Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 25 U 403/98
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 3 U 38/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 20. März 2003 wird zurückgewiesen. 2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. 3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 20 v. H. ab 26. Februar 1996 (für die Zeit vom 26. Februar bis 31. August 1996 unter Berücksichtigung der bereits gezahlten Stützrente nach einer MdE von 10 v. H.) streitig.
Der am XX.XXXXX 1936 geborene Kläger, der bis zum 30. Juni 2001 als Filialdirektor bei der D. K.-Aktiengesellschaft beschäftigt war, erlitt am 24. August 1995 als Pkw-Fahrer einen Verkehrsunfall auf dem Heimweg vom Büro nach Hause. Als er anhielt, um ein vor ihm fahrendes Fahrzeug einparken zu lassen, fuhr der nachfolgende Pkw auf sein Fahrzeug auf. Im Durchgangsarztbericht des Allgemeinen Krankenhauses (AK) St. G., Professor Dr. E., wurde folgende Diagnose festgehalten: "HWS-Distorsion bei degenerativ vorgeschädigter HWS mit Wurzelirritation C 7, weniger C 6 links, commotio cerebri". Es erfolgte die stationäre Aufnahme bis zum nächsten Tag. Durch ein Computertomogramm sowie Funktionsaufnahmen der Halswirbelsäule in Narkose konnten Verletzungen sowie discoligamentäre Instabilität ausgeschlossen werden. Dem Kläger wurde eine sogenannte Schanz’sche Krawatte verordnet. Am 28. August 1995 erfolgte eine Nachuntersuchung im AK St. G ... Der Kläger klagte über anhaltende diffuse Kopfschmerzen, gelegentliche Übelkeit und Erbrechen, eine Visusstörung, fortbestehende Nackenschmerzen, die über die Außenseite des linken Oberarms und den Unterarm in den Daumen ausstrahlen würden. Die neurologische Kontrolluntersuchung ergab keine Auffälligkeiten. Durch eine Kernspintomographie der Halswirbelsäule konnten eine Fraktur oder ein Bandscheibenvorfall ausgeschlossen werden.
Wegen anhaltender Beschwerden führte der Kläger ein Heilverfahren in der D.-Klinik Bad I. in der Zeit vom 28. November bis 26. Dezember 1995 durch. Er gab an, er habe u. a. bereits am 25. August 1982 einen Autoauffahrunfall erlitten. Im Anschluss an diesen Unfall sei er nie wieder beschwerdefrei geworden. Er habe permanente Nacken- und Kopfschmerzen, rechts betont. Er sei acht Jahre lang in der Schmerzambulanz in H. und in G. betreut worden. Dort seien Nervenwurzeldurchtrennungen von C1 bis C4 durchgeführt worden. Wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 25. August 1982 war dem Kläger nach Einholung von neurologischen und chirurgischen Gutachten aufgrund eines Urteils des Sozialgerichts Hamburg vom 13. Januar 1988 eine Verletztenrente nach einer MdE von 20 v. H. bewilligt worden. Die mit Bescheid vom 8. März 1988 festgestellten Unfallfolgen lauteten: "Beschwerdesymptomatik der Halswirbelsäule mit nachfolgenden reaktiv-depressiven Komponenten nach Schleudertrauma der Halswirbelsäule". Als unfallfremde Gesundheitsstörungen waren aufgeführt worden: "Zustand nach Distorsion der Hals- u. Lendenwirbelsäule (Arbeitsunfall vom 1. Oktober 1975, Verwaltungsberufsgenossenschaft, ohne MdE), Kopfschmerzen, Nackenmyalgie mit cervicocephalem Syndrom bei degenerativen Veränderungen der Halswirbelsäule, Gefügestörung der Brustwirbelsäule mit Rundrückenbildung und Muskelverspannungen, degenerative Veränderungen der Brust- und Lendenwirbelsäule, Übergewicht". Im Juni 1990 war dem Kläger eine Abfindung der Dauerrente in Höhe von 161.379,40 DM gezahlt worden. Wegen der Folgen dieses Unfalles hatte der Kläger auch ein Verfahren vor dem Landgericht Hamburg und dem Hanseatischen Oberlandesgericht geführt, in dem ebenfalls Begutachtungen vorgenommen worden waren.
Im Auftrag der Beklagten erstellte das Medizinische Gutachteninstitut H. durch den Chirurgen M. wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 14. August 1995 das Gutachten vom 25. November 1996 nach Untersuchung vom 28. Oktober 1996. Bei dieser Untersuchung gab der Kläger an, er habe Schmerzen ein bis zwei Finger breit unter der Hinterhauptschuppe. Der Schmerz strahle in die seitliche und vordere Halsmuskulatur und in die Schlüsselbeingrube, rechts stärker als links. Das habe er vorher nicht gehabt. Die Schmerzen seien mittig im Schulterblatt. Der medizinische Sachverständige M. kam zu dem Ergebnis, dass bei dem Kläger ein ausgeprägtes subjektiv funktionelles Beschwerdebild der Halswirbelsäule mit wechselnden Muskel- und Nervenreizerscheinungen, sowie Bewegungseinschränkung bei fortgeschrittenen degenerativen Veränderungen vorlägen. Das Beschwerdebild sei seit dem Ereignis vom 25. August 1982 zunehmend, durchaus auch mal wechselnd. Es seien aber durchgehend erheblich subjektiv funktionelle Beschwerden geäußert worden, die sich hauptsächlich im Bereich des Hinterhauptes und der oberen Halswirbelsäule gezeigt hätten. Man habe sogenannte Blockierungen angenommen sowie Nervenschäden, die sich nicht sicher hätten bestätigten lassen. Es sei ferner eine Fehlstellung der Kopfgelenke angenommen worden, pseudoradikuläre Schmerzsyndrome etc ... Das Verschleißschadensbild der Halswirbelsäule habe sich unabhängig von den Ereignissen 1982 und 1995 entwickelt. Weder der Ursachenbeitrag des Ereignisses von 1982 noch der Ursachenbeitrag des Ereignisses von 1995 an dem beschriebenen Verschleißschaden könne benannt werden. Es handele sich um einen ausschließlich schicksalhaften Verlauf. Eine Zielaufnahme der Kopfgelenke, angefertigt im AK St. G. am 24. August 1995, lasse keine sichere Rotationsfehlstellung des zweiten Halswirbelkörpers erkennen. Die Aktenlage widerlege die Angabe des Klägers, dass das Ereignis von 1995 eine Funktionsstörung der oberen Halswirbelsäule verursacht habe. Nach dem Unfall 1982 seien Funktionsstörungen auch im Bereich der oberen Halswirbelsäule nachgewiesen worden, die von dem Sozialgericht Hamburg und dem Oberlandesgericht Hamburg als pseudoradikuläres Schmerzsyndrom bzw. anhaltende Blockierungen gewertet worden seien. Herr M. führte weiter aus, eine Blockierung sei kein Verletzungsbefund. Ein funktionelles Beschwerdebild, wie eine Blockierung, lasse sich nicht ohne weiteres einem Unfallereignis zuordnen, da dieses Bild auch bei Patienten auftrete, die niemals eine Verletzung gehabt hätten. Zur Erklärung der subjektiven Beschwerdebilder im Bereich der Halswirbelsäule würde eine Vielfalt von Hypothesen, Denkansätzen und pathogenetischen Postulaten angeboten. Das Fehlen eines morphologischen Substrates könne nicht durch geklagte Beschwerden und Behandlungsbereitschaft aufgefüllt werden. In der ergänzenden Stellungnahme vom 9. Mai 1997 führten die Chirurgen M. und Dr. E1 in Kenntnis des inzwischen eingeholten DEKRA-Gutachtens vom 28. Februar 1997 aus, der Pkw des Klägers sei durch den Anstoß auf das 4- bis 4,6-fache der Erdbeschleunigung beschleunigt worden. Die Geschwindigkeitsänderung des angestoßenen Fahrzeuges habe bei 13 bis 17 km/h gelegen. Aufgrund des Ereignisses und der bestehenden Vorschäden könne eine vorübergehende Verschlimmerung durch die am 24. August 1995 erlittene Distorsion der Halswirbelsäule angenommen werden. Diese Distorsion habe zu einer Arbeitsunfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit bis zum 27. November 1995, also für drei Monate, geführt. Es werde aber die Einholung eines neurologischen Zusatzgutachtens empfohlen.
