L 22 R 300/05

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
22
1. Instanz
SG Frankfurt (Oder) (BRB)
Aktenzeichen
S 6 RA 220/04
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 22 R 300/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 10. März 2005 wird zurückgewiesen. Die Beteiligten haben einander außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Der Kläger begehrt von der Beklagten die Feststellung der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz AVtI für die Zeit vom 01. September 1971 bis zum 31. Oktober 1987.

Der 1936 geborene Kläger ist Diplomingenieur (Urkunde der Hochschule für Bauwesen L vom 29. April 1961). Er arbeitete bis zum 30. Juni 1990 in seinem Beruf. Im streitbefangenen Zeitraum war er laut Arbeitsvertrag vom 01. September 1971 beim Staatssekretariat für Körperkultur und Sport (ZIB) als Koordinierungsingenieur für die Vorbereitung von Investitionsvorhaben bzw. Ingenieur für Investitionen des zentralen Sportbautenprogramms zuständig.

Eine Versorgungszusage zur Einbeziehung in die AVtI hat der Kläger für diese Tätigkeiten nicht erhalten; der Freiwilligen Zusatzrentenversicherung FZR trat er zum 01. Oktober 1972 bei.

Auf den Antrag des Klägers vom November 2001 hin stellte die Beklagte Zeiten vor der Tätigkeit beim ZIB und danach bis zum 30. Juni 1990 als solche der Zugehörigkeit zur AVtI fest, lehnte jedoch eine derartige Anerkennung für die streitbefangene Zeit mit der Begründung ab, die Tätigkeit sei nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb ausgeübt worden (Bescheid vom 30. 09. 2002).

Mit dem dagegen eingelegten Widerspruch machte der Kläger geltend, er habe auch in dieser Zeit als Diplomingenieur gearbeitet und das ZIB habe in den Einzugsbereich der AVtI gehört.

Mit Widerspruchsbescheid vom 01. April 2004 wies die Beklagte den Widerspruch zurück und führte zur Begründung im Wesentlichen aus, bei dem ZIB habe es sich weder um einen volkseigenen Produktionsbetrieb noch um einen gleichgestellten Betrieb gehandelt.

Dagegen hat sich die am 22. April 2004 beim Sozialgericht Frankfurt (Oder) erhobene Klage gerichtet, zu deren Begründung der Kläger insbesondere vorgetragen hat, das ZIB sei ein volkseigener Produktionsbetrieb beziehungsweise ein gleichgestellter Betrieb gewesen.

Mit Urteil vom 10. März 2005 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen:

Bei dem ZIB habe es sich nicht um einen VEB gehandelt. Dies ergebe sich daraus, dass der Arbeitsvertrag mit dem Staatssekretariat für Körperkultur und Sport geschlossen worden sei und den Zusatz enthalte, die Tätigkeit in den Organen des Staatsapparates sei eine besondere Vertrauensstellung, eine große Ehre und Verpflichtung. Der Betrieb sei auch nicht einem volkseigenen Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens gleichgestellt gewesen.

Gegen das ihm am 12. April 2005 zugestellte Urteil richtet sich die am 10. Mai 2005 eingelegte Berufung des Klägers.

Er ist der Ansicht, zwar sei das ZIB eine nachgerichtete Einrichtung des Staatssekretariats für Körperkultur und Sport gewesen, jedoch sei dort produziert worden und der Betrieb sei daher zumindest einem volkseigenen Produktionsbetrieb des Bauwesens gleichzustellen. Auch seien Kollegen in derartigen Einrichtungen in die AVtI einbezogen gewesen, wie er mit Sicherheit wisse.

Aus dem Vorbringen des Klägers ergibt sich der Antrag,

das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 10. März 2005 zu ändern und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 30. September 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01. April 2004 zu verpflichten, die Zeit vom 01. September 1971 bis zum 31. Oktober 1987 als Zeit der Zugehörigkeit zur AVtI sowie die während dieser Zeit erzielten Arbeitsentgelte festzustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Nach ihrer Ansicht war das ZIB ein staatliches Organ. Es habe sein Gepräge nicht durch industrielle Produktion erhalten.

