Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 7 U 1322/03
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 U 2816/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 11. Mai 2005 sowie der Bescheid vom 9. Januar 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. Juni 2003 aufgehoben.
Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin in beiden Rechtszügen.
Tatbestand:
Im Streit steht die Gewährung einer Verletztenrente.
Die 1968 geborene Klägerin war seit März 1996 bei der Caritas R. als Diplom-Sozialarbeiterin beschäftigt.
Am 24. Juli 1997 ging bei der Beklagten die Unfallanzeige des Arbeitgebers ein. Darin wurde ausgeführt, die Klägerin habe am 7. Juli 1997 gegen 20.15 Uhr ihre Wohnung verlassen, um ab 20.30 Uhr einen dienstlichen Termin wahrzunehmen. Während sie die Treppe hinab gegangen sei, sei sie gestolpert und gestürzt. Sie habe sich dabei am rechten Knie verletzt. Im Durchgangsarztbericht vom 9. Juli 1997 berichtete Dr. S., St. E. Krankenhaus, R., röntgenologisch sei ein Abriss des Processus intercondylaris der Tibia festgestellt worden (knöcherner Ausriss des vorderen distalen Kreuzbandes), die luxierte Patella sei von den Rettungssanitätern vor Ort reponiert worden. Die Klägerin wurde am 8. Juli 1997 operiert.
Im H-Arztbericht vom 19. August 1997 berichtete der Facharzt für Orthopädie Dr. B. über eine deutliche Muskelverschmächtigung der Quadricepsmuskulatur, ein Streckdefizit von 10 Grad, Beugung bis 95 Grad möglich bei Teilbelastung an zwei Unterarmgehstützen mit 10 kg Teilbelastung.
Im Rahmen der weiteren Sachverhaltsaufklärung, auch zur Frage, ob überhaupt ein versicherter Arbeitsunfall vorliege, zog die Beklagte u.a. die Akten der Hanseatischen Ersatzkasse, bei der die Klägerin versichert war, bei. In der Entlassungsanzeige des Krankenhauses St. E. war u.a. aufgeführt, dass bei der Klägerin eine hereditäre Neuropathie (Charcot-Marie-Tooth-Erkrankung) mit Geheinschränkung vorbestanden habe und daher eine intensive Krankengymnastik empfehlenswert sei.
Im ausführlichen Krankheitsbericht der Rehabilitationsklinik S., Dr. Dipl. Ing. S./Dr. B./Stationsarzt F., vom 16. Februar 1998 wurde über den Verlauf der stationären Rehabilitationsmaßnahme vom 30. Juli bis 27. August 1997 berichtet. U.a. war darin aufgeführt, bei der Klägerin liege eine Charcot-Marie-Tooth-Erkrankung mit Ballenhohlfußbildung beidseits mit nach distal zunehmender Hyposensibilität im Bereich der unteren Extremitäten und einer ausgeprägten Muskelathrophie beider Unterschenkel mit Knieinstabilität vor. Nach Angaben der Klägerin sei es auf Grund der Grunderkrankung bereits in der Vorgeschichte zu rezidivierenden Stürzen gekommen.
In seiner beratungsärztlichen Stellungnahme für die Beklagte vom 10. März 1998 führte der Arzt für Chirurgie/Unfallchirurgie Dr. K. aus, die Klägerin habe sich bei einem Treppensturz neben einer Patellaluxation auch einen knöchernen Kreuzbandausriss, einen Innenbandriss sowie einen Riss des Pes anserinus rechts zugezogen. Unfallunabhängig bestehe eine Charcot-Marie-Tooth-Erkrankung. Über das Ausmaß der Erkrankung finde sich in den Akten kein Hinweis, eine Mitwirkung bei dem Sturz vom 7. Juli 1997 sei aber sicherlich zu diskutieren. Die Krankheitsanlage allein schließe aber nicht aus, dass der Körperschaden durch das Ereignis vom 7. Juli 1997 rechtlich wesentlich verursacht worden sei. Unter diesem Gesichtspunkt empfehle er eine Zusammenhangsbegutachtung.
Im ersten Rentengutachten vom 12. Mai 1998 führte der Chefarzt der Abteilung für Unfallchirurgie mit Sektion Orthopädie Dr. S., Krankenhaus St. E., R., aus, als wesentliche Unfallfolgen bestünden eine nach operativer Versorgung einer komplexen Bandverletzung des rechten Kniegelenks verbliebene Restinstabilität, eine Beweglichkeitseinschränkung im rechten Kniegelenk, eine Muskelverschmächtigung des rechten Oberschenkels im Vergleich zur linken Seite, eine im Bereich des rechten Kniegelenks 12 cm lange, schräg verlaufende Narbe, weitere punktförmige Narben in Höhe des Gelenkspaltes innen- und außenseitig sowie eine weitere punktförmige Narbe nach Ausleitung einer Drainage und anteilige Störungen des Gangbildes. Bei der Beschreibung des Betastungsbefundes sowie des Gang- und Standbildes wurde ausgeführt, dass unfallunabhängig die Beweglichkeit in den oberen und unteren Sprunggelenken beiderseits stark eingeschränkt sei, die Beweglichkeit im rechten Kniegelenk im Vergleich zum linken für die Streckung und Beugung eingeschränkt. Ein rechtsseitiges Hinken sei beim Barfußgang bemerkbar, ebenso ein gestörter Abrollvorgang im rechten Kniegelenk. Unfallunabhängig bestehe eine Charcot-Marie-Tooth-Erkrankung mit Fußfehlstellung beidseits und Störungen des Gangbildes sowie eine X-Fehlstellung beider Beine. Die Erwerbsfähigkeit sei vom 29. September bis 31. Dezember 1997 um 40 v.H., vom 1. Januar bis 12. Mai 1998 um 30 v.H. und vom 12. Mai 1998 bis 30. April 1999 um 20 v.H. gemindert. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) betrage voraussichtlich laufend noch 20 v.H.
Mit Bescheid vom 2. September 1998 erkannte die Beklagte den Unfall als Arbeitsunfall an und gewährte eine Rente als vorläufige Entschädigung ab 29. September 1997 nach einer MdE um 40 v.H. vom 29. September bis 31. Dezember 1997, um 30 v.H. für die Zeit vom 1. Januar bis 12. Mai 1998 und ab 13. Mai 1998 um 20. v.H. Als Unfallfolgen wurden anerkannt: "Nach operativ versorgter komplexer Bandzerreißung des rechten Kniegelenks und Verrenkung der Kniescheibe: Muskelschwäche des Oberschenkels, Bewegungseinschränkung des Kniegelenkes, verbliebene Restinstabilität, Schwellneigung des Kniegelenks, ein Teil der Gangbehinderung, Narben, formbildende Veränderungen, noch einliegendes Operationsmaterial".
Im zweiten Rentengutachten vom 13. November 1998 führte Dr. S. aus, die vorbeschriebenen Unfallfolgen bestünden fort. Im Vergleich zur Voruntersuchung sei die Beweglichkeit zwar etwas gebessert, es finde sich jedoch unverändert eine Muskelverschmächtigung des rechten Oberschenkels und jetzt auch des rechten Unterschenkels. Die Innenbandinstabilität habe im Vergleich zur Voruntersuchung eher zugenommen, insgesamt sei keine wesentliche Änderung eingetreten. Die MdE betrage nach wie vor 20 v.H. Mit einer wesentlichen Änderung sei nicht mehr zu rechnen.
Im weiteren Rentengutachten vom 3. Juli 2000 zur Feststellung einer Dauerrente führte Dr. S. aus, es bestehe nach wie vor eine MdE um 20 v.H. Es finde sich eine leichte Verdickung des rechten Kniegelenks im Vergleich zur linken Seite sowie eine Muskelverschmächtigung des rechten Ober- und Unterschenkels. Die Fußsohlenbeschwielung sei rechts im Vergleich zur linken Seite herabgesetzt, die Beweglichkeit im rechten Kniegelenk im Vergleich zur linken Seite für die Beugung und Streckung eingeschränkt. Am rechten Kniegelenk sei unverändert zur Voruntersuchung in 30 Grad Beugestellung eine vermehrte innenseitliche Aufklappbarkeit nachweisbar, bei der Beugung würden rechts heftige Bewegungsschmerzen mitgeteilt. Der Lachmann-Test sei rechts 1 positiv, das Zohlen-Zeichen beidseits positiv, rechts bestehe ein leicht vermehrtes vorderes Schubladenzeichen. Als Umfangmaße wurden mitgeteilt 20 cm oberhalb des inneren Kniegelenkspalts rechts 42 cm, links 43 cm, 10 cm oberhalb des inneren Kniegelenkspalts rechts 36 cm, links 36 cm, in der Kniescheibenmitte 34/33 cm, 15 cm unterhalb des inneren Kniegelenkspalts beidseits 31 cm. Die Beweglichkeit für Streckung/Beugung wurde rechts und links mit 10/0/140 angegeben.
Mit Bescheid vom 7. September 2000 stellte die Beklagte eine Rente auf unbestimmte Zeit nach einer MdE um 20 v.H. fest.
Im Verfahren zur Rentennachprüfung erstellte unter dem 8. November 2002 Prof. Dr. Dr. S., Chirurgische Klinik des Städtischen Krankenhauses F., unter Berücksichtigung des röntgenologischen Gutachtens des PD Dr. T. vom 9. Oktober 2002 ein weiteres Rentengutachten. Röntgenologisch wurde über Zeichen eines Risses des Vorderhorns des Außenmeniskus bis zur Meniskusunterfläche reichend berichtet, eine irreguläre Abgrenzbarkeit des vorderen Kreuzbandes, welches ein unauffälliges signalarmes Verhalten aufweise (Befund sei mit einer älteren abgeheilten Zerrung vereinbar), über einen Hochstand und eine laterale Subluxation der Patella mit Zeichen einer leichten Chondromalazie im lateralen Anteil des retropatellaren Gelenkknorpels, eine Verschmälerung des Gelenkknorpels im medialen Femurkondylus sowie im ventralen Anteil des lateralen Femurkondylus im Sinne einer beginnenden Arthrose, die jedoch röntgenologisch nicht zu einer manifesten Verschmälerung des Gelenkspaltes geführt habe, sowie über Zeichen von Metallabrieb im ventralen lateralen Anteil des medialen Tibiakondylus sowie medial in der proximalen Tibiametaphyse. Prof. Dr. Dr. S. führte zusammenfassend aus, es bestehe eine Instabilität nach operativer Versorgung der komplexen Bandverletzung. Im MRT-Befund sei eine erhebliche Beschädigung des Gelenks sichtbar. Des Weiteren bestehe eine leichte Störung des Gangbildes. Im Vergleich zur Voruntersuchung finde sich keine deutliche Verschmälerung der Oberschenkelmuskulatur mehr, die Beweglichkeit des rechten Kniegelenks habe sich deutlich verbessert. Beim Durchbewegen fänden sich keine Schmerzen, rechts bestehe in Streckstellung keine Aufklappbarkeit. Der Lachmann-Test sei positiv, es finde sich eine leichte vordere Schublade. Die von der Klägerin geschilderten Beschwerden seien aufgrund der MRT-Befunde glaubhaft und nachvollziehbar. Die MdE belaufe sich deshalb weiter auf 20 v.H. Als Umfangmaße wurden mitgeteilt 20 cm oberhalb des inneren Kniegelenkspalts rechts 43,5 cm, links 42,5 cm, 10 cm oberhalb des inneren Kniegelenkspalts rechts 35 cm, links 34,5 cm, in der Kniescheibenmitte beidseits 32,5 cm, 15 cm unterhalb des inneren Kniegelenkspalts beidseits 33 cm. Die Beweglichkeit für Streckung/Beugung wurde rechts und links mit 5/0/150 angegeben.