Dieses Gutachten wurde am 14. Juli 1997 von Dr. Dr. W., Neurologische Abteilung der Klinik am R. in O., nach ambulanter Untersuchung vom 4. Juli 1997 erstellt. Dr. Dr. W. führte aus, dass im Rahmen des degenerativen Halswirbelsäulenvorschadens und der unfallbedingten Vorschädigung von 1982 es durch das Zweitereignis vom 25. August 1995 zu einer Akzentuierung der vorbestehenden Schmerzsymptomatik mit nun auch in den rechten Arm ausstrahlenden Schmerzen gekommen sei. Nach dem Auslaufen der unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit werde aus nervenärztlicher Sicht vorgeschlagen, die unfallbedingte MdE unter Würdigung der Unfallfolgen aus dem Ereignis von 1982 und dem Zweitereignis von 1995 insgesamt mit 25 v. H. neu zu bewerten. In einer ergänzenden Stellungnahme vom 26. August 1997 wies Dr. Dr. W. darauf hin, dass der Kläger wegen der Folgen des Distorsionstraumas von 1982 eine Verletztenrente auf der Grundlage einer MdE von 20 v. H. beziehe. Durch den Unfall vom 24. August 1995 sei es zu einem erneuten Halswirbelsäulendistorsionstrauma mit hieraus verbliebenen Schmerzausstrahlungen und Nervenwurzelirritationen im Bereich des rechten Gebrauchsarmes gekommen. Die Zeichen einer Nervenwurzelirritation hätten aber bereits am Unfalltag bestanden. Die verbliebene MdE für das zweite Unfallereignis von 1995 werde auf 10 v. H. geschätzt. Die Unfallfolgen aus dem Zweitereignis würden sich aber im Hinblick auf die Leistungseinschränkungen mit den schon seit 1982 bekannten Lokalbeschwerden im HWS-Bereich überschneiden, sodass er eine Gesamt-MdE in Höhe von 25 v. H. vorgeschlagen habe.
Die Chirurgen M. und E1 schlugen in der ergänzenden Stellungnahme vom 6. November 1997 vor, wegen einer Zerrung der cervicalen Nackenmuskeln mit Nervenreizerscheinungen eine MdE von 10 v. H., beginnend ab Entlassung aus der D.-Klinik bis einschließlich 23. August 1996, anzunehmen. Danach werde die MdE auf unter 10 v. H. eingeschätzt.
Mit Bescheid vom 2. Dezember 1997 bewilligte die Beklagte dem Kläger eine Verletztenrente für die Zeit vom 26. Februar bis 31. August 1996 aufgrund einer MdE von 10 v. H. Über diesen Zeitraum hinaus wurde eine Rentenbewilligung abgelehnt.
Gegen diesen Bescheid legte der Kläger Widerspruch mit der Begründung ein, es lägen bei ihm Unfallfolgen vor, die eine MdE von mehr als 20 v. H. herbeigeführt hätten. Dies ergebe sich aus der beigefügten Stellungnahme des Orthopäden Dr. P. vom 13. März 1998. Darin hatte Dr. P. ausgeführt, dass der Unfall vom 24. August 1995 eine deutlich vorgeschädigte Halswirbelsäule getroffen habe. Als Folge des Unfalls sei ein unteres und oberes Cervical-Syndrom zurückgeblieben, welches sich ausdrücklich von der Symptomatik, die vor dem Unfall bestanden habe, unterscheide. Das einzige morphologisch nachweisbare Substrat sei derzeit in der Rotationsfehlstellung des zweiten Halswirbelkörpers gegenüber C1 zu sehen. Die Chirurgen M. und E1 führten in einer Stellungnahme vom 4. Juni 1998 hierzu aus, die Rotationsfehlstellung des zweiten Halswirbelkörpers werde man kaum als Unfallfolge bezeichnen können angesichts der Tatsache, dass strukturelle Verletzungen auch in diesem Segment keineswegs eingetreten seien. Degenerative Veränderungen, insbesondere Spondylarthrosen, führten häufig zu derartigen Fehlstellungen. Mit Widerspruchsbescheid vom 30. Juli 1998 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Im Klageverfahren hat das Sozialgericht das Gutachten des Hals-Nasen-Ohren-Arztes Dr. S., Evangelisches Krankenhaus O1, ohne Datum – eingegangen am 22. Juni 2000 - nach Untersuchung vom 30. November 1999 erstellen lassen. Dieser hat auf seinem Fachgebiet keine Funktionseinschränkungen gefunden, die zu einer MdE führen würden. Er hat die Einholung eines orthopädischen Zusatzgutachtens angeregt durch Prof. Dr. Dr. M1, das dieser im Auftrag des Gerichts am 20. Mai 2000 nach Untersuchung vom 26. Januar 2000 erstellt hat. Darüber hinaus ist ein kernspintomographisches Zusatzgutachten durch Professor Dr. T. vom 20. März 2000 erstellt worden. Prof. Dr. Dr. M1 hat ausgeführt, dass der Begriff "cervicoencephales Syndrom" nur mit großer Zurückhaltung zu verwenden sei. Dr. P. habe aus orthopädisch-manualmedizinischer Sicht die Befunde in sehr differenzierter Weise geschildert und verschiedene mögliche Diagnosen diskutiert, mit denen das Krankheitsbild bezeichnet werden könne. Allerdings begebe er sich damit auf ein Gebiet, das zumindest in wesentlichen Teilen noch als unsicher gelten müsse. Um die gutachterliche Bewertung der Folgen von Beschleunigungsverletzungen der Halswirbelsäule werde in der medizinischen Fachwelt heftig gestritten. Es gebe Vertreter einer den "Vollbeweis" fordernden Position, die ohne strukturellen Organschaden keine Unfallfolgen anerkennen würden. Andere würden eine funktionelle Betrachtung in den Vordergrund stellen und unfallbedingte Funktionsstörungen als Grund für eine MdE ansehen. Er selbst vertrete eine funktionell orientierte Betrachtungsweise, wie sie in der Manualmedizin gepflegt werde. Er gehe davon aus, dass die von dem Kläger am 24. August 1995 erlittene HWS-Distorsion zu einer nachhaltigen Störung der Steuerungsfunktion seines Bewegungssystems im HWS-Bereich geführt habe. Er nehme eine Dauer-MdE von 20 v. H. an. Nach einer ergänzenden Stellungnahme von Dr. S. (12. April 2001) führte Prof. Dr. Dr. M1 in seiner ergänzenden Stellungnahme unter dem 14. April 2002 aus, er sei bei seiner Einschätzung davon ausgegangen, dass bei dem Kläger der cervicocephale Übergang und dessen Funktionen zum Unfallzeitpunkt einigermaßen altersentsprechend normal gewesen seien. Wie es im Einzelnen zu der Feststellung einer MdE von 20 v. H. für die alten Unfallfolgen 1982 gekommen sei, sei nach den Akten nur schwer nachvollziehbar.
