L 15 BL 14/04

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
15
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 15 BL 9/03
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 15 BL 14/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 16.08.2004 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen die Aufhebung des Anspruchs der verstorbenen J. N. auf Leistungen nach dem Bayerischen Blindengeldgesetz und auf das Merkzeichen "Bl" für den Zeitraum von Dezember 1999 bis Januar 2002. Die 1921 geborene und am 27.11.2004 gestorbene J. N. erhielt auf der Grundlage des Bescheides des Beklagten vom 13.01.1992 ab 01.11.1991 Pflegegeld für Zivilblinde nach dem damaligen Zivilblinden-Pflegegeldgesetz. Nach dem Befundbericht des Augenarztes M. vom 22.11.1991 bestand zum Zeitpunkt der damaligen Untersuchung auf beiden Augen eine Sehfähigkeit von weniger als 1/50 als Folge einer fortschreitenden Kurzsichtigkeit, einem Grauen Star und einer ringförmigen Eintrübung der Hornhautperipherie (Arcus lipoides). Anläßlich der Begutachtung durch den Augenarzt Dr.K. am 17.08.1999 wurde die Frage der Behebung der Blindheit bzw. die Besserung des Sehvermögens durch eine Operation (Katarakt-OP rechts) erörtert. Frau N. zeigte sich einer solchen Operation nicht abgeneigt, in Aussicht genommen wurde ein Termin im August 2001. Für diesen Termin wurde deswegen eine Nachprüfung vorgemerkt. Mit Bescheiden vom 06.06.2000 und 06.06.2001 wurde Frau N. über die Erhöhung des Blindengeldes zum 01.07.2000 bzw. 01.07.2001 in Kenntnis gesetzt und dabei auf die ihr obliegenden Mitteilungspflichten auf der Rückseite des Bescheides hingewiesen.

Mit Nachprüfungsfragebogen vom 20.07.2001 hat der Beklagte eine neuerliche Nachprüfung eingeleitet, deren Beantwortung mit Schreiben vom 21.08.2001 angemahnt wurde. Am 28.08.2001 erschien der Ehemann von Frau N. bei dem Beklagten und teilte mit, dass seine Ehefrau am 29.03.2001 operiert worden sei. Der Augenarzt Dr.R. hat in einem Befundbericht vom 05.09.2001 mitgeteilt, dass mit der Patientin eine Kataraktoperation am linken Auge für den 29.03.2001 vorgesehen gewesen sei, die sie jedoch nicht habe durchführen lassen. Die Sehschärfe betrage am rechten Auge unkorrrigiert wie korrigiert 1/15 Lesetafel und am linken Auge unkorrigiert wie korrigiert "Finger zählen", beidäugig = 1/15 Lesetafel. In der Folge stellte sich heraus, dass die Kataraktoperation am rechten Auge bereits im September 1999 erfolgt war. Bei der Untersuchung durch den Augenarzt Dr.K. am 27.09.2001 wurde auf dem besseren rechten Auge ein unkorrigierter Visus von 1/50 und ein korrigierter Visus von 1/35 festgestellt. Der Augenarzt Prof.Dr.S. hat mit Befundbericht vom 07.11.2001 mitgeteilt, dass die Kataraktoperation am 23.11.1999 am rechten Auge völlig komplikationslos verlaufen sei und der postoperative Visus zwischen 1/25 und 0,05 betragen habe. Im Einzelnen habe der Visus am 27.09.1999 am rechten Auge "Finger zählen", am 26.11.1999 0,05, am 01.08.2000 1/15, am 02.11.2000 1/20 und am 08.03.2001 1/15 betragen. Auf der Grundlage der versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr.W. vom 06.12.2001 und der Aktenverfügung vom 13.12.2001 wurde Frau N. mit Schreiben vom 24.01.2002 zu der beabsichtigten Entziehung des Blindengeldes ab 01.12.1999 mit der Folge einer zurück zu erstattenden Summe in Höhe von 15.084,09 EUR angehört.

