsniveau abzusenken und die Streitsache gegebenenfalls dem Bundesverfassungsgericht und dem Europäischen Gerichtshof vorzulegen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 11.01.2006 zurückzuweisen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Beklagtenakten, der Akten des Sozialgerichts Augsburg sowie der Berufungsakten Bezug genommen.
II.
Über die beantragte Beitragsreduzierung kann mangels Rechtsschutzbedürfnisses nicht entschieden werden, nachdem das deswegen anhängige Verwaltungsverfahren noch nicht abgeschlossen ist. Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist im oben genannten Haupt- und Hilfsantrag zulässig, erweist sich aber als unbegründet. Das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 11.01.2006 ist ebensowenig zu beanstanden wie der Bescheid der Beklagten vom 07.09.2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 20.10.2004. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Befreiung von der Krankenversicherung und Pflegeversicherung, er hat auch kein Wahlrecht zwischen österreichischer und deutscher Krankenversicherungspflicht. Zutreffend hat das Sozialgericht die mögliche Anspruchsgrundlage für eine Befreiung von der Kranken- und Pflegeversicherungspflicht dargestellt und deren Voraussetzungen verneint. Insoweit wird von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen (§ 153 Abs.2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -). Ergänzend ist anzumerken, dass insbesondere der Aufenthalt in Österreich kein Recht auf Befreiung von der Versicherungspflicht begründet. Die in Art.3 der EWG-Verordnung 1408/71 enthaltene Gebietsgleichstellung dient letztlich dem Schutz des Klägers und vermittelt ihm Leistungsansprüche. Ob diese beitragsadäquat sind, wird im Leistungsfall zu entscheiden sein. Jedenfalls kann an der Krankenversicherungspflicht als Rentner nicht gezweifelt werden. Wie das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden hat, liegt es grundsätzlich in der weiten sozialpolitischen Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers, den Mitgliederkreis der gesetzlichen Krankenversicherung einerseits danach abzugrenzen, welcher Personenkreis zur Bildung einer leistungsfähigen Solidargemeinschaft erforderlich ist und andererseits danach, welche Personen deren Schutz benötigen. Da die zur Finanzierung eines sozialen Ausgleichs erforderlichen Mittel ersichtlich nicht allein von den typischerweise Begünstigten des Ausgleichs aufgebracht werden können, kann der Gesetzgeber den Mitgliederkreis von Pflichtversicherungen so abgrenzen, wie es für die Begründung und den Erhalt einer leistungsfähigen Solidargemeinschaft erforderlich ist (Beschluss vom 18.07.2005 in SozR 4-2500 § 266 Nr.8 mit weiteren Nachweisen). Der Hilfsantrag des Klägers, in Österreich pflichtversichert zu werden, ist zunächst an die falsche Beklagte gerichtet. Den Beklagten steht kein Recht zu, Mitgliedschaften in Österreich zu gestalten. Darüber hinaus knüpft die Krankenversicherung eines Rentners grundsätzlich an den Bezug einer Rente an. Der Kläger bezieht in Österreich hingegen keine Rente. Für diesen Fall regeln die Art.28 und 33 der Verordnung Nr.1408/71, dass der Staat, in dem Rentenversicherungspflicht und ein Leistungsanspruch begründet werden, die Kosten der Sachleistungen trägt und im Gegenzug Beiträge von der von ihm geschuldeten Rente einbehalten darf.
Aus diesen Gründen war die Berufung als unbegründet zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht ersichtlich.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
I.
Streitgegenstand ist die Befreiung von der Krankenversicherung der Rentner, hilfsweise die gesetzliche Krankenversicherung in Österreich. Der 1940 geborene Kläger, der Altersrente ausschließlich von der deutschen Rentenversicherung bezieht, ist seit 01.05.2003 pflichtversichertes Mitglied der Beklagten gemäß § 5 Abs.1 Nr.11 Sozialgesetzbuch (SGB) V und § 20 Abs.1 Nr.11 SGB XI. Seit 01.02.2004 hat er seinen Wohnsitz in Österreich. Mit der Begründung, ständige Beitragserhöhungen nicht dulden und das Risiko von Krankheit selbst tragen zu wollen, beantragte der Kläger am 23.06.2004 den Austritt aus Kranken- und Pflegeversicherung. Dies lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 07.09.2004 ab. Ein Austritt sei nicht möglich, lediglich ein Wechsel zu einer anderen Krankenkasse in Deutschland. Den Widerspruch wies sie am 20.10.2004 zurück. Dagegen hat der Kläger am 08.11.2004 Klage erhoben und die Entlassung aus der Mitgliedschaft bei den Beklagten beantragt, hilfsweise einen Zuschuss zu seinen Krankenversicherungs- und Pflegeversicherungsbeiträgen bzw. deren Senkung. U.a. hat er geltend gemacht, zum Zeitpunkt des Rentenbeginns sei der Beitrag noch von der Rentenversicherung zur Hälfte getragen worden, die ständigen Beitragserhöhungen und Zuzahlungen überforderten ihn. Noch vor zehn Jahren seien die Rentner beitragsfrei gewesen. Im Übrigen müsse er in Österreich das Meiste selbst bezahlen. Das Sozialgericht Augsburg hat die Klage am 11.01.2006 abgewiesen. Der Kläger habe kein Austrittsrecht, da sein Befreiungsantrag bei den Beklagten nicht rechtzeitig eingegangen sei. Die Zwangsversicherung stelle keinen Verstoß gegen Grundgesetz oder Europarecht dar, da der Beitragsverpflichtung eine Gegenleistung als Versicherter wie ein österreichischer Rentner in Österreich und mit Leistungsansprüchen in Deutschland gegenüberstehe. Über eine Beitragsreduzierung werde mangels Zulässigkeit des Antrags nicht entschieden. Gegen das am 27.01.2006 zugestellte Urteil hat der Kläger am 06.02.2006 Berufung eingelegt. Die Beklagte lasse ihn auf Kosten sitzen, die sie bei seinem Wohnsitz in Deutschland erstatten müsste. Die laufenden Rentenkürzungen seien unzulässig und Ausdruck einer ungerechten Lastenverteilung von Arbeitgebern auf Rentner, von Kranken auf Gesunde. Er halte eine Nachbesserung der Gesetze auf EU-Ebene für geboten, um zu verhindern, dass er trotz überhöhter Beiträge in Deutschland in Österreich das Meiste selbst bezahlen müsse. Er wäre lieber in Österreich versichert bzw. wolle eine Beitragsreduzierung, weswegen er bereits bei der Beklagten einen Bescheid beantragt habe.
