Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
12
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 7 AS 2977/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 12 AS 490/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 09.01.2006 wird zurückgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Übernahme von Beiträgen für eine private Haftpflichtversicherung im Streit.
Der Kläger bezieht seit dem 01.01.2005 Arbeitslosengeld II von der Beklagten in Höhe von 617,- EUR monatlich (345,- EUR Regelleistung zuzüglich Kosten der Unterkunft in Höhe 272,- EUR). Die Leistungen wurden ihm zunächst aufgrund Antrags vom 25.11.2004 mit Bescheid vom 27.11.2004 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 10.12.2004 für die Zeit vom 01.01. bis zum 30.04.2006 bewilligt. In seinem Antrag vom 25.11.2004 hatte der Kläger zunächst keine Angaben zu Ausgaben für eine private Haftpflichtversicherung gemacht.
Mit seinem Folgeantrag vom 07.04.2005 legte der Kläger eine Beitragsforderung der R+V Allgemeine Versicherung AG in W. für eine am 01.07.2005 noch offene Beitragsforderung zu seiner privaten Haftpflichtversicherung in Höhe von 70,75 EUR vor. Aus dieser Rechnung geht nicht hervor, für welchen Zeitraum der geforderte Beitrag geschuldet ist. Allerdings wird in dem Schreiben vom 01.07.2005 mitgeteilt, dass es sich um eine bereits mehrfach angemahnte Forderung handele und dass daher derzeit kein Versicherungsschutz mehr bestehe. Mit Bescheid vom 08.04.2005 bewilligte die Beklagte dem Kläger für die Zeit vom 01.05.2005 bis zum 30.09.2005 erneut 617,- EUR monatlich, ohne zunächst auf das Schreiben mit der Beitragsforderung einzugehen.
Der Kläger gab hierzu mit Schreiben vom 13.07.2005 an, dass diese Beitragsforderung Bestandteil seines Antrags vom 07.04.2005 gewesen sei. Er habe vom Sozialamt die Auskunft erhalten, dass das Arbeitsamt den Beitrag der Haftpflichtversicherung an ihn auszubezahlen habe.
Mit Bescheid vom 19.07.2005 lehnte die Beklagte die Übernahme des Beitrags zur Haftpflichtversicherung ab. Nach § 11 Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) seien angemessene Versicherungsbeiträge in Form einer Pauschale (30,- EUR) vom Einkommen abzusetzen. Da der Kläger über kein Einkommen verfüge, sei eine Übernahme des Beitrags zur Haftpflichtversicherung nicht möglich.
Seinen Widerspruch begründet der Kläger damit, dass die ihm bewilligten Leistungen nach dem SGB II in Höhe von 617,- EUR monatlich als Einkommen zu werten seien. Sollten Schadensfälle auftreten, könne dies zu "Millionenklagen gegen die Beklagte und andere" führen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 25.08.2005 wurde der Widerspruch des Klägers als unbegründet zurückgewiesen. Soweit Erwerbseinkommen erzielt werde, seien von diesem neben dem Freibetrag nach § 30 SGB II gemäß § 11 Abs. 2 Nr. 3 SGB II auch die Beträge zu öffentlichen oder privaten Versicherungen abzusetzen, soweit diese Beiträge entweder gesetzlich vorgeschrieben (wie z B. die Pkw-Haftpflichtversicherung) oder nach Grund und Höhe angemessen seien (wie z.B. eine private Haftpflichtversicherung). Soweit jedoch Einkommen aus Erwerbstätigkeit nicht erzielt werde, sei eine Absetzung solcher Beiträge - und damit eine Übernahme ihrer Kosten - nicht möglich. Da beim Kläger keinerlei Einkommen vorläge, könnten auch die Beiträge zur privaten Haftpflichtversicherung nicht übernommen werden. Hinsichtlich der "angedrohten" möglichen Schadensersatzforderungen zu Lasten des Leistungsträgers wies die Beklagte darauf hin, dass es sich bei dem bestehenden Versicherungsverhältnis um ein rein privates Vertragsverhältnis zwischen dem Versicherungsunternehmen und dem Kläger handele. Die Ablehnung der Übernahme der Kosten für die Versicherung begründe somit keine Regressforderung gegenüber dem Sozialleistungsträger. Soweit aufgrund mangelnder Beitragszahlung kein Versicherungsschutz mehr bestehe, sei bei Eintritt eines Schadensfalles allein der Kläger als Verursacher des Schadens haftbar.