Den Beteiligten ist mit Verfügung vom 03. August 2005 mitgeteilt worden, dass eine Entscheidung nach § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Betracht kommt; ihnen ist Gelegenheit zur Stellungnahme binnen 3 Wochen gegeben worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten , die bei der Entscheidung vorgelegen haben, verwiesen.

II.

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

Da der Senat die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung insbesondere im Hinblick darauf, dass die Beteiligten bereits ausführlich ihre Argumente vorgebracht haben nicht für erforderlich hält, hat er nach deren Anhörung von der durch § 153 Abs. 4 SGG eröffneten Möglichkeit Gebrauch gemacht, durch Beschluss zu entscheiden.

Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid vom 30. September 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01. April 2004 ist rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte die Zeit vom 01. September 1971 bis 31. Oktober 1987 und die während dieser Zeit erzielten Arbeitsentgelte feststellt. Der Kläger hat in dieser Zeit keine Anwartschaft aufgrund einer Zugehörigkeit zur AVtI erworben, denn er erfüllte damals nicht die Voraussetzungen für eine Einbeziehung in die AVtI.

Nach § 8 Abs. 1 Sätze 1 und 2 und Abs. 2 Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) hat der vor der Überführung der Ansprüche und Anwartschaften zuständige Versorgungsträger dem für die Feststellung der Leistungen zuständigen Träger der Rentenversicherung unverzüglich die Daten mitzuteilen, die zur Durchführung der Versicherung und zur Feststellung der Leistungen aus der Rentenversicherung erforderlich sind. Dazu gehören auch das tatsächlich erzielte Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen des Berechtigten oder der Person, von der sich die Berechtigung ableitet, die Daten, die sich nach Anwendung von §§ 6 und 7 AAÜG ergeben, und insbesondere die Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem, in denen eine Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt worden ist, und die als Pflichtbeitragszeiten der Rentenversicherung gelten (§ 5 Abs. 1 Satz 1 AAÜG). Der Versorgungsträger hat dem Berechtigten den Inhalt der Mitteilung nach § 8 Abs. 2 AAÜG durch Bescheid bekannt zu geben (§ 8 Abs. 3 Satz 1 AAÜG).

Solche Zeiten der Zugehörigkeit liegen nach § 4 Abs. 5 AAÜG vor, wenn eine in einem Versorgungssystem erworbene Anwartschaft bestanden hatte (§ 1 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 und 3 AAÜG). Eine solche Anwartschaft setzt die Einbeziehung in das jeweilige Versorgungssystem voraus. Im Hinblick auf § 5 Abs. 1 Satz 1 AAÜG genügt es grundsätzlich nicht, dass ein Anspruch auf Einbeziehung bestand, soweit dieser nicht auch verwirklicht wurde. Wie der Wortlaut dieser Vorschrift zeigt, wird allein auf Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem abgestellt. Dies setzt zwingend voraus, dass der Berechtigte tatsächlich in ein Versorgungssystem einbezogen worden war. Von diesem Grundsatz macht lediglich § 5 Abs. 2 AAÜG eine Ausnahme. Danach gelten als Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem auch Zeiten, die vor Einführung eines Versorgungssystems in der Sozialpflichtversicherung zurückgelegt worden sind, wenn diese Zeiten, hätte das Versorgungssystem bereits bestanden, in dem Versorgungssystem zurückgelegt worden wären.

