L 11 KR 3795/06

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 11 KR 2949/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 3795/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage der Klägerin gegen den Bescheid der Beklagten vom 25.08.2006 wird abgewiesen.

Die Beklagte hat der Klägerin deren außergerichtliche Kosten im erstinstanzlichen und Revisionsverfahren sowie die Hälfte der außergerichtlichen Kosten im Berufungsverfahren zu erstatten, ansonsten sind außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte berechtigt ist, von den Versorgungsbezügen der Klägerin Beiträge nach dem vollen allgemeinen Beitragssatz zu erheben.

Die Klägerin ist bei der Beklagten in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR) pflichtversichert. Sie bezieht neben ihrer Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von 566,79 EUR ab 01.07.2002 eine Versorgung nach dem Beamtenversorgungsgesetz, die sich am 01.01.2004 auf EUR 2.868,88 belief. Bezüglich der Versorgung nach dem Beamtenversorgungsgesetz wurde bis zum 31.12.2003 gemäß § 248 Satz 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) in der bis zum 31.12.2003 gültigen Fassung i.V.m. § 229 Abs. 1 Nr. 1 SGB V nur der halbe Beitragssatz für die Bemessung der Beiträge zur Krankenversicherung zugrunde gelegt.

Nachdem der Versorgungsträger ab Januar 2004 die Beitragszahlung aus den Versorgungsbezügen unter Zugrundelegung des vollen Beitragssatzes ermittelt hatte, legte die Klägerin, da sie die gesetzliche Neuregelung für mit der Verfassung unvereinbar hält, mit Schreiben vom 03.02.2004 gegen den vollen Beitragssatz Widerspruch ein. Hilfsweise beantragte sie die Neufestsetzung ihres Krankenversicherungsbeitrags in der Form eines rechtsmittelfähigen Bescheides.

Hierauf teilte die Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 16.06.2004 mit, durch eine Neuregelung im Rahmen des "Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GMG)" erhöhe sich die Beitragsbemessung für Beiträge aus Versorgungsbezügen auf den vollen allgemeinen Beitragssatz, der am 01.07. des Vorjahres gegolten habe. Der Beitragssatz betrage nunmehr 14,9 %. Er werde von der Zahlstelle berechnet und abgeführt. Diese sozialpolitische Regelung gelte ab 01.01.2004 bindend für alle Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung.

Ihren dagegen erhobenen Widerspruch begründete die Klägerin damit, die zum 01.01.2004 in Kraft getretenen gesetzlichen Änderungen seien verfassungswidrig und dürften daher nicht angewandt werden. Es liege ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Artikel 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) sowie gegen das verfassungsrechtliche Übermaßverbot vor. Beziehern von Versorgungsbezügen werde ein unzulässiges Sonderopfer abverlangt. Außerdem handele es sich um eine verfassungswidrige unechte Rückwirkung, da auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte bzw. Rechtsbeziehungen für die Zukunft negativ eingewirkt werde. Durch die übergangslose gesetzliche Neuregelung werde das schützenswerte Vertrauen der Betroffenen missachtet.

Mit Widerspruchsbescheid vom 30.07.2004 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Sie verwies auf die ab 01.01.2004 gültige Fassung des § 248 SGB V und machte ergänzend darauf aufmerksam, dass das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 15.03.2000 - 1 BvL 16/96 -u.a. die Benachteiligung von ehemals freiwillig Versicherten (hinsichtlich des Ausschlusses von der KVdR) als verfassungswidrig erachtet und insoweit festgestellt habe, dass die Ungleichbehandlung in der Beitragsbelastung mit dem Gleichheitsgrundsatz nicht zu vereinbaren sei. Der Gesetzgeber sei aufgefordert worden bis zum 31.03.2002 eine Neuregelung zu erlassen. Dabei habe man es dem Gesetzgeber überlassen, ob er eine Änderung durch eine Neuregelung des Zugangs zur KVdR oder eine Änderung im Beitragsrecht durch Annäherung bei der Beitragsbemessung für pflicht- und freiwillig Versicherte vornehme. Der Gesetzgeber habe im wesentlichen mit einer Änderung des § 9 SGB V reagiert. Mit dem GMG habe der Gesetzgeber die Beitragsbelastung für alle Rentner gleich gestaltet.