Der Kläger hat am 16.09.2005 Klage beim Sozialgericht Heilbronn (SG) erhoben. Er habe vom Sozialamt, welches zuvor seine Beiträge zur Haftpflichtversicherung übernommen habe, die Auskunft erhalten, dass die Beklagte nunmehr diesen Beitrag zu zahlen habe. Außerdem beanstandete der Kläger, dass der Ablehnungsbescheid vom 19.07.2005 weder einen Namen als Unterschrift noch eine Telefonnummer enthalte und daher seiner Meinung nach rechtwidrig sei. Dies könne auch nicht durch den nachfolgenden Widerspruchsbescheid geheilt worden sein.
Das SG hat die Klage nach Anhörung der Beteiligten mit Gerichtsbescheid vom 09.01.2006 als unbegründet abgewiesen. Die Beklagte habe erstmalig mit Bescheid vom 19.07.2005 die begehrte Übernahme des Beitrags zur privaten Haftpflichtversicherung abgelehnt. Dieser Bescheid sei sowohl formell als auch material rechtmäßig. Entgegen der Auffassung des Klägers enthalte der Bescheid auch eine den Formerfordernissen ausreichende Unterschrift. Die Angabe einer Telefonnummer sei für die Wirksamkeit des Bescheides unerheblich. Zu Recht habe die Beklagte die Auffassung vertreten, dass Beiträge für eine Privathaftpflichtversicherung nach § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB II i.V.m. § 3 Nr. 1 Alg II - Verordnung nur dann als Absetzungsbetrag vom Einkommen zu berücksichtigen sei, wenn überhaupt ein Einkommen im Sinne von § 11 Abs. 2 SGB II erzielt werde. Da die Regelleistungen und die Übernahme der Kosten der Unterkunft Leistungen nach dem SGB II seien, könnten sie nicht als Einkommen im Sinne des § 11 SGB II berücksichtigt werden. Für die Rechtmäßigkeit der Entscheidung der Beklagten sei es zudem irrelevant, ob der Sozialhilfeträger zuvor zu Recht oder zu Unrecht Beiträge zur privaten Haftpflichtversicherung übernommen habe. Sofern Sozialhilfeempfängern weiterhin diese Beiträge erstattet würden, handele es sich um eine sachlich gerechtfertigte Differenzierung, weil für Leistungsbezieher nach dem SGB II Erwerbsanreize gesetzt werden sollten, wohingegen Sozialhilfeempfänger mangels Erwerbsfähigkeit nicht die Möglichkeit hätten, diese Beiträge durch die Ausübung einer Erwerbstätigkeit selbst zu begleichen.
Der Kläger hat am 23.01.2006 beim SG Berufung eingelegt. Er vertritt weiterhin die Auffassung, dass die ihm nach dem SGB II gewährten Leistungen als Einkommen anzusehen seien, weswegen die Übernahme des Beitrags zur privaten Haftpflichtversicherung durch die Beklagte möglich sein müsse. Die Berufung sei auch trotz des geringen Berufungswertes zulässig, weil inzwischen der zweite Jahresbeitrag zu seiner privaten Haftpflichtversicherung fällig sei. Zuzüglich der bereits angefallenen Mahn-, Rechtsanwalts-, Gerichts- und Pfändungskosten wie Zinsen liege der Beschwerdewert inzwischen außerdem deutlich über 500,- EUR. Im Übrigen sei es unzulässig, Alg II-Empfänger schlechter zu stellen als Sozialhilfebedürftige.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Bescheid vom 19.07.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.08.2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, gemäß seines Antrags vom 07.04.2005 den Haftpflichtversicherungsbeitrag in Höhe von 70,75 EUR sowie den Beitrag für das Folgejahr zu übernehmen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält die angefochtenen Bescheide für rechtmäßig. Über die Leistungsanträge des Klägers vom 25.11.2004 und 07.04.2005 für die Zeiträume vom 01.01.2005 bis 30.04.2005 und vom 01.05.2005 bis 30.09.2005 sei durch die Bescheide vom 10.12.2004 und 08.04.2005 bestandskräftig entschieden worden. Die Übernahme des Haftpflichtbeitrages habe der Kläger jedoch hinreichend konkret erst am 18.07.2005 geltend gemacht. Somit sei nicht erkennbar, dass es vorliegend um einen im Berufungsverfahren fortwirkenden Streit auf wiederkehrende Leistungen von mehr als einem Jahr gehen könnte (unter Hinweis auf § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG). Weil im Übrigen die Berufung bei einem Beschwerdewert von deutlich unter 500,- EUR vom Sozialgericht hätte zugelassen werden müssen, sei das Rechtsmittel bereits unstatthaft. Auch in materieller Hinsicht sei die Berufung aussichtslos, weil das SG zu Recht ebenfalls die Auffassung vertreten habe, dass mangels eines Einkommens des Klägers eine Berücksichtigung des Haftpflichtversicherungsbeitrages nicht möglich sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten, die Akten des SG sowie die Akten des Landessozialgerichts Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143 f. Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung ist nicht begründet.