Eine solche Einbeziehung erfolgte in der AVtI grundsätzlich durch eine Entscheidung des zuständigen Versorgungsträgers der DDR. Lag sie am 30. Juni 1990 vor, hatte der Begünstigte durch diesen nach Art. 19 Satz 1 Einigungsvertrag (EV) bindend gebliebenen Verwaltungsakt eine Versorgungsanwartschaft. Einbezogen war aber auch derjenige, dem früher einmal eine Versorgungszusage erteilt worden war, wenn diese durch einen weiteren Verwaltungsakt in der DDR wieder aufgehoben worden war und wenn dieser Verwaltungsakt nach Art. 19 Satz 2 oder 3 EV unbeachtlich geworden ist; denn dann galt die ursprüngliche Versorgungszusage fort. Gleiches gilt für eine Einbeziehung durch eine Rehabilitierungsentscheidung (Art. 17 EV). Schließlich gehörten dem Kreis der Einbezogenen auch diejenigen an, denen durch Individualentscheidung (Einzelentscheidung, zum Beispiel aufgrund eines Einzelvertrages) eine Versorgung in einem bestimmten System zugesagt worden war, obgleich sie von dessen abstrakt-generellen Regelungen nicht erfasst waren. Im Übrigen dies trifft jedoch auf die AVtI nicht zu galten auch ohne Versorgungszusage Personen als einbezogen, wenn in dem einschlägigen System für sie ein besonderer Akt der Einbeziehung nicht vorgesehen war (vgl. BSG, Urteil vom 09. April 2002 - B 4 RA 41/01 R).

§ 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG hat den Kreis der einbezogenen Personen jedoch in begrenztem Umfang erweitert. Er hat damit das Neueinbeziehungsverbot des EV Anlage II Kapitel VIII Sachgebiet H Abschnitt III Nr. 9 Buchstabe a, wonach die noch nicht geschlossenen Versorgungssysteme bis zum 31. Dezember 1991 zu schließen sind und Neueinbeziehungen vom 03. Oktober 1990 an nicht mehr zulässig sind, sowie den nach EV Anlage II Kapitel VIII Sachgebiet F Abschnitt III Nr. 8 zu Bundesrecht gewordenen § 22 Abs. 1 Rentenangleichungsgesetz der DDR, wonach mit Wirkung vom 30. Juni 1990 die bestehenden Zusatzversorgungssysteme geschlossen werden und keine Neueinbeziehungen mehr erfolgen, modifiziert. Danach gilt, soweit die Regelung der Versorgungssysteme einen Verlust der Anwartschaften bei einem Ausscheiden aus dem Versorgungssystem vor dem Leistungsfall vorsahen, dieser Verlust als nicht eingetreten. Dies betrifft jedoch nur solche Personen, die auch konkret einbezogen worden waren. Der Betroffene muss damit vor dem 30. Juni 1990 in der DDR nach den damaligen Gegebenheiten in ein Versorgungssystem einbezogen gewesen sein und aufgrund dessen eine Position wirklich innegehabt haben, dass nur noch der Versorgungsfall hätte eintreten müssen, damit ihm Versorgungsleistungen gewährt worden wären. Derjenige, der in der DDR keinen Versicherungsschein über die Einbeziehung in die AVtI erhalten hatte, hatte nach deren Recht keine gesicherte Aussicht, im Versorgungsfall Versorgungsleistungen zu erhalten (BSG, Urteil vom 09. April 2002 - B 4 RA 31/01 R in SozR 3 8570 § 1 Nr. 1).

Die AVtI kannte den in § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG angesprochenen Verlust von Anwartschaften. Nach § 2 Abs. 1, 3 und 4 Zweite Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 24. Mai 1951 - GBl DDR 1951, 487 - (2. DB zur AVtI VO) wurde die zusätzliche Altersversorgung gewährt, wenn sich der Begünstigte im Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalles in einem Anstellungsverhältnis zu einem volkseigenen oder ihm gleichgestellten Betrieb befand. Erloschene Ansprüche auf Rente lebten wieder auf, wenn spätestens vor Ablauf eines Jahres ein neues Arbeitsverhältnis in der volkseigenen Industrie zustande kam und die Voraussetzungen nach § 1 dieser Durchführungsbestimmung in dem neuen Arbeitsverhältnis gegeben waren. Für die Dauer von Berufungen in öffentliche Ämter oder in demokratische Institutionen (Parteien, Freier Deutscher Gewerkschaftsbund usw.) erlosch der Anspruch auf Rente nicht.