Mit ihrer dagegen beim Sozialgericht Freiburg (SG) erhobenen Klage trug die Klägerin vor, für sie bedeute die übergangslose Verdoppelung des Beitragssatzes auf die Versorgungsbezüge eine Beitragsmehrbelastung in Höhe von EUR 200,- monatlich. Zusammen mit den erheblichen weiteren Belastungen, welche den Beamten und Beamtinnen durch denselben Gesetzgeber zugemutet würden, führe dies zu einer wesentlichen, ihre Lebensführung stark betreffenden Belastung. Die beitragsrechtliche Neuregelung verstoße gegen Artikel 3 Abs. 1 GG. Die Bezieher von Beamtenpensionen würden im Vergleich zu den Beziehern einer gesetzlichen Rente ungleich behandelt. Letztere würden von der hälftigen Beitragstragung durch den gesetzlichen Rentenversicherungsträger nach § 249 a SGB V oder § 106 SGB VI profitieren. Für sie gelte das nicht. Ihr werde ein Sonderopfer zugemutet. Die Ungleichbehandlung verstoße gegen das Übermaßverbot. Sie sei nicht verhältnismäßig im engeren Sinne. Das Sonderopfer stelle auch einen Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot dar und sei auch aus diesem Grunde verfassungswidrig. Es handele sich um eine verfassungswidrige unechte Rückwirkung, da in die laufende Rechtsbeziehung zwischen ihr und der gesetzlichen Krankenkasse eingegriffen werde. Bei der Güterabwägung sei ihrem Interesse am Fortbestand des bisherigen Zustandes ein ganz besonderes Gewicht einzuräumen. Auf jeden Fall ergebe sich die Verfassungswidrigkeit aus dem Fehlen jeglicher Übergangsregelung.

Mit Urteil vom 16.12.2004, den Bevollmächtigten der Klägerin zugestellt am 22.12.2004, wies das SG die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, der angefochtene Bescheid entspreche der gesetzlichen Neuregelung. Ein Verstoß gegen Verfassungsrecht sei insoweit nicht ersichtlich. Insbesondere ergäben sich keine Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen den Gleichheitssatz (Artikel 3 Abs. 1 GG). Bis zum 31.12.2003 seien versicherungspflichtige Rentner gegenüber freiwillig Versicherten ohne sachlich rechtfertigende Gründe privilegiert worden, indem auf deren Versorgungsbezüge nur ein Beitrag nach dem halben Beitragssatz erhoben worden sei. Erfasst würden nunmehr auch nicht nur alle Arten von Versorgungsbezügen, sondern auch von Arbeitseinkommen. Darin, dass versicherungspflichtige Rentner hinsichtlich der aus der gesetzlichen Rentenversicherung erhobenen Beiträge einen Beitragszuschuss erhalten würden, sei eine Ungleichbehandlung nicht zu sehen. Der Beitragssatz sei jeweils der gleiche. Unterschiedlich sei nur die Tatsache des Zuschusses. Bei dem Beitragszuschuss, den Bezieher von Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung zu ihrer Rente erhalten würden, handele es sich um eine besondere Leistung, die ihnen als Versicherte gewährt würde. Dieser Leistungsanspruch werde aufgrund einer Zahlung von Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung erworben. Eine entsprechende Beitragsleistung, die einen Anspruch auf Zahlung eines Beitragszuschusses begründen könnte, sei jedoch, soweit es um Einnahmen aus Versorgungsbezügen und Arbeitseinkommen gehe, nicht erfolgt. Die Neuregelung verletze auch nicht das Rechtsstaatsprinzip. Die Gesetzesänderung stelle eine verfassungsrechtlich nicht zu beanstandende unechte Rückwirkung dar. Eine Rücksichtnahme durch den Gesetzgeber könne unter Berücksichtigung aller Umstände nicht beansprucht werden, da mit der gesetzlichen Neuregelung die bis dahin sachlich nicht zu rechtfertigende Privilegierung versicherungspflichtiger gegenüber freiwillig versicherten Rentnern aufgehoben worden sei. Gemeinwohlinteressen rechtfertigten die vom Gesetzgeber beabsichtigte stärkere Belastung der versicherungspflichtigen Rentner. Mit der gesetzlichen Neuregelung beabsichtige der Gesetzgeber einen stärkeren Beitrag der Rentner zur Finanzierung der von dieser Versichertengruppe verursachten Leistungsaufwendungen. Die Aufrechterhaltung der Finanzierbarkeit der Sozialsysteme sei ein Gemeinwohlinteresse von wesentlicher Bedeutung.