Der Zulässigkeit der Berufung steht nicht entgegen, dass es sich vorliegend um einen Beschwerdewert von unter 500 EUR handelt, weil nach Angaben des Klägers bereits zwei Jahresbeiträge zu seiner Haftpflichtversicherung fällig sind und der Kläger - trotz teils widersprüchlicher Äußerungen - erkennbar die Übernahme dieser beiden Jahresbeiträge durch die Beklagte erreichen will, vgl. § 144 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 SGG.
Die Berufung ist auch nicht etwa deswegen unzulässig, weil die Beklagte bereits mit bestandskräftigen Bescheiden vom 10.12.2004 und 08.04.2005 über die Gewährung von Leistungen für den Zeitraum bis zum 30.09.2005 entschieden hat. Insofern kann offen bleiben, ob nach der Vorlage der Beitragsforderung der R+V Versicherung vom 01.07.2005 mit dem Folgeantrag vom 07.04.2005 eine Entscheidung hierüber durch den Bescheid vom 08.04.2005 ergangen ist oder versehentlich unterblieben ist. Denn mit dem streitgegenständlichen Bescheid vom 19.07.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.08.2005 ist die Beklagte dessen ungeachtet in eine vollständige Sachprüfung eingetreten, die dem Kläger - entsprechend auch der von der Beklagten verwendeten Rechtsbehelfsbelehrungen - die von ihm wahrgenommene Möglichkeit eröffnet hat, innerhalb der gesetzlichen Fristen Widerspruch einzulegen und Klage zu erheben. Denn insoweit handelt es sich um einen Zweitbescheid, welcher den streitgegenständlichen Anspruch vollumfänglich erneut geregelt hat.
Die Berufung ist jedoch unbegründet, weil im Rahmen der Gewährung von Arbeitslosengeld II bei fehlendem Erwerbseinkommen die Beiträge für eine private Haftpflichtversicherung nach den §§ 19 ff. SGB II nicht berücksichtigt werden können. Eine Anspruchsgrundlage hierfür lässt sich dem SGB II nicht entnehmen. Nach § 2 Abs. 1 Satz 2 in Verbindung mit § 31 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) unterliegen Sozialleistungen dem Gesetzesvorbehalt und dürfen von den Trägern der Sozialleistungen nur dann gewährt werden, wenn dies ausdrücklich in einem Gesetz vorgeschrieben oder zugelassen ist. Die Beklagte ist als Träger der öffentlichen Verwaltung nach Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz (GG) an Recht und Gesetz gebunden.
Auch aus den Materialien zum SGB II ergibt sich, dass die Regelleistung nach § 19 f. SGB II umfassend das soziokulturelle Existenzminimum gewährleisten soll. Die Leistung soll sicherstellen, dass neben dem Arbeitslosengeld II grundsätzlich keine ergänzenden Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt außerhalb der Einrichtungen nach dem Sozialhilferecht benötigt werden (BT-Drucks. 15/1516 S. 41 ff., 56 f.). Daraus ergibt sich, dass der Gesetzgeber des SGB II davon ausgeht, dass alle nicht im SGB II speziell geregelten Bedarfe durch die Regelleistung nach den § 19 f. SGB II abgedeckt sind. Die Beklagte hat daher zu Recht die Übernahme der Beiträge zur privaten Haftpflichtversicherung des Klägers abgelehnt.
Im Übrigen gehören auch nach dem Sozialhilferecht Beiträge zu einer privaten Haftpflichtversicherung nicht zu den erstattungsfähigen Kosten (so zu § 12 Bundessozialhilfegesetz - BSHG - VG Frankfurt, Urteil vom 23.07.2002 - 8 E 2017/02 - NJW 2003, 842), weswegen der Hinweis des Klägers auf eine angebliche Ungleichbehandlung nicht greift.
