L 10 R 2080/06

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 8 R 3717/03
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 2080/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 15. März 2006 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Umstritten ist die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.

Der am 1946 in I. geborene Kläger, der seit Februar 1965 in der Bundesrepublik Deutschland lebt und keinen Beruf erlernt hat, arbeitete - mit Unterbrechungen - in der Zeit von Februar 1965 bis März 2001 versicherungspflichtig, zuletzt als Maschinenbediener in einer Metallwarenfabrik. Danach bezog er Sozialleistungen wegen Arbeitslosigkeit bzw. Arbeitsunfähigkeit. Seit 1. August 2006 erhält er Altersrente für schwerbehinderte Menschen.

Der Kläger, der im Juni 2003 die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung beantragte, leidet, von vorübergehenden kurzeitigen Erkrankungen abgesehen, im Wesentlichen unter einem mäßigen depressiven Syndrom, einer Persönlichkeitsstörung mit Neigung zu histrionischen und narzisstischen Verhaltensweisen, Anpassungsstörungen, einer arteriellen Hypertonie, einem Asthma bronchiale, einem Tinnitus beidseits, einer leichten bis mäßigen Hypercholesterinämie, einem Prostataadenom, einer Thorakalskoliose, einem degenerativen HWS-Syndrom, einem rezidivierenden LWS-Syndrom, einer Beinverkürzung links von 1,5 cm, einer Arthropathie beider Hände, einem diskreten Knick-Senk-Fuß und einer Tendopathie der Hüfgelenke. Zum Teil wurden diese Gesundheitsstörungen erst im Laufe des Verfahrens nachgewiesen.

Mit Bescheid vom 31. Juli 2003 und Widerspruchsbescheid vom 21. November 2003 lehnte die Beklagte die Gewährung von Rente wegen teilweiser und voller Erwerbsminderung ab. Dem lagen im Wesentlichen Gutachten der Ärztin für Neurologie und Psychiatrie St. (leichte bis mittelschwere Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarkes ohne Wechsel- und Nachtschicht sowie besonderen Zeitdruck seien sechs Stunden und mehr möglich), des Internisten und Sozialmediziners Dr. M. (leichte bis mittelschwere Tätigkeiten im Wechsel zwischen Stehen, Sitzen und Gehen sowie ohne Zeitdruck, Zwangshaltungen und Einwirkungen durch Hitze und inhalative Belastungen seien sechs Stunden und mehr möglich) und des Orthopäden Dr. G. (leichte bis mittelschwere Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung, im Stehen, Gehen und Sitzen ohne Zwangshaltungen, ohne Kälte- und Nässereize sowie ohne inhalative Belastungen seien vollschichtig möglich) zu Grunde.

Deswegen hat der Kläger am 10. Dezember 2003 Klage beim Sozialgericht Reutlingen (SG) erhoben und u.a. geltend gemacht, er könne wegen seines Asthmas, der Veränderungen der BWS, dem Bluthochdruck und dem Tinnitus keine drei Stunden täglich arbeiten und auch auf Grund seines Alters und seiner Fähigkeiten sei ihm der Arbeitsmarkt verschlossen. Außerdem - so sein Vorbringen im weiteren Verlauf - bestünden eine psychische Störung und eine Schulterarthrose links. Hierzu hat er ärztliche Äußerungen vorgelegt.

Das SG hat die behandelnden Ärzte Dr. Sch. , Internist, Dr. G. , Facharzt für Allgemeinmedizin, und B. (Tagesklinik für Psychiatrie und Psychotherapie, VS-V. ) schriftlich als sachverständige Zeugen gehört sowie Sachverständigengutachten des Facharztes für Psychotherapeutische Medizin, Psychiatrie und Psychotherapie und Innere Medizin Dr. G. und - auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) - des Orthopäden Dr. A. eingeholt. Dr. G. ist unter Berücksichtigung der o.g. Erkrankungen im Wesentlichen zum Ergebnis gelangt, der Kläger könne leichte körperliche Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes sechs Stunden und mehr verrichten. Ausgeschlossen seien Tätigkeiten auf Leitern und Gerüsten, mit Absturzgefahr, unter Stress und Akkordbedingungen sowie in Nacht- und Wechselschicht, unter feucht-kühlen Bedingungen, in Zugluft und Nässe, mit Einwirkungen von Reizgasen und von vermehrtem Staub sowie mit häufigem Bücken und Tragen von Lasten über 5 kg. Möglich seien einfache Verpackungs-, Sortier- und Kontrollarbeiten oder auch das Bedienen einfacher Maschinen. Dr. A. ist im Wesentlichen zum Ergebnis gelangt, leichte bis mittelschwere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes in trockenen geschlossenen Räumen in wechselnder Körperhaltung zwischen Stehen, Gehen und Sitzen, ohne Zwangshaltungen, ständiges Bücken, Heben und Tragen von Lasten über 10 kg, Einwirkungen durch Kälte, Zugluft und Nässe sowie Arbeiten auf Leitern und Gerüsten und mit Absturzgefahr seien vollschichtig möglich.