Nachdem sich Dr. K. als beratender Arzt dahingehend geäußert hatte, es sei angesichts der bestehenden Beweglichkeit eine Herabsetzung der MdE auf 10 v.H. gerechtfertigt und nach Anhörung der Klägerin entzog die Beklagte mit Bescheid vom 9. Januar 2003 mit Ablauf des Monats Januar 2003 die Rente, da sich die dem Bescheid vom 7. September 2000 zugrunde liegenden Verhältnisse wesentlich geändert hätten. Die Muskelschwäche des Beines und die Schwellneigung des Kniegelenks bestünden nicht mehr, das Kniegelenk sei voll beweglich.
Dagegen erhob die Klägerin Widerspruch und machte u.a. geltend, von Seiten der Gutachter sei nach wie vor eine MdE um 20 v.H. für berechtigt erachtet worden. Im Übrigen habe sich der Befund nicht verbessert, es drohe vielmehr eine (weitere) Verschlimmerung. Sie könne auch nicht nachvollziehen, dass die Stellungnahme von Prof. Dr. Dr. S. mit einem Satz des Beratungsarztes hinfällig sein solle.
Im Widerspruchsverfahren wurde die Klägerin aufgefordert, sich erneut begutachten zu lassen. Dies lehnte die Klägerin ab, da das Gutachten von Prof. Dr. S. vorliege.
Mit Widerspruchsbescheid vom 17. Juni 2003 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch zurück. Man habe sich der MdE-Einschätzung des Prof. Dr. S. nicht anschließen können. Es werde zwar nicht bestritten, dass die von der Klägerin geklagten Beschwerden im Bereich des rechten Kniegelenks noch vorlägen. Jedoch sei die Rentenbegutachtung in erster Linie Funktionsbegutachtung. Da bei ihr jedoch keine wesentlichen funktionellen Einschränkungen mehr vorliegen würden, sei die Rente zu entziehen.
Mit Schreiben vom 4. Juli 2003 wandte sich die Klägerin erneut an die Beklagte und teilte mit, eine deutliche Verschlechterung der Unfallfolgen sei eingetreten. Die Beschwerden und Funktionseinschränkungen hätten stark zugenommen. Sie stelle daher einen Verschlechterungsantrag. Dieser wurde mit Bescheid vom 9. September 2003 abgelehnt.
Am 7. Juli 2003 erhob die Klägerin Klage zum Sozialgericht Konstanz (SG). Im Auftrag des SG erstattete unter dem 9. Dezember 2003 Prof. Dr. S., Unfallchirurgie der Chirurgischen Universitätsklinik U., ein chirurgisch-orthopädisches Gutachten. Dieser führte u.a. aus, dass aus seiner Sicht ein neurologisches Gutachten erforderlich sei, das zum Ausmaß der Gehbehinderung durch die Vorerkrankung Stellung nehme. Er habe bei seiner Untersuchung eine Operationsnarbe, eine minimale Streckbehinderung im rechten Knie, eine Beugebehinderung im rechten Knie gegenüber links von 15 Grad sowie eine Muskelverschmächtigung am rechten Oberschenkel feststellen können. Darüber hinaus teilte er eine minimal stärkere Verschieblichkeit des rechten Kniegelenks (mit Schmerzäußerung der Klägerin) mit. Das Zohlenzeichen sei rechts angedeutet positiv, es bestünden leicht gelockerte Außenbänder beidseits, die aber muskulär kompensierbar seien. Das vordere Kreuzband sei rechts um 1 cm gelockert, aber auch dieses muskulär kompensierbar. Die Unfallfolgen würden eine MdE um 10 v.H. rechtfertigen. Als Umfangmaße wurden mitgeteilt 20 cm oberhalb des inneren Kniegelenkspalts rechts 46 cm, links 47 cm, 10 cm oberhalb des inneren Kniegelenkspalts rechts 37,5 cm, links 38,5 cm, in der Kniescheibenmitte 33,5/33 cm, 15 cm unterhalb des inneren Kniegelenkspalts 33/32,5 cm. Die Beweglichkeit für Streckung/Beugung wurde rechts mit 0/5/110, links mit 0/0/135 angegeben.
Prof. Dr. Dr. Dipl. Ing. W., Ärztlicher Direktor der Klinik für Neurologie im Bezirkskrankenhaus G., beschrieb in seinem daraufhin in Auftrag gegebenen neurologischen Gutachten vom 28. März 2004 eine Gangstörung bei hereditärer motorisch-sensibler Neuropathie, auf chirurgischem Fachgebiet Schmerzen nach komplexer Verletzung des rechten Kniegelenks. Mit Ausnahme einer Hypästhesie im Bereich des Fibulaköpfchens rechts lägen auf neurologischem Fachgebiet keine Unfallfolgen mehr vor. Die von der Klägerin geschilderte Schmerzsymptomatik sei aber glaubhaft. Sie sei in Ruhe leicht ausgeprägt, bei Belastung komme es zu einer Verschlimmerung der Schmerzen, die sich durch nachfolgende Ruhephasen nur unwesentlich beeinflussen ließen. Eine Verschlimmerung der neurologischen Grunderkrankung sei durch den Unfall nicht eingetreten. Die unfallbedingte MdE betrage auf neurologischem Fachgebiet 0 v.H. Nach Vorlage dieses Gutachtens an Prof. Dr. S. führte dieser unter dem 3. Mai 2004 aus, die von der Klägerin geklagten Schmerzen habe er bei der von ihm vorgeschlagenen MdE um 10 v.H. bereits berücksichtigt. Durch das Gutachten von Prof. Dr. Dr. Dipl. Ing. W. habe sich die Beurteilung nicht verändert.
Auf Antrag der Klägerin nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) erstattete unter dem 8. November 2004 Dr. K., Chefarzt der Fachklinik für Orthopädie, Kliniken in A., ein fachorthopädisches Gutachten. Dieser beschrieb eine sichtbare Atrophie der Oberschenkelmuskulatur rechts, besonders für den Musculus vastus medialis, eine nahezu vollständig freie Beweglichkeit des rechten Kniegelenks mit endgradig schmerzhaftem Funktionsdefizit von weniger als 10 Grad bei vollständiger Extension, eine gut verschiebliche Patella, einen retropatellaren Anpress- und Verschiebeschmerz bei positivem Zohlen-Zeichen, ein druckschmerzhaftes mediales Kniekompartement lateral und ventrolateral, in Streckstellung bandstabil, in 30-Grad-Beugestellung leichte mediale Bandinsuffizienz sowie eine leichte vordere Schublade mit Lachmann-Test I positiv bei stabilem hinterem Kreuzband. Die Kniegelenksbeweglichkeit wurde für die Streckung/Beugung rechts mit 0/0/145, links mit 0/0/150 angegeben, die Umfangmaße 20 cm oberhalb des inneren Kniegelenkspalts mit rechts 39,5 und links 43 cm, 10 cm oberhalb mit rechts 45,5 cm und links 49 cm, in der Kniescheibenmitte mit 35 bzw. 34 cm, 10 cm unterhalb des inneren Kniegelenkspalts mit rechts 34,5 cm, links 32,5 cm, 15 cm unterhalb des inneren Kniegelenkspalts mit rechts 33 cm, links 28 cm. Die Atrophie der Oberschenkelmuskulatur rechts sei als Spätfolge des Unfalls vom 7. Juli 1997 anzusehen, da aufgrund intermittierend auftretender Knieschmerzen rechts, die durch intraartikuläre Reizerscheinungen durch den radiologisch und 10/02 kernspintomographisch nachgewiesenen intraartikulären freien Gelenkkörper und Läsion des Außenmeniskus ausgelöst würden, das rechte Bein in seiner kniegelenksstabilisierenden Funktion geschont und das linke Bein vermehrt belastet werde. Dr. K. diagnostizierte einen intraartikulären freien Gelenkkörper im rechten Kniegelenk, eine Atrophie der kniegelenkstabilisierenden Quadrizepsmuskulatur, eine beginnende Retropatellararthrose rechts, eine Außenmeniskusvorderhornläsion, einen endgradigen Flexionsschmerz des Kniegelenks sowie eine reizlos verheilte Operationsnarbe. Seit dem 1. Februar 2003 sei die MdE unfallabhängig um 20 v.H. herabgesetzt. Die beginnenden, posttraumatisch verursachten degenerativen Veränderungen im Bereich des rechten Kniegelenks beeinträchtigten derzeit die Beweglichkeit des rechten Kniegelenks nur durch eine endgradig festgestellte Begrenzung der Beugefähigkeit. Erhöhend auf die MdE wirkten sich jedoch die dadurch entstehenden bewegungs- und belastungsabhängigen Knieschmerzen insofern aus, als dass ein häufiges Treppensteigen erschwert sei, durch eine schmerzbedingt zunehmende, mangelnde Kontraktionsfähigkeit der Quadrizepsmuskulatur bei nachgewiesener Atrophie eine Einschränkung der Mobilität für längere Gehstrecken hervorgerufen werde und durch giving-way-Attacken ein erhöhtes Sturzrisiko bestehe.