Es trifft auch nicht zu, dass diese Beiträge Antragstellern früher vom Sozialamt gezahlt worden sind. Diese Beiträge wurden lediglich von dem damals noch vorhandenen und zu berücksichtigenden Einkommen nach § 76 Abs. 2 Nr. 3 BSHG abgesetzt, aber nicht als Sozialhilfeleistungen dem Antragsteller ausgezahlt. Es ist auch unter Geltung des SGB II nicht dasselbe, ob ein einkommensloser Hilfeempfänger Anspruch auf eine Versicherung mit Mitteln der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts haben soll, oder ob dem Bezieher eines Einkommens gestattet wird, einen Teil seiner Einkünfte für Vorsorgemaßnahmen zu verwenden, ohne dadurch den Anspruch auf Hilfe zu verlieren. Soweit die Berücksichtigung der Versicherungsbeiträge bei der Berechnung des einzusetzenden Einkommens Einkommensbezieher im Vergleich zu einkommenslosen Leistungsempfängern begünstigt, liegt darin keine verfassungsrechtlich unzulässige Ungleichbehandlung. Denn die unterschiedlichen Rechtsfolgen sind durch unterschiedliche Voraussetzungen (vorhandenes bzw. fehlendes Einkommen) bedingt (vgl. LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 30.06.2005 - L 8 AS 2374/05 ER-B - unter Hinweis auf BVerwG, Urteil vom 28.05.2003 -5 C 8/02 - NJW 2004, 87, 88).
Falls das Sozialamt in der Vergangenheit im Falle des Antragstellers dennoch diese Beiträge übernommen haben sollte, könnte der Kläger sich hierauf gegenüber der Beklagten nicht mit Erfolg berufen, weil diese Entscheidungen keine Bindungswirkung gegenüber der Beklagten hätten.
Sofern der Kläger Formmängel der angegriffenen Bescheide geltend macht, wird nach § 153 Abs. 2 SGG zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Ausführungen in dem angegriffenen Gerichtsbescheids des SG verwiesen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Übernahme von Beiträgen für eine private Haftpflichtversicherung im Streit.
Der Kläger bezieht seit dem 01.01.2005 Arbeitslosengeld II von der Beklagten in Höhe von 617,- EUR monatlich (345,- EUR Regelleistung zuzüglich Kosten der Unterkunft in Höhe 272,- EUR). Die Leistungen wurden ihm zunächst aufgrund Antrags vom 25.11.2004 mit Bescheid vom 27.11.2004 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 10.12.2004 für die Zeit vom 01.01. bis zum 30.04.2006 bewilligt. In seinem Antrag vom 25.11.2004 hatte der Kläger zunächst keine Angaben zu Ausgaben für eine private Haftpflichtversicherung gemacht.
Mit seinem Folgeantrag vom 07.04.2005 legte der Kläger eine Beitragsforderung der R+V Allgemeine Versicherung AG in W. für eine am 01.07.2005 noch offene Beitragsforderung zu seiner privaten Haftpflichtversicherung in Höhe von 70,75 EUR vor. Aus dieser Rechnung geht nicht hervor, für welchen Zeitraum der geforderte Beitrag geschuldet ist. Allerdings wird in dem Schreiben vom 01.07.2005 mitgeteilt, dass es sich um eine bereits mehrfach angemahnte Forderung handele und dass daher derzeit kein Versicherungsschutz mehr bestehe. Mit Bescheid vom 08.04.2005 bewilligte die Beklagte dem Kläger für die Zeit vom 01.05.2005 bis zum 30.09.2005 erneut 617,- EUR monatlich, ohne zunächst auf das Schreiben mit der Beitragsforderung einzugehen.
Der Kläger gab hierzu mit Schreiben vom 13.07.2005 an, dass diese Beitragsforderung Bestandteil seines Antrags vom 07.04.2005 gewesen sei. Er habe vom Sozialamt die Auskunft erhalten, dass das Arbeitsamt den Beitrag der Haftpflichtversicherung an ihn auszubezahlen habe.