Hiergegen richtete sich die am 20.01.2005 eingelegte Berufung der Klägerin. Unter Wiederholung ihres bisherigen Vorbringens wies sie ergänzend darauf hin, dass auch die Privilegierung von Leistungen bzw. Leistungsbeziehern der landwirtschaftlichen Rentenversicherung gemäß § 248 Satz 2 und 3 SGB V nicht zu rechtfertigen sei. Nach dieser Vorschrift werde auf Renten und Landabgaberenten aus der Alterssicherung der Renten weiterhin nur der halbe Beitragssatz angewendet. Außerdem sei das ganz offensichtlich tangierte rechtsstaatliche Vertrauensschutzprinzip nicht hinreichend gewürdigt worden. Der Gesetzgeber sei auch zu "unechten" Rückwirkungen nicht in beliebigem Umfang berechtigt. Das an den Tag gelegte rigorose Vorgehen unter Verzicht auf jegliche vertrauensschützende Übergangsregelung sei auch angesichts der notwendigen Finanzierbarkeit der Sozialsysteme und im Hinblick darauf, dass der Gesetzgeber einen stärkeren Beitrag der versicherungspflichtigen Rentner an deren Leistungsausgaben beabsichtigt habe, nicht gerechtfertigt. Als milderes Mittel zur Behebung von Finanzierungsschwierigkeiten hätten im Sinne der Verhältnismäßigkeit wie bei der gesetzlichen Rentenversicherung und der Bundesagentur für Arbeit Zuschüsse und Liquiditätshilfen aus Steuermitteln auch für die Krankenversicherung eingeführt werden können und müssen.

Mit Beschluss vom 18.04.2005, dem Bevollmächtigten der Klägerin zugestellt am 25.04.2005, wies der Senat die Berufung der Klägerin zurück: Ein Verstoß gegen Verfassungsrecht sei bezugnehmend auf die Ausführungen des SG nicht ersichtlich. Die Neuregelung sei auch unter dem Gesichtspunkt des Artikel 3 GG nicht zu beanstanden. Eine Rechtfertigung und sachliche Begründung dafür, dass die versicherungspflichtigen Mitglieder den Beitrag nach dem vollen Beitragssatz nach § 150 Abs. 1 Nr. 1 SGB V alleine tragen müssen, wohingegen bei Rentnern aus der gesetzlichen Rentenversicherung der Versicherungspflichtige und der Träger der Rentenversicherung den Beitrag je zur Hälfte tragen würden (§ 249 a SGB V) sei darin zu sehen, dass die gesetzliche Rentenversicherung aus ihrem Beitragsaufkommen selbst die Hälfte der Beitragslast zur Krankenversicherung zu tragen habe. Die unterschiedliche Behandlung im Hinblick auf Renten und Landabgaberenten sei dadurch gerechtfertigt, dass der Personenkreis der Landwirte aufgrund der in der Regel geringen Einkommensverhältnisse besonders schutzbedürftig sei. Auch ein Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip werde zu Unrecht gerügt. Es handele sich um keine unzulässige Rückwirkung. Eine Übergangsregelung, etwa eine schrittweise Anhebung des Beitragssatzes, sei nicht geboten gewesen.

Mit der vom LSG zugelassenen Revision verfolgte die Klägerin ihr Begehren weiter. Ergänzend wies sie darauf hin, sie könne sich der zusätzlichen Entwertung ihrer Alterseinkünfte auch nicht durch den Wechsel in ein anderes System der Krankenversicherung entziehen.

Mit Urteil vom 10.05.2006 hob das BSG die Urteile des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 18.04.2005 (gemeint wohl: Beschluss) und des Sozialgerichts Freiburg vom 16.12.2004 auf, soweit sie die angefochtenen Bescheide der Beklagten bestätigt haben. Der Bescheid der Beklagten vom 16.06.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30.07.2004 wurde ebenfalls aufgehoben und der Rechtsstreit im übrigen an das LSG zurückverwiesen.