Prof. Dr. S. wurde nach Vorlage der beratungsärztlichen Stellungnahme des Dr. K. vom 7. Dezember 2004, der erhebliche Zweifel an der von Dr. K. beschriebenen Muskelverschmächtigung äußerte, um eine ergänzende gutachterliche Stellungnahme gebeten. Dieser führte unter dem 8. Februar 2005 aus, es sei anhand der von Dr. K. mitgeteilten Bewegungsausmaße nicht nachvollziehbar, wie sich in der kurzen Zeit zwischen beiden Begutachtungen eine derart gravierende Muskelverschmächtigung eingestellt haben könne. Darüber hinaus sei Dr. K. von einem Reizzustand durch einen freien Gelenkkörper ausgegangen, der jedoch nicht objektivierbar sei. Vielmehr handle es sich auch im radiologischen Befund um ein Knochenfragment, nicht um einen freien Gelenkkörper. Auch die von Dr. K. aufgeführten posttraumatischen degenerativen Veränderungen seien weder im radiologischen Gutachten vom 12. Dezember 2003 noch von ihm selbst beschrieben worden. Bei der auch von Dr. K. beschriebenen Kniegelenksbeweglichkeit werde auch in der unfallrechtlichen Literatur nur eine MdE um 10 v.H. vorgeschlagen. Ihm gegenüber habe die Klägerin nicht, wie offenbar gegenüber Dr. K., von einer Giving-way-Symptomatik gesprochen.
Durch Urteil vom 11. Mai 2005 wies das SG die Klage, gestützt auf die Gutachten von Prof. Dr. S. und Prof. Dr. Dr. Dipl. Ing. W., ab. Maßgebend für die Bewertung der MdE bei Knieverletzungen sei die Beweglichkeit und Stabilität, die sich beide, wie bereits Prof. Dr. S. dargestellt habe, deutlich verbessert hätten. Dies habe auch Prof. Dr. S. bestätigt. Das Gutachten von Dr. K. habe keine überzeugende Begründung geliefert, warum trotz der auch von ihm aufgeführten, nur endgradig eingeschränkten Beugefähigkeit eine MdE um mehr als 10 v.H. gerechtfertigt sei.
Gegen das am 13. Juni 2005 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 11. Juli 2005 Berufung eingelegt. Sie führt aus, die Ausführungen von Prof. Dr. S. beruhten auf einer unzureichend gründlichen Begutachtung, insbesondere habe sie ihm gegenüber auch von einer giving-way-Symptomatik gesprochen. Bei den von einander abweichenden Messdaten handle es sich nicht um einen Messfehler von Dr. K. Vielmehr habe sie ihre sportlich-gymnastischen Aktivitäten wegen der zunehmenden Verschlechterung des Kniebefunds aufgeben müssen, was sofort zu einer Zunahme der Atrophie geführt habe. Zwar habe, wie Prof. Dr. S. mehrfach betont habe, schon vor dem Unfall die Charcot-Marie-Tooth-Erkrankung bestanden. Diese betreffe jedoch beide Beine gleichermaßen. Die dadurch bewirkten Veränderungen beträfen allerdings die Füße, nicht die Kniegelenke.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 11. Mai 2005 sowie den Bescheid vom 9. Januar 2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. Juni 2003, hilfsweise den Bescheid vom 9. September 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr ab Antragstellung wieder Verletztenrente nach einer MdE um mindestens 20 v.H. zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist zur Begründung auf den Inhalt der angefochtenen Entscheidungen.
Das Gericht hat Prof. Dr. S., Chefarzt der Abteilung Orthopädie-Traumatologie II, SRH Klinikum K.-L., mit der Erstellung eines fachorthopädischen Gutachtens beauftragt. Dieser hat unter dem 15. Januar 2006 ausgeführt, das rechte Knie sei frei beweglich, es bestehe ein endgradiger Bewegungsschmerz. Des Weiteren sei eine deutliche erstgradige mediale Bandinstabilität mit festem Anschlag zu konstatieren, diese sei in 30 Grad-Beugestellung sehr ausgeprägt mit 15gradiger Aufklappbarkeit. Der Lachmann-Test sei 1- bis 2fach positiv, es bestehe ein positives Zohlenzeichen sowie eine deutliche vordere Schublade. Bei der Klägerin liege als Folge des Unfallereignisses eine anteromediale Kniegelenksinstabilität, eine beginnende mediale Gonarthrose sowie eine beginnende retropatellare Arthrose im rechten Kniegelenk vor. Die Instabilität zeige sich eindeutig in unsicherem Gangbild mit klar erkennbarem medialem Einknicken. Gleichzeitig bestehe eine erhebliche Gangunsicherheit auf unebenem Boden. In Bezug auf die Beweglichkeit sei das Knie dadurch nicht eingeschränkt. Eine MdE um 20 v.H. sei, gestützt auf die unfallrechtliche Literatur, angemessen. Prof. Dr. S. bzw. Dr. K. werteten die Instabilität des Kniegelenks nur sehr gering bzw. untergeordnet. Der Diskussion um die Oberschenkelmuskelumfangsmaße komme keine relevante Bedeutung zu. Für die Streckung/Beugung hat PD Dr. S. für beide Knie Bewegungsmaße von 0/0/140 mitgeteilt, die Umfangmaße 20 cm oberhalb des inneren Kniegelenkspaltes mit rechts 42 cm, links 43 cm, 10 cm oberhalb des inneren Kniegelenkspaltes mit rechts 34, links 35 cm, in der Kniescheibenmitte mit rechts 33, links 32 cm, 15 cm unterhalb des inneren Kniegelenkspaltes mit rechts 30,5, links 30 cm.
Die Beklagte hat die beratungsärztliche Stellungnahme des Dr. K. vom 2. März 2006 übersandt. Dieser hat ausgeführt, die von Prof. Dr. S. mitgeteilten Umfänge bewegten sich noch im Rahmen der Messfehlerbreite. Fraglos lägen eine erstgradige Innenbandlockerung sowie eine erstgradige vordere Schublade vor. Instabilitäten dieses Ausmaßes seien jedoch normalerweise muskulär kompensierbar, was bei der Klägerin wegen der nur geringen Verschmächtigung der Oberschenkelmuskulatur ebenfalls zu erwarten sei. Darauf habe Prof. Dr. S. jedoch nicht abgestellt. Die beschriebene Gangbehinderung könne aufgrund der Vorerkrankung nur zu einem Teil dem Unfall zugeschrieben werden. Da eine Bewegungseinschränkung des Kniegelenks nicht bestehe und eine unvollständige Kompensation der Bandinstabilität nicht belegt sei, sei die Gangbehinderung in wesentlichen Teilen der unfallunabhängigen Vorerkrankung zuzuordnen. Damit müsse es bei der Bewertung einer MdE um 10 v.H. bleiben.
In seiner ergänzenden gutachterlichen Stellungnahme vom 12. Juli 2006 hat Prof. Dr. S. ausgeführt, anhand der von ihm festgestellten klinischen Befunde (deutliche erstgradige mediale Bandinstabiltät mit festem Anschlag, in 30-Grad Beugestellung sehr ausgeprägt mit einer 15gradigen Aufklappbarkeit, ein- bis zweifach positiver Lachmann-Test mit festem Anschlag jedoch erheblich verlängertem Weg) sei eine deutliche erstgradige Bandinstabilität gegeben, die gerade bei einem Patienten, der zudem unter einer Charcot-Marie-Tooth-Erkrankung leide, nicht gut kompensierbar sei. Zudem sei allein durch das beschriebene Gangbild die fehlende muskuläre Kompensierbarkeit belegt. Es sei nicht nachvollziehbar, welche weitere klinische Untersuchung Dr. K. vermisse. Er halte deshalb an seiner Beurteilung fest.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vortrags der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungs- und Gerichtsakten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143, 144 SGG statthafte und nach § 151 SGG zulässige Berufung ist begründet. Der Klägerin steht über den 31. Januar 2003 hinaus Verletztenrente nach einer MdE um 20 v.H. zu.
Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben (§ 48 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch [SGB X]). Soweit die Änderung zu Gunsten des Betroffenen erfolgt, soll der Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB X). Bei der Feststellung der MdE ist eine Änderung im Sinne des § 48 Abs. 1 SGB X nur wesentlich, wenn sie mehr als 5 vom Hundert beträgt; bei Renten auf unbestimmte Zeit muss die Veränderung der MdE länger als drei Monate andauern (§ 73 Abs. 3 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch [SGB VII]).
Im vorliegenden Fall ist eine wesentliche Veränderung in den tatsächlichen Verhältnissen, die eine Rentenentziehung rechtfertigen würden, nicht eingetreten, so dass die angefochtenen Entscheidungen aufzuheben sind und der Klägerin über den 31. Januar 2003 hinaus weiterhin Rente nach einer MdE um 20 v.H. zusteht.
Gemäß § 56 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls, also eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit (§ 7 Abs. 1 SGB VII), über die 26. Woche hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist, Anspruch auf eine Rente. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen oder geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII), d.h. auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt (BSGE 1, 174, 178; BSG SozR 2200 § 581 Nr. 22). Als Folge eines Unfalls sind Gesundheitsstörungen aber nur zu berücksichtigen, wenn u.a. die Beeinträchtigung mit Wahrscheinlichkeit auf das Unfallereignis zurückzuführen ist. Für die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ist u.a. ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der eingetretenen Schädigung und der Gesundheitsstörung (haftungsausfüllende Kausalität) erforderlich. Die versicherte Tätigkeit, die Schädigung und die eingetretene Gesundheitsstörung müssen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen werden, während für den ursächlichen Zusammenhang als Voraussetzung der Entschädigungspflicht, welcher nach der auch sonst im Sozialrecht geltenden Lehre von der wesentlichen Bedingung zu bestimmen ist, grundsätzlich die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit ausreicht (BSGE 58, 80, 82; 61, 127, 129; BSG, Urt. v. 27. Juni 2000 - B 2 U 29/99 R - m.w.N.). Hinreichende Wahrscheinlichkeit bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung aller Umstände den für den Zusammenhang sprechenden Umständen ein deutliches Übergewicht zukommt, so dass darauf die richterliche Überzeugung gegründet werden kann (BSGE 45, 285, 286). Kommen mehrere Ursachen in Betracht, so sind nur solche Ursachen als rechtserheblich anzusehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben (vgl. BSGE 63, 277, 278).
Im Bescheid vom 7. September 2000 hat die Beklagte als Unfallfolgen eine Muskelschwäche des Beines, Bewegungseinschränkung des Kniegelenks, verbliebene Restinstabilität, leichte Schwellneigung des Kniegelenks, einen Teil der Gangbehinderung, Narben, formbildende Veränderungen und noch einliegendes Operationsmaterial anerkannt und eine MdE um 20 v.H. festgestellt.