Mit Bescheid vom 19.07.2005 lehnte die Beklagte die Übernahme des Beitrags zur Haftpflichtversicherung ab. Nach § 11 Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) seien angemessene Versicherungsbeiträge in Form einer Pauschale (30,- EUR) vom Einkommen abzusetzen. Da der Kläger über kein Einkommen verfüge, sei eine Übernahme des Beitrags zur Haftpflichtversicherung nicht möglich.
Seinen Widerspruch begründet der Kläger damit, dass die ihm bewilligten Leistungen nach dem SGB II in Höhe von 617,- EUR monatlich als Einkommen zu werten seien. Sollten Schadensfälle auftreten, könne dies zu "Millionenklagen gegen die Beklagte und andere" führen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 25.08.2005 wurde der Widerspruch des Klägers als unbegründet zurückgewiesen. Soweit Erwerbseinkommen erzielt werde, seien von diesem neben dem Freibetrag nach § 30 SGB II gemäß § 11 Abs. 2 Nr. 3 SGB II auch die Beträge zu öffentlichen oder privaten Versicherungen abzusetzen, soweit diese Beiträge entweder gesetzlich vorgeschrieben (wie z B. die Pkw-Haftpflichtversicherung) oder nach Grund und Höhe angemessen seien (wie z.B. eine private Haftpflichtversicherung). Soweit jedoch Einkommen aus Erwerbstätigkeit nicht erzielt werde, sei eine Absetzung solcher Beiträge - und damit eine Übernahme ihrer Kosten - nicht möglich. Da beim Kläger keinerlei Einkommen vorläge, könnten auch die Beiträge zur privaten Haftpflichtversicherung nicht übernommen werden. Hinsichtlich der "angedrohten" möglichen Schadensersatzforderungen zu Lasten des Leistungsträgers wies die Beklagte darauf hin, dass es sich bei dem bestehenden Versicherungsverhältnis um ein rein privates Vertragsverhältnis zwischen dem Versicherungsunternehmen und dem Kläger handele. Die Ablehnung der Übernahme der Kosten für die Versicherung begründe somit keine Regressforderung gegenüber dem Sozialleistungsträger. Soweit aufgrund mangelnder Beitragszahlung kein Versicherungsschutz mehr bestehe, sei bei Eintritt eines Schadensfalles allein der Kläger als Verursacher des Schadens haftbar.
Der Kläger hat am 16.09.2005 Klage beim Sozialgericht Heilbronn (SG) erhoben. Er habe vom Sozialamt, welches zuvor seine Beiträge zur Haftpflichtversicherung übernommen habe, die Auskunft erhalten, dass die Beklagte nunmehr diesen Beitrag zu zahlen habe. Außerdem beanstandete der Kläger, dass der Ablehnungsbescheid vom 19.07.2005 weder einen Namen als Unterschrift noch eine Telefonnummer enthalte und daher seiner Meinung nach rechtwidrig sei. Dies könne auch nicht durch den nachfolgenden Widerspruchsbescheid geheilt worden sein.
Das SG hat die Klage nach Anhörung der Beteiligten mit Gerichtsbescheid vom 09.01.2006 als unbegründet abgewiesen. Die Beklagte habe erstmalig mit Bescheid vom 19.07.2005 die begehrte Übernahme des Beitrags zur privaten Haftpflichtversicherung abgelehnt. Dieser Bescheid sei sowohl formell als auch material rechtmäßig. Entgegen der Auffassung des Klägers enthalte der Bescheid auch eine den Formerfordernissen ausreichende Unterschrift. Die Angabe einer Telefonnummer sei für die Wirksamkeit des Bescheides unerheblich. Zu Recht habe die Beklagte die Auffassung vertreten, dass Beiträge für eine Privathaftpflichtversicherung nach § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB II i.V.m. § 3 Nr. 1 Alg II - Verordnung nur dann als Absetzungsbetrag vom Einkommen zu berücksichtigen sei, wenn überhaupt ein Einkommen im Sinne von § 11 Abs. 2 SGB II erzielt werde. Da die Regelleistungen und die Übernahme der Kosten der Unterkunft Leistungen nach dem SGB II seien, könnten sie nicht als Einkommen im Sinne des § 11 SGB II berücksichtigt werden. Für die Rechtmäßigkeit der Entscheidung der Beklagten sei es zudem irrelevant, ob der Sozialhilfeträger zuvor zu Recht oder zu Unrecht Beiträge zur privaten Haftpflichtversicherung übernommen habe. Sofern Sozialhilfeempfängern weiterhin diese Beiträge erstattet würden, handele es sich um eine sachlich gerechtfertigte Differenzierung, weil für Leistungsbezieher nach dem SGB II Erwerbsanreize gesetzt werden sollten, wohingegen Sozialhilfeempfänger mangels Erwerbsfähigkeit nicht die Möglichkeit hätten, diese Beiträge durch die Ausübung einer Erwerbstätigkeit selbst zu begleichen.
