Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 55 (27) RJ 50/04
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 8 R 218/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 19.10.2005 wird zurückgewiesen. Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Gewährung einer Regelaltersrente; dabei ist insbesondere streitig, ob sie sog. Ghetto-Beitragszeiten nach dem Gesetz zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigung in einem Ghetto (ZRBG) für das Ghetto Demblin/Polen glaubhaft machen kann.
Die am 00.00.1922 in Demblin/Polen geborene Klägerin ist jüdischen Glaubens und nach § 1 Abs. 1 Bundesentschädigungsgesetz (BEG) als Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung anerkannt. Während ihrer Verfolgung befand sie sich u.a. im Ghetto Demblin. Heute lebt die Klägerin in Israel und besitzt die israelische Staatsangehörigkeit.
Im Entschädigungsverfahrens gab die Klägerin in einer eidesstattlichen Versicherung aus dem Jahre 1954 an, sie sei von Mai 1940 bis Juni 1942 im Ghetto Demblin gewesen. Sie habe unter Zwang die Straße reinigen müssen. Im Inneren des Ghettos habe sie unter Aufsicht der jüdischen Polizei gestanden. Die Zeugin A A1 erklärte im Entschädigungsverfahren, "wir mussten die Straßen reinigen und den Judenstern tragen. Das Ghetto wurde von SS bewacht, im Inneren hatten wir jüdische Polizei". Im Juni 1942 seien sie in das Zwangsarbeiterlager (ZAL) Demblin gekommen. Die Zeugin D P erklärte, im Ghetto Demblin habe sie zusammen mit der Klägerin als Straßenfegerin arbeiten müssen. Im Inneren des Ghettos habe jüdische Polizei für Ordnung gesorgt. Die Zeugin Q M gab an, sie sei mit der Klägerin zu verschiedenen Zwangsarbeiten herangezogen worden. Diese Erklärung wurde inhaltsgleich von der Zeugin T T1 abgegeben.
Am 31.01.2003 beantragte die Klägerin bei der Beklagten unter Hinweis auf das ZRBG die Zahlung einer Regelaltersrente rückwirkend,ab dem 01. Juli 1997. Im Fragebogen zur Feststellung von Ghetto-Zeiten wurde durch die Tochter der Klägerin als deren Bevollmächtigte angegeben, dass die Klägerin seit längerer Zeit unter der Alzheimer-Krankheit leidet, insofern könnten die notwendigen Angaben im Verwaltungsverfahren lediglich von der Tochter gemacht werden. Aus einer im Verwaltungsverfahren eingereichten ärztlichen Bescheinigung vom 17.09.2003 (Dr. H. K) ergab sich ebenfalls, dass die Klägerin an Alzheimer und Demenz leidet. Die Tochter der Klägerin gab an, dass sich ihre Mutter von Mai 1940 bis Juni 1942 im Ghetto Demblin aufgehalten habe. Sie habe im Reinigungskommando die Straße fegen müssen und ganztägig gearbeitet. Nach Angaben der Mutter habe es dafür Lebensmittelsonderrationen gegeben. Weitere Angaben wurden nicht gemacht.
Mit Bescheid vom 16. März 2004 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Die Klägerin habe Zwangsarbeit geleistet, die nicht von den Vorschriften des ZRBG erfasst würde. Dafür sprächen ihre Angaben im Entschädigungsverfahren, sie habe unter Zwang Straßen reinigen müssen.
Dagegen erhob die Klägerin Widerspruch. Zur Begründung führte sie aus, sie sei für die frei gewählte Arbeit durch Essen und zusätzliche Lebensmittel entlohnt worden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 17. August 2004 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die Klägerin habe Zwangsarbeit geleistet, insbesondere habe sie im Entschädigungsverfahren bereits angegeben, sie hätte unter Zwang die Straße reinigen müssen. Dies sei durch mehrere Zeugen bestätigt worden und spreche eindeutig für Zwangsarbeit.
Dagegen hat die Klägerin am 20. August 2004 Klage erhoben mit der sie an ihrem Begehren festhält. Zur Begründung ihres Vorbringens, hat die Klägerin ein in dem Rechtsstreit Sozialgericht Hamburg S 20 RJ 674/04 erstattetes Gutachten von Prof. Golczewski (Universität Hamburg) vom 09.09.2005 zu den Ghettos Krakau, Warschau und Lemberg eingereicht.
