L 25 B 85/06 AS ER

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
25
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 92 AS 11040/05 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 25 B 85/06 AS ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Der Antragsgegner wird entsprechend seinem Anerkenntnis vom 27. März 2006, der Antragstellerin die Mietkaution für die Wohnung Sstraße , B. in Höhe von 773,00 EUR als Darlehen zu gewähren, verpflichtet. Außergerichtliche Kosten des Antrags- und des Beschwerdeverfahrens hat der Antragsgegner dem Grunde nach zu 2/3 zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Beteiligten haben im einstweiligen Anordnungsverfahren u. a. um die Übernahme der Mietkaution für die von der Antragstellerin mit Zustimmung des Antragsgegners angemietete Wohnung Sstraße , B., in Höhe von 773,00 EUR als Darlehen gestritten. Mit Beschluss vom 11. Januar 2006 hat das Sozialgericht Berlin den Antrag abgelehnt.

Mit ihrer hiergegen gerichteten Beschwerde hat die Antragstellerin beantragt,

den Antragsgegner zu verpflichten, ihr die Mietkaution als Darlehen zu gewähren, ab November 2006 das Sozialgeld für ihr mit ihr in einer Bedarfsgemeinschaft lebendes Kind zu zahlen.

Ihr vor dem Sozialgericht geltend gemachtes weiteres Begehren, ihr Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes in Form eines Darlehens nach § 7 Abs. 2 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) zu gewähren, bis über ihren Antrag auf Gewährung von Förderungsleistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BaFöG) entschieden sei, hat die Antragstellerin im Beschwerdeverfahren nach Gewährung der Förderungsleistungen mit Bescheid vom 20. Dezember 2005 nicht mehr geltend gemacht.

Der Antragsgegner hat mit Schriftsatz vom 27. März 2006 "Hauptsachenerledigung" erklärt und mitgeteilt, dass er die Mietkaution für die von der Antragstellerin angemietete Wohnung Seestraße 39, 13353 Berlin in Höhe von 773,00 EUR als Darlehen übernehmen werde.

II.

Der Antragsgegner war entsprechend seiner Erklärung zu verpflichten. Entgegen dem Wortlaut - "Hauptsachenerledigung" – ist die Erklärung des Antragsgegners nämlich als ein Anerkenntnis im Sinne des § 101 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) auszulegen. Eine Erklärung über die Erledigung der Hauptsache ist im SGG nicht vorgesehen, vielmehr beendet nach dem Wortlaut des § 101 Abs. 2 SGG nur das angenommene Anerkenntnis den Rechtsstreit in der Hauptsache. Diese Annahme hat die Antragstellerin indes trotz zweifacher Aufforderung nicht erklärt. Ein Anerkenntnis liegt gleichwohl - ohne notwendige Verwendung des Wortes "Anerkenntnis" (Bundessozialgericht [BSG] SozR 3-1500 § 193 Nr. 4) - vor, denn der Antragsgegner hat dem Begehren im einstweiligen Rechtsschutzverfahren statt gegeben, als er die Mietkaution in der begehrten Höhe als Darlehen übernommen und damit zugestanden hat, dass der prozessuale Anspruch bestehe (Meyer-Ladewig, Keller, Leitherer, Sozialgerichtsgesetz (SGG) 8. Aufl., § 101 Rdnr. 20, 21).

Soweit die Antragstellerin ihrerseits ihr vor dem Sozialgericht geltend gemachtes weiteres Begehren auf Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach § 7 Abs. 2 SGB II im Beschwerdeverfahren nicht mehr geltend macht, liegt darin eine teilweise Zurücknahme ihres früheren Antrags (analog § 102 SGG).

Mit der Abgabe dieser als Anerkenntniserklärung des Antragsgegners zu wertenden Erklärung der "Erledigung der Hauptsache" ist der Rechtsstreit – wie dargelegt - nicht gemäß § 101 Abs. 2 erledigt. Deswegen ist auch in der Sozialgerichtsbarkeit ein Anerkenntnisurteil entsprechend § 202 SGG, § 307 Zivilprozessordnung (ZPO) nicht ausgeschlossen (BSG SozR 1500 § 101 Nr. 6; Meyer-Ladewig aaO., ebenda, Rdnr. 19), ohne dass es der Prüfung der Berechtigung des Klageanspruchs bedürfte (BSG SozR 1750, § 307 Nr. 1 und Nr. 2). Ob ein Anerkenntnisurteil in der Regel nicht notwendig ist, weil auch aus einem Anerkenntnis gemäß § 199 Abs. 1 Nr. 3 SGB II vollstreckt werden kann, kann dahingestellt bleiben. Jedenfalls bei einer Nichtannahme eines Anerkenntnisses, die dem Kläger, hier der Antragstellerin, freisteht, bedarf es einer Erledigung des gerichtlichen Verfahrens durch Urteil (BSG 12.07.1988 - 4/11a RA 16/87 - SozR 6580 Art. 5 Nr. 4). In diesem Fall ist auch ein Antrag auf Erlass eines Anerkenntnisurteils nicht erforderlich, weil andernfalls mangels Beschwer eine Abweisung der Klage als unzulässig in Betracht käme (Landessozialgericht [LSG] Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 22. November 2000, L 11 KA 167/99). Diese Grundsätze gelten analog auch für das Beschlussverfahren der einstweiligen Anordnung.

Nur informatorisch weist das Gericht darauf hin, dass der Antragsgegner auf telefonische Nachfrage mitgeteilt hat, dass er das Sozialgeld für das mit der Antragstellerin in einer Bedarfsgemeinschaft lebende Kind gewährt hat (für die Zeit vom 1. Juli bis 31. Dezember 2005 mit Bescheid vom 20. Mai 2005 und für die Zeit 1. Januar bis zum 30. Juni 2006 mit Bescheid vom 6. April 2006). Es kann daher dahin stehen, ob es sich bei dem in der Beschwerde geltend gemachten weiteren Begehren, der Antragstellerin ab November 2006 das Sozialgeld für ihr Kind zu zahlen, um eine unzulässige Antragserweiterung handeln würde.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG analog und entspricht dem Verlauf und dem Ergebnis des Rechtsstreits.

Gegen diese Entscheidung sieht das Gesetz einen ordentlichen Rechtsbehelf nicht vor (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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