Am 13.02.2002 ist Frau N. mit ihrem Ehemann beim Beklagten erschienen und hat erklärt, dass sie mit der im Anhörungsschreiben vom 24.01.2002 angekündigten Entscheidung nicht einverstanden sei. Bei ihr liege weiterhin Blindheit vor. Die durchgeführten Operationen 1999 und 2001 hätten keine Besserung erbracht. Die Visusangaben von Dr.S. würden auf einer ungenügenden Untersuchung beruhen. Der korrigierte bessere Visus, den Dr.K. festgestellt habe, beruhe auf den verabreichten Augentropfen. Der bessere Visus sei gleich nach der Untersuchung wieder weg gewesen. Sie werde sich noch bei Dr.M. zwecks Untersuchung ihrer Blindheit vorstellen und das Ergebnis dieser Untersuchung nachreichen. Die rückwirkende Aberkennung des Blindengeldes sei völlig inakzeptabel, da ihr Mann am 28.08.2001 beim Beklagten vorgesprochen habe und die durchgeführte Augenoperation vom 13.03.2001 gemeldet habe. Mit Schreiben vom 24.02.2002 hat Frau N. mitgeteilt, dass sie am 15.02.2002 bei Dr.M. zur Untersuchung ihrer Blindheit gewesen sei. Sie möchte nochmals erklären, dass sie von einer wesentlichen Besserung der Blindheit nichts bemerkt habe. Sie könne auch heute wie früher z.B. das Anhörungsschreiben nicht selbst lesen und sei auf das Vorlesen angewiesen. Auch bei den Ärzten sei ihr gegenüber immer davon die Rede gewesen, dass es keine Verbesserung geben werde, sondern eine wesentliche Verschlechterung verhindert bzw. verzögert werden müsse. Sie habe wegen der nicht eingetretenen wesentlichen Verbesserung auf den Bestand des Bescheides vertraut und bitte um Berücksichtigung des § 45 SGB X, in dem das Vertrauen auf einen Bescheid als schutzwürdig bezeichnet werde. In dem Befundbericht vom 11.03.2002 hat der Augenarzt Dr.M. einen Visus rechts wie links nur noch für Handbewegungen angegeben. Der von dem Beklagten eingeschaltete Augenarzt Dr.M. hat nach Untersuchung von Frau N. das augenfachärztliche Gutachten vom 24.07.2002 erstellt. Er kommt darin zu dem Ergebnis, dass bei Frau N. die Sehschärfe beider Augen glaubhaft derart vermindert sei, dass Blindheit im Sinne des Bayerischen Blindengeldgesetzes ab dem Untersuchungszeitpunkt vorliege, da die Sehschärfe am besseren Auge oder bei beidäugiger Prüfung nur noch 1/50 betrage. Ob zwischenzeitlich ab Operationstermin eine Besserung vorgelegen habe, sei rückblickend schwierig festzustellen. Wesentliche Ursache für die Erblindung sei die Netzhautdegeneration. Die Operation des Grauen Stars könne hier nur allenfalls eine geringe Verbesserung bedingen. Allerdings sei durch die Kataraktoperation die Kurzsichtigkeit am rechten Auge praktisch aufgehoben worden, wodurch sich optisch eine größere Abbildung als zuvor auf der Netzhaut ergebe. Die vorliegenden Befunde würden in der Tat darauf hinweisen, dass nach der Operation zumindest zeitweise eine bessere Sehschärfe am rechten Auge vorgelegen habe. Da von zwei Augenärzten unabhängig voneinander an insgesamt fünf Untersuchungstagen rechts eine bessere Sehschärfe als 1/50 gemessen worden sei und auch zum jetzigen Zeitpunkt keine Gesichtsfeldeinschränkung vorliege, die bei einer Sehschärfe von 1/35 oder besser die Zuerkennung von Blindengeld begründen könnte, entstehe auch hier der Eindruck, dass in einem vorübergehenden Zeitraum Blindheit im Sinne des BayBlindG nicht vorgelegen habe.

In der ergänzenden Stellungnahme des Dr.M. vom 04.12.2002 weist dieser darauf hin, dass wegen der bereits durch den Augenarzt Dr.M. festgestellten Blindheit im Sinne des BayBlindG Blindengeld bereits wieder rückwirkend ab 11.03.2002 zuerkannt werden könnte.

Der Beklagte hat telefonisch in der Praxis Dr.M. ermittelt, dass der mit Befundbericht vom 11.03.2002 übersandte Befund bereits am 15.02.2002 erhoben worden sei. Der Versorgungsarzt Dr.M. hat mit Prüfvermerk vom 21.01.2003 daraufhin festgestellt, dass die Blindheit bei Frau N. bereits ab Februar 2002 zu bestätigen sei.

Mit Bescheid vom 26.02.2003 hat der Beklagte den Bescheid vom 13.01.1992 insoweit aufgehoben, als für die Zeit vom 01.12.1999 bis 31.01.2002 kein Anspruch auf Blindengeld bestehe; die in dieser Zeit entstandene Überzahlung in Höhe von insgesamt 13.657,83 EUR wurde zurückgefordert. Die Besserung des Sehvermögens durch die Augenoperation stelle eine wesentliche Änderung der tatsächlichen Verhältnisse dar, die dem Verwaltungsakt vom 13.01.1992 zugrunde gelegen hätten. Die durchgeführte Augenoperation vom November 1999 sei erst am 28.08.2002 angezeigt worden. Aus diesem Grunde sei der Bescheid vom 13.01.1992 nach § 48 Abs.1 Satz 2 Nr.2 SGB X mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse, also vom 01.12.1999 ab, aufzuheben gewesen. Bei der Berechnung des zurückzuzahlenden Blindengeldes sei berücksichtigt worden, dass Frau N. ab 01.07.2001 Pflegegeld von der KVB R. erhalte.

Hiergegen richtet sich der Widerspruch von Frau N. vom 21.03.2003. Die in der Begründung angegebene wesentliche Änderung bzw. Verbesserung habe sich nicht eingestellt. Außerdem sei ihr nicht bewusst gewesen, dass sie eine aus ihrere Sicht erfolglose Operation dem Amt hätte mitteilen müssen. Von vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Unterlassung der Mitteilungspflicht könne also nicht ausgegangen weden. Die durchgeführte Augenoperation habe für sie keinerlei Verbesserung erbracht. Im Gegenteil habe nach der Operation auf dem operierten Auge ein größerer schwarzer Fleck als vorher bestanden. Die in der Begründung bei den aufgeführten Untersuchungsterminen angegebenen Werte könne sie nicht nachvollziehen. Die augenärztliche Untersuchung am 27.09.2001 durch Dr.K. in D. sei in Frage zu stellen. Der allgemeine Praxiszustand habe ziemlich zu wünschen übrig gelassen. Es sei auch auf das Alter der Frau N. von 82 Jahren zu verweisen, in dem man manchmal auch etwas vergesse. Die Versorgungsärztin P. hat in ihrer Stellungnahme vom 08.07.2003 bestätigkt, dass Blindheit im Zeitraum vom 01.12.1999 bis 31.01.2002 nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vorgelegen habe. Hinsichtlich der Blindheitsfeststellung ab Februar 2002 wurde im Hinblick auf den Entlassungsbericht der S.klinik R. vom 13.05.2002, wonach Frau N. am 15.05.2002 in ihren Ein-Personenhaushalt mit der Anmerkung entlassen wurde, dass sie in den Aktivitäten des täglichen Lebens (ADL) selbständig tätig sei, am Vorliegen von Blindheit Zweifel angemeldet.

Der Beklagte hat mit Widerspruchsbescheid vom 13.08.2003 den Widerspruch von Frau N. zurückgewiesen.