Auch nach dem 31. Januar 2003 besteht bei der Klägerin noch eine Muskelverschmächtigung im Bereich des rechten Beines, die sich im Wesentlichen - bis auf die von Dr. K. mitgeteilten Messdaten - im Umfang von 1 cm, verglichen mit dem linken Bein, bewegt (Gutachten vom 12. Mai 1998: 20 cm oberhalb des inneren Kniegelenkspaltes rechts 40 cm, links 42 cm, 10 cm oberhalb des inneren Kniegelenkspalts rechts und links 35 cm, Kniescheibenmitte rechts 35 cm, links 34 cm, 15 cm unterhalb des inneren Kniegelenkspalts rechts 32 cm, links 31 cm; Gutachten vom 3. Juli 2000: 42/43 cm, 36/36 cm, 34/33 cm, 31/31 cm; Gutachten vom 8. November 2002: 43,5/42 cm, 35/34,5 cm, 32,5/32,5 cm, 33/33 cm; Gutachten vom 9. Dezember 2003 [Prof. Dr. S.]: 46/47 cm, 37,5/38,5 cm, 33/33,5 cm, 33/32,5 cm; Gutachten 8. November 2004, Dr. K.: 39,5/43 cm, 45,5/49 cm, 35/34 cm, 34,5/ 32,5 cm; Gutachten vom 15. Januar 2006 Prof. Dr. S.: 42/43 cm, 34/35 cm, 33/32 cm, 30/30,5 cm). Den Messdaten von Dr. K. misst das Gericht allerdings keine ausschlaggebende Bedeutung zu, da angesichts der engen zeitlichen Abfolge der Begutachtungen durch Prof. Dr. S., Dr. K. und Prof. Dr. S. die allein von Dr. K. mitgeteilten, erheblichen Abweichungen der Umfangmaße nicht nachvollzogen werden können. Jedenfalls aber ist eine Muskelverschmächtigung rechts gegenüber links von allen Gutachtern messtechnisch belegt und auch bei der Beschreibung der unteren Extremitäten aufgeführt worden. Da sich alle aktenkundigen Messdaten im Bereich von ungefähr 1 cm Abweichung rechts gegenüber links bewegen, ist auch nicht von einer bloßen messtechnischen Ungenauigkeit (Messtoleranz) auszugehen, wie sie bei einer einmaligen Abweichung geringen Grades anzunehmen wäre und der diesbezüglichen Einschätzung von Dr. K., eine Abweichung von 1 cm bewege sich am Rande der Messfehlerbreite, nicht zu folgen. Eine wesentliche Änderung in den Unfallfolgen ist deshalb insoweit nicht eingetreten.
Eine wesentliche Änderung ist allerdings eingetreten, soweit die Bewegungseinschränkung des Kniegelenks betroffen ist. Waren in dem, dem Bescheid vom 7. September 2000 zugrunde liegenden Gutachten vom 3. Juli 2000 noch Bewegungsmaße für Streckung und Beugung von 10/0/140 mitgeteilt worden, konnte im Rentengutachten vom 8. November 2000 eine nahezu uneingeschränkte Beweglichkeit (5/0/150) gemessen werden, was auch von Prof. Dr. S. (0/5/110), Dr. K. (0/0/145 bzw. 0/0/150) und Prof. Dr. S. (0/0/140) bestätigt bzw. als nur noch endgradig schmerzhafte Einschränkung der Kniegelenksbeweglichkeit beschrieben wurde. Auch die Klägerin berichtete den Ärzten nicht mehr über eine eingeschränkte Kniebeweglichkeit, sondern über Schmerzen bei bestimmten Belastungen. Die aufgeführten Bewegungsmaße rechtfertigen jedoch für sich allein genommen nicht mehr die Feststellung einer MdE um 20 v.H. Nach den unfallversicherungsrechtlichen Literatur (Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Auflage 2003 Nr. 8.10.11 S. 724; Mehrhoff/Meindl/ Muhr, Unfallbegutachtung, 11. Auflage Januar 2005 S. 169; Bereiter-Hahn/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, Handkommentar, Anlage 12), ist bei einer Restbeweglichkeit des Kniegelenks bei 0/0/120 nur noch eine MdE um 10 v.H. angemessen.
Allerdings ist vorliegend zu berücksichtigen, dass bei der Klägerin zusätzlich eine Bandinstabilität des vorderen rechten Kreuzbands (Schublade) von 1 cm vorliegt, die im Bescheid vom 7. September 2000 als "verbliebene Restinstabilität" beschrieben worden ist. Diese Instabilität wurde von allen, mit dem Gesundheitszustand der Klägerin befassten Ärzte auch als solche beschrieben, allerdings - mit Ausnahme von Prof. Dr. S. - als muskulär kompensierbar bezeichnet und bei der Ermittlung der MdE nicht entscheidend berücksichtigt. Angesichts der Funktion des vorderen Kreuzbandes, die Kontrolle der Außendrehung des Schienbeins in der Endphase der Streckung bei indirekter Mitwirkung des Musculus quadrizeps zu übernehmen und das Vorwärtsgleiten des Unterschenkels zu vermeiden (vgl. Schönberger u.a. a.a.O. 8.10.4.2.1 S. 683), und dem Umstand, dass das Maß der MdE entscheidend vom Funktionsausfall bestimmt wird, der durch die Unfallfolgen begründet ist, ist nachvollziehbar, dass die muskuläre Kompensierbarkeit eines Kreuzbanddefekts die Annahme einer dadurch bedingten, stärkergradigen und rentenrelevanten funktionellen Einschränkung im Bereich des Kniegelenks ausschließt. Deshalb wird in der unfallversicherungsrechtlichen Literatur für die Bemessung der MdE auch nicht allein auf den Banddefekt, sondern seine muskuläre Kompensierbarkeit abgestellt (vgl. Schönberger u.a. a.a.O. 8.10.4.5 S. 685; Mehrhoff u.a. S. 169; Bereiter-Hahn a.a.O.).
Das Gericht ist jedoch mit Prof. Dr. S. davon überzeugt, dass es der Klägerin aufgrund ihrer vorbestehenden Charcot-Marie-Tooth-Erkrankung nicht möglich ist, die bestehende Bandinstabilität ausreichend muskulär zu kompensieren. Bei der Charcot-Marie-Tooth-Erkrankung handelt es sich um eine Form der hereditär-sensiblen Neuropathie (Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, 258. Auflage S. 1116), also einer fortschreitenden symmetrischen atrophischen Lähmung distaler Muskelgruppen der Extremitäten, die selten bzw. erst spät über die Knie- bzw. Ellenbogengelenke hinausgeht. Prof. Dr. S. hat, den Senat überzeugend, ausgeführt, dass zwar grundsätzlich - wie von den übrigen Gutachtern und Ärzten angenommen - eine vordere Bandinstabilität muskulär kompensierbar ist. Er hat aber zugleich deutlich herausgestellt, dass dies der Klägerin aufgrund ihrer vorbestehenden Erkrankung nicht (ausreichend) möglich ist. Er hat inspektorisch eine erhebliche Gangunsicherheit und ein deutliches mediales Einknicken berichtet, jedenfalls gegenüber Dr. K. berichtete auch die Klägerin über eine giving-way-Symptomatik, die aufgrund der bestehenden Knieinstabilität nachvollziehbar erscheint. Soweit der Beratungsarzt Dr. K. in seiner Stellungnahme vom 2. März 2006, die als qualifizierter Beteiligtenvortrag zu bewerten ist, ausgeführt hat, Instabilitäten in dem von Prof. Dr. S. beschriebenen Ausmaß seien normalerweise muskulär kompensierbar und dies könne auch bei der Klägerin unterstellt werden, rechtfertigt dies nach Auffassung des Gerichts keine andere Beurteilung. Dr. K. stellt zur Stützung seiner Annahme allein auf eine nur geringe Verschmächtigung der Oberschenkelmuskulatur der Klägerin ab, die seiner Auffassung nach bei dekompensierten Verhältnissen in viel größerem Ausmaß zu erwarten sei. Dieser hypothetischen Annahme vermag das Gericht allerdings nicht näher zu treten. Zum einen ist der rechte Oberschenkel der Klägerin nach wie vor gegenüber links verschmächtigt, was bereits dagegen spricht, dass durch eine - nach Auffassung von Dr. K. in diesem Bereich zu erwartende - vermehrte Muskulatur eine Kompensation erreicht werden kann. Zudem ist bereits durch das Gangbild, das Prof. Dr. S. deutlich von den durch die vorbestehende Erkrankung bedingten Gangunsicherheiten abgegrenzt hat, von einer fehlenden Kompensierbarkeit auszugehen. Nicht zuletzt hat Dr. K. auch unberücksichtigt gelassen, dass gerade der Bereich der Unterschenkel bzw. die Muskelansätze im Kniebereich für die Kompensation eines Kreuzbanddefekts wichtig sind, diese Muskeln aber durch die Vorerkrankung allenfalls eingeschränkt in der Lage sind, Kompensationsfunktionen zu erfüllen.
Angesichts dessen liegt bei der Klägerin eine Lockerung des vorderen Kreuzbandes rechts (Schubladenphänomen) vor, die aufgrund fehlender muskulärer Kompensierbarkeit zu einer deutlichen Ganginstabilität führt. Nach der unfallversicherungsrechtlichen Literatur (z.B. Bereiter-Hahn/Mehrtens a.a.O; Mehrhoff/Meindl/Muhr a.a.O. S. 169) ist eine Lockerung des Kniebandapparats bei unvollständiger Kompensierbarkeit und Gangunsicherheit mit einer MdE um 20 v.H. zu bemessen. Da die beschriebene Aufklappbarkeit des Kniegelenks auch in dem Gutachten vom 8. November 2002, das der Entscheidung nach § 48 SGB X zugrunde gelegen hatte, beschrieben, wenn auch in die Bewertung der MdE nicht erkennbar eingeflossen war, da bereits aus anderen Gründen eine MdE um 20 v.H. vorgeschlagen worden war, ist davon auszugehen, dass die mit dieser Aufklappbarkeit und fehlender muskulärer Kompensierbarkeit verbundene Instabilität des Kniegelenks auch über den 31. Januar 2003 hinaus bestanden hat und damit die Voraussetzungen für die Aufhebung der Rentendauerbewilligung nicht gegeben waren.