Auf Nachfrage des Senats hat die Beklagte unter anderem mitgeteilt, dass sich der monatliche Versorgungsbezug der Klägerin ab 01.01.2004 auf 2.868,88 EUR, der Beitrag zur Krankenversicherung ab diesem Datum auf 427,46 EUR und der Beitrag zur Pflegeversicherung auf 24,39 EUR, insgesamt auf 451,85 EUR belaufe. Die Versorgungsbezüge würden vom Landesamt für Besoldung und Versorgung in Fellbach gezahlt.

Mit Bescheid vom 25.08.2006 setzte die Beklagte die Monatsbeiträge der Klägerin zur Krankenversicherung ab 01.01.2004 entsprechend ihrer Mitteilung an den Senat fest. Die Klägerin hat hiergegen Widerspruch eingelegt.

Mit Beschluss vom 16.08.2006 hat der Senat das Landesamt für Besoldung und Versorgung zum Verfahren beigeladen.

Die Klägerin beantragt (sinngemäß),

den Bescheid vom 25.08.2006 aufzuheben und festzustellen, dass die von ihr zu tragenden Beiträge zur Krankenversicherung aus dem vom Beigeladenen seit dem 01.01.2004 gezahlten Versorgungsbezug 213,73 EUR beträgt.

Die Beklagte beantragt (sinngemäß),

die Klage abzuweisen.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die erst- und zweitinstanzlichen Gerichtsakten sowie die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die nach den §§ 143, 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat im Einverständnis mit den Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist zulässig. Sie ist insbesondere statthaft, da die Rechtssache wiederkehrende Leistungen für mehr als ein Jahr, nämlich laufende Beiträge, betrifft.

Vorab ist darauf hinzuweisen, dass die Klägerin ihr Begehren auf Entrichtung von Beiträgen zur Krankenversicherung aus ihrem Versorgungsbezug ab 01.01.2004 nur in Höhe des halben Beitragssatzes zunächst im Wege der Feststellungsklage nach § 55 Abs. 2 SGG verfolgt hat. Diese Feststellungsklage war, nachdem bisher ein Verwaltungsakt bezüglich der Festsetzung der Höhe der Beiträge fehlte, zulässig. Die Klägerin hatte ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Höhe des Beitragssatzes. Nach Zurückverweisung des Rechtsstreits an das LSG hat die Beklagte mittlerweile jedoch den Bescheid vom 25.08.2006, in dem sie die ab 01.01.2004 zu entrichtenden Krankenversicherungsbeiträge festgelegt hat, erlassen. Dieser Bescheid wurde entgegen seiner Rechtsmittelbelehrung nicht gemäß § 96 SGG Gegenstand des Verfahrens. § 96 SGG bestimmt, dass für den Fall, dass nach Klageerhebung der Verwaltungsakt durch einen neuen abgeändert oder ersetzt wird, auch dieser neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens wird. Notwendig ist demnach, dass ein Verwaltungsakt durch einen neuen abgeändert oder ersetzt wird. Dies ist hier nicht der Fall. Der ursprüngliche Bescheid der Beklagten vom 16.06.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30.07.2004 wurde durch das BSG aufgehoben. Der neue Verwaltungsakt der Beklagten vom 25.08.2006 kann deshalb den bereits aufgehobenen Verwaltungsakt nicht ersetzen oder ergänzen. Die Klägerin hat jedoch die Möglichkeit, diesen Verwaltungsakt gesondert anzufechten oder ihr Begehren im Berufungsverfahren zu ändern und von der Feststellungs- zur Anfechtungsklage überzugehen. Das Begehren der Klägerin ist erkennbar darauf gerichtet, nur den halben Beitragssatz zu bezahlen. Durch die Einlegung des Widerspruchs hat sie dokumentiert, dass sie sich nunmehr (auch) gegen den Bescheid vom 25.08.2006 wendet. Aus ihrem Schriftsatz vom 13.09.2006 ergibt sich darüberhinaus, dass sie eine Einbeziehung des Bescheids in das Berufungsverfahren begehrt. Damit hat sie konkludent sowohl ihren Antrag geändert als auch einen neuen Sachverhalt in den Rechtsstreit eingeführt. Dies stellt eine Klageänderung dar. Gemäß § 99 SGG ist eine Klageänderung zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält. Dies ist hier der Fall. Abgesehen davon, dass der Schriftsatz der Beklagten vom 06.09.2006 wohl so zu verstehen ist, dass die Beklagte in die Änderung einwilligt, hält der Senat die Änderung auch für sachdienlich. Die Änderung führt dazu, dass der Streit zwischen den Beteiligten in einem Verfahren beigelegt und ein neuer Prozess vermieden wird (vgl. BVerwGE 65, 46 ff.; Leitherer in Meyer-Ladewig 8. Auflage 2005 § 99 Rd.-Ziff. 10). Dass die Beklagte bisher noch keinen Widerspruchsbescheid erlassen hat, ändert an der Zulässigkeit der geänderten Klage nichts. Es ist gerade im Sinne des § 99 Abs. 1 und 2 SGG, aus prozessökonomischen Gründen Streitgegenstände in ein laufendes Gerichtsverfahren einzubeziehen, obwohl noch kein förmliches Verfahren durchgeführt worden ist. Das Vorverfahren wird durch die bisherige Einlassung der Beklagten ersetzt. Die Beklagte hat sich in der Sache schon eindeutig geäußert und festgelegt (vgl. BSG in SozR 3 - 2500 § 85 Nr. 12; BSG SozR 3 - 3870 § 13; Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht, Urteil vom 05.10.2000 - L 5 KG 2/00 -). Über diesen Streitgegenstand entscheidet der Senat im Wege der Klage.