War der Betroffene in die AVtI einbezogen, endete die zur Einbeziehung führende Beschäftigung jedoch vor dem Eintritt des Versicherungsfalles, ging der Betroffene, vorbehaltlich der oben genannten Ausnahmen, seiner Anwartschaft verlustig.

Das BSG hat wegen der bundesrechtlichen Erweiterung der Anwartschaft nach § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG über die Regelungen der Versorgungssysteme hinaus einen Wertungswiderspruch innerhalb der Vergleichsgruppe der am 30. Juni 1990 Nichteinbezogenen gesehen. Nichteinbezogene, die früher einmal einbezogen gewesen seien, aber ohne rechtswidrigen Akt der DDR nach den Regeln der Versorgungssysteme ausgeschieden gewesen seien, würden anders behandelt als am 30. Juni 1990 Nichteinbezogene, welche nach den Regeln zwar alle Voraussetzungen für die Einbeziehung an diesem Stichtag erfüllt hätten, aber aus Gründen, die bundesrechtlich nicht anerkannt werden dürften, nicht einbezogen gewesen seien (BSG, Urteil vom 09. April 2002 - B 4 RA 31/01 R). Wie oben ausgeführt, konnten zwar weder die ehemals einbezogenen, aber ausgeschiedenen Betroffenen, noch die Betroffenen, die zwar am 30. Juni 1990 alle Voraussetzungen für eine Einbeziehung erfüllt hatten, tatsächlich aber nicht einbezogen waren, nach den Regelungen der DDR mit einer Versorgung rechnen. Wenn bundesrechtlich jedoch einem Teil dieses Personenkreises, nämlich dem der ehemals einbezogenen, aber ausgeschiedenen Betroffenen, eine Anwartschaft zugebilligt wird, so muss nach dem BSG § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG verfassungskonform dahingehend ausgelegt werden, dass eine Anwartschaft auch dann besteht, wenn ein Betroffener aufgrund der am 30. Juni 1990 gegebenen Sachlage nach den zu Bundesrecht gewordenen abstrakt-generellen und zwingenden Regelungen eines Versorgungssystems aus bundesrechtlicher Sicht einen Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage gehabt hätte (BSG, Urteile vom 09. April 2002 - B 4 RA 31/01 R und B 4 RA 41/01 R). Der aus Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) abgeleitete rechtfertigende sachliche Grund für eine solche Auslegung ist darin zu sehen, dass bundesrechtlich wegen der zu diesem Zeitpunkt erfolgten Schließung der Versorgungssysteme am 30. Juni 1990 angeknüpft wird und es aus bundesrechtlicher Sicht zu diesem Zeitpunkt nicht auf die Erteilung einer Versorgungszusage, sondern ausschließlich darauf ankommt, ob eine entgeltliche Beschäftigung ausgeübt worden ist, derentwegen eine zusätzliche Altersversorgung vorgesehen war (zu Letzterem Urteile des BSG vom 24. März 1998 B 4 RA 27/97 R und 30. Juni 1998 B 4 RA 11/98 R).

Wie das Sozialgericht zutreffend ausgeführt hat, lagen beim Kläger im streitigen Zeitraum nicht die Voraussetzungen für eine Einbeziehung in die AVtI vor, denn das ZIB war weder ein volkseigener Produktionsbetrieb (der Industrie oder des Bauwesens) noch eine gleichgestellte Einrichtung.

Nach § 1 AVtI-VO wurde für die Angehörigen der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben über den Rahmen der Sozialpflichtversicherung hinaus eine Versorgungsversicherung eingeführt.