Nach alldem war der Berufung stattzugeben und die angefochtenen Entscheidungen aufzuheben.
Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin in beiden Rechtszügen.
Tatbestand:
Im Streit steht die Gewährung einer Verletztenrente.
Die 1968 geborene Klägerin war seit März 1996 bei der Caritas R. als Diplom-Sozialarbeiterin beschäftigt.
Am 24. Juli 1997 ging bei der Beklagten die Unfallanzeige des Arbeitgebers ein. Darin wurde ausgeführt, die Klägerin habe am 7. Juli 1997 gegen 20.15 Uhr ihre Wohnung verlassen, um ab 20.30 Uhr einen dienstlichen Termin wahrzunehmen. Während sie die Treppe hinab gegangen sei, sei sie gestolpert und gestürzt. Sie habe sich dabei am rechten Knie verletzt. Im Durchgangsarztbericht vom 9. Juli 1997 berichtete Dr. S., St. E. Krankenhaus, R., röntgenologisch sei ein Abriss des Processus intercondylaris der Tibia festgestellt worden (knöcherner Ausriss des vorderen distalen Kreuzbandes), die luxierte Patella sei von den Rettungssanitätern vor Ort reponiert worden. Die Klägerin wurde am 8. Juli 1997 operiert.
Im H-Arztbericht vom 19. August 1997 berichtete der Facharzt für Orthopädie Dr. B. über eine deutliche Muskelverschmächtigung der Quadricepsmuskulatur, ein Streckdefizit von 10 Grad, Beugung bis 95 Grad möglich bei Teilbelastung an zwei Unterarmgehstützen mit 10 kg Teilbelastung.
Im Rahmen der weiteren Sachverhaltsaufklärung, auch zur Frage, ob überhaupt ein versicherter Arbeitsunfall vorliege, zog die Beklagte u.a. die Akten der Hanseatischen Ersatzkasse, bei der die Klägerin versichert war, bei. In der Entlassungsanzeige des Krankenhauses St. E. war u.a. aufgeführt, dass bei der Klägerin eine hereditäre Neuropathie (Charcot-Marie-Tooth-Erkrankung) mit Geheinschränkung vorbestanden habe und daher eine intensive Krankengymnastik empfehlenswert sei.
Im ausführlichen Krankheitsbericht der Rehabilitationsklinik S., Dr. Dipl. Ing. S./Dr. B./Stationsarzt F., vom 16. Februar 1998 wurde über den Verlauf der stationären Rehabilitationsmaßnahme vom 30. Juli bis 27. August 1997 berichtet. U.a. war darin aufgeführt, bei der Klägerin liege eine Charcot-Marie-Tooth-Erkrankung mit Ballenhohlfußbildung beidseits mit nach distal zunehmender Hyposensibilität im Bereich der unteren Extremitäten und einer ausgeprägten Muskelathrophie beider Unterschenkel mit Knieinstabilität vor. Nach Angaben der Klägerin sei es auf Grund der Grunderkrankung bereits in der Vorgeschichte zu rezidivierenden Stürzen gekommen.
In seiner beratungsärztlichen Stellungnahme für die Beklagte vom 10. März 1998 führte der Arzt für Chirurgie/Unfallchirurgie Dr. K. aus, die Klägerin habe sich bei einem Treppensturz neben einer Patellaluxation auch einen knöchernen Kreuzbandausriss, einen Innenbandriss sowie einen Riss des Pes anserinus rechts zugezogen. Unfallunabhängig bestehe eine Charcot-Marie-Tooth-Erkrankung. Über das Ausmaß der Erkrankung finde sich in den Akten kein Hinweis, eine Mitwirkung bei dem Sturz vom 7. Juli 1997 sei aber sicherlich zu diskutieren. Die Krankheitsanlage allein schließe aber nicht aus, dass der Körperschaden durch das Ereignis vom 7. Juli 1997 rechtlich wesentlich verursacht worden sei. Unter diesem Gesichtspunkt empfehle er eine Zusammenhangsbegutachtung.
Im ersten Rentengutachten vom 12. Mai 1998 führte der Chefarzt der Abteilung für Unfallchirurgie mit Sektion Orthopädie Dr. S., Krankenhaus St. E., R., aus, als wesentliche Unfallfolgen bestünden eine nach operativer Versorgung einer komplexen Bandverletzung des rechten Kniegelenks verbliebene Restinstabilität, eine Beweglichkeitseinschränkung im rechten Kniegelenk, eine Muskelverschmächtigung des rechten Oberschenkels im Vergleich zur linken Seite, eine im Bereich des rechten Kniegelenks 12 cm lange, schräg verlaufende Narbe, weitere punktförmige Narben in Höhe des Gelenkspaltes innen- und außenseitig sowie eine weitere punktförmige Narbe nach Ausleitung einer Drainage und anteilige Störungen des Gangbildes. Bei der Beschreibung des Betastungsbefundes sowie des Gang- und Standbildes wurde ausgeführt, dass unfallunabhängig die Beweglichkeit in den oberen und unteren Sprunggelenken beiderseits stark eingeschränkt sei, die Beweglichkeit im rechten Kniegelenk im Vergleich zum linken für die Streckung und Beugung eingeschränkt. Ein rechtsseitiges Hinken sei beim Barfußgang bemerkbar, ebenso ein gestörter Abrollvorgang im rechten Kniegelenk. Unfallunabhängig bestehe eine Charcot-Marie-Tooth-Erkrankung mit Fußfehlstellung beidseits und Störungen des Gangbildes sowie eine X-Fehlstellung beider Beine. Die Erwerbsfähigkeit sei vom 29. September bis 31. Dezember 1997 um 40 v.H., vom 1. Januar bis 12. Mai 1998 um 30 v.H. und vom 12. Mai 1998 bis 30. April 1999 um 20 v.H. gemindert. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) betrage voraussichtlich laufend noch 20 v.H.
Mit Bescheid vom 2. September 1998 erkannte die Beklagte den Unfall als Arbeitsunfall an und gewährte eine Rente als vorläufige Entschädigung ab 29. September 1997 nach einer MdE um 40 v.H. vom 29. September bis 31. Dezember 1997, um 30 v.H. für die Zeit vom 1. Januar bis 12. Mai 1998 und ab 13. Mai 1998 um 20. v.H. Als Unfallfolgen wurden anerkannt: "Nach operativ versorgter komplexer Bandzerreißung des rechten Kniegelenks und Verrenkung der Kniescheibe: Muskelschwäche des Oberschenkels, Bewegungseinschränkung des Kniegelenkes, verbliebene Restinstabilität, Schwellneigung des Kniegelenks, ein Teil der Gangbehinderung, Narben, formbildende Veränderungen, noch einliegendes Operationsmaterial".
Im zweiten Rentengutachten vom 13. November 1998 führte Dr. S. aus, die vorbeschriebenen Unfallfolgen bestünden fort. Im Vergleich zur Voruntersuchung sei die Beweglichkeit zwar etwas gebessert, es finde sich jedoch unverändert eine Muskelverschmächtigung des rechten Oberschenkels und jetzt auch des rechten Unterschenkels. Die Innenbandinstabilität habe im Vergleich zur Voruntersuchung eher zugenommen, insgesamt sei keine wesentliche Änderung eingetreten. Die MdE betrage nach wie vor 20 v.H. Mit einer wesentlichen Änderung sei nicht mehr zu rechnen.
Im weiteren Rentengutachten vom 3. Juli 2000 zur Feststellung einer Dauerrente führte Dr. S. aus, es bestehe nach wie vor eine MdE um 20 v.H. Es finde sich eine leichte Verdickung des rechten Kniegelenks im Vergleich zur linken Seite sowie eine Muskelverschmächtigung des rechten Ober- und Unterschenkels. Die Fußsohlenbeschwielung sei rechts im Vergleich zur linken Seite herabgesetzt, die Beweglichkeit im rechten Kniegelenk im Vergleich zur linken Seite für die Beugung und Streckung eingeschränkt. Am rechten Kniegelenk sei unverändert zur Voruntersuchung in 30 Grad Beugestellung eine vermehrte innenseitliche Aufklappbarkeit nachweisbar, bei der Beugung würden rechts heftige Bewegungsschmerzen mitgeteilt. Der Lachmann-Test sei rechts 1 positiv, das Zohlen-Zeichen beidseits positiv, rechts bestehe ein leicht vermehrtes vorderes Schubladenzeichen. Als Umfangmaße wurden mitgeteilt 20 cm oberhalb des inneren Kniegelenkspalts rechts 42 cm, links 43 cm, 10 cm oberhalb des inneren Kniegelenkspalts rechts 36 cm, links 36 cm, in der Kniescheibenmitte 34/33 cm, 15 cm unterhalb des inneren Kniegelenkspalts beidseits 31 cm. Die Beweglichkeit für Streckung/Beugung wurde rechts und links mit 10/0/140 angegeben.
Mit Bescheid vom 7. September 2000 stellte die Beklagte eine Rente auf unbestimmte Zeit nach einer MdE um 20 v.H. fest.
Im Verfahren zur Rentennachprüfung erstellte unter dem 8. November 2002 Prof. Dr. Dr. S., Chirurgische Klinik des Städtischen Krankenhauses F., unter Berücksichtigung des röntgenologischen Gutachtens des PD Dr. T. vom 9. Oktober 2002 ein weiteres Rentengutachten. Röntgenologisch wurde über Zeichen eines Risses des Vorderhorns des Außenmeniskus bis zur Meniskusunterfläche reichend berichtet, eine irreguläre Abgrenzbarkeit des vorderen Kreuzbandes, welches ein unauffälliges signalarmes Verhalten aufweise (Befund sei mit einer älteren abgeheilten Zerrung vereinbar), über einen Hochstand und eine laterale Subluxation der Patella mit Zeichen einer leichten Chondromalazie im lateralen Anteil des retropatellaren Gelenkknorpels, eine Verschmälerung des Gelenkknorpels im medialen Femurkondylus sowie im ventralen Anteil des lateralen Femurkondylus im Sinne einer beginnenden Arthrose, die jedoch röntgenologisch nicht zu einer manifesten Verschmälerung des Gelenkspaltes geführt habe, sowie über Zeichen von Metallabrieb im ventralen lateralen Anteil des medialen Tibiakondylus sowie medial in der proximalen Tibiametaphyse. Prof. Dr. Dr. S. führte zusammenfassend aus, es bestehe eine Instabilität nach operativer Versorgung der komplexen Bandverletzung. Im MRT-Befund sei eine erhebliche Beschädigung des Gelenks sichtbar. Des Weiteren bestehe eine leichte Störung des Gangbildes. Im Vergleich zur Voruntersuchung finde sich keine deutliche Verschmälerung der Oberschenkelmuskulatur mehr, die Beweglichkeit des rechten Kniegelenks habe sich deutlich verbessert. Beim Durchbewegen fänden sich keine Schmerzen, rechts bestehe in Streckstellung keine Aufklappbarkeit. Der Lachmann-Test sei positiv, es finde sich eine leichte vordere Schublade. Die von der Klägerin geschilderten Beschwerden seien aufgrund der MRT-Befunde glaubhaft und nachvollziehbar. Die MdE belaufe sich deshalb weiter auf 20 v.H. Als Umfangmaße wurden mitgeteilt 20 cm oberhalb des inneren Kniegelenkspalts rechts 43,5 cm, links 42,5 cm, 10 cm oberhalb des inneren Kniegelenkspalts rechts 35 cm, links 34,5 cm, in der Kniescheibenmitte beidseits 32,5 cm, 15 cm unterhalb des inneren Kniegelenkspalts beidseits 33 cm. Die Beweglichkeit für Streckung/Beugung wurde rechts und links mit 5/0/150 angegeben.
