L 12 AL 5571/05

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
12
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 5 AL 669/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 12 AL 5571/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 28.11.2005 wird zurückgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Förderung einer dreijährigen Ausbildung zur Logopädin im Streit.

Die 1962 geborene Klägerin ist gelernte Fotosetzerin und hat in diesem Beruf von September 1979 bis September 1997 gearbeitet. Nach einer von der Beklagten geförderten Weiterbildung in einem siebenmonatigen Lehrgang "Electronic Publishing" (von der Klägerin auch als "DTP" - Desk Top Publishing - bezeichnet) hat sie in diesem Berufsfeld zuletzt bis April 2003 versicherungspflichtig gearbeitet (laut Arbeitsbescheinigung vom 30.04.2003 zuletzt als "Schriftsetzerin DTP"). Vom 01.05.2003 bis zum 05.11.2003 bezog die Klägerin Arbeitslosengeld. Bei ihrer Arbeitslosmeldung verneinte sie das Vorliegen gesundheitlicher Einschränkungen und das Vorliegen einer Behinderung. Anschließend arbeitete sie vom 06.11.2003 bis zum 04.06.2004 als Reinigungskraft.

Am 30.07.2004 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Förderung einer Weiterbildung zur Logopädin ab dem 01.10.2004. Zur Begründung führte sie aus, dass es ihren Beruf seit 1998 als solchen nicht mehr gebe. Er sei durch den Beruf des Mediengestalters/Print ersetzt worden. Aufgrund der technischen Möglichkeiten könnten heute sogar schon viele Laien ihre Drucksachen selber erstellen und gäben sie dann nur noch zum Drucken in die Druckerei. Ihr Arbeitsbereich werde so gewissermaßen von den Kunden übersprungen. Auch die Möglichkeiten des Internets hätten dazu geführt, dass ihre Ausbildung nicht mehr benötigt werde. Um nicht ins soziale Abseits zu geraten, habe sie sich zu der dreijährigen Ausbildung zur Logopädin entschlossen. Sie interessiere sich für dieses Gebiet, könne mit Menschen umgehen und habe das Aufnahmeverfahren bereits erfolgreich bestanden. Außerdem hätten ihre Recherchen ergeben, dass es im Landkreis K. zu wenig Logopäden gebe. Ihre zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Reinigungskraft sei nicht mehr möglich, da sie unter Psoriasis Arthritis leide und deshalb keine körperliche Arbeit mehr verrichten solle.

Mit Bescheid vom 10.09.2004 lehnte die Beklagte die begehrte Weiterbildung mit der Begründung ab, dass diese nicht notwendig sei, um die Klägerin bei Arbeitslosigkeit einzugliedern. Die Notwendigkeit der Weiterbildung bestehe nicht, da die Klägerin über eine abgeschlossene Berufsausbildung und Fortbildung im Druckereibereich verfüge und Arbeitsplätze im Druckereigewerbe im nennenswerten Umfang auf dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stünden.

Mit ihrem Widerspruch trat die Klägerin der Behauptung entgegen, dass ausreichend Arbeitsplätze im Druckereigewerbe auf dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stünden. Ihr letzter Berufsbereich (Mediengestalter) weise ein starkes Überangebot an Arbeitskräften aus, nachdem zahlreiche Arbeitslose in diesem Bereich weitergebildet worden seien. Dem stünde - insbesondere in ländlichen Gegenden - ein andauernder Bedarf an Logopäden gegenüber. Die Klägerin legte eine Auskunft ihres Maßnahmeträgers vor, der bestätigte, dass nach seiner Kenntnis alle Teilnehmer des letzten Kurses vermittelt worden seien.