Die Klägerin hat sinngemäß beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 16. März 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. August 2004 zu verurteilen, ihr rückwirkend ab 01. Juli 1997 eine Regelaltersrente unter Berücksichtigung einer fiktiven Beitragszeit nach dem Gesetz zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto (ZRBG) für den Zeitraum vom 01. Mai 1940 bis 30. Juni 1942 sowie unter weiterer Berücksichtigung von Ersatzzeiten -ggfs. unter Entrichtung freiwilliger Beiträge- nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung hat sie auf die angefochtenen Bescheide Bezug genommen. Da die Klägerin an Alzheimer erkrankt sei und bereits im Rentenverfahren nur ihre Tochter für sie Angaben habe machen können, seien die Aussagen im früheren Entschädigungsverfahren von besonderer Bedeutung. Danach habe es sich -auch mangels Entgeltlichkeit der ausgeübten Beschäftigung- um Zwangsarbeit gehandelt.
Mit Urteil vom 19.10.2005 hat das Sozialgericht Düsseldorf die Klage abgewiesen. Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt worden, die Klägerin habe keinen Anspruch auf die Gewährung einer Regelaltersrente aufgrund Ghettozeiten nach dem ZRBG. Denn es sei ihr nicht möglich glaubhaft zu machen, dass es sich bei ihrer Arbeit im Ghetto Demblin um eine freiwillige und entgeltliche Tätigkeit gehandelt habe. Der Arbeitseinsatz der Klägerin sei nicht freiwillig gewesen. Sie habe selbst im Entschädigungsverfahren angegeben, sie habe unter Zwang Straßen reinigen müssen. Diese Tätigkeit sei von den Zeuginnen bestätigt worden Zwar sei es zutreffend, dass seinerzeitige Einlassungen hinsichtlich des Vorliegens von Zwangsarbeit mit Blick auf die Verwertbarkeit für das heutige ZRBG-Verfahren besonders sorgfältig zu prüfen und zu bewerten seien, da oftmals schwere Arbeit subjektiv als "Zwangsarbeit" empfunden und mit diesem Begriff bezeichnet wurde, ohne im Rechtssinne generell solche gewesen zu sein. Jedoch sprächen neben der Art der verrichteten Tätigkeit die übrigen Formulierungen der Klägerin für das Vorliegen von Zwangsarbeit. So habe die Klägerin erklärt "sie habe die Straße reinigen müssen", die gleiche Formulierung wählten auch die beiden Zeuginnen. Die weitere Zeugin Q M habe ausgesagt, dass sie mit der Klägerin zu verschiedenen Arbeiten "herangezogen" worden sei. Diese Formulierungen, denen bereits wegen ihrer zeitlichen Nähe zum Geschehen ein besonderes Gewicht zukomme, legten das Bild einer unter obrigkeitlichem Zwang zustande gekommenen Beschäftigung nahe, die nicht freiwillig ausgeübt wurde. Im Übrigen habe auch die Klägerin in dem aufgrund ihrer Demenz-Erkrankung von ihrer Tochter, im Rentenverfahren am 23.09.2003 ausgefüllten Fragebogen angegeben, im "Reinigungskommando Straßenfegen" beschäftigt gewesen zu sein. Arbeiten vor einem solchen Hintergrund seien nicht freiwillig und aus eigenem Willensentschluss zustande gekommen. Ferner sei es nicht glaubhaft, dass die Klägerin entgeltlich tätig geworden sei. Sie habe für ihre Arbeit keine die Versicherungspflicht auslösende Gegenleistung bekommen, denn sie habe nach ihren eigenen Angaben (bzw. denen der Tochter) lediglich ,;Lebensmittelsonderrationen" bekommen. Diese stellten -auch vor dem Hintergrund der nicht freiwillig ausgeübten Tätigkeit- lediglich Leistungen zur Erhaltung der Arbeitsfähigkeit der Klägerin dar. Die Kammer gehe davon aus, dass die Klägerin diese Lebensmittel nur zum unmittelbaren und kurzfristigen Verbrauch durch sie selbst, also zu ihrer eigenen Verpflegung, erhalten habe und damit ein rentenversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis ausscheide.