Nachdem sich Dr. K. als beratender Arzt dahingehend geäußert hatte, es sei angesichts der bestehenden Beweglichkeit eine Herabsetzung der MdE auf 10 v.H. gerechtfertigt und nach Anhörung der Klägerin entzog die Beklagte mit Bescheid vom 9. Januar 2003 mit Ablauf des Monats Januar 2003 die Rente, da sich die dem Bescheid vom 7. September 2000 zugrunde liegenden Verhältnisse wesentlich geändert hätten. Die Muskelschwäche des Beines und die Schwellneigung des Kniegelenks bestünden nicht mehr, das Kniegelenk sei voll beweglich.
Dagegen erhob die Klägerin Widerspruch und machte u.a. geltend, von Seiten der Gutachter sei nach wie vor eine MdE um 20 v.H. für berechtigt erachtet worden. Im Übrigen habe sich der Befund nicht verbessert, es drohe vielmehr eine (weitere) Verschlimmerung. Sie könne auch nicht nachvollziehen, dass die Stellungnahme von Prof. Dr. Dr. S. mit einem Satz des Beratungsarztes hinfällig sein solle.
Im Widerspruchsverfahren wurde die Klägerin aufgefordert, sich erneut begutachten zu lassen. Dies lehnte die Klägerin ab, da das Gutachten von Prof. Dr. S. vorliege.
Mit Widerspruchsbescheid vom 17. Juni 2003 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch zurück. Man habe sich der MdE-Einschätzung des Prof. Dr. S. nicht anschließen können. Es werde zwar nicht bestritten, dass die von der Klägerin geklagten Beschwerden im Bereich des rechten Kniegelenks noch vorlägen. Jedoch sei die Rentenbegutachtung in erster Linie Funktionsbegutachtung. Da bei ihr jedoch keine wesentlichen funktionellen Einschränkungen mehr vorliegen würden, sei die Rente zu entziehen.
Mit Schreiben vom 4. Juli 2003 wandte sich die Klägerin erneut an die Beklagte und teilte mit, eine deutliche Verschlechterung der Unfallfolgen sei eingetreten. Die Beschwerden und Funktionseinschränkungen hätten stark zugenommen. Sie stelle daher einen Verschlechterungsantrag. Dieser wurde mit Bescheid vom 9. September 2003 abgelehnt.
Am 7. Juli 2003 erhob die Klägerin Klage zum Sozialgericht Konstanz (SG). Im Auftrag des SG erstattete unter dem 9. Dezember 2003 Prof. Dr. S., Unfallchirurgie der Chirurgischen Universitätsklinik U., ein chirurgisch-orthopädisches Gutachten. Dieser führte u.a. aus, dass aus seiner Sicht ein neurologisches Gutachten erforderlich sei, das zum Ausmaß der Gehbehinderung durch die Vorerkrankung Stellung nehme. Er habe bei seiner Untersuchung eine Operationsnarbe, eine minimale Streckbehinderung im rechten Knie, eine Beugebehinderung im rechten Knie gegenüber links von 15 Grad sowie eine Muskelverschmächtigung am rechten Oberschenkel feststellen können. Darüber hinaus teilte er eine minimal stärkere Verschieblichkeit des rechten Kniegelenks (mit Schmerzäußerung der Klägerin) mit. Das Zohlenzeichen sei rechts angedeutet positiv, es bestünden leicht gelockerte Außenbänder beidseits, die aber muskulär kompensierbar seien. Das vordere Kreuzband sei rechts um 1 cm gelockert, aber auch dieses muskulär kompensierbar. Die Unfallfolgen würden eine MdE um 10 v.H. rechtfertigen. Als Umfangmaße wurden mitgeteilt 20 cm oberhalb des inneren Kniegelenkspalts rechts 46 cm, links 47 cm, 10 cm oberhalb des inneren Kniegelenkspalts rechts 37,5 cm, links 38,5 cm, in der Kniescheibenmitte 33,5/33 cm, 15 cm unterhalb des inneren Kniegelenkspalts 33/32,5 cm. Die Beweglichkeit für Streckung/Beugung wurde rechts mit 0/5/110, links mit 0/0/135 angegeben.
Prof. Dr. Dr. Dipl. Ing. W., Ärztlicher Direktor der Klinik für Neurologie im Bezirkskrankenhaus G., beschrieb in seinem daraufhin in Auftrag gegebenen neurologischen Gutachten vom 28. März 2004 eine Gangstörung bei hereditärer motorisch-sensibler Neuropathie, auf chirurgischem Fachgebiet Schmerzen nach komplexer Verletzung des rechten Kniegelenks. Mit Ausnahme einer Hypästhesie im Bereich des Fibulaköpfchens rechts lägen auf neurologischem Fachgebiet keine Unfallfolgen mehr vor. Die von der Klägerin geschilderte Schmerzsymptomatik sei aber glaubhaft. Sie sei in Ruhe leicht ausgeprägt, bei Belastung komme es zu einer Verschlimmerung der Schmerzen, die sich durch nachfolgende Ruhephasen nur unwesentlich beeinflussen ließen. Eine Verschlimmerung der neurologischen Grunderkrankung sei durch den Unfall nicht eingetreten. Die unfallbedingte MdE betrage auf neurologischem Fachgebiet 0 v.H. Nach Vorlage dieses Gutachtens an Prof. Dr. S. führte dieser unter dem 3. Mai 2004 aus, die von der Klägerin geklagten Schmerzen habe er bei der von ihm vorgeschlagenen MdE um 10 v.H. bereits berücksichtigt. Durch das Gutachten von Prof. Dr. Dr. Dipl. Ing. W. habe sich die Beurteilung nicht verändert.
Auf Antrag der Klägerin nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) erstattete unter dem 8. November 2004 Dr. K., Chefarzt der Fachklinik für Orthopädie, Kliniken in A., ein fachorthopädisches Gutachten. Dieser beschrieb eine sichtbare Atrophie der Oberschenkelmuskulatur rechts, besonders für den Musculus vastus medialis, eine nahezu vollständig freie Beweglichkeit des rechten Kniegelenks mit endgradig schmerzhaftem Funktionsdefizit von weniger als 10 Grad bei vollständiger Extension, eine gut verschiebliche Patella, einen retropatellaren Anpress- und Verschiebeschmerz bei positivem Zohlen-Zeichen, ein druckschmerzhaftes mediales Kniekompartement lateral und ventrolateral, in Streckstellung bandstabil, in 30-Grad-Beugestellung leichte mediale Bandinsuffizienz sowie eine leichte vordere Schublade mit Lachmann-Test I positiv bei stabilem hinterem Kreuzband. Die Kniegelenksbeweglichkeit wurde für die Streckung/Beugung rechts mit 0/0/145, links mit 0/0/150 angegeben, die Umfangmaße 20 cm oberhalb des inneren Kniegelenkspalts mit rechts 39,5 und links 43 cm, 10 cm oberhalb mit rechts 45,5 cm und links 49 cm, in der Kniescheibenmitte mit 35 bzw. 34 cm, 10 cm unterhalb des inneren Kniegelenkspalts mit rechts 34,5 cm, links 32,5 cm, 15 cm unterhalb des inneren Kniegelenkspalts mit rechts 33 cm, links 28 cm. Die Atrophie der Oberschenkelmuskulatur rechts sei als Spätfolge des Unfalls vom 7. Juli 1997 anzusehen, da aufgrund intermittierend auftretender Knieschmerzen rechts, die durch intraartikuläre Reizerscheinungen durch den radiologisch und 10/02 kernspintomographisch nachgewiesenen intraartikulären freien Gelenkkörper und Läsion des Außenmeniskus ausgelöst würden, das rechte Bein in seiner kniegelenksstabilisierenden Funktion geschont und das linke Bein vermehrt belastet werde. Dr. K. diagnostizierte einen intraartikulären freien Gelenkkörper im rechten Kniegelenk, eine Atrophie der kniegelenkstabilisierenden Quadrizepsmuskulatur, eine beginnende Retropatellararthrose rechts, eine Außenmeniskusvorderhornläsion, einen endgradigen Flexionsschmerz des Kniegelenks sowie eine reizlos verheilte Operationsnarbe. Seit dem 1. Februar 2003 sei die MdE unfallabhängig um 20 v.H. herabgesetzt. Die beginnenden, posttraumatisch verursachten degenerativen Veränderungen im Bereich des rechten Kniegelenks beeinträchtigten derzeit die Beweglichkeit des rechten Kniegelenks nur durch eine endgradig festgestellte Begrenzung der Beugefähigkeit. Erhöhend auf die MdE wirkten sich jedoch die dadurch entstehenden bewegungs- und belastungsabhängigen Knieschmerzen insofern aus, als dass ein häufiges Treppensteigen erschwert sei, durch eine schmerzbedingt zunehmende, mangelnde Kontraktionsfähigkeit der Quadrizepsmuskulatur bei nachgewiesener Atrophie eine Einschränkung der Mobilität für längere Gehstrecken hervorgerufen werde und durch giving-way-Attacken ein erhöhtes Sturzrisiko bestehe.