Hiergegen richtet sich die Klage von Frau N. vom 10.09.2003. Für den Zeitraum vom 01.12.1999 bis 31.01.2002 habe Frau N. ebenfalls Anspruch auf Blindengeld, weil bei ihr Blindheit im Sinne des Blindengeldgesetzes vorgelegen habe. Zum Beweis hierfür wird die Einholung eines Sachverständigengutachtens angeregt. Der Beklagte verkenne, dass die durchgeführten Operationen keine Besserung des Augenlichts erbracht hätten. Selbst wenn eine kurzfristige Besserung des Augenlichts eingetreten sein sollte, wäre eine Aufhebung des streitgegenständlichen Bescheides nach § 48 SGB X nicht möglich gewesen. Die entsprechenden Anspruchsvoraussetzungen seien vorliegend nicht gegeben. Frau N. habe weder grob fahrlässig noch vorsätzlich gehandelt. Zumindest aus subjektiver Sicht habe Frau N. nicht grob fahrlässig gehandelt. Sie sei davon ausgegangen, dass keinerlei Verbesserung des Augenlichts durch die erfolgte Operation vorliege. Die Ausführungen des Beklagten, dass in den entsprechenden Bescheiden bzw. Schreiben auf entsprechende Hinweispflichten hingewiesen worden sei, sei unbehelflich. Vorliegend sei zu beachten, dass Frau N. blind und selbst nicht in der Lage sei, in Bescheiden bzw. Schreiben festgehaltene Hinweise zu lesen. Entscheidend sei jedoch, dass Frau N. nicht bewusst gewesen sei, dass jede Operation - auch eine erfolglose - hätte angezeigt werden müssen. Im Übrigen sei auch die Jahresfrist nach § 48 Abs.4 SGB X nicht beachtet.

Der Beklagte hat hierzu mit Schriftsatz vom 23.06.2004 darauf hingewiesen, dass der Ehemann von Frau N. am 28.08.2001 erstmals auf entsprechende Anfrage mitgeteilt habe, dass seine Frau am 29.03.2001 operiert worden sei. Unverzüglich seien die augenärztlichen Befundberichte der behandelnden Ärzte beigezogen, eine augenärztliche Untersuchung am 27.09.2001 durchgeführt und die Unterlagen versorgungsärztlich ausgewertet worden (s. versorgungsärztliche Stellungnahme vom 06.12.2001). Die durchgeführte Sachaufklärung habe ergeben, dass bereits am 23.11.1999 eine Operation am rechten Auge durchgeführt worden sei, die Frau N. nicht mitgeteilt habe. Nach der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 06.12.2001 habe Blindheit deshalb am 26.11.1999 nicht mehr angenommen werden können. Am 24.01.2002 sei eine Anhörung zur beabsichtigten rückwirkenden Entziehung des Blindengeldes erfolgt. Gegen die Anhörung seien Einwendungen erhoben worden, die weitere umfangreiche Ermittlungen nach sich gezogen hätten. Am 24.07.2002 sei eine weitere augenärztliche Untersuchung durch den Augenarzt Dr.M. erfolgt mit einer ergänzenden Stellungnahme vom 04.12.2002. Die versorgungsärztliche Auswertung aller ärztlichen Unterlagen vom 21.01.2003 habe dann zum Ergebnis geführt, dass Blindheit bereits wieder ab Februar 2002 vorliege. Somit habe die Behörde frühestens ab 21.01.2003 Kenntnis aller Tatsachen gehabt, die eine Rücknahme des Bescheides für die Vergangenheit gerechtfertigt hätten. Der Rücknahmebescheid vom 26.02.2003 sei somit innerhalb der Jahresfrist erlassen worden. Die Prozessbevollmächtigten von Frau N. haben mit Schriftsatz vom 15.07.2004 die Ansicht vertreten, nach der versorgungsärztlichen Auswertung des Gutachtens von Dr.K. durch den Versorgungsarzt Dr.W. vom 06.12.2001 habe die Beklagte im Dezember 2001 Kenntnis von den entscheidungserheblichen Tatsachen gehabt und somit habe die Jahresfrist zu laufen begonnen. Der Bescheid vom 26.02.2003 liege damit nicht mehr innerhalb der Jahresfrist. Im Übrigen werde nochmals darauf hingewiesen, dass - unabhängig von der Ausschlussfrist - die Voraussetzungen nach § 48 Abs.1 Satz 2 Nr.2 SGB X nicht vorliegen.

Hierzu hat der Beklagte mit Schriftsatz vom 21.07.2004 vorgetragen, dass durch die Einwendungen im Anhörungsverfahren weitere umfangreiche Ermittlungen angezeigt gewesen seien, um den Anspruch auf Blindengeld zu überprüfen. Weiter liege sehr wohl grobe Fahrlässigkeit im Sinne von § 48 Abs.1 Satz 2 Nr.2 SGB X vor. Grobe Fahrlässigkeit bedeute, dass einfachste, ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt worden seien oder unbeachtet geblieben sei, was unter den gegebenen Umständen jedem hätte einleuchten müssen. Aus den Hinweisen der Blindengeldbescheide sei Frau N. bekannt gewesen, dass jegliche Operation dem Beklagten mitzuteilen sei. Dabei komme es nicht darauf an, ob die Antragstellerin nach der Operation eine subjektive Besserung der Sehfähigkeit empfinde.

Im Schwerbehindertenverfahren war bei Frau N. bereits mit Bescheid des Beklagten vom 15.12.1981 ein GdB von 100 und u.a. das Merkzeichen "Bl" festgestellt worden. Parallel zur Blindengeldstreitigkeit wurde Frau N. mit Schreiben vom 24.01.2002 dazu angehört, dass nach dem Ergebnis der ärztlichen Überprüfung sich die Verhältnisse durch Besserung der Gesundheitsstörung "Blindheit" wesentlich geändert hätten und die Klägerin nun ab 01.12.1999 keinen Anspruch mehr auf das Merkzeichen "BL" habe. Mit Änderungsbescheid vom 26.02.2003 hat der Beklagte festgestellt, dass Frau N. für den Zeitraum vom 01.12.1999 bis 31.01.2002 keinen Anspruch auf das Merkzeichen "BL" habe. Der hiergegen eingelegte Widerspruch vom 21.03.2003 - inhaltlich gleich zum Blindengeldverfahren - wurde mit Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 12.08.2003 zurückgewiesen.