Im Widerspruchsverfahren holte die Beklagte eine Stellungnahme der Arbeitsvermittlung ein. Danach hätten im Zuständigkeitsbereich sieben Stellenangebote bei fünf Arbeitgebern im Bereich Mediengestaltung/DTP/Medienvorlagenhersteller vorgelegen, wobei Arbeitsorte Karlsruhe, Stutensee, Sandhausen bei Mannheim, Mannheim und Stuttgart sein sollten. Dem hätte eine einzige Stelle für Logopäden in Karlstadt gegenübergestanden. Außerdem sei die Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit bei der Weiterbildung zur Logopädin bei Aufwendungen von ca. 43.700,00 EUR gegenüber anderen günstigeren Maßnahmen nicht gewährleistet. Die Arbeitslosigkeit der Klägerin allein begründe nicht die Notwendigkeit der Weiterbildung. Schließlich sei nach der Dienstanweisung der Beklagten die Dauer der Weiterbildung auf die individuell notwendige Zeit zum Ausgleich von Bildungsdefiziten zu begrenzen.

Daraufhin wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 15.02.2005 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie aus, dass nach § 77 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) die Notwendigkeit einer Förderung nicht anerkannt sei, da die Klägerin bereits eine abgeschlossene dreijährige Berufsausbildung nach dem Berufsausbildungsgesetz sowie eine Zusatzqualifikation im DTP-Bereich vorweisen könne und in diesem Beruf auch bis zum 30.04.2003 tätig gewesen sei. Zur Vermeidung der Arbeitslosigkeit sei vorrangig auf andere Maßnahmen zu verweisen, um eventuelle Kenntnisdefizite zu beheben oder Einstellungshindernisse zu beseitigen. Diese Maßnahmen seien günstiger und daher im Rahmen der Ermessensausübung nach § 7 SGB III vorrangig zu gewähren. Zur weiteren Begründung verwies die Beklagte auf den örtlichen Arbeitsmarkt und die zuvor erfolgte interne Stellungnahme ihrer Arbeitsvermittlung.

Die Klägerin hat am 24.02.2005 Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben. Sie verwies darauf, dass zahlreiche Bewerbungen im Medienbereich ihrerseits erfolgt und gescheitert seien. Demgegenüber sei festzustellen, dass Logopäden häufig schon während ihres Berufsausbildungspraktikums eine Zusage bekämen und die Vermittlungsdienste der Beklagten gar nicht benötigten, was die geringe Zahl an Stellenangeboten bei der Beklagten für Logopäden erkläre. Die Maßnahmedauer von drei Jahren sei für andere Arbeitsämter kein Hindernis gewesen, anderen Arbeitslosen die Fortbildung zur Logopädin zu bewilligen. Ohne die Weiterbildung stünden für sie allein Gelegenheits- und Aushilfsjobs zur Verfügung, für die jedoch Schüler und Studenten bevorzugt würden.

Die Beklagte trat der Klage unter Hinweis auf die ihrer Auffassung nach zutreffend erfolgte Ermessensentscheidung entgegen. Selbst wenn die Voraussetzungen für die Förderung grundsätzlich erfüllt seien, sei die Beklagte noch nicht zur Gewährung der Förderung verpflichtet, sondern habe ihr Ermessen pflichtgemäß auszuüben. Die Förderung der Teilnahme an einer Weiterbildungsmaßnahme erfordere eine Beschäftigungsprognose. Dass keine Erwartung bestehe, im Ausgangsberuf vermittelt zu werden, könne jedoch nicht bereits daraus abgeleitet werden, dass der Klägerin bisher kein neuer Arbeitsplatz im bisherigen Beruf vermittelt worden sei. In Zeiten allgemein angespannter Arbeitsmarktlage sei auch eine mehrmonatige Arbeitslosigkeit noch nicht als Nachweis dafür anzusehen, dass Vermittlungsbemühungen aussichtslos seien. Die Klägerin sei seit dem 01.05.2003 nicht mehr im bisherigen Berufsfeld tätig. Soweit dies ersichtlich sei, schränke die Klägerin wohl wegen der Versorgung ihrer Kinder ihre Mobilität auf Teilzeitbeschäftigungen - vormittags - im Tagespendelbereich ein. Bundes- und landesweite Arbeitsmarktzahlen seien daher für die Prognose nicht von Bedeutung. Die Beklagte legte im Klageverfahren außerdem eine aktuelle Stellungnahme der Arbeitsvermittlung vor, wonach die Vermittlungsmöglichkeiten sowohl im Ausgangsberuf als auch im angestrebten Beruf der Klägerin nicht gut seien. Im März 2005 hätten für Mediengestalter/Druckvorlagenhersteller im Nahbereich Karlsruhe und Mannheim drei Meldungen für Vollzeit- und zwei Meldungen für Teilzeitstellen vorgelegen. Dem hätten lediglich zwei Meldungen für Vollzeitstellen von Logopäden in Waldbronn und Rheinstätten gegenübergestanden. Demnach seien die aussichten im Ausgangsberuf noch etwas günstiger als im angestrebten Beruf.