Der Kläger beantragt, unter Abänderung des Urteiles des Sozialgerichts Augsburg vom 11.01.2006 die Beklagte zu verurteilen, ihn rückwirkend aus der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung zu entlassen, hilfsweise, ihn direkt in Österreich bei der gesetzlichen Krankenkasse zu versichern, hilfsweise, den Beitrag auf das österreichische Beitragsniveau abzusenken und die Streitsache gegebenenfalls dem Bundesverfassungsgericht und dem Europäischen Gerichtshof vorzulegen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 11.01.2006 zurückzuweisen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Beklagtenakten, der Akten des Sozialgerichts Augsburg sowie der Berufungsakten Bezug genommen.
II.
Über die beantragte Beitragsreduzierung kann mangels Rechtsschutzbedürfnisses nicht entschieden werden, nachdem das deswegen anhängige Verwaltungsverfahren noch nicht abgeschlossen ist. Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist im oben genannten Haupt- und Hilfsantrag zulässig, erweist sich aber als unbegründet. Das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 11.01.2006 ist ebensowenig zu beanstanden wie der Bescheid der Beklagten vom 07.09.2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 20.10.2004. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Befreiung von der Krankenversicherung und Pflegeversicherung, er hat auch kein Wahlrecht zwischen österreichischer und deutscher Krankenversicherungspflicht. Zutreffend hat das Sozialgericht die mögliche Anspruchsgrundlage für eine Befreiung von der Kranken- und Pflegeversicherungspflicht dargestellt und deren Voraussetzungen verneint. Insoweit wird von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen (§ 153 Abs.2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -). Ergänzend ist anzumerken, dass insbesondere der Aufenthalt in Österreich kein Recht auf Befreiung von der Versicherungspflicht begründet. Die in Art.3 der EWG-Verordnung 1408/71 enthaltene Gebietsgleichstellung dient letztlich dem Schutz des Klägers und vermittelt ihm Leistungsansprüche. Ob diese beitragsadäquat sind, wird im Leistungsfall zu entscheiden sein. Jedenfalls kann an der Krankenversicherungspflicht als Rentner nicht gezweifelt werden. Wie das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden hat, liegt es grundsätzlich in der weiten sozialpolitischen Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers, den Mitgliederkreis der gesetzlichen Krankenversicherung einerseits danach abzugrenzen, welcher Personenkreis zur Bildung einer leistungsfähigen Solidargemeinschaft erforderlich ist und andererseits danach, welche Personen deren Schutz benötigen. Da die zur Finanzierung eines sozialen Ausgleichs erforderlichen Mittel ersichtlich nicht allein von den typischerweise Begünstigten des Ausgleichs aufgebracht werden können, kann der Gesetzgeber den Mitgliederkreis von Pflichtversicherungen so abgrenzen, wie es für die Begründung und den Erhalt einer leistungsfähigen Solidargemeinschaft erforderlich ist (Beschluss vom 18.07.2005 in SozR 4-2500 § 266 Nr.8 mit weiteren Nachweisen). Der Hilfsantrag des Klägers, in Österreich pflichtversichert zu werden, ist zunächst an die falsche Beklagte gerichtet. Den Beklagten steht kein Recht zu, Mitgliedschaften in Österreich zu gestalten. Darüber hinaus knüpft die Krankenversicherung eines Rentners grundsätzlich an den Bezug einer Rente an. Der Kläger bezieht in Österreich hingegen keine Rente. Für diesen Fall regeln die Art.28 und 33 der Verordnung Nr.1408/71, dass der Staat, in dem Rentenversicherungspflicht und ein Leistungsanspruch begründet werden, die Kosten der Sachleistungen trägt und im Gegenzug Beiträge von der von ihm geschuldeten Rente einbehalten darf.
Aus diesen Gründen war die Berufung als unbegründet zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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