Weder die AVtI-VO noch die 2. DB zur AVtI-VO enthält eine Definition des volkseigenen Betriebes. § 1 Abs. 2 2. DB zur AVtI-VO bestimmt insoweit lediglich: Den volkseigenen Produktionsbetrieben werden gleichgestellt: Wissenschaftliche Institute; Forschungsinstitute; Versuchsstationen; Laboratorien; Konstruktionsbüros; Technische Hochschulen; Technische Schulen; Bauakademie und Bauschulen; Bergakademie und Bergbauschulen; Schulen, Institute und Betriebe der Eisenbahn, Schifffahrt sowie des Post- und Fernmeldewesens; Maschinenausleihstationen und volkseigene Güter, Versorgungsbetriebe (Gas, Wasser, Energie); Vereinigungen volkseigener Betriebe, Hauptverwaltungen und Ministerien.

§ 1 Abs. 2 2. DB zur AVtI-VO lässt damit aber erkennen, dass es als originären volkseigenen Betrieb im Sinne von § 1 AVtI-VO lediglich den volkseigenen Produktionsbetrieb ansieht. Das Bundessozialgericht (BSG) versteht darunter nach dem letzten maßgeblichen Sprachgebrauch der DDR nur volkseigene Produktionsbetriebe der Industrie und des Bauwesens (BSG, Urteil vom 09. April 2002, B 4 RA 41/01 R). In jenem Urteil hat das BSG ausgeführt, dass der versorgungsrechtlich maßgebliche Betriebstyp durch die drei Merkmale "Betrieb", "volkseigen" und "Produktion (Industrie, Bauwesen)" gekennzeichnet sei.

Ausgehend vom staatlichen Sprachgebrauch der DDR hat der Ausdruck "Betrieb" im Rahmen des Versorgungsrechts nur die Bedeutung, dass er wirtschaftsleitende Organe ausschließt (deswegen deren Gleichstellung in § 1 Abs. 2 2. DB zur AVtI-VO).

Eine wesentliche Eingrenzung erfolgt jedoch bereits durch das Merkmal "volkseigen". Dadurch beschränkt sich der Anwendungsbereich der AVtI auf Betriebe, die auf der Basis des gesamtgesellschaftlichen Volkseigentums gearbeitet haben, der wichtigsten Erscheinungsform des sozialistischen Eigentums.

Maßgebend ist der gesellschaftsrechtliche Status bzw. die Gesellschaftsform, wie das BSG im weiteren Urteil vom 09. April 2002 B 4 RA 3/02 R bezogen auf die Interflug GmbH entschieden hat.

Wird an dem gesellschaftsrechtlichen Status bzw. der Gesellschaftsform angeknüpft, ist ausgeschlossen, das ZIB als volkseigenen Betrieb anzusehen.

Aus dem vom Staatssekretariat für Körperkultur und Sport abgeschlossenen Arbeitsvertrag ergibt sich nämlich, dass es sich bei dem ZIB um eine nachgeordnete Einrichtung dieses Staatssekretariats, mithin um einen Teil der Staatsverwaltung, gehandelt hat.

Das ZIB ist auch nicht nach § 1 Abs. 2 2. DB zur AVtI-VO einem volkseigenen Produktionsbetrieb gleichgestellt.

In dieser Vorschrift wird das ZIB weder ausdrücklich erwähnt noch kann es unter die dort abschließend aufgezählten Einrichtungen subsumiert werden.