Das Sozialgericht hat ein weiteres orthopädisches Gutachten von Dr. N., Bundeswehrkrankenhaus H., am 6. März 2003 nach Aktenlage erstellen und in der mündlichen Verhandlung erläutern lassen. Dr. N. hat in seinem Gutachten vom 6. März 2003 dargelegt, dass bei dem Kläger ein Körperschaden im Halswirbelsäulenbereich nicht festgestellt werden könne. Der manual-medizinische Befund einer Kopfgelenksblockierung bzw. einer Funktionsstörung der Kopfgelenke belege ebenfalls keinen Körperschaden. So etwas könne aus den verschiedensten Gründen – auch ohne jedes Trauma – auftreten. Deswegen könne ein Unfallzusammenhang nicht angenommen werden. Die neuroanatomischen Besonderheiten, die Prof. Dr. M1 für das bei dem Kläger fortbestehende Beschwerdebild verantwortlich mache, mögen zwar vorhanden sein, jedoch habe die Forschung der letzten Jahre (noch) nicht ihre funktionelle Bedeutung erfassen können. Es handele sich daher nicht um mehr als Spekulationen. Bis heute sei noch nicht der Zusammenhang zwischen den Besonderheiten der Innervation des Kopf-/Halsbereichs und bestimmten Funktionsstörungen bzw. Beschwerden ausreichend geklärt. Ebenso gebe es keinen Anhalt für eine Deutung der subjektiven Beschwerden, wie sie nach leichten Distorsionen der Halswirbelsäule auftreten, als Ausdruck einer Funktionsstörung des Hirnstammes. Das sog. "neurasthenische" Syndrom mit Tagesmüdigkeit, Schlafstörung, Angst, Geräuschempfindlichkeit, Reizbarkeit, verminderter Belastbarkeit und Verminderung der Konzentration und Merkfähigkeit könne nicht als charakteristische Folge einer traumatischen Halswirbelsäulendistorsion gedeutet werden, denn die Beschwerden seien keineswegs für irgendeine Erkrankung charakteristisch. Das Beschwerdebild komme etwa auch bei dem sog. Sick-Building-Syndrom, der idiopathischen umweltbezogenen Unverträglichkeit, beim Fibromyalgiesyndrom, beim chronischen Erschöpfungs- und Müdigkeitssyndrom und beim chronischen Kopfschmerz vor. Die von dem behandelnden Orthopäden Dr. P. in den Mittelpunkt gestellte Rotationsfehlstellung des Atlas bzw. in den Kopfgelenken zeige lediglich die große Variabilität am craniocervicalen Übergang. Auf einigen Aufnahmen werde dieses Bild jedoch bereits durch die Fehlhaltung des Kopfes des Klägers dargestellt und diese gäben daher noch gar keinen krankhaften Befund wieder. Eine solche Fehlstellung habe bei der letzten Kernspintomographie im März 2000 nicht bestätigt werden können. Angesichts der zahlreichen unterschiedlichen pathophysiologischen Vorstellungen über die Ursache von chronischen Beschwerden nach Schleuderverletzung der Halswirbelsäule mit Erklärungsansätzen auch außerhalb medizinischer Faktoren könne eine Schädigung der Halswirbelsäule des Klägers nicht erwiesen werden. Die Beklagte habe unter Berücksichtigung der degenerativen Veränderungen, die der Kläger vor dem Unfall bereits aufgewiesen habe, bereits alles entschädigt, was an Verursachung durch den Unfall vorstellbar sei.
Das Sozialgericht hat in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen, dass sich in den Verwaltungsakten der Beklagten nicht nur zahlreiche medizinische Gutachten befinden, die nach dem Unfall 1982 im Rahmen des Verwaltungsverfahrens, des Verfahrens vor dem Sozialgericht Hamburg und des Verfahrens vor den Zivilgerichten (Landgericht Hamburg, Hanseatisches Oberlandesgericht) eingeholt worden sind, sondern auch ein Gutachten des Orthopäden Dr. H1 vom 13. März 1995. Dieses ist im Auftrag des Sozialgerichts Lübeck (Az.: 8 U 92/94 - Rechtsstreit wegen Ablehnung des Verschimmerungsantrags bezüglich der Unfallfolgen des Unfalls vom 25. August 1982) am 13. März 1995, also fünf Monate vor dem hier in Rede stehenden Unfall aufgrund einer Untersuchung am selben Tag zur Klärung der Frage erstellt worden, welche Gesundheitsstörungen durch den Unfall vom 25. August 1982 verursacht oder verschlimmert worden seien. Dr. H1 hat ausgeführt, dass sich das Beschwerdebild und die pathologischen Befunde der klinischen Untersuchung im oberen Brustwirbelsäulenbereich, im Schultergürtel und in der Halswirbelsäule befunden hätten. Das Beschwerdebild mit zum Ohr und zur Augenhöhle strahlenden Kopfschmerzen sei am ehesten durch Störungen der oberen Halswirbelsäule, insbesondere der so genannten Kopfgelenke zu erklären.
Mit Urteil vom 20. März 2003 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der Kläger habe durch den Unfall lediglich eine Zerrung der cervicalen Nackenmuskulatur mit Nervenreizerscheinungen erlitten. Diese Verletzung habe nicht zu einer MdE über den 31. August 1996 hinaus geführt. Zu diesem Ergebnis komme das Gericht aufgrund der überzeugenden Ausführungen der medizinischen Sachverständigen M. und Dr. N ... Diese hätten ausführlich und nachvollziehbar dargelegt, dass der Kläger keine strukturellen Verletzungen bei dem Unfall vom 24. August 1995 erlitten habe. Im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung müsse der erlittene Schaden im Sinne des Vollbeweises festgestellt werden. Anders als der medizinische Sachverständige Prof. Dr. Dr. M1 meine, sei das Vorhandensein von darstellbaren Strukturschäden oder Röntgenbildveränderungen nicht entbehrlich. Es reiche nicht aus, dass subjektive Beschwerden für glaubhaft gehalten und Erklärungsmodelle hierfür angeboten würden.
Gegen die erstinstanzliche Entscheidung hat der Kläger Berufung eingelegt. Das Sozialgericht habe die Klage zu Unrecht abgewiesen, indem es sich den sachverständigen Vertretern, die einen Vollbeweis der Schädigung fordern würden, angeschlossen habe. Hier seien vielmehr die von Prof. Dr. Dr. M1 beschriebenen Funktionsstörungen zu bewerten, die eine MdE von mindestens 20 v. H. bedingten. Darauf, dass sich die Beschädigung der Rezeptoren in der Nackenmuskulatur in bildgebenden Verfahren nicht nachweisen lasse, könne es nicht ankommen. Mangels Anhaltspunkte für eine Simulation sei auch die Fehlhaltung des Kopfes ein objektiver Befund.
Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 20. März 2003 aufzuheben sowie den Bescheid der Beklagten vom 2. Dezember 1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Juli 1998 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger Verletztenrente – unter Berücksichtigung der bereits nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 10 v. H. für die Zeit vom 26. Februar bis 31. August 1996 geleisteten Zahlung – nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 20 v. H. ab 26. Februar 1996 zu gewähren, hilfsweise ein weiteres orthopädisches Gutachten einzuholen, hilfshilfsweise die Revision zuzulassen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend. Zu Recht sei das Sozialgericht den Ausführungen von Prof. Dr. Dr. M1 nicht gefolgt und habe das Gutachten von Dr. N. für überzeugend gehalten.
Im Anschluss an den Erörterungstermin vom 1. Februar 2005 ist auf Antrag des Klägers gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ein Gutachten durch den Halsnasenohrenarzt Prof. Dr. E2 erstellt worden. Hierin und in der nachfolgenden Stellungnahme von 27. Januar 2006 ist dieser zu dem Ergebnis gekommen, dass bei dem Kläger durch den Unfall vom 24. August 1995 hervorgerufen eine Störung der Gleichgewichtsregulation und eine chronische Zervikocephalgie aufgrund einer Halswirbelsäulendistorsion Grad II mit begleitender Commotio cerebri vorliege, welche eine MdE von 20 v. H. bedingten. Die Abgrenzung der Beschwerden im Halswirbelsäulenbereich nach dem hier streitigen Unfall gegenüber dem Unfall von 1982 obliege der fachgutachtlichen Einschätzung auf orthopädisch/neurochirurgischem oder neurologischem Gebiet. Die nunmehr bestehende Schwindelsymptomatik habe bei der Vorbegutachtung 1999 noch nicht bestanden. Gezeigt hätten sich dort jedoch bereits die funktionsdiagnostischen Befunde, die eine komplexe vestibuläre Schädigung bestätigten. Auch hinsichtlich des Zusammenhangs von Halswirbelsäulendistorsion und vestibulospinalen Funktionsdefiziten werde der Auffassung und pathophysiologischen Darstellung des Vorgutachters gefolgt. Dabei hat Prof. Dr. E2 seinen Befund folgendermaßen beschrieben: 1. "Schmerzhaft und muskulär eingeschränkte HWS-Beweglichkeit in allen Ebenen," 2. "trotz Normakus Teilausfall der Stapediusreflexe und otoakstischen Emissionen," 3. "Funktionsstörung in der Beurteilung der subjektiven haptischen Vertikalen." Unter Annahme einer Commotio cerebri sei eine vollständige Kompensation und damit eine Aufhebung der Schwindelsymptomatik scheinbar möglich gewesen, die jedoch nicht eingetreten sei. Dabei seien zwei pathophysiologische Aspekte zu beachten. Zum einen gelte es zu berücksichtigen, dass die subjektiv empfundene Schwindelsymptomatik bei gleichzeitiger und anhaltender Traumatisierung der HWS-Muskelatur durch die vestibulospinale Schwindelkomponente der Gleichgewichtsregulation erheblich beeinflusst werden könne. Zum anderen sei eine permanente axonale Schädigung des Zentralnerverensystems möglich. Derartige Befunde seien in aller Regel bildgebend nicht objektivierbar, ließen sich aber durch die hals-nasen-ohrenärztliche Funktionsdiagnostik belegen. Im Rahmen der Befunderhebung hätten sich ein deutlich erhöhter Muskeltonus sowie signifikante Bewegungseinschränkungen gezeigt. Audiometrisch sei eine geringgradige Innenohrschwerhörigkeit mit Normakusis feststellbar. Trotzdem könne mittels objektiver Testverfahren ein nahezu vollständiger Ausfall der Stapediusreflexe und der transitorisch evozierten otoakustischen Emissionen verifiziert werden. Die objektiven funktionsdiagnostischen Defizite bei regelrecht funktionierendem Endorgan ließen den Rückschluss auf eine axonale Schädigung im übergeordneten Bereich des olivochleären Bündels im Hirnstamm zu. Bei seinen Untersuchungen hat der Sachverständige eine Reihe von Untersuchungsverfahren – insbesondere zur Feststellung einer Störung des Gleichgewichtssinns – nicht durchführen können.