Mit Urteil vom 28.11.2005 hat das SG die Klage als unbegründet abgewiesen. Eine Förderung der beruflichen Weiterbildung setze nach § 77 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB III u.a. voraus, dass die Weiterbildung notwendig sei, um den Arbeitnehmer bei Arbeitslosigkeit beruflich einzugliedern. Die hierfür erforderliche positive Beschäftigungsprognose führe zu einem gerichtlich nur einschränkbar überprüfbaren Beurteilungsspielraum der Beklagten. Vorliegend erscheine die Einschätzung der Beklagten, die Eingliederungschancen der Klägerin würden durch die Umschulung zur Logopädin nicht verbessert, jedenfalls noch als vertretbar, wozu das SG auf die Stellungnahmen der Arbeitsvermittlung der Beklagten und die Mitteilung der gemeldeten Stellen in den beiden Arbeitsbereichen verwies. Zwar möge der Vortrag der Klägerin zutreffen, viele Stellen für Logopäden würden ohne Beteiligung der Beklagten besetzt, etwa durch Übernahme von Praktikanten oder über Aushänge am Schwarzen Brett der Fachschule für Logopädie. Da diese Stellen aber naturgemäß schwierig zu erfassen seien, sei es rechtlich nicht zu beanstanden, dass sich die Beklagte für die Beurteilung des lokalen Arbeitsmarktes nur auf die bei ihr gemeldeten offenen Stellen gestützt habe. Andernfalls hätte die Beklagte nämlich auch die Zahl der ohne ihre Beteiligung besetzten Stellen im Druckereigewerbe erfassen und in ihren Vergleich einstellen müssen.