Hiergegen richtet sich die Klage von Frau N. vom 10.09.2003 zum Sozialgericht Landshut. Die Entscheidung des Beklagten entspreche nicht der Sach- und Rechtslage und verletze Frau N. in ihren Rechten. Für den Zeitraum vom 01.12.1999 bis 31.01.2002 habe sie ebenfalls einen Anspruch auf das Merkzeichen "Bl". Zum Beweis hierfür wird die Einholung eines Sachverständigengutachtens angeregt. Von Seiten des Beklagten werde die vorliegende Funktionsbeeinträchtigung des Auges nicht zutreffend bewertet. Das augenfachärztliche Gutachten von Dr.M. vom 24.07.2002 sei nicht zutreffend. Dieser stütze seine Beurteilung offensichtlich auf die ärztlichen Stellungnahmen von Dr.S. und Dr.K. , deren Einschätzung jedoch unzutreffend sei. Die Visus-Angaben von Dr.S. würden auf einer unzureichenden Untersuchung beruhen. Auch die Beurteilung von Dr.K. sei nicht zutreffend, da die Funktion des Sehorgans unzutreffend dargestellt worden sei. Der korrigierte bessere Visus, den Dr.K. festgestellt habe, beruhe auf den verabreichten Augentropfen. Der bessere Visus sei bei der Klägerin gleich nach der Untersuchung wieder weg gewesen. Die durchgeführte Augenoperation habe für Frau N. keine Verbesserung der Funktion des Sehorgans erbracht. Der Beklagte verkenne, dass vielmehr eine weitere Funktionsbeeinträchtigung eingetreten sei. Nach der Operation sei auf dem operierten Auge der Klägerin ein größerer schwarzer Fleck als vorher aufgetreten. Zutreffend sei die Beurteilung der Gemeinschaftspraxis Dr.M ... Diese sei nach Untersuchung von Frau N. zu dem Ergebnis gelangt, dass die durchgeführte Katarakt-Extraktion mit Hinterkammerlinseneinpflanzung rechts zu keinerlei Verbesserung geführt habe. Verkannt werde, dass die durchgeführte Operation aufgrund der vorliegenden Grunderkrankung zu keiner Verbesserung des Augenlichts habe führen können und auch nicht geführt habe. Rein vorsorglich und hilfsweise werde noch darauf hingewiesen, dass eine Aufhebung des streitgegenständlichen Bescheides nach § 48 SGB X mangels Vorliegen der entsprechenden Anspruchsvoraussetzungen nicht möglich sei. Frau N. habe weder grob fahrlässig noch vorsätzlich gehandelt. Im Übrigen sei auch nicht die Jahresfrist nach § 48 Abs.4 SGB X beachtet.

Das Sozialgericht Landshut hat mit Beschluss vom 21.07.2004 die Streitsachen mit den Az.: S 15 BL 9/03 und S 15 SB 485/03 unter dem führenden Az.: S 15 BL 9/03 verbunden.