Im Folgenden hat die Beklagte ausführlich ihre Kritik an diesem Gutachten geäußert, während der Kläger das Gutachten als zutreffend verteidigt hat. Zuletzt hat der Kläger ergänzende Fragen an den Gutachter formuliert und zur Klärung um dessen Ladung zum Termin gebeten.
Wegen des Sachverhalts im Einzelnen wird auf die in der Sitzungsniederschrift vom 5. September 2006 aufgeführten Akten und Unterlagen verwiesen. Sie sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung des Senats gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und auch im Übrigen zulässige Berufung des Klägers (vgl. §§ 143, 144, 151 SGG) ist nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die weitere Gewährung einer Verletztenrente, denn das Vorliegen eines im streitigen Zeitraum noch bestehenden Gesundheitsschadens kann nicht festgestellt werden.
Gemäß § 581 Abs. 1 Nr. 2 RVO wird, solange die Erwerbsfähigkeit des Verletzten infolge des Arbeitsunfalls um wenigstens ein Fünftel gemindert ist, der Teil der Vollrente, der dem Grade der MdE entspricht (Teilrente), als Verletztenrente gewährt. Voraussetzung dafür ist, dass die schädigende Einwirkung ursächlich unmittelbar oder mittelbar auf die versicherte Tätigkeit zurückzuführen ist (so genannte haftungsbegründende Kausalität) und den Gesundheitsschaden verursacht hat (so genannte haftungsausfüllende Kausalität). Während die einzelnen Glieder der Kausalkette (versicherte Tätigkeit, schädigende Einwirkung und Gesundheitsschaden) mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststehen müssen, ohne dass eine völlige Gewissheit zu fordern ist, genügt für den – doppelten – Ursachenzusammenhang eine hinreichende Wahrscheinlichkeit, d.h. es müssen mehr Gesichtspunkte dafür als dagegen sprechen. Es kann dahingestellt bleiben, ob die sonstigen Voraussetzungen für die Gewährung einer Verletztenrente vorliegen, denn der geltend gemachte Anspruch scheitert bereits daran, dass sich das Vorliegen eines Gesundheitsschadens durch den Unfall nicht mit der erforderlichen, an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit feststellen lässt.
Nach den überzeugenden Ausführungen von Dr. N., denen der Senat folgt, lassen sich keine auch nur denkbar dem Unfall zuzurechnenden körperlichen Schäden bei dem Kläger feststellen. Bis auf degenerative Veränderungen ist die Halswirbelsäule unauffällig. Der manual-medizinische Befund einer Kopfgelenksblockierung bzw. einer Funktionsstörung der Kopfgelenke belegt ebenfalls keinen Körperschaden, denn eine Funktionsstörung kann (wenn überhaupt körperlich bedingt) nur Folge eines körperlichen Schadens sein und nach den Ausführungen sowohl von Dr. N. als auch von M./Dr. E1 fehlt es an einer körperlichen Veränderung, die eine solche Funktionsstörung erklären könnte, insbesondere an einer Rotationsfehlstellung. Auch für die Schiefhaltung des Kopfes kann ein organisches Substrat nicht gefunden werden. Die Beweglichkeit ist vielmehr ausweislich aller bildgebenden Verfahren – insoweit stimmen sämtliche Gutachter überein – frei. Hinsichtlich der neuroanatomischen Besonderheiten, die Prof. Dr. Dr. M1 beschreibt, fehlt es bisher in der medizinischen Wissenschaft noch an Erkenntnissen, ob es sich hierbei lediglich um Normvarianten handelt oder ob sie eine funktionelle Bedeutung haben. Deswegen kann nicht festgestellt werden, dass sie überhaupt eine Schädigung darstellen. Ebenso wenig kann eine Funktionsstörung des Hirnstammes festgestellt werden. Für eine solche Annahme gibt es nach den Ausführungen von Dr. N. kein Substrat. Es handelt sich vielmehr um einen Erklärungsversuch der subjektiven Beschwerden. Die Beschwerden selbst – ihr Vorliegen als wahr unterstellt – belegen auch nicht das Bestehen eines sog. "neurasthenischen" Syndroms, denn Tagesmüdigkeit, Schlafstörung, Angst, Geräuschempfindlichkeit, Reizbarkeit, verminderte Belastbarkeit und Verminderung der Konzentration und Merkfähigkeit können nicht als charakteristische Folge einer traumatischen Halswirbelsäulendistorsion gedeutet werden. Solche Beschwerden sind keineswegs für eine bestimmte Erkrankung charakteristisch. Das Beschwerdebild kommt gleichermaßen auch beispielsweise bei dem sog. Sick-Building-Syndrom, der ideopathischen umweltbezogenen Unverträglichkeit, beim Fibromyalgiesyndrom, beim chronischen Erschöpfungs- und Müdigkeitssyndrom und beim chronischen Kopfschmerz vor.
Dem Gutachten von Dr. Dr. W. ist bereits deshalb nicht zu folgen, weil dieser zwar die vom Kläger geschilderte Schmerzsymptomatik für glaubhaft hält, aber keine körperliche Schädigung beschreibt. Prof. Dr. Dr. M1 beschreibt zwar ein mögliches Erklärungsmuster für die bei dem Kläger vorliegenden Beschwerden, jedoch schließt er lediglich aus Funktionsstörungen auf das Vorhandensein einer körperlichen Schädigung, die er in der Steuerungsfunktion des Bewegungssystems annimmt. Objektivieren kann er seinen Befund nicht.
Die Darlegungen von Prof. Dr. E2 basieren auf der Annahme einer Hirnstammschädigung ("bei regelrecht funktionierendem Endorgan"), auf deren Vorliegen er aus den Beschwerden des Klägers und seiner Feststellung von funktionellen Störungen schließt. Er selbst hält diese nur für möglich und nicht belegt. Dabei überzeugt schon nicht, dass er das Vorhandensein von Schwindelbeschwerden als objektiviert annimmt, obwohl fast keine der Untersuchungen, die er hierzu in seinem Gutachten erwähnt, durchgeführt wurde.
Der Senat hat von der Einholung eines weiteren orthopädischen Gutachtens abgesehen, weil hierdurch kein Erkenntnisgewinn erwartet werden kann. Alle medizinischen Sachverständigen sind sich einig, dass aus orthopädischer Sicht eine Erkrankung nicht festgestellt werden kann, weil insbesondere die bildgebenden Verfahren die Halswirbelsäule und die Kopfgelenke als unauffällig und funktionell uneingeschränkt darstellen. Auch Prof. Dr. E2 schlägt ein weiteres orthopädisches Gutachten lediglich zur Abgrenzung der jetzigen Unfallfolgen von denen des 1982 erlittenen Unfalls vor. Eine solche Abgrenzung ist nur erforderlich, wenn überhaupt Unfallfolgen des hier streitigen Unfalls festgestellt werden könnten. Daran fehlt es jedoch, wie oben ausgeführt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Rechtsstreits in der Hauptsache.
Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 SGG nicht vorliegen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 20 v. H. ab 26. Februar 1996 (für die Zeit vom 26. Februar bis 31. August 1996 unter Berücksichtigung der bereits gezahlten Stützrente nach einer MdE von 10 v. H.) streitig.
Der am XX.XXXXX 1936 geborene Kläger, der bis zum 30. Juni 2001 als Filialdirektor bei der D. K.-Aktiengesellschaft beschäftigt war, erlitt am 24. August 1995 als Pkw-Fahrer einen Verkehrsunfall auf dem Heimweg vom Büro nach Hause. Als er anhielt, um ein vor ihm fahrendes Fahrzeug einparken zu lassen, fuhr der nachfolgende Pkw auf sein Fahrzeug auf. Im Durchgangsarztbericht des Allgemeinen Krankenhauses (AK) St. G., Professor Dr. E., wurde folgende Diagnose festgehalten: "HWS-Distorsion bei degenerativ vorgeschädigter HWS mit Wurzelirritation C 7, weniger C 6 links, commotio cerebri". Es erfolgte die stationäre Aufnahme bis zum nächsten Tag. Durch ein Computertomogramm sowie Funktionsaufnahmen der Halswirbelsäule in Narkose konnten Verletzungen sowie discoligamentäre Instabilität ausgeschlossen werden. Dem Kläger wurde eine sogenannte Schanz’sche Krawatte verordnet. Am 28. August 1995 erfolgte eine Nachuntersuchung im AK St. G ... Der Kläger klagte über anhaltende diffuse Kopfschmerzen, gelegentliche Übelkeit und Erbrechen, eine Visusstörung, fortbestehende Nackenschmerzen, die über die Außenseite des linken Oberarms und den Unterarm in den Daumen ausstrahlen würden. Die neurologische Kontrolluntersuchung ergab keine Auffälligkeiten. Durch eine Kernspintomographie der Halswirbelsäule konnten eine Fraktur oder ein Bandscheibenvorfall ausgeschlossen werden.
Wegen anhaltender Beschwerden führte der Kläger ein Heilverfahren in der D.-Klinik Bad I. in der Zeit vom 28. November bis 26. Dezember 1995 durch. Er gab an, er habe u. a. bereits am 25. August 1982 einen Autoauffahrunfall erlitten. Im Anschluss an diesen Unfall sei er nie wieder beschwerdefrei geworden. Er habe permanente Nacken- und Kopfschmerzen, rechts betont. Er sei acht Jahre lang in der Schmerzambulanz in H. und in G. betreut worden. Dort seien Nervenwurzeldurchtrennungen von C1 bis C4 durchgeführt worden. Wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 25. August 1982 war dem Kläger nach Einholung von neurologischen und chirurgischen Gutachten aufgrund eines Urteils des Sozialgerichts Hamburg vom 13. Januar 1988 eine Verletztenrente nach einer MdE von 20 v. H. bewilligt worden. Die mit Bescheid vom 8. März 1988 festgestellten Unfallfolgen lauteten: "Beschwerdesymptomatik der Halswirbelsäule mit nachfolgenden reaktiv-depressiven Komponenten nach Schleudertrauma der Halswirbelsäule". Als unfallfremde Gesundheitsstörungen waren aufgeführt worden: "Zustand nach Distorsion der Hals- u. Lendenwirbelsäule (Arbeitsunfall vom 1. Oktober 1975, Verwaltungsberufsgenossenschaft, ohne MdE), Kopfschmerzen, Nackenmyalgie mit cervicocephalem Syndrom bei degenerativen Veränderungen der Halswirbelsäule, Gefügestörung der Brustwirbelsäule mit Rundrückenbildung und Muskelverspannungen, degenerative Veränderungen der Brust- und Lendenwirbelsäule, Übergewicht". Im Juni 1990 war dem Kläger eine Abfindung der Dauerrente in Höhe von 161.379,40 DM gezahlt worden. Wegen der Folgen dieses Unfalles hatte der Kläger auch ein Verfahren vor dem Landgericht Hamburg und dem Hanseatischen Oberlandesgericht geführt, in dem ebenfalls Begutachtungen vorgenommen worden waren.
Im Auftrag der Beklagten erstellte das Medizinische Gutachteninstitut H. durch den Chirurgen M. wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 14. August 1995 das Gutachten vom 25. November 1996 nach Untersuchung vom 28. Oktober 1996. Bei dieser Untersuchung gab der Kläger an, er habe Schmerzen ein bis zwei Finger breit unter der Hinterhauptschuppe. Der Schmerz strahle in die seitliche und vordere Halsmuskulatur und in die Schlüsselbeingrube, rechts stärker als links. Das habe er vorher nicht gehabt. Die Schmerzen seien mittig im Schulterblatt. Der medizinische Sachverständige M. kam zu dem Ergebnis, dass bei dem Kläger ein ausgeprägtes subjektiv funktionelles Beschwerdebild der Halswirbelsäule mit wechselnden Muskel- und Nervenreizerscheinungen, sowie Bewegungseinschränkung bei fortgeschrittenen degenerativen Veränderungen vorlägen. Das Beschwerdebild sei seit dem Ereignis vom 25. August 1982 zunehmend, durchaus auch mal wechselnd. Es seien aber durchgehend erheblich subjektiv funktionelle Beschwerden geäußert worden, die sich hauptsächlich im Bereich des Hinterhauptes und der oberen Halswirbelsäule gezeigt hätten. Man habe sogenannte Blockierungen angenommen sowie Nervenschäden, die sich nicht sicher hätten bestätigten lassen. Es sei ferner eine Fehlstellung der Kopfgelenke angenommen worden, pseudoradikuläre Schmerzsyndrome etc ... Das Verschleißschadensbild der Halswirbelsäule habe sich unabhängig von den Ereignissen 1982 und 1995 entwickelt. Weder der Ursachenbeitrag des Ereignisses von 1982 noch der Ursachenbeitrag des Ereignisses von 1995 an dem beschriebenen Verschleißschaden könne benannt werden. Es handele sich um einen ausschließlich schicksalhaften Verlauf. Eine Zielaufnahme der Kopfgelenke, angefertigt im AK St. G. am 24. August 1995, lasse keine sichere Rotationsfehlstellung des zweiten Halswirbelkörpers erkennen. Die Aktenlage widerlege die Angabe des Klägers, dass das Ereignis von 1995 eine Funktionsstörung der oberen Halswirbelsäule verursacht habe. Nach dem Unfall 1982 seien Funktionsstörungen auch im Bereich der oberen Halswirbelsäule nachgewiesen worden, die von dem Sozialgericht Hamburg und dem Oberlandesgericht Hamburg als pseudoradikuläres Schmerzsyndrom bzw. anhaltende Blockierungen gewertet worden seien. Herr M. führte weiter aus, eine Blockierung sei kein Verletzungsbefund. Ein funktionelles Beschwerdebild, wie eine Blockierung, lasse sich nicht ohne weiteres einem Unfallereignis zuordnen, da dieses Bild auch bei Patienten auftrete, die niemals eine Verletzung gehabt hätten. Zur Erklärung der subjektiven Beschwerdebilder im Bereich der Halswirbelsäule würde eine Vielfalt von Hypothesen, Denkansätzen und pathogenetischen Postulaten angeboten. Das Fehlen eines morphologischen Substrates könne nicht durch geklagte Beschwerden und Behandlungsbereitschaft aufgefüllt werden. In der ergänzenden Stellungnahme vom 9. Mai 1997 führten die Chirurgen M. und Dr. E1 in Kenntnis des inzwischen eingeholten DEKRA-Gutachtens vom 28. Februar 1997 aus, der Pkw des Klägers sei durch den Anstoß auf das 4- bis 4,6-fache der Erdbeschleunigung beschleunigt worden. Die Geschwindigkeitsänderung des angestoßenen Fahrzeuges habe bei 13 bis 17 km/h gelegen. Aufgrund des Ereignisses und der bestehenden Vorschäden könne eine vorübergehende Verschlimmerung durch die am 24. August 1995 erlittene Distorsion der Halswirbelsäule angenommen werden. Diese Distorsion habe zu einer Arbeitsunfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit bis zum 27. November 1995, also für drei Monate, geführt. Es werde aber die Einholung eines neurologischen Zusatzgutachtens empfohlen.