Mit Gerichtsbescheid vom 15. März 2006 hat das SG die Klage abgewiesen, da der Kläger weder voll noch teilweise erwerbsgemindert sei und auch keine teilweise Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit vorliege. Der Kläger sei auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar und könne zumutbare Tätigkeiten noch mindestens sechs Stunden täglich verrichten, was sich bereits aus den im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachten ergebe, die auch ihre Bestätigung durch die Gutachten von Dr. G. und Dr. A. gefunden hätten.

Gegen den am 27. März 2006 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 21. April 2006 Berufung eingelegt. Auch wenn die Gutachter auf ihren jeweiligen Fachgebieten keine hinreichende Erwerbsminderung gesehen hätten ergebe sich aus dem Zusammenwirken der Erkrankungen eine erhebliche Leistungsminderung.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 15. März 2006 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 31. Juli 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. November 2003 zu verurteilen, ihm Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung ab dem frühest möglichen Termin seit Antragstellung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß den §§ 143, 144, 151 SGG zulässige Berufung, über die der Senat auf Grund des Einverständnisses der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist unbegründet.

Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zutreffend auf die Darstellung der rechtlichen Grundlagen - die §§ 43, 240 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) - für die hier vom Kläger beanspruchte Rente im Widerspruchsbescheid verwiesen und ebenso zutreffend ausgeführt, dass der Kläger die Voraussetzungen für eine solche Rente nicht erfüllt, weil er zumindest leichte Tätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen noch vollschichtig ausüben kann und auch keinen besonderen Berufsschutz genießt. Der Senat sieht deshalb gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.

Ergänzend ist mit Blick auf das Vorbringen im Berufungsverfahren anzumerken, dass für den Senat die im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachten, wonach Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkes mit qualitativen Einschränkungen mindestens sechs Stunden täglich möglich sind, überzeugend sind und auch insofern durch die schlüssigen Gutachten, die das SG eingeholt hat, ihre Bestätigung gefunden haben. Der Senat sieht deshalb keine Veranlassung zu weiteren Ermittlungen, insbesondere die angeregte Einholung eines Obergutachtens. Der Sachverhalt ist vollständig geklärt und eine wesentliche Verschlimmerung ist weder substantiiert dargetan noch bestehen irgendwelche Anhaltspunkte für eine solche. Soweit der Kläger geltend macht, dem Gutachten von Dr. G. sei nicht zu folgen und eine Arbeitsunfähigkeit könne mit diesem nicht abgelehnt werden, verkennt er bereits, dass hier nicht über die Frage der Arbeitsunfähigkeit, die sich auf die konkret zuletzt ausgeübte berufliche Tätigkeit bezieht, abzustellen ist, sondern auf alle Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes, auf den der Kläger im Hinblick auf seine bisherige Berufstätigkeit verweisbar ist. Im Übrigen ergibt sich aus von den Gutachtern beschriebenen qualitativen Einschränkungen weder das Vorliegen von schweren spezifischen Leistungseinschränkungen noch eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen, weswegen es der Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit hier jedenfalls nicht bedarf. Im Übrigen kann der Kläger zur Überzeugung des Senats, wie es sich auch aus dem Gutachten von Dr. G. überzeugend ergibt, zumindest einfache Kontroll-, Sortier- und Montagearbeiten oder auch solche mit Bedienen einfacher Maschinen sechs Stunden und mehr verrichten. Damit ist er weder berufsunfähig, noch teilweise oder voll erwerbsgemindert.

Da das SG somit zu Recht die Klage abgewiesen hat, ist die Berufung zurückzuweisen. Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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