Gegen das am 14.11.2005 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 11.11.2005 Berufung eingelegt. Zur Begründung hat die Klägerin auf das o.g. Gutachten von Prof. Golczewski verwiesen. Danach habe es im Generalgouvernement freiwillige und entgeltliche Arbeit gegeben. Auch bei der Klägerin lägen diese Voraussetzungen vor. Ebenso habe auch der Gutachter Bodek im Jahre 1994 ausgeführt, dass es im Ghetto Lodz freiwillige und entgeltliche Arbeit gegeben habe.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 19.10.2005 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 16. März 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. August 2004 zu verurteilen, ihr rückwirkend ab 01. Juli 1997 eine Regelaltersrente unter Berücksichtigung einer fiktiven Beitragszeit nach dem Gesetz zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto (ZRBG) für den Zeitraum vom 01. Mai 1940 bis 30. Juni 1942 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt nach ihrem schriftlichen Vorbringen,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung hat sie vorgetragen, der Verweis auf Gutachten ersetze nicht die erforderliche Glaubhaftmachung im Einzelfall. Die Glaubhaftmachung einer entgeltlichen und freiwilligen Beschäftigung im Ghetto in Demblin sei der Klägerin nicht gelungen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren; Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden, weil die Beteiligten hierzu ihr Einverständnis erklärt haben.
Die zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet.
Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn die angefochtenen Bescheide der Beklagten vom 16. März 2004 und vom 17. August 2004 sind rechtmäßig. Die Beklagte hat zutreffend entschieden, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Regelaltersrente hat.
Insoweit bezieht sich der Senat auf die zutreffenden Gründen der erstinstanzlichen Entscheidung (§ 153 SGG). Die Klägerin konnte nicht hinreichend glaubhaft machen, dass die Voraussetzungen des ZRBG gegeben sind. Der Verweis auf Gutachten ersetzt nicht die erforderliche Glaubhaftmachung im Einzelfall.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Anlass, die Revision zuzulassen, hat nicht bestanden.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Gewährung einer Regelaltersrente; dabei ist insbesondere streitig, ob sie sog. Ghetto-Beitragszeiten nach dem Gesetz zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigung in einem Ghetto (ZRBG) für das Ghetto Demblin/Polen glaubhaft machen kann.
Die am 00.00.1922 in Demblin/Polen geborene Klägerin ist jüdischen Glaubens und nach § 1 Abs. 1 Bundesentschädigungsgesetz (BEG) als Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung anerkannt. Während ihrer Verfolgung befand sie sich u.a. im Ghetto Demblin. Heute lebt die Klägerin in Israel und besitzt die israelische Staatsangehörigkeit.
Im Entschädigungsverfahrens gab die Klägerin in einer eidesstattlichen Versicherung aus dem Jahre 1954 an, sie sei von Mai 1940 bis Juni 1942 im Ghetto Demblin gewesen. Sie habe unter Zwang die Straße reinigen müssen. Im Inneren des Ghettos habe sie unter Aufsicht der jüdischen Polizei gestanden. Die Zeugin A A1 erklärte im Entschädigungsverfahren, "wir mussten die Straßen reinigen und den Judenstern tragen. Das Ghetto wurde von SS bewacht, im Inneren hatten wir jüdische Polizei". Im Juni 1942 seien sie in das Zwangsarbeiterlager (ZAL) Demblin gekommen. Die Zeugin D P erklärte, im Ghetto Demblin habe sie zusammen mit der Klägerin als Straßenfegerin arbeiten müssen. Im Inneren des Ghettos habe jüdische Polizei für Ordnung gesorgt. Die Zeugin Q M gab an, sie sei mit der Klägerin zu verschiedenen Zwangsarbeiten herangezogen worden. Diese Erklärung wurde inhaltsgleich von der Zeugin T T1 abgegeben.