Dieses Gutachten wurde am 14. Juli 1997 von Dr. Dr. W., Neurologische Abteilung der Klinik am R. in O., nach ambulanter Untersuchung vom 4. Juli 1997 erstellt. Dr. Dr. W. führte aus, dass im Rahmen des degenerativen Halswirbelsäulenvorschadens und der unfallbedingten Vorschädigung von 1982 es durch das Zweitereignis vom 25. August 1995 zu einer Akzentuierung der vorbestehenden Schmerzsymptomatik mit nun auch in den rechten Arm ausstrahlenden Schmerzen gekommen sei. Nach dem Auslaufen der unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit werde aus nervenärztlicher Sicht vorgeschlagen, die unfallbedingte MdE unter Würdigung der Unfallfolgen aus dem Ereignis von 1982 und dem Zweitereignis von 1995 insgesamt mit 25 v. H. neu zu bewerten. In einer ergänzenden Stellungnahme vom 26. August 1997 wies Dr. Dr. W. darauf hin, dass der Kläger wegen der Folgen des Distorsionstraumas von 1982 eine Verletztenrente auf der Grundlage einer MdE von 20 v. H. beziehe. Durch den Unfall vom 24. August 1995 sei es zu einem erneuten Halswirbelsäulendistorsionstrauma mit hieraus verbliebenen Schmerzausstrahlungen und Nervenwurzelirritationen im Bereich des rechten Gebrauchsarmes gekommen. Die Zeichen einer Nervenwurzelirritation hätten aber bereits am Unfalltag bestanden. Die verbliebene MdE für das zweite Unfallereignis von 1995 werde auf 10 v. H. geschätzt. Die Unfallfolgen aus dem Zweitereignis würden sich aber im Hinblick auf die Leistungseinschränkungen mit den schon seit 1982 bekannten Lokalbeschwerden im HWS-Bereich überschneiden, sodass er eine Gesamt-MdE in Höhe von 25 v. H. vorgeschlagen habe.
Die Chirurgen M. und E1 schlugen in der ergänzenden Stellungnahme vom 6. November 1997 vor, wegen einer Zerrung der cervicalen Nackenmuskeln mit Nervenreizerscheinungen eine MdE von 10 v. H., beginnend ab Entlassung aus der D.-Klinik bis einschließlich 23. August 1996, anzunehmen. Danach werde die MdE auf unter 10 v. H. eingeschätzt.
Mit Bescheid vom 2. Dezember 1997 bewilligte die Beklagte dem Kläger eine Verletztenrente für die Zeit vom 26. Februar bis 31. August 1996 aufgrund einer MdE von 10 v. H. Über diesen Zeitraum hinaus wurde eine Rentenbewilligung abgelehnt.
Gegen diesen Bescheid legte der Kläger Widerspruch mit der Begründung ein, es lägen bei ihm Unfallfolgen vor, die eine MdE von mehr als 20 v. H. herbeigeführt hätten. Dies ergebe sich aus der beigefügten Stellungnahme des Orthopäden Dr. P. vom 13. März 1998. Darin hatte Dr. P. ausgeführt, dass der Unfall vom 24. August 1995 eine deutlich vorgeschädigte Halswirbelsäule getroffen habe. Als Folge des Unfalls sei ein unteres und oberes Cervical-Syndrom zurückgeblieben, welches sich ausdrücklich von der Symptomatik, die vor dem Unfall bestanden habe, unterscheide. Das einzige morphologisch nachweisbare Substrat sei derzeit in der Rotationsfehlstellung des zweiten Halswirbelkörpers gegenüber C1 zu sehen. Die Chirurgen M. und E1 führten in einer Stellungnahme vom 4. Juni 1998 hierzu aus, die Rotationsfehlstellung des zweiten Halswirbelkörpers werde man kaum als Unfallfolge bezeichnen können angesichts der Tatsache, dass strukturelle Verletzungen auch in diesem Segment keineswegs eingetreten seien. Degenerative Veränderungen, insbesondere Spondylarthrosen, führten häufig zu derartigen Fehlstellungen. Mit Widerspruchsbescheid vom 30. Juli 1998 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Im Klageverfahren hat das Sozialgericht das Gutachten des Hals-Nasen-Ohren-Arztes Dr. S., Evangelisches Krankenhaus O1, ohne Datum – eingegangen am 22. Juni 2000 - nach Untersuchung vom 30. November 1999 erstellen lassen. Dieser hat auf seinem Fachgebiet keine Funktionseinschränkungen gefunden, die zu einer MdE führen würden. Er hat die Einholung eines orthopädischen Zusatzgutachtens angeregt durch Prof. Dr. Dr. M1, das dieser im Auftrag des Gerichts am 20. Mai 2000 nach Untersuchung vom 26. Januar 2000 erstellt hat. Darüber hinaus ist ein kernspintomographisches Zusatzgutachten durch Professor Dr. T. vom 20. März 2000 erstellt worden. Prof. Dr. Dr. M1 hat ausgeführt, dass der Begriff "cervicoencephales Syndrom" nur mit großer Zurückhaltung zu verwenden sei. Dr. P. habe aus orthopädisch-manualmedizinischer Sicht die Befunde in sehr differenzierter Weise geschildert und verschiedene mögliche Diagnosen diskutiert, mit denen das Krankheitsbild bezeichnet werden könne. Allerdings begebe er sich damit auf ein Gebiet, das zumindest in wesentlichen Teilen noch als unsicher gelten müsse. Um die gutachterliche Bewertung der Folgen von Beschleunigungsverletzungen der Halswirbelsäule werde in der medizinischen Fachwelt heftig gestritten. Es gebe Vertreter einer den "Vollbeweis" fordernden Position, die ohne strukturellen Organschaden keine Unfallfolgen anerkennen würden. Andere würden eine funktionelle Betrachtung in den Vordergrund stellen und unfallbedingte Funktionsstörungen als Grund für eine MdE ansehen. Er selbst vertrete eine funktionell orientierte Betrachtungsweise, wie sie in der Manualmedizin gepflegt werde. Er gehe davon aus, dass die von dem Kläger am 24. August 1995 erlittene HWS-Distorsion zu einer nachhaltigen Störung der Steuerungsfunktion seines Bewegungssystems im HWS-Bereich geführt habe. Er nehme eine Dauer-MdE von 20 v. H. an. Nach einer ergänzenden Stellungnahme von Dr. S. (12. April 2001) führte Prof. Dr. Dr. M1 in seiner ergänzenden Stellungnahme unter dem 14. April 2002 aus, er sei bei seiner Einschätzung davon ausgegangen, dass bei dem Kläger der cervicocephale Übergang und dessen Funktionen zum Unfallzeitpunkt einigermaßen altersentsprechend normal gewesen seien. Wie es im Einzelnen zu der Feststellung einer MdE von 20 v. H. für die alten Unfallfolgen 1982 gekommen sei, sei nach den Akten nur schwer nachvollziehbar.