Der Kläger hat am 23.01.2006 beim SG Berufung eingelegt. Er vertritt weiterhin die Auffassung, dass die ihm nach dem SGB II gewährten Leistungen als Einkommen anzusehen seien, weswegen die Übernahme des Beitrags zur privaten Haftpflichtversicherung durch die Beklagte möglich sein müsse. Die Berufung sei auch trotz des geringen Berufungswertes zulässig, weil inzwischen der zweite Jahresbeitrag zu seiner privaten Haftpflichtversicherung fällig sei. Zuzüglich der bereits angefallenen Mahn-, Rechtsanwalts-, Gerichts- und Pfändungskosten wie Zinsen liege der Beschwerdewert inzwischen außerdem deutlich über 500,- EUR. Im Übrigen sei es unzulässig, Alg II-Empfänger schlechter zu stellen als Sozialhilfebedürftige.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Bescheid vom 19.07.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.08.2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, gemäß seines Antrags vom 07.04.2005 den Haftpflichtversicherungsbeitrag in Höhe von 70,75 EUR sowie den Beitrag für das Folgejahr zu übernehmen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält die angefochtenen Bescheide für rechtmäßig. Über die Leistungsanträge des Klägers vom 25.11.2004 und 07.04.2005 für die Zeiträume vom 01.01.2005 bis 30.04.2005 und vom 01.05.2005 bis 30.09.2005 sei durch die Bescheide vom 10.12.2004 und 08.04.2005 bestandskräftig entschieden worden. Die Übernahme des Haftpflichtbeitrages habe der Kläger jedoch hinreichend konkret erst am 18.07.2005 geltend gemacht. Somit sei nicht erkennbar, dass es vorliegend um einen im Berufungsverfahren fortwirkenden Streit auf wiederkehrende Leistungen von mehr als einem Jahr gehen könnte (unter Hinweis auf § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG). Weil im Übrigen die Berufung bei einem Beschwerdewert von deutlich unter 500,- EUR vom Sozialgericht hätte zugelassen werden müssen, sei das Rechtsmittel bereits unstatthaft. Auch in materieller Hinsicht sei die Berufung aussichtslos, weil das SG zu Recht ebenfalls die Auffassung vertreten habe, dass mangels eines Einkommens des Klägers eine Berücksichtigung des Haftpflichtversicherungsbeitrages nicht möglich sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten, die Akten des SG sowie die Akten des Landessozialgerichts Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143 f. Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung ist nicht begründet.
Der Zulässigkeit der Berufung steht nicht entgegen, dass es sich vorliegend um einen Beschwerdewert von unter 500 EUR handelt, weil nach Angaben des Klägers bereits zwei Jahresbeiträge zu seiner Haftpflichtversicherung fällig sind und der Kläger - trotz teils widersprüchlicher Äußerungen - erkennbar die Übernahme dieser beiden Jahresbeiträge durch die Beklagte erreichen will, vgl. § 144 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 SGG.
Die Berufung ist auch nicht etwa deswegen unzulässig, weil die Beklagte bereits mit bestandskräftigen Bescheiden vom 10.12.2004 und 08.04.2005 über die Gewährung von Leistungen für den Zeitraum bis zum 30.09.2005 entschieden hat. Insofern kann offen bleiben, ob nach der Vorlage der Beitragsforderung der R+V Versicherung vom 01.07.2005 mit dem Folgeantrag vom 07.04.2005 eine Entscheidung hierüber durch den Bescheid vom 08.04.2005 ergangen ist oder versehentlich unterblieben ist. Denn mit dem streitgegenständlichen Bescheid vom 19.07.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.08.2005 ist die Beklagte dessen ungeachtet in eine vollständige Sachprüfung eingetreten, die dem Kläger - entsprechend auch der von der Beklagten verwendeten Rechtsbehelfsbelehrungen - die von ihm wahrgenommene Möglichkeit eröffnet hat, innerhalb der gesetzlichen Fristen Widerspruch einzulegen und Klage zu erheben. Denn insoweit handelt es sich um einen Zweitbescheid, welcher den streitgegenständlichen Anspruch vollumfänglich erneut geregelt hat.