Bei § 1 Abs. 2 2. DB zur AVtI-VO handelt es sich um eine abschließende Aufzählung, die einer Erweiterung nicht zugänglich ist. Eine nachträgliche Korrektur der im Bereich der Zusatz- und Sonderversorgungssystem am 30. Juni 1990 gegebenen (abstrakt-generellen) Regelungen der DDR durch die vollziehende oder die rechtsprechende Gewalt ist, auch soweit diese in sich willkürlich sind, nicht zulässig. Der Einigungsvertrag (EV) hat grundsätzlich nur die Übernahme zum 03. Oktober 1990 bestehender Versorgungsansprüche und -anwartschaften von "Einbezogenen" in das Bundesrecht versprochen und Neueinbeziehungen ausdrücklich verboten (Anlage 2 zum EV Sachgebiet H, Abschnitt III, Nr. 9 Buchstabe a und a. a. O. Sachgebiet F, Abschnitt III, Nr. 8 i. V. m. § 22 Abs. 1 Rentenangleichungsgesetz RAG , wonach mit Wirkung vom 30. Juni 1990 die bestehenden Zusatzversorgungssysteme geschlossen wurden und keine Neueinbeziehungen mehr erfolgten). Eine Erweiterung des einbezogenen Personenkreises durch die vollziehende Gewalt oder die Rechtsprechung ist im Hinblick auf Art. 20 Abs. 3 GG, wonach die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung an Gesetz und Recht gebunden sind, verfassungswidrig (BSG, Urteil vom 09. April 2002 - B 4 RA 3/02 R). Aus bundesrechtlicher Sicht kommt es bei der Auslegung der 2. DB zur AvtI VO auch nicht auf die praktische Handhabung der Versorgungsordnung durch die DDR oder auf deren Verwaltungspraxis an. Damit wird ausgeschlossen, dass beliebige Umstände des von dem Text der Versorgungsordnung vorgegebenen Rahmens, die sich mangels gesicherter faktischer Beurteilungsgrundlage nicht willkürfrei erschließen lassen, bei der Auslegung herangezogen werden (BSG, Urteil vom 10. April 2002 - B 4 RA 34/01 R). Der Kläger wird daher auch nicht in seinem Grundrecht auf Gleichbehandlung nach Art. 3 Abs. 1 GG berührt.

Eine weitergehende verfassungskonforme Auslegung des § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG, also von bundesdeutschem Recht, ist nicht geboten. Ein Wertungswiderspruch entsteht nicht dadurch, dass für den Kläger keine Zeiten der Zugehörigkeit zur AVtI festgestellt werden, denn er hatte nie eine Rechtsposition inne, die mit der der beiden oben genannten Personengruppen vergleichbar war. Das Verbot der Neueinbeziehung würde unterlaufen, wenn § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG, ohne dass dies von Verfassungs wegen geboten ist, erweiternd ausgelegt würde (BSG, Urteil vom 09. April 2002 - B 4 RA 31/01 R).

Diese Rechtsprechung des BSG hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) nicht für verfassungswidrig gehalten (Beschluss vom 04. August 2004 - 1 BvR 1557/01). Es hat insoweit ausgeführt: "Es ist aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden, dass sich das BSG bei der Durchführung ... am Wortlaut der Versorgungsordnungen orientiert und nicht an eine Praxis oder an diese Praxis möglicherweise steuernde unveröffentlichte Richtlinien der Deutschen Demokratischen Republik anknüpft. Zwar wird dabei auf eine Weise verfahren, welche in der Deutschen Demokratischen Republik und der Umstände nicht allein maßgeblich für die Aufnahme in Zusatzversorgungen war. Die mit der Auslegung des AAÜG befassten Gerichte sind aber verfassungsrechtlich nicht gehalten, die in der Deutschen Demokratischen Republik herrschende Praxis der Aufnahme in Systeme der Zusatzversorgung, soweit sie dem Text der Zusatzversorgungssysteme entgegenstand, im gesamtdeutschen Rechtsraum fortzusetzen. Würde man unter Missachtung des Textes der Versorgungsordnung Kriterien für die Aufnahme in die Versorgungssysteme entwickeln, würde dies zwangsläufig zu neuen Ungleichheiten innerhalb der Versorgungssysteme und im Verhältnis der Versorgungssysteme zueinander führen." In weiteren Entscheidungen hat das BVerfG seine Auffassung bestätigt (Beschlüsse vom 08. September 2004 - 1 BvR 1697/02, 1 BvR 1735/03, 1 BvR 1094/03, 1 BvR 2359/02 und vom 12. Oktober 2004 - 1 BvR 1855/04).