Die Klage ist indessen unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 25.08.2006 ist nicht aufzuheben. Es ist nicht festzustellen, dass der von der Klägerin ab 01.01.2004 aus ihrem Versorgungsbezug zu entrichtende Beitrag zur Krankenversicherung 213,73 EUR beträgt. Die Bemessung des Beitrags aus dem Versorgungsbezug ergibt sich ab 01.01.2004 aus § 248 V n.F ... Hiervon ausgehend hat die Beklagte nunmehr mitgeteilt, dass der Beitrag der Klägerin zur Krankenversicherung, nachdem sie zwischen 01.01.2004 und 31.03.2004 monatliche Versorgungsbezüge in Höhe von 2.868,88 EUR bezog, 427,46 EUR, vom 01.04.2004 bis 31.12.2004 bei einem Versorgungsbezug in Höhe von 2.872,37 EUR 427,98 EUR, vom 01.01.2005 bis 31.03.2005 bei einem Versorgungsbezug in Höhe von 2.899,15 EUR 431,97 EUR, vom 01.04.2005 bis 31.12.2005 bei einem Versorgungsbezug in Höhe von 2.866,58 EUR 421,39 EUR und seither bei einem Versorgungsbezug in Höhe von 2.874,72 EUR 422,58 EUR betrug bzw. beträgt. Die Bemessung der Beiträge entspricht dem jeweils anzusetzenden (vollen) allgemeinen Beitragssatz der Beklagten. Dies beruht auf § 248 Satz 1 SGB V i.d.F. des Artikel 1 Nr. 148 a des GKV-Modernisierungsgesetzes (GMG) vom 14.11.2003. Danach gilt bei Versicherungspflichtigen für die Bemessung der Beiträge aus Versorgungsbezügen der jeweils am 01.07. geltende allgemeine Beitragssatz ihrer Krankenkasse für das folgende Kalenderjahr. In Anwendung dieser Vorschriften ist der Betrag des Beitrags aus dem Versorgungsbezug unter Beachtung des satzungsmäßigen allgemeinen Beitragssatzes der Beklagten rechnerisch zutreffend festgestellt. Beachtet wurde ab 01.04.2005 auch, dass nunmehr für die Bemessung der Beiträge aus Versorgungsbezügen der nach § 247 Abs. 1 SGB V geltende allgemeine Beitragssatz der Krankenkasse gilt.

Diese ab 01.01.2004 geltende gesetzliche Regelung ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Hiervon ist der Senat auch unter Berücksichtigung der Tatsache überzeugt, dass § 248 SGB V n.F., mit der Anordnung des vollen allgemeinen Beitragssatzes faktisch eine Verdoppelung der Beiträge aus Versorgungsbezügen bewirkt.