Das Sozialgericht Landshut hat mit Gerichtsbescheid vom 16.08.2004 die Klage gegen die Bescheide des Beklagten vom 26.02.2003 in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 12.08.2003 und 13.08.2003 abgewiesen. Im vorliegenden Fall würden erhebliche Zweifel bestehen, dass im Zeitraum vom 01.12.1999 bis 31.01.2002 bei Frau N. Blindheit vorgelegen habe. Insbesondere habe Dr.M. in seinem für das Gericht überzeugenden und nachvollziehbaren Gutachten vom 24.07.2002 darauf hingewiesen, dass nach der Operation am rechten Auge vom 23.11.1999 durch zwei Augenärzte (Prof.Dr.S. und Dr.K.) unabhängig voneinander an insgesamt fünf Untersuchungstagen eine bessere Sehschärfe als 1/50 gemessen worden sei. Die Gesichtsfeldeinschränkung habe nie ein Ausmaß erreicht, dass sie bei einer Sehschärfe von 1/35 oder besser, die Zuerkennung von Blindheit habe begründen können. Es gebe für das Gericht auch keinen Anlass zu der Annahme, dass all diese Befunde der behandelnden Ärzte unzutreffend erhoben worden seien oder etwa durch das Eintropfen von Medikamenten verfälscht worden seien. Das Gericht wisse aufgrund eigener Erfahrung, dass die Sehkraftbestimmung in aller Regel ohne vorherige Medikamenteneingabe durchgeführt werde, ansonsten würde sich in der Tat das Ergebnis verfälschen. Erst nach der Sehkraftbestimmung werde dann häufig ein pupillenerweiterndes Medikament eingetropft, um den Augenhintergrund näher zu betrachten. Im Übrigen weise Dr.M. darauf hin, dass durch die Kataraktoperation am 23.11.1999 die Kurzsichtigkeit am rechten Auge praktisch aufgehoben worden sei, wodurch sich optisch eine größere Abbildung als zuvor auf der Netzhaut ergebe (Emmetropisierung). Dadurch sei auch die vorübergehende Verbesserung der Sehfähigkeit am rechten Auge nach der Katarakt-Operation erklärbar, auch wenn die wesentliche Ursache für die Sehbehinderung die bei Frau N. vorliegende fortschreitende Netzhautdegeneration sei. Zum Problem der Jahresfrist nach § 48 Abs.4 in Verbindung mit § 45 Abs.4 Satz 2 SGB X teile das Gericht die Rechtsauffassung des Beklagten. Die Jahresfrist nach § 45 Abs.4 Satz 2 SGB X beginne erst mit der Kenntnis aller die Rücknahme rechtfertigenden Tatsachen. Frühestens mit dem Eingang des Gutachtens von Dr.M. vom 24.07.2002 beim Beklagten könne man davon ausgehen, dass dem Beklagten ausreichend zuverlässige und nachvollziehbare Tatsachen bekannt geworden seien, die eine Entziehung des Blindengeldes ab dem 01.12.1999 rechtfertigten. Der maßgebliche Bescheid sei am 26.02.2003 ergangen, so dass die Jahresfrist noch nicht abgelaufen gewesen sei zum Zeitpunkt des Bescheiderlasses. Weiter sei das Gericht der Auffassung, dass aufgrund der Tatsache, dass Frau N. ihrer Hinweispflicht im Hinblick auf die durchgeführten Operationen in den Jahren 1999 und 2001 nicht nachgekommen sei, die Voraussetzungen für die Aufhebung des Ausgangsbescheides nach § 48 Abs.1 Satz 2 Nr.2 SGB X vorlägen. Es sei davon auszugehen, dass der behandelnde Augenarzt Prof.Dr.S. ihr mitgeteilt habe, dass sich nach der Operation die Sehfähigkeit auf dem rechten Auge verbessert habe. Es gebe keinen Grund für die Annahme, dass er ihr den Erfolg der Operation hätte verschweigen wollen. Das Gericht gehe davon aus, dass Frau N. bekannt gewesen sei bzw. bekannt hätte sein müssen, dass Operationen, die zu einer Verbesserung der Sehfähigkeit zumindest auf einem Auge geführt hätten, bei dem Beklagten zu melden gewesen seien. Im Nachprüfungsfragebogen, der zuletzt mit Schreiben vom 20.07.2001 vom Beklagten versandt worden sei, sei gezielt nach durchgeführten Operationen gefragt worden. Auch in jeder Lebens- und Aufenthaltsbescheinigung sei Frau N. darauf hingewiesen worden, dass sie jede Änderung der Verhältnisse, die für die Zahlung von Blindengeld maßgeblich seien, unverzüglich mitteilen müsse. Nach alledem ergebe sich, dass Frau N. ihren Mitteilungspflichten grob fahrlässig nicht nachgekommen sei. Das Argument, dass sie selbst die entsprechenden Dokumente nicht habe lesen können, würde quasi jeden Blinden von seinen Mitwirkungspflichten entbinden. Demgegenüber führe jede verabsäumte Mitwirkung gerade im Blindengeldverfahren zu beträchtlichen Überzahlungen. Gerade deshalb komme der Mitwirkung des Anspruchsberechtigten hier eine besondere Bedeutung zu und begründe eine besondere Sorgfaltspflicht. Komme der Blinde trotz der regelmäßigen ausdrücklichen Hinweise auf seine Mitteilungspflicht dieser nicht nach, so sei darin ein schwerer Verstoß gegen seine Sorgfalts- und Mitwirkungspflichten nach § 60 SGB I zu sehen.

Hiergegen richtet sich die Berufung von Frau N. vom 17.09.2004.

Frau N. ist am 27.11.2004 verstorben. Der Rechtsstreit wurde zunächst mit dem Ehemann und alleinigen Erben von Frau N. , Herrn A. N. , als deren Rechtsnachfolger weitergeführt. Mit Schriftsatz vom 11.01.2005 wurde klargestellt, dass sich die Berufung sowohl gegen die Abweisung der Klage hinsichtlich der Blindengeldstreitigkeit als auch hinsichtlich der Schwerbehindertenstreitigkeit - Merkzeichen "Bl" - richtet. Mit weiterem Schriftsatz vom 14.02.2005 wurde die Berufung näher begründet. Die Berufungsbegründung entspricht inhaltlich weitestgehend dem Klagebegründungsschriftsatz in erster Instanz vom 16.02.2004.

Der Beklagte hat sich hierzu mit Schriftsatz vom 17.03.2005 geäußert. Neue rechtserhebliche Tatsachen odere Gesichtspunkte, die eine andere Entscheidung begründen könnten, seien nicht vorgetragen worden. Das Sehvermögen der verstorbenen Frau N. habe sich entgegen der Auffassung des Prozessbevollmächtigten des Klägers aufgrund der Augenoperation vom 23.11.1999 nachweislich gebessert. Erst aufgrund des Ergebnisses der Begutachtung durch Dr.M. vom 24.07.2002 konnte unter Berücksichtigung des durch Dr.M. am 15.02.2002 erhobenen Befundes das Vorliegen von Blindheit im Sinne des Gesetzes wieder angenommen werden. Das Sozialgericht Landshut hat in der angefochtenen Entscheidung vom 16.08.2004 auch zutreffend festgestellt, dass die Jahresfrist nach § 48 Abs.4 in Verbindung mit § 45 Abs.4 Satz 2 SGB X gewahrt ist. Ein grob fahrlässiges Handeln im Sinne des § 48 Abs.1 Satz 2 Nr.2 SGB X sei ebenfalls zu Recht angenommen worden. Auf Anfrage des Senats haben die Augenärzte Dres.R. , K. , Prof.Dr.S. u.a. mit Schreiben vom 14.02.2006 nochmals die bei Frau N. von September 1999 bis März 2001 erhobenen Visuswerte mitgeteilt. Dabei ergab sich am 27.09.1999 ein Visus für das rechte wie das linke Auge in Form von "Finger zählen", in 30 cm Entfernung intakte Lichtscheinprojektion in allen Quadranten. Am 23.11.1999 sei am rechten Auge eine Kataraktextraktion mit Implantation einer intraokulären Hinterkammerlinse von - 6,0 Dioptrien durchgeführt worden, wobei der operative und postoperative Verlauf sich komplikationslos gestaltet habe. Am 26.11.1999 sei am rechten Auge ein Visus von 0,005 ohne Korrektur unsicher erhoben worden, am 01.12.1999 habe der Visus am operierten rechten Auge 1/25 Lesetafel betragen, am 22.12.1999 sei ein unkorrigierter Visus von 0,05 erhoben worden, wobei zusätzliche Gläser keine Besserung erbracht hätten. Am 01.08.2000 sei am rechten Auge ein Visus von 1/15 und am linken Auge ein Visus von 1/50 Lesetafel in 1 m Entfernung erhoben worden, am 02.11.2000 sei am rechten Auge ein Visus von 1/20 Lesetafel in 1 m Entfernung und am linken Auge von "Finger zählen" in 30 cm Entfernung erhoben worden. Am 08.03.2001 sei am rechten Auge ein Visus von 1/15 Lesetafel in 1 m Entfernung und am linken Auge ein Visus von "Finger zählen" in 30 cm Entfernung erhoben worden. Aufgrund der geringen, aber für die Patientin doch spürbaren Verbesserung sei auch für das linke Auge eine Kataraktoperation geplant gewesen. Zu der für den 29.03.2001 terminierten Operation sei Frau N. aber nicht erschienen. Sie habe sich erst wieder am 28.09.2004 einmalig in der Sprechstunde vorgestellt. Damals habe der Visus am rechten Auge 1/50 bis 1/35 Lesetafel in 1 m Entfernung und am linken Auge "Finger zählen" in 30 cm Entfernung betragen.