Die Tatsache, dass möglicherweise verschiedene andere Mitarbeiter des ZIB Urkunden über eine zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz erhielten, führt gleichfalls nicht weiter. Zum Kreis der Versorgungsberechtigten gehörte nämlich ferner, wer aufgrund eines Einzelvertrages Anspruch auf eine Altersversorgung hatte (§ 1 Abs. 3 2. DB zur AVtI-VO). Damit kann nicht ausgeschlossen werden, dass andere Mitarbeiter aufgrund dieser Regelung, ohne die abstrakt-generellen Voraussetzungen der AVtI zu erfüllen, seinerzeit einbezogen wurden. Gegenüber diesem Personenkreis kann der Kläger eine Verletzung des Gleichheitssatzes des Art. 3 Abs. 1 GG nicht herleiten. Dieses Grundrecht ist nur dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten bei gleichem Sachverhalt willkürlich ungleich gegenüber einer Gruppe anderer Normadressaten behandelt wird. Es leuchtet jedoch ohne weiteres ein, das bereits ein unterschiedlicher Sachverhalt darin zu sehen ist, dass der Kläger im Unterschied zu dem genannten Personenkreis eine Urkunde über eine zusätzliche Altersversorgung nicht besitzt. Dem gegenüber kann der Kläger zwar einwenden, diese sei ihm in der DDR gleichheitswidrig vorenthalten worden. Mit dieser möglichen Argumentation wird jedoch verkannt, dass insoweit Art. 3 Abs. 1 GG überhaupt nicht anwendbar ist. Die Grundrechte des GG schützen vor Eingriffen der dem GG unterworfenen Staatsgewalt. In der DDR galt zweifelsohne das GG nicht. Für von Behörden der DDR vorgenommene Verletzungen von Grundrechten des Klägers haben die Bundesrepublik Deutschland und ihre Rechtsträger daher nicht einzustehen.

Soweit sich der Kläger gegenüber solchen Kollegen gleichheitswidrig behandelt fühlen sollte, denen keine Versorgungsurkunde erteilt worden war, deren Zugehörigkeit zur AVtI gleichwohl durch die Beklagte festgestellt worden sei, vermag der Senat dies nachzuvollziehen. Daraus folgt jedoch nicht, dass im Fall des Klägers in derselben Weise verfahren werden kann. Nach Art. 20 Abs. 3 GG sind die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung an Gesetz und Recht gebunden. Das vom Kläger erhobene Begehren bedeutet mithin, einen verfassungswidrigen Zustand herbeizuführen. Dies ist unzulässig. Vielmehr ist die Beklagte in einem solchen Fall aufgefordert zu prüfen, ob die den genannten Kollegen erteilten Bescheide über die Feststellung der Zugehörigkeit zur AVtI nach den Regeln des Verwaltungsverfahrensrechts wegen Rechtswidrigkeit zurückzunehmen sind. Die Schlussfolgerung des Klägers, wegen der Vielzahl der von der Beklagten erlassenen Bescheide über die Zugehörigkeit zur AVtI sei von einem rechtmäßigen Handeln der Beklagten auszugehen, ist unzutreffend. Rechtswidrige Entscheidungen werden nicht dadurch rechtmäßig, dass sie massenhaft erlassen wurden. Käme es darauf an, könnte die Verwaltung durch ihr gesetzwidriges Verhalten bestehende Gesetze ändern und damit selbst zum Gesetzgeber werden. Einem solchen Verständnis steht jedoch der genannte Art. 20 Abs. 3 GG entgegen.

Die Berufung muss daher erfolglos bleiben.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 SGG und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreits.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) nicht vorliegen. Die Rechtssache hat insbesondere keine grundsätzliche Bedeutung. Es ist keine Rechtsfrage zu entscheiden, die klärungsbedürftig ist.
Rechtskraft
Aus
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