Deswegen hat die Klägerin über ihre Bevollmächtigte am 29.12.2005 beim Landessozialgericht Berufung eingelegt. Die Beschäftigungsprognose der Beklagten sei bereits zum maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides klar falsch gewesen. Das SG habe den Vortrag der Klägerin, dass fast alle Stellen im Bereich der Logopädie nicht über die Beklagte vergeben würden, nicht ausreichend gewürdigt. Hieraus ergebe sich, dass der von der Beklagten geschilderte Stellenmarkt nicht der Realität entspreche. Maßgeblich für die Beschäftigungsprognose müssten die tatsächlichen Voraussetzungen des Arbeitsmarktes und nicht der Kenntnisstand der Beklagten sein. Völlig unterschlagen habe das SG die Arthroseerkrankung der Klägerin, wonach diese ihren letzten Beruf nur noch eingeschränkt ausüben könne. Insofern verwundere es, dass die Beklagte erst im Klageverfahren konkrete Stellenanzeigen für den Ausgangsberuf der Klägerin vorgelegt habe, welche der Klägerin jedoch niemals unterbreitet worden seien. Außerdem habe die Klägerin umfangreiches Informationsmaterial vorgelegt, wonach es im Bundesgebiet nahezu keine arbeitslosen Logopäden gebe. Die Ermessensentscheidung der Beklagten beruhe daher bereits auf nicht zutreffenden Tatsachen.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 28.11.2005 abzuändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 10.09.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.02.2005 zu verurteilen, über ihren auf Förderung der beruflichen Weiterbildung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Entgegen der Auffassung der Klägerin habe die Beklagte sich für die Ausübung ihres Ermessens auf die ihr vorliegenden Zahlen über die gemeldeten offenen Stellen im Bereich Logopädie stützen dürfen. Eine vermeintliche "Dunkelziffer" tatsächlich offener anderer Stellen sei nicht bekannt gewesen und habe deswegen auch nicht in die Prognose miteinbezogen werden können und müssen. Abgesehen davon gelinge es der Klägerin nicht, ihre eigene Einschätzung konkret mit Zahlen zu untermauern und die Einschätzung der Beklagten konkret zu entkräften. Dass die Arthroseerkrankung die Klägerin derart einschränke, dass sie ihren bisherigen Beruf als Mediengestalterin nicht mehr ausüben könne, werde bestritten. Gesundheitliche Einschränkungen und ein Grad der Behinderung seien bei der Arbeitslosmeldung von der Klägerin verneint worden. Ebenso sei es ihr immerhin möglich gewesen, über einen Zeitraum von sechs Monaten die körperlich anstrengende Tätigkeit als Reinigungskraft auszuüben, um diesen Beruf dann aus nicht gesundheitlichen Erwägungen nicht mehr ausüben zu wollen. Schließlich sei darauf zu verweisen, dass die Klägerin zum Zeitpunkt der Beendigung ihrer Umschulung zur Logopädin bereits 45 Jahre alt sei; dem stünde eine Flut junger Absolventen im Bereich Logopädie gegenüber, die - anders als die Klägerin - nicht nur in Teilzeit arbeiten wollten. Es könne daher weiterhin keine positive Prognose für die Klägerin abgegeben werden. Schließlich sei es der Beklagten auch erlaubt, der Begrenztheit ihrer Haushaltsmittel dadurch Rechnung zu tragen, dass sie die Gewährung der Leistungen auf solche Personen beschränke, die der Förderung in besonderem Maße bedürften. Dies sei bei der Klägerin nicht der Fall, da sie bereits in den Arbeitsmarkt eingegliedert sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten, die Akten des SG sowie die Akten des Landessozialgerichts mit den darin enthaltenen Schriftsätzen der Beteiligten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die nach den §§ 143 f. Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung ist nicht begründet.

Streitgegenstand ist die Förderung einer Maßnahme der beruflichen Weiterbildung nach den §§ 77 ff. SGB III. Maßgeblich ist die im Jahr 2004 geltende Fassung der Vorschrift gemäß Art. 1 Nr. 14 des Ersten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2002 (BGBl. I S. 4607), weil nach § 422 Abs. 1 Nr. 3 SGB III bei Änderungen des SGB III die im Zeitpunkt des Maßnahmebeginns geltenden gesetzlichen Regelungen anzuwenden sind (vgl. BSGE 89, 192 = SozR 3-4300 § 422 Nr. 2; BSG, Urteil vom 17.11.2005 - B 11a AL 23/05 -, juris).

Nicht einschlägig ist eine Förderung nach den §§ 59 ff. SGB III (Förderung der Berufsausbildung), da diese für die vorliegend angestrebte Berufsausbildung nach § 60 Abs. 2 Satz 1 SGB III nur für eine Erstausbildung gewährt werden kann, die Klägerin indes bereits eine abgeschlossene Berufsausbildung vorweisen kann.