Prof. Dr. S. wurde nach Vorlage der beratungsärztlichen Stellungnahme des Dr. K. vom 7. Dezember 2004, der erhebliche Zweifel an der von Dr. K. beschriebenen Muskelverschmächtigung äußerte, um eine ergänzende gutachterliche Stellungnahme gebeten. Dieser führte unter dem 8. Februar 2005 aus, es sei anhand der von Dr. K. mitgeteilten Bewegungsausmaße nicht nachvollziehbar, wie sich in der kurzen Zeit zwischen beiden Begutachtungen eine derart gravierende Muskelverschmächtigung eingestellt haben könne. Darüber hinaus sei Dr. K. von einem Reizzustand durch einen freien Gelenkkörper ausgegangen, der jedoch nicht objektivierbar sei. Vielmehr handle es sich auch im radiologischen Befund um ein Knochenfragment, nicht um einen freien Gelenkkörper. Auch die von Dr. K. aufgeführten posttraumatischen degenerativen Veränderungen seien weder im radiologischen Gutachten vom 12. Dezember 2003 noch von ihm selbst beschrieben worden. Bei der auch von Dr. K. beschriebenen Kniegelenksbeweglichkeit werde auch in der unfallrechtlichen Literatur nur eine MdE um 10 v.H. vorgeschlagen. Ihm gegenüber habe die Klägerin nicht, wie offenbar gegenüber Dr. K., von einer Giving-way-Symptomatik gesprochen.
Durch Urteil vom 11. Mai 2005 wies das SG die Klage, gestützt auf die Gutachten von Prof. Dr. S. und Prof. Dr. Dr. Dipl. Ing. W., ab. Maßgebend für die Bewertung der MdE bei Knieverletzungen sei die Beweglichkeit und Stabilität, die sich beide, wie bereits Prof. Dr. S. dargestellt habe, deutlich verbessert hätten. Dies habe auch Prof. Dr. S. bestätigt. Das Gutachten von Dr. K. habe keine überzeugende Begründung geliefert, warum trotz der auch von ihm aufgeführten, nur endgradig eingeschränkten Beugefähigkeit eine MdE um mehr als 10 v.H. gerechtfertigt sei.
Gegen das am 13. Juni 2005 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 11. Juli 2005 Berufung eingelegt. Sie führt aus, die Ausführungen von Prof. Dr. S. beruhten auf einer unzureichend gründlichen Begutachtung, insbesondere habe sie ihm gegenüber auch von einer giving-way-Symptomatik gesprochen. Bei den von einander abweichenden Messdaten handle es sich nicht um einen Messfehler von Dr. K. Vielmehr habe sie ihre sportlich-gymnastischen Aktivitäten wegen der zunehmenden Verschlechterung des Kniebefunds aufgeben müssen, was sofort zu einer Zunahme der Atrophie geführt habe. Zwar habe, wie Prof. Dr. S. mehrfach betont habe, schon vor dem Unfall die Charcot-Marie-Tooth-Erkrankung bestanden. Diese betreffe jedoch beide Beine gleichermaßen. Die dadurch bewirkten Veränderungen beträfen allerdings die Füße, nicht die Kniegelenke.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 11. Mai 2005 sowie den Bescheid vom 9. Januar 2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. Juni 2003, hilfsweise den Bescheid vom 9. September 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr ab Antragstellung wieder Verletztenrente nach einer MdE um mindestens 20 v.H. zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist zur Begründung auf den Inhalt der angefochtenen Entscheidungen.
Das Gericht hat Prof. Dr. S., Chefarzt der Abteilung Orthopädie-Traumatologie II, SRH Klinikum K.-L., mit der Erstellung eines fachorthopädischen Gutachtens beauftragt. Dieser hat unter dem 15. Januar 2006 ausgeführt, das rechte Knie sei frei beweglich, es bestehe ein endgradiger Bewegungsschmerz. Des Weiteren sei eine deutliche erstgradige mediale Bandinstabilität mit festem Anschlag zu konstatieren, diese sei in 30 Grad-Beugestellung sehr ausgeprägt mit 15gradiger Aufklappbarkeit. Der Lachmann-Test sei 1- bis 2fach positiv, es bestehe ein positives Zohlenzeichen sowie eine deutliche vordere Schublade. Bei der Klägerin liege als Folge des Unfallereignisses eine anteromediale Kniegelenksinstabilität, eine beginnende mediale Gonarthrose sowie eine beginnende retropatellare Arthrose im rechten Kniegelenk vor. Die Instabilität zeige sich eindeutig in unsicherem Gangbild mit klar erkennbarem medialem Einknicken. Gleichzeitig bestehe eine erhebliche Gangunsicherheit auf unebenem Boden. In Bezug auf die Beweglichkeit sei das Knie dadurch nicht eingeschränkt. Eine MdE um 20 v.H. sei, gestützt auf die unfallrechtliche Literatur, angemessen. Prof. Dr. S. bzw. Dr. K. werteten die Instabilität des Kniegelenks nur sehr gering bzw. untergeordnet. Der Diskussion um die Oberschenkelmuskelumfangsmaße komme keine relevante Bedeutung zu. Für die Streckung/Beugung hat PD Dr. S. für beide Knie Bewegungsmaße von 0/0/140 mitgeteilt, die Umfangmaße 20 cm oberhalb des inneren Kniegelenkspaltes mit rechts 42 cm, links 43 cm, 10 cm oberhalb des inneren Kniegelenkspaltes mit rechts 34, links 35 cm, in der Kniescheibenmitte mit rechts 33, links 32 cm, 15 cm unterhalb des inneren Kniegelenkspaltes mit rechts 30,5, links 30 cm.
Die Beklagte hat die beratungsärztliche Stellungnahme des Dr. K. vom 2. März 2006 übersandt. Dieser hat ausgeführt, die von Prof. Dr. S. mitgeteilten Umfänge bewegten sich noch im Rahmen der Messfehlerbreite. Fraglos lägen eine erstgradige Innenbandlockerung sowie eine erstgradige vordere Schublade vor. Instabilitäten dieses Ausmaßes seien jedoch normalerweise muskulär kompensierbar, was bei der Klägerin wegen der nur geringen Verschmächtigung der Oberschenkelmuskulatur ebenfalls zu erwarten sei. Darauf habe Prof. Dr. S. jedoch nicht abgestellt. Die beschriebene Gangbehinderung könne aufgrund der Vorerkrankung nur zu einem Teil dem Unfall zugeschrieben werden. Da eine Bewegungseinschränkung des Kniegelenks nicht bestehe und eine unvollständige Kompensation der Bandinstabilität nicht belegt sei, sei die Gangbehinderung in wesentlichen Teilen der unfallunabhängigen Vorerkrankung zuzuordnen. Damit müsse es bei der Bewertung einer MdE um 10 v.H. bleiben.
In seiner ergänzenden gutachterlichen Stellungnahme vom 12. Juli 2006 hat Prof. Dr. S. ausgeführt, anhand der von ihm festgestellten klinischen Befunde (deutliche erstgradige mediale Bandinstabiltät mit festem Anschlag, in 30-Grad Beugestellung sehr ausgeprägt mit einer 15gradigen Aufklappbarkeit, ein- bis zweifach positiver Lachmann-Test mit festem Anschlag jedoch erheblich verlängertem Weg) sei eine deutliche erstgradige Bandinstabilität gegeben, die gerade bei einem Patienten, der zudem unter einer Charcot-Marie-Tooth-Erkrankung leide, nicht gut kompensierbar sei. Zudem sei allein durch das beschriebene Gangbild die fehlende muskuläre Kompensierbarkeit belegt. Es sei nicht nachvollziehbar, welche weitere klinische Untersuchung Dr. K. vermisse. Er halte deshalb an seiner Beurteilung fest.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vortrags der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungs- und Gerichtsakten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143, 144 SGG statthafte und nach § 151 SGG zulässige Berufung ist begründet. Der Klägerin steht über den 31. Januar 2003 hinaus Verletztenrente nach einer MdE um 20 v.H. zu.
Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben (§ 48 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch [SGB X]). Soweit die Änderung zu Gunsten des Betroffenen erfolgt, soll der Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB X). Bei der Feststellung der MdE ist eine Änderung im Sinne des § 48 Abs. 1 SGB X nur wesentlich, wenn sie mehr als 5 vom Hundert beträgt; bei Renten auf unbestimmte Zeit muss die Veränderung der MdE länger als drei Monate andauern (§ 73 Abs. 3 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch [SGB VII]).
Im vorliegenden Fall ist eine wesentliche Veränderung in den tatsächlichen Verhältnissen, die eine Rentenentziehung rechtfertigen würden, nicht eingetreten, so dass die angefochtenen Entscheidungen aufzuheben sind und der Klägerin über den 31. Januar 2003 hinaus weiterhin Rente nach einer MdE um 20 v.H. zusteht.
Gemäß § 56 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls, also eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit (§ 7 Abs. 1 SGB VII), über die 26. Woche hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist, Anspruch auf eine Rente. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen oder geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII), d.h. auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt (BSGE 1, 174, 178; BSG SozR 2200 § 581 Nr. 22). Als Folge eines Unfalls sind Gesundheitsstörungen aber nur zu berücksichtigen, wenn u.a. die Beeinträchtigung mit Wahrscheinlichkeit auf das Unfallereignis zurückzuführen ist. Für die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ist u.a. ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der eingetretenen Schädigung und der Gesundheitsstörung (haftungsausfüllende Kausalität) erforderlich. Die versicherte Tätigkeit, die Schädigung und die eingetretene Gesundheitsstörung müssen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen werden, während für den ursächlichen Zusammenhang als Voraussetzung der Entschädigungspflicht, welcher nach der auch sonst im Sozialrecht geltenden Lehre von der wesentlichen Bedingung zu bestimmen ist, grundsätzlich die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit ausreicht (BSGE 58, 80, 82; 61, 127, 129; BSG, Urt. v. 27. Juni 2000 - B 2 U 29/99 R - m.w.N.). Hinreichende Wahrscheinlichkeit bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung aller Umstände den für den Zusammenhang sprechenden Umständen ein deutliches Übergewicht zukommt, so dass darauf die richterliche Überzeugung gegründet werden kann (BSGE 45, 285, 286). Kommen mehrere Ursachen in Betracht, so sind nur solche Ursachen als rechtserheblich anzusehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben (vgl. BSGE 63, 277, 278).
Im Bescheid vom 7. September 2000 hat die Beklagte als Unfallfolgen eine Muskelschwäche des Beines, Bewegungseinschränkung des Kniegelenks, verbliebene Restinstabilität, leichte Schwellneigung des Kniegelenks, einen Teil der Gangbehinderung, Narben, formbildende Veränderungen und noch einliegendes Operationsmaterial anerkannt und eine MdE um 20 v.H. festgestellt.