Am 31.01.2003 beantragte die Klägerin bei der Beklagten unter Hinweis auf das ZRBG die Zahlung einer Regelaltersrente rückwirkend,ab dem 01. Juli 1997. Im Fragebogen zur Feststellung von Ghetto-Zeiten wurde durch die Tochter der Klägerin als deren Bevollmächtigte angegeben, dass die Klägerin seit längerer Zeit unter der Alzheimer-Krankheit leidet, insofern könnten die notwendigen Angaben im Verwaltungsverfahren lediglich von der Tochter gemacht werden. Aus einer im Verwaltungsverfahren eingereichten ärztlichen Bescheinigung vom 17.09.2003 (Dr. H. K) ergab sich ebenfalls, dass die Klägerin an Alzheimer und Demenz leidet. Die Tochter der Klägerin gab an, dass sich ihre Mutter von Mai 1940 bis Juni 1942 im Ghetto Demblin aufgehalten habe. Sie habe im Reinigungskommando die Straße fegen müssen und ganztägig gearbeitet. Nach Angaben der Mutter habe es dafür Lebensmittelsonderrationen gegeben. Weitere Angaben wurden nicht gemacht.
Mit Bescheid vom 16. März 2004 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Die Klägerin habe Zwangsarbeit geleistet, die nicht von den Vorschriften des ZRBG erfasst würde. Dafür sprächen ihre Angaben im Entschädigungsverfahren, sie habe unter Zwang Straßen reinigen müssen.
Dagegen erhob die Klägerin Widerspruch. Zur Begründung führte sie aus, sie sei für die frei gewählte Arbeit durch Essen und zusätzliche Lebensmittel entlohnt worden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 17. August 2004 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die Klägerin habe Zwangsarbeit geleistet, insbesondere habe sie im Entschädigungsverfahren bereits angegeben, sie hätte unter Zwang die Straße reinigen müssen. Dies sei durch mehrere Zeugen bestätigt worden und spreche eindeutig für Zwangsarbeit.
Dagegen hat die Klägerin am 20. August 2004 Klage erhoben mit der sie an ihrem Begehren festhält. Zur Begründung ihres Vorbringens, hat die Klägerin ein in dem Rechtsstreit Sozialgericht Hamburg S 20 RJ 674/04 erstattetes Gutachten von Prof. Golczewski (Universität Hamburg) vom 09.09.2005 zu den Ghettos Krakau, Warschau und Lemberg eingereicht.
Die Klägerin hat sinngemäß beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 16. März 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. August 2004 zu verurteilen, ihr rückwirkend ab 01. Juli 1997 eine Regelaltersrente unter Berücksichtigung einer fiktiven Beitragszeit nach dem Gesetz zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto (ZRBG) für den Zeitraum vom 01. Mai 1940 bis 30. Juni 1942 sowie unter weiterer Berücksichtigung von Ersatzzeiten -ggfs. unter Entrichtung freiwilliger Beiträge- nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung hat sie auf die angefochtenen Bescheide Bezug genommen. Da die Klägerin an Alzheimer erkrankt sei und bereits im Rentenverfahren nur ihre Tochter für sie Angaben habe machen können, seien die Aussagen im früheren Entschädigungsverfahren von besonderer Bedeutung. Danach habe es sich -auch mangels Entgeltlichkeit der ausgeübten Beschäftigung- um Zwangsarbeit gehandelt.