Ebenfalls nicht einschlägig ist eine Förderung nach den §§ 97 ff. SGB III (Förderung der Teilhabe behinderter Menschen am Arbeitsleben), da bei der Klägerin keine Behinderung von der Art oder Schwere vorliegt, die eine Maßnahme der besonderen Förderung für die Teilhabe am Arbeitsleben erforderlich machen würde (§ 97 Abs. 1 SGB III; vgl. BSG, Urteil vom 17.11.2005 - B 11a AL 23/05 -, juris). Denn die Klägerin hat bis kurz vor Beginn ihrer Ausbildung zur Logopädin noch als Reinigungskraft gearbeitet und diesen Beruf dann nach eigenen Angaben gegenüber der Beklagten aus Gründen nicht gesundheitlicher Art aufgegeben. Noch bei ihrer Arbeitslosmeldung gab die Klägerin zudem an, weder an gesundheitlichen Einschränkungen zu leiden noch einen Grad der Behinderung (GdB) vorzuweisen. Insofern kann zwar als letzter Beruf der Klägerin nicht die Tätigkeit einer Reinigungskraft herangezogen werden, bei dem die Klägerin durch die von ihr angegebene Arthrose eingeschränkt sein dürfte. Auch die Klägerin geht aber nach ihrem Vortrag davon aus, dass sie in ihrem Ausbildungsberuf als Mediengestalterin, sofern sie hier einen Arbeitsplatz erhielte, noch arbeiten könnte. Da nach den Feststellungen der Beklagten noch von ausreichenden Eingliederungschancen der Klägerin im Bereich der Mediengestaltung auszugehen ist, ist insofern eine Behinderung der Klägerin im Sinne von § 97 Abs. 1 SGB III zu verneinen.

Nach § 77 Abs. 1 Satz 1 SGB III in der 2004 geltenden Fassung können Arbeitnehmer bei Teilnahme an Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung durch Übernahme der Weiterbildungskosten und Leistung von Unterhaltsgeld gefördert werden, wenn 1. die Weiterbildung notwendig ist, um sie bei Arbeitslosigkeit beruflich einzugliedern, eine ihnen drohende Arbeitslosigkeit abzuwenden, bei Ausübung einer Teilzeitbeschäftigung eine Vollzeitbeschäftigung zu erlangen oder weil bei ihnen wegen fehlenden Berufsabschlusses die Notwendigkeit der Weiterbildung anerkannt ist, 2. die Vorbeschäftigungszeit erfüllt ist, 3. vor Beginn der Teilnahme eine Beratung durch das Arbeitsamt erfolgt ist und 4. die Maßnahme und der Träger der Maßnahme für die Förderung zugelassen sind.

Vorliegend hat die Beklagte in nicht zu beanstandender Weise die Förderung der Weiterbildung zur Logopädin abgelehnt, weil die Notwendigkeit dieser Ausbildung für die Eingliederung in den Arbeitsmarkt im Sinne von § 77 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB III nicht angenommen werden kann.

Nach den Gesetzgebungsmaterialien soll § 77 SGB III inhaltlich im Wesentlichen dem zuvor geltenden Recht (vgl. u.a auch §§ 36 , 42 a Arbeitsförderungsgesetz - AFG -) entsprechen. Eine Förderung kann danach nur dann erfolgen, wenn die Teilnahme notwendig ist, um arbeitslose Arbeitnehmer einzugliedern, drohende Arbeitslosigkeit nicht eintreten zu lassen oder Arbeitnehmer ohne Berufsabschluss zu qualifizieren (BT-Drucks. 13/4941 S. 168).

Für die Förderung von Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung ist daher eine Beschäftigungsprognose erforderlich: Es muss die Erwartung bestehen, dass die Eingliederungschancen nach der Maßnahme besser sind als vorher. Zu fordern ist hierbei, dass die Eingliederungschancen durch die angestrebte Maßnahme erheblich verbessert werden und die begründete Aussicht besteht, dass der Arbeitslose durch die Maßnahme einen angemessenen Dauerarbeitsplatz erhält (vgl. BSG SozR 4100 § 44 Nr. 21).

Kann hingegen dem Arbeitnehmer auch ohne diese Förderung ein anderer Arbeitsplatz vermittelt werden, so wird das Ziel der Förderung der beruflichen Weiterbildung anderweitig erreicht. Dass keine Erwartung besteht, im Ausgangsberuf vermittelt zu werden, kann jedoch in Zeiten allgemein angespannter Arbeitsmarktlage nicht bereits daraus abgeleitet werden, dass die Vermittlungsbemühungen der Beklagten auch nach mehreren Monaten noch nicht zum Erfolg geführt haben (vgl. BSG SozR 4-4300 § 77 Nr. 1 mit weiteren Nachweisen).