Das Sozialgericht hat ein weiteres orthopädisches Gutachten von Dr. N., Bundeswehrkrankenhaus H., am 6. März 2003 nach Aktenlage erstellen und in der mündlichen Verhandlung erläutern lassen. Dr. N. hat in seinem Gutachten vom 6. März 2003 dargelegt, dass bei dem Kläger ein Körperschaden im Halswirbelsäulenbereich nicht festgestellt werden könne. Der manual-medizinische Befund einer Kopfgelenksblockierung bzw. einer Funktionsstörung der Kopfgelenke belege ebenfalls keinen Körperschaden. So etwas könne aus den verschiedensten Gründen – auch ohne jedes Trauma – auftreten. Deswegen könne ein Unfallzusammenhang nicht angenommen werden. Die neuroanatomischen Besonderheiten, die Prof. Dr. M1 für das bei dem Kläger fortbestehende Beschwerdebild verantwortlich mache, mögen zwar vorhanden sein, jedoch habe die Forschung der letzten Jahre (noch) nicht ihre funktionelle Bedeutung erfassen können. Es handele sich daher nicht um mehr als Spekulationen. Bis heute sei noch nicht der Zusammenhang zwischen den Besonderheiten der Innervation des Kopf-/Halsbereichs und bestimmten Funktionsstörungen bzw. Beschwerden ausreichend geklärt. Ebenso gebe es keinen Anhalt für eine Deutung der subjektiven Beschwerden, wie sie nach leichten Distorsionen der Halswirbelsäule auftreten, als Ausdruck einer Funktionsstörung des Hirnstammes. Das sog. "neurasthenische" Syndrom mit Tagesmüdigkeit, Schlafstörung, Angst, Geräuschempfindlichkeit, Reizbarkeit, verminderter Belastbarkeit und Verminderung der Konzentration und Merkfähigkeit könne nicht als charakteristische Folge einer traumatischen Halswirbelsäulendistorsion gedeutet werden, denn die Beschwerden seien keineswegs für irgendeine Erkrankung charakteristisch. Das Beschwerdebild komme etwa auch bei dem sog. Sick-Building-Syndrom, der idiopathischen umweltbezogenen Unverträglichkeit, beim Fibromyalgiesyndrom, beim chronischen Erschöpfungs- und Müdigkeitssyndrom und beim chronischen Kopfschmerz vor. Die von dem behandelnden Orthopäden Dr. P. in den Mittelpunkt gestellte Rotationsfehlstellung des Atlas bzw. in den Kopfgelenken zeige lediglich die große Variabilität am craniocervicalen Übergang. Auf einigen Aufnahmen werde dieses Bild jedoch bereits durch die Fehlhaltung des Kopfes des Klägers dargestellt und diese gäben daher noch gar keinen krankhaften Befund wieder. Eine solche Fehlstellung habe bei der letzten Kernspintomographie im März 2000 nicht bestätigt werden können. Angesichts der zahlreichen unterschiedlichen pathophysiologischen Vorstellungen über die Ursache von chronischen Beschwerden nach Schleuderverletzung der Halswirbelsäule mit Erklärungsansätzen auch außerhalb medizinischer Faktoren könne eine Schädigung der Halswirbelsäule des Klägers nicht erwiesen werden. Die Beklagte habe unter Berücksichtigung der degenerativen Veränderungen, die der Kläger vor dem Unfall bereits aufgewiesen habe, bereits alles entschädigt, was an Verursachung durch den Unfall vorstellbar sei.
Das Sozialgericht hat in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen, dass sich in den Verwaltungsakten der Beklagten nicht nur zahlreiche medizinische Gutachten befinden, die nach dem Unfall 1982 im Rahmen des Verwaltungsverfahrens, des Verfahrens vor dem Sozialgericht Hamburg und des Verfahrens vor den Zivilgerichten (Landgericht Hamburg, Hanseatisches Oberlandesgericht) eingeholt worden sind, sondern auch ein Gutachten des Orthopäden Dr. H1 vom 13. März 1995. Dieses ist im Auftrag des Sozialgerichts Lübeck (Az.: 8 U 92/94 - Rechtsstreit wegen Ablehnung des Verschimmerungsantrags bezüglich der Unfallfolgen des Unfalls vom 25. August 1982) am 13. März 1995, also fünf Monate vor dem hier in Rede stehenden Unfall aufgrund einer Untersuchung am selben Tag zur Klärung der Frage erstellt worden, welche Gesundheitsstörungen durch den Unfall vom 25. August 1982 verursacht oder verschlimmert worden seien. Dr. H1 hat ausgeführt, dass sich das Beschwerdebild und die pathologischen Befunde der klinischen Untersuchung im oberen Brustwirbelsäulenbereich, im Schultergürtel und in der Halswirbelsäule befunden hätten. Das Beschwerdebild mit zum Ohr und zur Augenhöhle strahlenden Kopfschmerzen sei am ehesten durch Störungen der oberen Halswirbelsäule, insbesondere der so genannten Kopfgelenke zu erklären.
Mit Urteil vom 20. März 2003 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der Kläger habe durch den Unfall lediglich eine Zerrung der cervicalen Nackenmuskulatur mit Nervenreizerscheinungen erlitten. Diese Verletzung habe nicht zu einer MdE über den 31. August 1996 hinaus geführt. Zu diesem Ergebnis komme das Gericht aufgrund der überzeugenden Ausführungen der medizinischen Sachverständigen M. und Dr. N ... Diese hätten ausführlich und nachvollziehbar dargelegt, dass der Kläger keine strukturellen Verletzungen bei dem Unfall vom 24. August 1995 erlitten habe. Im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung müsse der erlittene Schaden im Sinne des Vollbeweises festgestellt werden. Anders als der medizinische Sachverständige Prof. Dr. Dr. M1 meine, sei das Vorhandensein von darstellbaren Strukturschäden oder Röntgenbildveränderungen nicht entbehrlich. Es reiche nicht aus, dass subjektive Beschwerden für glaubhaft gehalten und Erklärungsmodelle hierfür angeboten würden.
Gegen die erstinstanzliche Entscheidung hat der Kläger Berufung eingelegt. Das Sozialgericht habe die Klage zu Unrecht abgewiesen, indem es sich den sachverständigen Vertretern, die einen Vollbeweis der Schädigung fordern würden, angeschlossen habe. Hier seien vielmehr die von Prof. Dr. Dr. M1 beschriebenen Funktionsstörungen zu bewerten, die eine MdE von mindestens 20 v. H. bedingten. Darauf, dass sich die Beschädigung der Rezeptoren in der Nackenmuskulatur in bildgebenden Verfahren nicht nachweisen lasse, könne es nicht ankommen. Mangels Anhaltspunkte für eine Simulation sei auch die Fehlhaltung des Kopfes ein objektiver Befund.
Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 20. März 2003 aufzuheben sowie den Bescheid der Beklagten vom 2. Dezember 1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Juli 1998 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger Verletztenrente – unter Berücksichtigung der bereits nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 10 v. H. für die Zeit vom 26. Februar bis 31. August 1996 geleisteten Zahlung – nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 20 v. H. ab 26. Februar 1996 zu gewähren, hilfsweise ein weiteres orthopädisches Gutachten einzuholen, hilfshilfsweise die Revision zuzulassen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend. Zu Recht sei das Sozialgericht den Ausführungen von Prof. Dr. Dr. M1 nicht gefolgt und habe das Gutachten von Dr. N. für überzeugend gehalten.
Im Anschluss an den Erörterungstermin vom 1. Februar 2005 ist auf Antrag des Klägers gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ein Gutachten durch den Halsnasenohrenarzt Prof. Dr. E2 erstellt worden. Hierin und in der nachfolgenden Stellungnahme von 27. Januar 2006 ist dieser zu dem Ergebnis gekommen, dass bei dem Kläger durch den Unfall vom 24. August 1995 hervorgerufen eine Störung der Gleichgewichtsregulation und eine chronische Zervikocephalgie aufgrund einer Halswirbelsäulendistorsion Grad II mit begleitender Commotio cerebri vorliege, welche eine MdE von 20 v. H. bedingten. Die Abgrenzung der Beschwerden im Halswirbelsäulenbereich nach dem hier streitigen Unfall gegenüber dem Unfall von 1982 obliege der fachgutachtlichen Einschätzung auf orthopädisch/neurochirurgischem oder neurologischem Gebiet. Die nunmehr bestehende Schwindelsymptomatik habe bei der Vorbegutachtung 1999 noch nicht bestanden. Gezeigt hätten sich dort jedoch bereits die funktionsdiagnostischen Befunde, die eine komplexe vestibuläre Schädigung bestätigten. Auch hinsichtlich des Zusammenhangs von Halswirbelsäulendistorsion und vestibulospinalen Funktionsdefiziten werde der Auffassung und pathophysiologischen Darstellung des Vorgutachters gefolgt. Dabei hat Prof. Dr. E2 seinen Befund folgendermaßen beschrieben: 1. "Schmerzhaft und muskulär eingeschränkte HWS-Beweglichkeit in allen Ebenen," 2. "trotz Normakus Teilausfall der Stapediusreflexe und otoakstischen Emissionen," 3. "Funktionsstörung in der Beurteilung der subjektiven haptischen Vertikalen." Unter Annahme einer Commotio cerebri sei eine vollständige Kompensation und damit eine Aufhebung der Schwindelsymptomatik scheinbar möglich gewesen, die jedoch nicht eingetreten sei. Dabei seien zwei pathophysiologische Aspekte zu beachten. Zum einen gelte es zu berücksichtigen, dass die subjektiv empfundene Schwindelsymptomatik bei gleichzeitiger und anhaltender Traumatisierung der HWS-Muskelatur durch die vestibulospinale Schwindelkomponente der Gleichgewichtsregulation erheblich beeinflusst werden könne. Zum anderen sei eine permanente axonale Schädigung des Zentralnerverensystems möglich. Derartige Befunde seien in aller Regel bildgebend nicht objektivierbar, ließen sich aber durch die hals-nasen-ohrenärztliche Funktionsdiagnostik belegen. Im Rahmen der Befunderhebung hätten sich ein deutlich erhöhter Muskeltonus sowie signifikante Bewegungseinschränkungen gezeigt. Audiometrisch sei eine geringgradige Innenohrschwerhörigkeit mit Normakusis feststellbar. Trotzdem könne mittels objektiver Testverfahren ein nahezu vollständiger Ausfall der Stapediusreflexe und der transitorisch evozierten otoakustischen Emissionen verifiziert werden. Die objektiven funktionsdiagnostischen Defizite bei regelrecht funktionierendem Endorgan ließen den Rückschluss auf eine axonale Schädigung im übergeordneten Bereich des olivochleären Bündels im Hirnstamm zu. Bei seinen Untersuchungen hat der Sachverständige eine Reihe von Untersuchungsverfahren – insbesondere zur Feststellung einer Störung des Gleichgewichtssinns – nicht durchführen können.