Dies hat der Senat bereits mit Urteil vom 25.01.2005 - L 11 KR 4452/04 - entschieden. Auch das BSG hat in seinen Entscheidungen vom 24.08.2005 - B 12 KR 29/04 R - und vom 10.05.2006 (vgl. B 12 KR 6/05 R, B 12 KR 5/04, B 12 KR 13/05 R, B 12 KR 9/05 R, B 12 KR 3/05 R, B 12 KR 7/05 R, B 12 KR 21/05 R) bestätigt, dass § 248 SGB V in der ab 01.01.2004 geltenden Fassung nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 GG und die Eigentumsgarantie des Art. 14 GG verstößt und die Verdoppelung der Beitragslast auf Versorgungsbezüge und Arbeitseinkommen durch § 248 SGB V n.F. auch Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem rechtsstaatlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes, soweit die Regelung Rentner wie die Klägerin betrifft, die schon bisher eine Rente bezogen haben, nicht verletzt. Diesen Entscheidungen schließt sich der Senat an.

Art. 3 Abs. 1 GG enthält das Gebot, Gleiches gleich, Ungleiches seiner Eigenart entsprechend verschieden zu behandeln (BVerfGE 71, 255, 271) und ist insbesondere dann verletzt, "wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders und nachteilig behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten" (BVerfGE 103, 271, 289 = SozR 3 - 3300 § 23 Nr. 3 S. 9) und "sich für eine Ungleichbehandlung kein in angemessenem Verhältnis zu dem Grad der Ungleichbehandlung stehender Rechtfertigungsgrund finden lässt" (BVerfGE 102, 69, 87 = SozR 3 - 2500 § 5 Nr. 42 S. 184). Vor Inkrafttreten des SGB V war auf die von § 248 a.F. erfassten beitragspflichtigen Einnahmen (Versorgungsbezüge und Arbeitseinkommen) nur ein halber Beitragssatz anzuwenden. Die Regelung verfolgte das Ziel, Versicherungspflichtige mit Beiträgen aus Versorgungsbezügen und Arbeitseinkommen, die sie allein zu tragen haben (§ 250 Abs. 1 SGB V) nicht höher zu belasten als in der Regel versicherungspflichtig Beschäftigte und versicherungspflichtige Rentenbezieher mit Beiträgen aus Arbeitsentgelt bzw. aus Rente der gesetzlichen Rentenversicherung belastet sind. Die Regelung führte zwar zu einer Gleichbehandlung der Versorgungsbezüge und Arbeitseinkommen mit dem Arbeitsentgelt aus der Sicht der beitragspflichtigen Versicherten, aber zwangsläufig zu einer Ungleichbehandlung der Versorgungsbezüge und Arbeitseinkommen im Verhältnis zum Arbeitsentgelt und der Rente aus Sicht der beitragserhebenden Krankenkassen, da sie Beiträge aus Versorgungsbezügen und Arbeitseinkommen nur in Höhe der Hälfte der Beiträge erhielten, die sie aus anderen gleich hohen beitragspflichtigen Einkünften der versicherungspflichtigen oder versicherungsfreien Mitglieder erhielten. § 248 SGB V a.F. führte mithin zu unausgewogenen Beitragseinnahmen der Krankenkassen im Verhältnis der Versichertengruppen zueinander, da die freiwillig Versicherten stets die Beiträge nach dem vollen Beitragssatz allein tragen müssen (vgl. BSG Urteil vom 24.08.2005 - B 12 KR 29/04 R -). § 248 Satz 1 SGB V n.F. führt jetzt zu einer Gleichbehandlung der beitragspflichtigen Einkunftsarten aus der Sicht der beitragserhebenden Krankenkassen, aber aus der Sicht der Versicherungspflichtigen zu einer ungleichen Beitragslast bei den verschiedenen Einkunftsarten, da Dritte an der Beitragstragung weiterhin nicht beteiligt sind. Insoweit gibt es jedoch weder einen Grundsatz, dass Versicherungspflichtige die Beiträge aus ihren beitragspflichtigen Einkünften im Ergebnis stets nur zur Hälfte tragen müssten, noch war der Gesetzgeber gehalten, die Ungleichbehandlung im Verhältnis zu den anderen Einkunftsarten für die Zukunft beizubehalten, um damit mittelbar eine Gleichbehandlung aller Einkunftsarten bei der Beitragslast der Versicherungspflichtigen zu erreichen (vgl. BSG vom 10.05.2006 a.a.O.).