Am 05.07.2006 ist auch Herr A. N. verstorben. Der Sohn D. N. hat am 06.07.2006 unter Bezugnahme auf den Erbvertrag vom 21.03.1989 erklärt, alleiniger Erbe seines verstorbenen Vaters zu sein. Er wünscht die Fortführung des Verfahrens und die Durchführung des Verhandlungstermins am 11.07.2006. Er bevollmächtigte die Rechtsanwälte H. und Kollegen mit der Wahrnehmung der Interessen vor dem Bayer. Landessozialgericht.

Der Klägerbevollmächtigte stellt den Antrag, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 16.08.2004 und die Bescheide des Beklagten vom 26.02.2003 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 12.08.2003 und 13.08.2003 aufzuheben.

Der Vertreter des Beklagten stellt den Antrag, die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 16.08.2004 zurückzuweisen.

Dem Senat liegen die Verwaltungsakten des Beklagten, die Akten des Sozialgerichts Landshut mit den Az.: S 9 BL 9/03, S 15 SB 485/03 sowie die Akte des Bayer. Landessozialgerichts mit dem Az.: L 15 BL 14/04 zur Entscheidung vor, die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wurden und auf deren weiteren Inhalt ergänzend Bezug genommen wird.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig (Art.7 Abs.2 BayBlindG in Verbindung mit §§ 143, 151 SGG), aber nicht begründet. Streitgegenständlich ist sowohl die Aufhebung des Anspruchs des Klägers als Rechtsnachfolger von Frau J. N. bzw. Herrn A. N. auf Zahlung von Blindengeld als auch die Aufhebung der Zuerkennung des Merkzeichens "Bl". Das Sozialgericht hat mit Gerichtsbescheid vom 16.08.2004 zu Recht die Klagen gegen die Bescheide des Beklagten vom 26.02.2003 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 12.08.2003 (Merkzeichen "Bl") und 13.08.2003 (Blindengeld) abgewiesen. Dem Kläger als Rechtsnachfolger der J. N. bzw. des A. N. steht zunächst für den Zeitraum vom 01.12.1999 bis 31.01.2002 kein Anspruch auf Zahlung von Blindengeld zu. Der Beklagte hat zu Recht mit Bescheid vom 26.02.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.08.2003 den Bescheid vom 13.01.1992 (Bewilligung des Blindengeldes) insoweit aufgehoben und die Erstattung des überzahlten Betrages in Höhe von 13.657,83 EUR geltend gemacht. Nach § 48 Abs.1 Satz 2 Nr.2 SGB X soll ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist. Eine wesentliche Änderung der Verhältnisse, die dem Erlass des Verwaltungsaktes vom 13.01.1992 zugrunde lagen, mit dem ein Anspruch auf Blindengeld festgestellt wurde, ergibt sich daraus, dass für den Zeitraum von Dezember 1999 bis Januar 2002 wieder davon auszugehen war, dass die verstorbene J. N. nicht blind im Sinne des Blindengeldgesetzes war. Dies ergibt sich zur Überzeugung des Senats, aus den von der Gemeinschaftspraxis Prof.Dr.S. u.a. sowie durch den Augenarzt Dr.K. in diesem Zeitraum gemessenen Visuswerte. In der Gemeinschaftspraxis Prof.Dr.S. u.a. wurde vor der Kataraktoperation am rechten Auge am 23.11.1999 ein Visus für beide Augen am 27.09.1999 nur noch für "Finger zählen" ermittelt. Drei Tage nach der Operation, bei der am rechten Auge eine Kataraktextraktion mit Implantation einer intraokulären Hinterkammerlinse von -6,0 Dioptrien bei komplikationslosen operativen und postoperativen Verlauf durchgeführt wurde, wurde am 26.11.1999 bei Frau N. ein Visus für das rechte Auge von 0,05 (= 1/20) unsicher erhoben. Die weiteren Untersuchungen in der Gemeinschaftspraxis Prof.Dr.S. u.a. ergaben für das rechte Auge am 01.12.1999 einen Visus von 1/25 Lesetafel, am 22.12.1999 einen unkorrigierten Visus von 0,05, zusätzliche Gläser brachten keine Verbesserung, am 01.08.2000 einen Visus von 1/15, am 02.11.2000 von 1/20, am 08.03.2001 einen Visus von 1/15 und zuletzt hat die Gemeinschaftspraxis Prof. Dr.S. u.a. auf der Grundlage einer Untersuchung vom 28.09.2004 einen Visus für das rechte Auge von 1/50 bis 1/35 erhoben. Bei Dr.K. wurde bei der Untersuchung am 27.09.2001 ein Visus für das rechte Auge unkorigiert von 1/50 und korrigiert von 1/35 erhoben. Das heißt, dass im streitigen Zeitraum fünf Messungen einen Visus am rechten Auge ergeben haben, die belegen, dass in diesem Zeitraum bei der Klägerin keine Blindheit im Sinne des Bayerischen Blindengeldgesetzes vorgelegen hat. Die von Klägerseite gegen die Untersuchung vorgebrachten Einwendungen überzeugen den Senat nicht. Hinsichtlich der Untersuchungen