Im Folgenden hat die Beklagte ausführlich ihre Kritik an diesem Gutachten geäußert, während der Kläger das Gutachten als zutreffend verteidigt hat. Zuletzt hat der Kläger ergänzende Fragen an den Gutachter formuliert und zur Klärung um dessen Ladung zum Termin gebeten.
Wegen des Sachverhalts im Einzelnen wird auf die in der Sitzungsniederschrift vom 5. September 2006 aufgeführten Akten und Unterlagen verwiesen. Sie sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung des Senats gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und auch im Übrigen zulässige Berufung des Klägers (vgl. §§ 143, 144, 151 SGG) ist nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die weitere Gewährung einer Verletztenrente, denn das Vorliegen eines im streitigen Zeitraum noch bestehenden Gesundheitsschadens kann nicht festgestellt werden.
Gemäß § 581 Abs. 1 Nr. 2 RVO wird, solange die Erwerbsfähigkeit des Verletzten infolge des Arbeitsunfalls um wenigstens ein Fünftel gemindert ist, der Teil der Vollrente, der dem Grade der MdE entspricht (Teilrente), als Verletztenrente gewährt. Voraussetzung dafür ist, dass die schädigende Einwirkung ursächlich unmittelbar oder mittelbar auf die versicherte Tätigkeit zurückzuführen ist (so genannte haftungsbegründende Kausalität) und den Gesundheitsschaden verursacht hat (so genannte haftungsausfüllende Kausalität). Während die einzelnen Glieder der Kausalkette (versicherte Tätigkeit, schädigende Einwirkung und Gesundheitsschaden) mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststehen müssen, ohne dass eine völlige Gewissheit zu fordern ist, genügt für den – doppelten – Ursachenzusammenhang eine hinreichende Wahrscheinlichkeit, d.h. es müssen mehr Gesichtspunkte dafür als dagegen sprechen. Es kann dahingestellt bleiben, ob die sonstigen Voraussetzungen für die Gewährung einer Verletztenrente vorliegen, denn der geltend gemachte Anspruch scheitert bereits daran, dass sich das Vorliegen eines Gesundheitsschadens durch den Unfall nicht mit der erforderlichen, an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit feststellen lässt.
Nach den überzeugenden Ausführungen von Dr. N., denen der Senat folgt, lassen sich keine auch nur denkbar dem Unfall zuzurechnenden körperlichen Schäden bei dem Kläger feststellen. Bis auf degenerative Veränderungen ist die Halswirbelsäule unauffällig. Der manual-medizinische Befund einer Kopfgelenksblockierung bzw. einer Funktionsstörung der Kopfgelenke belegt ebenfalls keinen Körperschaden, denn eine Funktionsstörung kann (wenn überhaupt körperlich bedingt) nur Folge eines körperlichen Schadens sein und nach den Ausführungen sowohl von Dr. N. als auch von M./Dr. E1 fehlt es an einer körperlichen Veränderung, die eine solche Funktionsstörung erklären könnte, insbesondere an einer Rotationsfehlstellung. Auch für die Schiefhaltung des Kopfes kann ein organisches Substrat nicht gefunden werden. Die Beweglichkeit ist vielmehr ausweislich aller bildgebenden Verfahren – insoweit stimmen sämtliche Gutachter überein – frei. Hinsichtlich der neuroanatomischen Besonderheiten, die Prof. Dr. Dr. M1 beschreibt, fehlt es bisher in der medizinischen Wissenschaft noch an Erkenntnissen, ob es sich hierbei lediglich um Normvarianten handelt oder ob sie eine funktionelle Bedeutung haben. Deswegen kann nicht festgestellt werden, dass sie überhaupt eine Schädigung darstellen. Ebenso wenig kann eine Funktionsstörung des Hirnstammes festgestellt werden. Für eine solche Annahme gibt es nach den Ausführungen von Dr. N. kein Substrat. Es handelt sich vielmehr um einen Erklärungsversuch der subjektiven Beschwerden. Die Beschwerden selbst – ihr Vorliegen als wahr unterstellt – belegen auch nicht das Bestehen eines sog. "neurasthenischen" Syndroms, denn Tagesmüdigkeit, Schlafstörung, Angst, Geräuschempfindlichkeit, Reizbarkeit, verminderte Belastbarkeit und Verminderung der Konzentration und Merkfähigkeit können nicht als charakteristische Folge einer traumatischen Halswirbelsäulendistorsion gedeutet werden. Solche Beschwerden sind keineswegs für eine bestimmte Erkrankung charakteristisch. Das Beschwerdebild kommt gleichermaßen auch beispielsweise bei dem sog. Sick-Building-Syndrom, der ideopathischen umweltbezogenen Unverträglichkeit, beim Fibromyalgiesyndrom, beim chronischen Erschöpfungs- und Müdigkeitssyndrom und beim chronischen Kopfschmerz vor.
Dem Gutachten von Dr. Dr. W. ist bereits deshalb nicht zu folgen, weil dieser zwar die vom Kläger geschilderte Schmerzsymptomatik für glaubhaft hält, aber keine körperliche Schädigung beschreibt. Prof. Dr. Dr. M1 beschreibt zwar ein mögliches Erklärungsmuster für die bei dem Kläger vorliegenden Beschwerden, jedoch schließt er lediglich aus Funktionsstörungen auf das Vorhandensein einer körperlichen Schädigung, die er in der Steuerungsfunktion des Bewegungssystems annimmt. Objektivieren kann er seinen Befund nicht.
Die Darlegungen von Prof. Dr. E2 basieren auf der Annahme einer Hirnstammschädigung ("bei regelrecht funktionierendem Endorgan"), auf deren Vorliegen er aus den Beschwerden des Klägers und seiner Feststellung von funktionellen Störungen schließt. Er selbst hält diese nur für möglich und nicht belegt. Dabei überzeugt schon nicht, dass er das Vorhandensein von Schwindelbeschwerden als objektiviert annimmt, obwohl fast keine der Untersuchungen, die er hierzu in seinem Gutachten erwähnt, durchgeführt wurde.
Der Senat hat von der Einholung eines weiteren orthopädischen Gutachtens abgesehen, weil hierdurch kein Erkenntnisgewinn erwartet werden kann. Alle medizinischen Sachverständigen sind sich einig, dass aus orthopädischer Sicht eine Erkrankung nicht festgestellt werden kann, weil insbesondere die bildgebenden Verfahren die Halswirbelsäule und die Kopfgelenke als unauffällig und funktionell uneingeschränkt darstellen. Auch Prof. Dr. E2 schlägt ein weiteres orthopädisches Gutachten lediglich zur Abgrenzung der jetzigen Unfallfolgen von denen des 1982 erlittenen Unfalls vor. Eine solche Abgrenzung ist nur erforderlich, wenn überhaupt Unfallfolgen des hier streitigen Unfalls festgestellt werden könnten. Daran fehlt es jedoch, wie oben ausgeführt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Rechtsstreits in der Hauptsache.
Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 SGG nicht vorliegen.
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