Bereits im Rahmen seiner Entscheidung zur Verfassungsmäßigkeit der Beschränkung der Zugangsmöglichkeiten zur KVdR durch § 5 Abs. 1 Nr. 11 Halbsatz 1 SGB V in der Fassung es Gesetzes zur Sicherung und Strukturverbesserung der gesetzlichen Krankenversicherung (GSG) vom 21.12.1992 (BGBl. I S. 2266) hatte das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) auch § 248 SGB V a.F. beanstandet, nämlich die nicht begründete unterschiedliche beitragsrechtliche Belastung der Versorgungsbezüge, und darauf verwiesen, dass die beitragsrechtlich unterschiedliche Behandlung des Einkommens freiwilliger und pflichtversicherter Mitglieder in der gesetzlichen Krankenversicherung bedenklich erscheine (Beschluss vom 15.03.2000 - 1 BV 16/96 - = SozR 3 - 2500 § 5 Nr. 42 S. 188). Denn § 248 SGB V a.F. hatte zur Folge, dass nur die freiwillig Versicherten aus diesem beitragspflichtigen Einkommen einen vollen Beitrag leisten mussten, was unter Gleichbehandlungsgründen nicht unproblematisch war (so auch Peters, Kasseler Kommentar, § 248 SGB V Rdnr. 8).

Für die Aufgabe der Halbierung des Beitragssatzes durch das GMG gibt es auch sachliche Gründe, denn damit wurde das legitime Ziel verfolgt, Rentner mit Versorgungsbezügen und Arbeitseinkommen in angemessenem Umfang an der Finanzierung der Leistungsaufwendungen zu beteiligen, um so das solidarisch finanzierte Krankenversicherungssystem zu erhalten, ohne einerseits die Lohnnebenkosten durch weitere Beitragssatzanhebung zu steigern und ohne andererseits Leistungen rationieren zu müssen (BT-Drucks. 15/1525 S. 1, 140). Das Bestreben einer Entlastung der jüngeren Versichertengeneration von der Finanzierung des höheren Aufwandes für Rentner und die verstärkte Heranziehung der Rentner zur Finanzierung entsprechend ihrem Einkommen ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (vgl. BVerfG, Urteil vom 16.07.1985 - 1 BV 115/80; BVerfGE 69, 272, 313 = SozR 2200 § 165 Nr. 81 S. 134). Denn die Beitragsdeckungsquote von den Leistungen in der KVdR war von ca. 70 v.H. im Jahr 1973 stetig gesunken auf eine Quote von 43 v.H., weshalb es ein Gebot der Solidarität der Rentner mit den Erwerbstätigen war, den Finanzierungsanteil der Erwerbstätigen nicht noch höher werden zu lassen.

Somit besteht zum einen ein sachlicher Grund für die mittelbare Erhöhung der Beitragslast durch Erhebung des vollen Beitragssatzes auf Versorgungsbezüge und Arbeitseinkommen, zum anderen beseitigt die Neuregelung gerade die bis zu diesem Zeitpunkt bestehenden Ungleichheiten, nämlich dass die Krankenkasse nur bei versicherungspflichtigen Mitgliedern und nur auf deren Versorgungsbezüge und Arbeitseinkommen lediglich einen Beitrag nach dem halben Beitragssatz erhob, während sie sonst einen Beitrag nach dem vollen Beitragssatz berechnete. Das heißt, die schwer verständliche Privilegierung der versicherungspflichtigen Rentner gegenüber den freiwillig versicherten Rentnern wurde beseitigt, die seit jeher einen Beitrag nach dem vollen Beitragssatz zu zahlen hatten. Schließlich wurde auch die Inkongruenz zur sozialen Pflegeversicherung behoben, wo auch bei versicherungspflichtigen Mitgliedern schon bisher der volle Beitragssatz anzuwenden war (BSG SozR 3 - 3300 § 55 Nr. 3).