Auch nach dem 31. Januar 2003 besteht bei der Klägerin noch eine Muskelverschmächtigung im Bereich des rechten Beines, die sich im Wesentlichen - bis auf die von Dr. K. mitgeteilten Messdaten - im Umfang von 1 cm, verglichen mit dem linken Bein, bewegt (Gutachten vom 12. Mai 1998: 20 cm oberhalb des inneren Kniegelenkspaltes rechts 40 cm, links 42 cm, 10 cm oberhalb des inneren Kniegelenkspalts rechts und links 35 cm, Kniescheibenmitte rechts 35 cm, links 34 cm, 15 cm unterhalb des inneren Kniegelenkspalts rechts 32 cm, links 31 cm; Gutachten vom 3. Juli 2000: 42/43 cm, 36/36 cm, 34/33 cm, 31/31 cm; Gutachten vom 8. November 2002: 43,5/42 cm, 35/34,5 cm, 32,5/32,5 cm, 33/33 cm; Gutachten vom 9. Dezember 2003 [Prof. Dr. S.]: 46/47 cm, 37,5/38,5 cm, 33/33,5 cm, 33/32,5 cm; Gutachten 8. November 2004, Dr. K.: 39,5/43 cm, 45,5/49 cm, 35/34 cm, 34,5/ 32,5 cm; Gutachten vom 15. Januar 2006 Prof. Dr. S.: 42/43 cm, 34/35 cm, 33/32 cm, 30/30,5 cm). Den Messdaten von Dr. K. misst das Gericht allerdings keine ausschlaggebende Bedeutung zu, da angesichts der engen zeitlichen Abfolge der Begutachtungen durch Prof. Dr. S., Dr. K. und Prof. Dr. S. die allein von Dr. K. mitgeteilten, erheblichen Abweichungen der Umfangmaße nicht nachvollzogen werden können. Jedenfalls aber ist eine Muskelverschmächtigung rechts gegenüber links von allen Gutachtern messtechnisch belegt und auch bei der Beschreibung der unteren Extremitäten aufgeführt worden. Da sich alle aktenkundigen Messdaten im Bereich von ungefähr 1 cm Abweichung rechts gegenüber links bewegen, ist auch nicht von einer bloßen messtechnischen Ungenauigkeit (Messtoleranz) auszugehen, wie sie bei einer einmaligen Abweichung geringen Grades anzunehmen wäre und der diesbezüglichen Einschätzung von Dr. K., eine Abweichung von 1 cm bewege sich am Rande der Messfehlerbreite, nicht zu folgen. Eine wesentliche Änderung in den Unfallfolgen ist deshalb insoweit nicht eingetreten.
Eine wesentliche Änderung ist allerdings eingetreten, soweit die Bewegungseinschränkung des Kniegelenks betroffen ist. Waren in dem, dem Bescheid vom 7. September 2000 zugrunde liegenden Gutachten vom 3. Juli 2000 noch Bewegungsmaße für Streckung und Beugung von 10/0/140 mitgeteilt worden, konnte im Rentengutachten vom 8. November 2000 eine nahezu uneingeschränkte Beweglichkeit (5/0/150) gemessen werden, was auch von Prof. Dr. S. (0/5/110), Dr. K. (0/0/145 bzw. 0/0/150) und Prof. Dr. S. (0/0/140) bestätigt bzw. als nur noch endgradig schmerzhafte Einschränkung der Kniegelenksbeweglichkeit beschrieben wurde. Auch die Klägerin berichtete den Ärzten nicht mehr über eine eingeschränkte Kniebeweglichkeit, sondern über Schmerzen bei bestimmten Belastungen. Die aufgeführten Bewegungsmaße rechtfertigen jedoch für sich allein genommen nicht mehr die Feststellung einer MdE um 20 v.H. Nach den unfallversicherungsrechtlichen Literatur (Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Auflage 2003 Nr. 8.10.11 S. 724; Mehrhoff/Meindl/ Muhr, Unfallbegutachtung, 11. Auflage Januar 2005 S. 169; Bereiter-Hahn/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, Handkommentar, Anlage 12), ist bei einer Restbeweglichkeit des Kniegelenks bei 0/0/120 nur noch eine MdE um 10 v.H. angemessen.
Allerdings ist vorliegend zu berücksichtigen, dass bei der Klägerin zusätzlich eine Bandinstabilität des vorderen rechten Kreuzbands (Schublade) von 1 cm vorliegt, die im Bescheid vom 7. September 2000 als "verbliebene Restinstabilität" beschrieben worden ist. Diese Instabilität wurde von allen, mit dem Gesundheitszustand der Klägerin befassten Ärzte auch als solche beschrieben, allerdings - mit Ausnahme von Prof. Dr. S. - als muskulär kompensierbar bezeichnet und bei der Ermittlung der MdE nicht entscheidend berücksichtigt. Angesichts der Funktion des vorderen Kreuzbandes, die Kontrolle der Außendrehung des Schienbeins in der Endphase der Streckung bei indirekter Mitwirkung des Musculus quadrizeps zu übernehmen und das Vorwärtsgleiten des Unterschenkels zu vermeiden (vgl. Schönberger u.a. a.a.O. 8.10.4.2.1 S. 683), und dem Umstand, dass das Maß der MdE entscheidend vom Funktionsausfall bestimmt wird, der durch die Unfallfolgen begründet ist, ist nachvollziehbar, dass die muskuläre Kompensierbarkeit eines Kreuzbanddefekts die Annahme einer dadurch bedingten, stärkergradigen und rentenrelevanten funktionellen Einschränkung im Bereich des Kniegelenks ausschließt. Deshalb wird in der unfallversicherungsrechtlichen Literatur für die Bemessung der MdE auch nicht allein auf den Banddefekt, sondern seine muskuläre Kompensierbarkeit abgestellt (vgl. Schönberger u.a. a.a.O. 8.10.4.5 S. 685; Mehrhoff u.a. S. 169; Bereiter-Hahn a.a.O.).
Das Gericht ist jedoch mit Prof. Dr. S. davon überzeugt, dass es der Klägerin aufgrund ihrer vorbestehenden Charcot-Marie-Tooth-Erkrankung nicht möglich ist, die bestehende Bandinstabilität ausreichend muskulär zu kompensieren. Bei der Charcot-Marie-Tooth-Erkrankung handelt es sich um eine Form der hereditär-sensiblen Neuropathie (Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, 258. Auflage S. 1116), also einer fortschreitenden symmetrischen atrophischen Lähmung distaler Muskelgruppen der Extremitäten, die selten bzw. erst spät über die Knie- bzw. Ellenbogengelenke hinausgeht. Prof. Dr. S. hat, den Senat überzeugend, ausgeführt, dass zwar grundsätzlich - wie von den übrigen Gutachtern und Ärzten angenommen - eine vordere Bandinstabilität muskulär kompensierbar ist. Er hat aber zugleich deutlich herausgestellt, dass dies der Klägerin aufgrund ihrer vorbestehenden Erkrankung nicht (ausreichend) möglich ist. Er hat inspektorisch eine erhebliche Gangunsicherheit und ein deutliches mediales Einknicken berichtet, jedenfalls gegenüber Dr. K. berichtete auch die Klägerin über eine giving-way-Symptomatik, die aufgrund der bestehenden Knieinstabilität nachvollziehbar erscheint. Soweit der Beratungsarzt Dr. K. in seiner Stellungnahme vom 2. März 2006, die als qualifizierter Beteiligtenvortrag zu bewerten ist, ausgeführt hat, Instabilitäten in dem von Prof. Dr. S. beschriebenen Ausmaß seien normalerweise muskulär kompensierbar und dies könne auch bei der Klägerin unterstellt werden, rechtfertigt dies nach Auffassung des Gerichts keine andere Beurteilung. Dr. K. stellt zur Stützung seiner Annahme allein auf eine nur geringe Verschmächtigung der Oberschenkelmuskulatur der Klägerin ab, die seiner Auffassung nach bei dekompensierten Verhältnissen in viel größerem Ausmaß zu erwarten sei. Dieser hypothetischen Annahme vermag das Gericht allerdings nicht näher zu treten. Zum einen ist der rechte Oberschenkel der Klägerin nach wie vor gegenüber links verschmächtigt, was bereits dagegen spricht, dass durch eine - nach Auffassung von Dr. K. in diesem Bereich zu erwartende - vermehrte Muskulatur eine Kompensation erreicht werden kann. Zudem ist bereits durch das Gangbild, das Prof. Dr. S. deutlich von den durch die vorbestehende Erkrankung bedingten Gangunsicherheiten abgegrenzt hat, von einer fehlenden Kompensierbarkeit auszugehen. Nicht zuletzt hat Dr. K. auch unberücksichtigt gelassen, dass gerade der Bereich der Unterschenkel bzw. die Muskelansätze im Kniebereich für die Kompensation eines Kreuzbanddefekts wichtig sind, diese Muskeln aber durch die Vorerkrankung allenfalls eingeschränkt in der Lage sind, Kompensationsfunktionen zu erfüllen.
Angesichts dessen liegt bei der Klägerin eine Lockerung des vorderen Kreuzbandes rechts (Schubladenphänomen) vor, die aufgrund fehlender muskulärer Kompensierbarkeit zu einer deutlichen Ganginstabilität führt. Nach der unfallversicherungsrechtlichen Literatur (z.B. Bereiter-Hahn/Mehrtens a.a.O; Mehrhoff/Meindl/Muhr a.a.O. S. 169) ist eine Lockerung des Kniebandapparats bei unvollständiger Kompensierbarkeit und Gangunsicherheit mit einer MdE um 20 v.H. zu bemessen. Da die beschriebene Aufklappbarkeit des Kniegelenks auch in dem Gutachten vom 8. November 2002, das der Entscheidung nach § 48 SGB X zugrunde gelegen hatte, beschrieben, wenn auch in die Bewertung der MdE nicht erkennbar eingeflossen war, da bereits aus anderen Gründen eine MdE um 20 v.H. vorgeschlagen worden war, ist davon auszugehen, dass die mit dieser Aufklappbarkeit und fehlender muskulärer Kompensierbarkeit verbundene Instabilität des Kniegelenks auch über den 31. Januar 2003 hinaus bestanden hat und damit die Voraussetzungen für die Aufhebung der Rentendauerbewilligung nicht gegeben waren.
Nach alldem war der Berufung stattzugeben und die angefochtenen Entscheidungen aufzuheben.
Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
Rechtskraft
Aus
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