Mit Urteil vom 19.10.2005 hat das Sozialgericht Düsseldorf die Klage abgewiesen. Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt worden, die Klägerin habe keinen Anspruch auf die Gewährung einer Regelaltersrente aufgrund Ghettozeiten nach dem ZRBG. Denn es sei ihr nicht möglich glaubhaft zu machen, dass es sich bei ihrer Arbeit im Ghetto Demblin um eine freiwillige und entgeltliche Tätigkeit gehandelt habe. Der Arbeitseinsatz der Klägerin sei nicht freiwillig gewesen. Sie habe selbst im Entschädigungsverfahren angegeben, sie habe unter Zwang Straßen reinigen müssen. Diese Tätigkeit sei von den Zeuginnen bestätigt worden Zwar sei es zutreffend, dass seinerzeitige Einlassungen hinsichtlich des Vorliegens von Zwangsarbeit mit Blick auf die Verwertbarkeit für das heutige ZRBG-Verfahren besonders sorgfältig zu prüfen und zu bewerten seien, da oftmals schwere Arbeit subjektiv als "Zwangsarbeit" empfunden und mit diesem Begriff bezeichnet wurde, ohne im Rechtssinne generell solche gewesen zu sein. Jedoch sprächen neben der Art der verrichteten Tätigkeit die übrigen Formulierungen der Klägerin für das Vorliegen von Zwangsarbeit. So habe die Klägerin erklärt "sie habe die Straße reinigen müssen", die gleiche Formulierung wählten auch die beiden Zeuginnen. Die weitere Zeugin Q M habe ausgesagt, dass sie mit der Klägerin zu verschiedenen Arbeiten "herangezogen" worden sei. Diese Formulierungen, denen bereits wegen ihrer zeitlichen Nähe zum Geschehen ein besonderes Gewicht zukomme, legten das Bild einer unter obrigkeitlichem Zwang zustande gekommenen Beschäftigung nahe, die nicht freiwillig ausgeübt wurde. Im Übrigen habe auch die Klägerin in dem aufgrund ihrer Demenz-Erkrankung von ihrer Tochter, im Rentenverfahren am 23.09.2003 ausgefüllten Fragebogen angegeben, im "Reinigungskommando Straßenfegen" beschäftigt gewesen zu sein. Arbeiten vor einem solchen Hintergrund seien nicht freiwillig und aus eigenem Willensentschluss zustande gekommen. Ferner sei es nicht glaubhaft, dass die Klägerin entgeltlich tätig geworden sei. Sie habe für ihre Arbeit keine die Versicherungspflicht auslösende Gegenleistung bekommen, denn sie habe nach ihren eigenen Angaben (bzw. denen der Tochter) lediglich ,;Lebensmittelsonderrationen" bekommen. Diese stellten -auch vor dem Hintergrund der nicht freiwillig ausgeübten Tätigkeit- lediglich Leistungen zur Erhaltung der Arbeitsfähigkeit der Klägerin dar. Die Kammer gehe davon aus, dass die Klägerin diese Lebensmittel nur zum unmittelbaren und kurzfristigen Verbrauch durch sie selbst, also zu ihrer eigenen Verpflegung, erhalten habe und damit ein rentenversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis ausscheide.
Gegen das am 14.11.2005 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 11.11.2005 Berufung eingelegt. Zur Begründung hat die Klägerin auf das o.g. Gutachten von Prof. Golczewski verwiesen. Danach habe es im Generalgouvernement freiwillige und entgeltliche Arbeit gegeben. Auch bei der Klägerin lägen diese Voraussetzungen vor. Ebenso habe auch der Gutachter Bodek im Jahre 1994 ausgeführt, dass es im Ghetto Lodz freiwillige und entgeltliche Arbeit gegeben habe.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 19.10.2005 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 16. März 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. August 2004 zu verurteilen, ihr rückwirkend ab 01. Juli 1997 eine Regelaltersrente unter Berücksichtigung einer fiktiven Beitragszeit nach dem Gesetz zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto (ZRBG) für den Zeitraum vom 01. Mai 1940 bis 30. Juni 1942 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt nach ihrem schriftlichen Vorbringen,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung hat sie vorgetragen, der Verweis auf Gutachten ersetze nicht die erforderliche Glaubhaftmachung im Einzelfall. Die Glaubhaftmachung einer entgeltlichen und freiwilligen Beschäftigung im Ghetto in Demblin sei der Klägerin nicht gelungen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren; Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden, weil die Beteiligten hierzu ihr Einverständnis erklärt haben.
Die zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet.
Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn die angefochtenen Bescheide der Beklagten vom 16. März 2004 und vom 17. August 2004 sind rechtmäßig. Die Beklagte hat zutreffend entschieden, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Regelaltersrente hat.
Insoweit bezieht sich der Senat auf die zutreffenden Gründen der erstinstanzlichen Entscheidung (§ 153 SGG). Die Klägerin konnte nicht hinreichend glaubhaft machen, dass die Voraussetzungen des ZRBG gegeben sind. Der Verweis auf Gutachten ersetzt nicht die erforderliche Glaubhaftmachung im Einzelfall.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Anlass, die Revision zuzulassen, hat nicht bestanden.
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