Etwas anderes ergibt sich auch nicht deshalb, weil Leistungsbezieher der landwirtschaftlichen Rentenversicherung weiterhin privilegiert werden. Abgesehen davon, dass, eine gegen Art. 3 GG verstoßende Ungleichbehandlung nicht zur Folge hätte, dass auch die Klägerin weiterhin nur den halben Beitragssatz zu entrichten hätte, ist die Beibehaltung des halben Beitragssatzes im Rahmen der Alterssicherung der Landwirte zumindest derzeit noch dadurch gerechtfertigt, dass der Personenkreis der Landwirte aufgrund der in der Regel geringeren Einkommensverhältnisse besonders schutzbedürftig ist. Dies zeigt sich auch darin, dass für diesen Personenkreis die eigene Versicherung in der landwirtschaftlichen Alterskasse begründet wurde. Außerdem ist zu beachten, dass sowohl diese Renten als auch die landwirtschaftlichen Krankenkassen, der die Landwirte als Empfänger dieser Renten regelmäßig angehören, durch Zuschüsse des Bundes mitfinanziert werden. Eine Erhöhung der Beitragslast aus der Rente bewirkte wegen der erhöhten Einnahmen einen verminderten Zuschussbedarf der Krankenversicherung. Als Folge wäre die Forderung nach entsprechender Erhöhung der im wesentlichen nicht beitragsgedeckten Rentenleistung durch entsprechende Erhöhung des Zuschusses zu den Aufwendungen der Alterskassen zu erwarten. Zur Vermeidung dieses Verschiebens von Zuschüssen erscheint die jetzige Regelung nicht sachwidrig.

An der Zumutbarkeit der jetzigen Beitragslast auf Versorgungsbezüge ändert es nichts, dass die Belastung der Klägerin im Einzelfall aufgrund des hohen Anteils der Versorgungsbezüge am individuellen Alterseinkommen sehr groß ist. Denn bei der Ordnung von Massenerscheinungen können typisierende und generalisierende Regelungen notwendig sein. Dabei entstehende Härten und Ungerechtigkeiten müssen hingenommen werden. Zu beachten ist insoweit auch, dass die Klägerin bei monatlichen Versorgungsbezügen in Höhe von über 2.800,- EUR neben einer Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von über 550,- EUR auch bei einem zu entrichtenden Beitrag zur gesetzlichen Krankenversicherung in Höhe von 427,46 EUR keinesfalls bedürftig wird.

Die Verdoppelung der Beitragslast auf Versorgungsbezüge durch § 248 SGB V n.F. verletzt auch nicht Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem rechtsstaatlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes, soweit die Regelung Rentner wie die Klägerin trifft, die schon bisher eine Rente bezogen haben. Das Vertrauen der Versicherten auf den Fortbestand einer günstigen Rechtslage ist in der Regel zwar hoch einzuschätzen. Ein schutzwürdiges Vertrauen der Rentenbezieher auf den Fortbestand der für sie günstigen Beitragslastregelung hinsichtlich der Versorgungsbezüge bestand aber nicht. Der Gesetzgeber hat in der Krankenversicherung in der Vergangenheit wiederholt Änderungen hinsichtlich der Beitragspflicht angeordnet. Der Ausschluss der Bestandsrentner von der Erhöhung der Beitragslast hätte eine lang dauernde Ungleichbehandlung zwischen Gruppen von versicherungspflichtigen Rentnern zur Folge gehabt und die angestrebte Erhöhung der Einnahmen erst in vielen Jahren tatsächlich wirksam werden lassen. Es ist deshalb nicht zu beanstanden, wenn der Gesetzgeber eine sofortige Gleichbehandlung aller versicherungspflichtigen Rentner angeordnet hat und keine Übergangsregelung vorsah.

Auch die Eigentumsgarantie des Art. 14 GG gebietet keinen Schutz vor Beitragsänderungen (vgl. BSG SozR 3 - 2500 § 240 Nr. 30 S. 136). Der Anspruch auf die Versorgungsrente selbst bleibt unberührt.

Damit hat die Klägerin keinen Anspruch auf Aufhebung des Bescheids vom 25.08.2006 und Feststellung, dass ihr monatlicher Beitrag zur Krankenversicherung seit dem 01.01.2004 213,73 EUR beträgt, weshalb die Klage unbegründet und deshalb abzuweisen ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Sie berücksichtigt, dass die Klägerin bis zum Revisionsverfahren mit ihrem Begehren erfolgreich war.

Gründe für die Zulassung der Revision sind, nachdem von den Entscheidungen des BSG nicht abgewichen wird, nicht gegeben.
Rechtskraft
Aus
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