in der Gemeinschaftspraxis von Prof. Dr.S. u.a. wird von Klägerseite lediglich unsubstantiiert geltend gemacht, die Visus-Angaben würden auf einer unzureichenden Untersuchung beruhen. Hinsichtlich Dr.K. wird für den Senat nicht überzeugend behauptet, dass der korrigierte bessere Visus auf zuvor verabreichten Augentropfen beruhe. Erst bei der Untersuchung durch die Augenärzte Dres.M. am 15.02.2002 wurden bei J. N. wiederum Visuswerte ermittelt, die einer Blindheit im Sinne des Bayerischen Blindengeldgesetzes entsprechen. Die Untersuchung des Visus ergab an beiden Augen nur noch ein "Erkennen von Handbewegungen". Auch die Begutachtung durch den Augenarzt Dr.M. am 24.07.2002 ergab bei der Visusprüfung für das linke Auge ein "Erkennen von Handbewegungen" und am rechten Auge einen Visus von 1/50. Damit waren ab Februar 2002 die Voraussetzungen für die Gewährung von Blindengeld bei Frau J. N. wieder gegeben, für den Zeitraum vom 01.12.1999 bis 31.01.2002 dagegen nicht. Der Senat verkennt dabei nicht, dass die wesentliche Ursache für die erhebliche Einschränkung der Sehfähigkeit bei Frau J. N. die bestehende Netzhautdegeneration war. Die Katarakt-Operation am 23.11.1999 konnte diesbezüglich nur eine geringe Besserung erzielen. Allerdings wurde - worauf der Gutachter Dr.M. überzeugend hingewiesen hat (vgl. sein Gutachten vom 24.07.2002) - durch die Katarakt-Operation die Kurzsichtigkeit am rechten Auge praktisch aufgehoben, wodurch sich optisch eine größere Abbildung als zuvor auf der Netzhaut ergab (Emmetropisierung). Vor diesem Hintergrund sind die von den Dres.Prof.Dr.S. bzw. Dr.K. erhobenen, einen Anspruch auf Blindengeld für den Zeitraum vom 01.12.1999 bis 01.02.2002 ausschliessenden Visuswerte bei Frau J. N. nachvollziehbar. Der Senat stimmt der Wertung des Beklagten und des Sozialgerichts Landshut auch insoweit zu, als die Nichtmeldung der Kataraktoperation am 23.11.1999 als jedenfalls grob fahrlässiges Verhalten der verstorbenen Frau J. N. anzusehen ist. Nach Auffassung des Senats hat - wie dargelegt - die Kataraktoperation vorübergehend bis Januar 2002 zum Wegfall des Vorliegens von Blindheit von Frau J. N. geführt. Frau J. N. war auch sehr wohl die Bedeutung der Kataraktoperation bewusst, die mit dem Ziel der Besserung ihrer Sehfähigkeit am rechten Auge durchgeführt wurde und zur Überzeugung des Senats auch zu einer vorübergehenden Besserung der Sehfähigkeit des rechten Auges geführt hat. Die Möglichkeit einer Kataraktoperation am rechten Auge zur Besserung der Sehfähigkeit war mit der Klägerin bei der Untersuchung durch Dr.K. am 24.08.1999 eingehend besprochen worden.

Schließlich weisen auch die Dres.Prof.S. und Kollegen in dem Schreiben an den Senat vom 14.02.2006 darauf hin, dass die Katarakt-Operation bei Frau J. N. am 23.11.1999 zu einer geringen, aber für die Patientin doch spürbaren Verbesserung der Sehfähigkeit am rechten Auge geführt hat.

Hinzu kommt, dass Frau J. N. bereits im Erstbewilligungsbescheid vom 13.01.1992 ausdrücklich darauf hingewiesen wurde, dass jede Besserung des Augenleidens z.B. durch eine Operation unverzüglich dem Beklagten zu melden ist. Auch in den regelmäßigen Anpassungsbescheiden (vom 06.06.1993, 06.06.1994, 06.06.1998, 06.06.1999, 06.06.2000 und 06.06.2001), den Nachprüfungsfragebögen und den Fragebögen wegen der Lebens- und Aufenthaltsbescheinigung wurde Frau J. N. jeweils darauf hingewiesen, dass sie jede Änderung in den Verhältnissen, die für die Zahlung von Blindengeld maßgeblich sind, unverzüglich dem Beklagten anzeigen muss. Gleichwohl hat der Ehemann A. N. erst am 28.08.2001 beim Beklagten vorgesprochen und eine zudem falsche Angabe gemacht, nämlich dass Frau J. N. am 29.03.2001 am Auge operiert worden sei. Erst durch eine Nachfrage bei den Operateuren Dres.Prof. S. und Kollegen ergab sich der richtige Sachverhalt, wonach die Katarakt-Operation am rechten Auge von Frau J. N. bereits am 23.11.1999 stattgefunden hatte und sie zu der für 29.03.2001 vorgesehenen Katarakt-Operation am linken Auge ohne Angabe von Gründen nicht erschienen ist. Der Vortrag von Frau J. N. bzw. Herrn A. N. , Frau J. N. habe die Besserung der Sehfähigkeit am rechten Auge subjektiv nicht bemerkt, die Sehfähigkeit sei durch die Kataraktoperation schlechter geworden, ist zur Überzeugung des Senats eine reine Schutzbehauptung.