Die Berufung ist jedoch unbegründet, weil im Rahmen der Gewährung von Arbeitslosengeld II bei fehlendem Erwerbseinkommen die Beiträge für eine private Haftpflichtversicherung nach den §§ 19 ff. SGB II nicht berücksichtigt werden können. Eine Anspruchsgrundlage hierfür lässt sich dem SGB II nicht entnehmen. Nach § 2 Abs. 1 Satz 2 in Verbindung mit § 31 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) unterliegen Sozialleistungen dem Gesetzesvorbehalt und dürfen von den Trägern der Sozialleistungen nur dann gewährt werden, wenn dies ausdrücklich in einem Gesetz vorgeschrieben oder zugelassen ist. Die Beklagte ist als Träger der öffentlichen Verwaltung nach Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz (GG) an Recht und Gesetz gebunden.
Auch aus den Materialien zum SGB II ergibt sich, dass die Regelleistung nach § 19 f. SGB II umfassend das soziokulturelle Existenzminimum gewährleisten soll. Die Leistung soll sicherstellen, dass neben dem Arbeitslosengeld II grundsätzlich keine ergänzenden Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt außerhalb der Einrichtungen nach dem Sozialhilferecht benötigt werden (BT-Drucks. 15/1516 S. 41 ff., 56 f.). Daraus ergibt sich, dass der Gesetzgeber des SGB II davon ausgeht, dass alle nicht im SGB II speziell geregelten Bedarfe durch die Regelleistung nach den § 19 f. SGB II abgedeckt sind. Die Beklagte hat daher zu Recht die Übernahme der Beiträge zur privaten Haftpflichtversicherung des Klägers abgelehnt.
Im Übrigen gehören auch nach dem Sozialhilferecht Beiträge zu einer privaten Haftpflichtversicherung nicht zu den erstattungsfähigen Kosten (so zu § 12 Bundessozialhilfegesetz - BSHG - VG Frankfurt, Urteil vom 23.07.2002 - 8 E 2017/02 - NJW 2003, 842), weswegen der Hinweis des Klägers auf eine angebliche Ungleichbehandlung nicht greift.
Es trifft auch nicht zu, dass diese Beiträge Antragstellern früher vom Sozialamt gezahlt worden sind. Diese Beiträge wurden lediglich von dem damals noch vorhandenen und zu berücksichtigenden Einkommen nach § 76 Abs. 2 Nr. 3 BSHG abgesetzt, aber nicht als Sozialhilfeleistungen dem Antragsteller ausgezahlt. Es ist auch unter Geltung des SGB II nicht dasselbe, ob ein einkommensloser Hilfeempfänger Anspruch auf eine Versicherung mit Mitteln der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts haben soll, oder ob dem Bezieher eines Einkommens gestattet wird, einen Teil seiner Einkünfte für Vorsorgemaßnahmen zu verwenden, ohne dadurch den Anspruch auf Hilfe zu verlieren. Soweit die Berücksichtigung der Versicherungsbeiträge bei der Berechnung des einzusetzenden Einkommens Einkommensbezieher im Vergleich zu einkommenslosen Leistungsempfängern begünstigt, liegt darin keine verfassungsrechtlich unzulässige Ungleichbehandlung. Denn die unterschiedlichen Rechtsfolgen sind durch unterschiedliche Voraussetzungen (vorhandenes bzw. fehlendes Einkommen) bedingt (vgl. LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 30.06.2005 - L 8 AS 2374/05 ER-B - unter Hinweis auf BVerwG, Urteil vom 28.05.2003 -5 C 8/02 - NJW 2004, 87, 88).
Falls das Sozialamt in der Vergangenheit im Falle des Antragstellers dennoch diese Beiträge übernommen haben sollte, könnte der Kläger sich hierauf gegenüber der Beklagten nicht mit Erfolg berufen, weil diese Entscheidungen keine Bindungswirkung gegenüber der Beklagten hätten.
Sofern der Kläger Formmängel der angegriffenen Bescheide geltend macht, wird nach § 153 Abs. 2 SGG zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Ausführungen in dem angegriffenen Gerichtsbescheids des SG verwiesen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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