Bei der vorzunehmenden Prognoseentscheidung über die Verbesserung der Eingliederungsaussichten steht der Beklagten ein Beurteilungsspielraum zu; der gerichtlichen Kontrolle unterliegt lediglich, ob die Verwaltungsentscheidung tatsächlich unter Berücksichtigung aller verfügbaren Daten in einer dem Sachverhalt angemessenen und methodisch einwandfreien Weise erarbeitet worden ist (BSG a.a.O.).

Die Beklagte hat zutreffend festgestellt, dass die Klägerin eine dreijährige Berufsausbildung und Fortbildung mit langjähriger Berufserfahrung im Bereich Mediengestaltung besitzt. In diesem Beruf hat sie bis einschließlich April 2003 gearbeitet, so dass die erleichterten Voraussetzungen einer Förderung nach § 77 Abs. 2 Nr. 1 SGB III (vierjährige Beschäftigungslosigkeit im Ausgangsberuf) nicht erfüllt sind.

Nach den von der Beklagten in ihren Stellungnahmen vorgelegten Zahlen über offene Stellen in den beiden Vergleichsberufen erscheint eine Vermittlung der Klägerin im Bereich Mediengestaltung sogar aussichtsreicher als im Berufsfeld der Logopädie. Die Beklagte durfte sich insoweit auch auf die ihr gemeldeten Stellen verlassen; insoweit führt das SG zunächst zu Recht aus, dass auch im Bereich der Mediengestaltung von einer "Dunkelziffer" nicht über die Arbeitsagenturen vermittelter Arbeitsplätze auszugehen ist, die in den Vergleich der Beschäftigungsaussichten einzubeziehen sind.

Legt man demgegenüber die von der Klägerin vorgelegten Zahlen zugrunde, die sich insbesondere auf das Umland von K. beziehen, ist festzustellen, dass auch hier kein großes Stellenangebot vorliegt. Nach der von der Klägerin anhand der Gelben Seiten selbst vorgelegten Stellenübersicht für den Landkreis K. (Bl. 10 und 11 der SG-Akte) ist von einem eher seltenen Beruf auszugehen, dem deutlich mehr Stellen für Mediengestalter gegenüberstehen dürften.

Eine erhebliche Verbesserung der Vermittlungsaussichten im oben genannten Sinn jedenfalls lässt sich hierdurch nicht feststellen. Hierbei hat die Beklagte auch zu Recht darauf verwiesen, dass durch die Einschränkung des Vermittlungsauftrags der Klägerin auf eine Teilzeitstelle (bestätigt durch Schriftsatz im Berufungsverfahren vom 07.07.2006) ein erhebliches Vermittlungshindernis besteht. Zwar trifft zu, dass dieses Vermittlungshindernis auch für den Ausbildungsberuf der Klägerin besteht. Eine wesentliche Verbesserung der Vermittlungsaussichten kann aber dennoch auch aus diesem Grund für den Bereich der Logopädie angesichts der wenigen Stellen in diesem Beruf nicht angenommen werden.

Nach alledem liegt eine Ermessensreduzierung "auf Null", wonach einzig die Ausbildung zur Logopädin zu gewähren wäre, nicht vor. Dem hat die Klägerin bereits dadurch Rechnung getragen, dass sie mit ihrer Berufung lediglich einen Antrag auf Neubescheidung verfolgt. Eine Aufhebung und ein Antrag zur Neubescheidung kommen dennoch nicht in Betracht, da die Beklagte nicht die Förderung jeglicher Maßnahme ablehnt, sondern nur die konkrete Weiterbildung zur Logopädin (vgl. den Widerspruchsbescheid vom 15.02.2005, in dem die Beklagte ausdrücklich auf evtl. günstigere Maßnahmen verweist), was sie nach den voranstehenden Ausführungen im Rahmen ihres Beurteilungsspielraums fehlerfrei abgelehnt hat.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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