Schließlich ist auch die Jahresfrist gemäß § 48 Abs.4 in Verbindung mit § 45 Abs.4 Satz 2 SGB X eingehalten. Gemäß § 45 Abs.4 Satz 2 SGB X muss die Behörde den Verwaltungsakt innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen zurücknehmen, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigten. Die den Beginn der Jahresfrist bestimmende Kenntnis ist dann anzunehmen, wenn mangels vernünftiger, objektiv gerechtfertigter Zweifel eine hinreichende sichere Informationsgrundlage bezüglich sämtlicher für die Rücknahmeentscheidung notwendiger Tatsachen besteht. Hierbei ist hinsichtlich der erforderlichen Gewissheit über Art und Umfang der entscheidungserheblichen Tatsachen in erster Linie auf den Standpunkt der Behörde bzw. des zuständigen Sachbearbeiters abzustellen, es sei denn deren sichere Kenntnis liegt bei objektiver Betrachtung bereits zu einem früheren Zeitpunkt vor (vgl. BSG, SozR 3-1300 § 45 Nr.42). Dabei wird die erforderliche Kenntnis regelmäßig nicht vor einer Anhörung vorhanden sein (vgl. BSG, SozR 3-1300 § 45 Nr.27).

Vor diesem Hintergrund hat der Beklagte für den Beginn der Jahresfrist zu Recht auf den 21.01.2003 abgestellt, so dass der Rücknahmebescheid vom 26.02.2003 die Jahresfrist ohne weiteres wahrt. Der Ehemann der Klägerin hat - wie schon dargestellt - erst am 28.08.2001 und zudem inhaltlich falsch mitgeteilt, dass seine Ehefrau J. N. am 29.03.2001 operiert worden sei. Daraufhin wurden Befundberichte der Dres.Prof.S. u.a. vom 05.09.2001 und 07.11.2001 beigezogen und eine augenärztliche Untersuchung durch den Augenarzt Dr.K. am 27.09.2001 veranlasst. Zusammenfassend wurden die Unterlagen mit versorgungsärztlicher Stellungnahme vom 06.12.2001 ausgewertet. Als Ergebnis war festzustellen, dass Frau J. N. bereits am 23.11.1999 am rechten Auge operiert worden war und ab 26.11.1999 nicht mehr von Blindheit ausgegangen werden konnte. Mit Schreiben vom 24.01.2002 wurde J. N. zur beabsichtigten rückwirkenden Entziehung des Blindengeldes angehört. Hierzu haben Frau J. N. und ihr Ehemann in einer persönlichen Vorsprache beim Beklagten und mit einem am 04.03.2002 beim Beklagten eingegangenen Schreiben Einwendungen erhoben. Daraufhin hat der Beklagte weitere Ermittlungen durchgeführt (aktueller Befundbericht der Augenärzte Dres. B.). Die anschließende geplante Untersuchung durch den Augenarzt Dr.M. verschob sich wegen Erkrankung von Frau J. N. auf den 24.07.2002, wobei Dr.M. am 04.12.2002 eine ergänzende Stellungnahme abgab. Die abschließende Stellungnahme des Dr.M. nach Auswertung aller Unterlagen am 21.01.2003 ergab, dass Blindheit ab Februar 2002 bei Frau J. N. wieder gegeben war. Insgesamt ist festzustellen, dass der Beklagte das Vorliegen bzw. Nichtvorliegen von Blindheit bei Frau J. N. sehr eingehend überprüft hat, was auch durchaus einen langen Zeitraum in Anspruch genommen hat. Es ist jedenfalls nicht zu beanstanden, wenn der Beklagte erst auf der Grundlage der versorgungsärztlichen Stellungnahme des Dr.M. von einer hinreichenden Kenntnis von Anfang und Ende des Aufhebungszeitraumes ausging. Auch der Bescheid des Beklagten vom 26.02.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.08.2003, mit dem der Beklagte Frau J. N. für den Zeitraum 01.12.1999 bis 31.01.2002 den Anspruch auf das Merkzeichen "BL" aufgehoben hat, ist nicht zu beanstanden.

Dem jetzigen Kläger D. N. fehlt es diesbezüglich bereits an der Aktivlegitimation. Der Kläger kann keinen Anspruch auf Feststellung des Merkzeichens "Bl" geltend machen bzw. sich gegen die Aberkennung des Merkzeiches "Bl" zur Wehr setzen, denn ein Anspruch auf Feststellung gesundheitlicher Merkmale nach dem Schwerbehindertengesetz bzw. dem SGB IX erlischt mit dem Tod des Anspruchsinhabers und kann weder durch Erbrecht noch durch sozialrechtliche Sondervorschriften auf eine andere Person übergehen (vgl. hierzu BSG, SozR 3870 § 4 SchwbG Nr.4). Der Anspruch der J. N. auf Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen für das Merkzeichen "Bl" ist ein höchstpersönliches Recht, das eng und ausschließlich mit der Person der Erblasserin verbunden ist und deswegen nicht vererbt werden kann. Abgesehen davon wurde die Feststellung des Vorliegens des Merkzeichens "Bl" für den Zeitraum 01.12.1999 bis 31.12.2002 durch Bescheid vom 26.02.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.08.2003 in rechtlich nicht zu beanstandender Weise aufgehoben. Die Ausführungen zur Aufhebung des Anspruches auf Blindengeld - insbesondere zur wesentlichen Änderung, grob fahrlässigen Verletzung der Mitwirkungspflicht, Einhaltung der Jahresfrist - gemäß § 48 Abs.1 Satz 2 Nr.2, Abs.4 SGB X i.V.m. § 45 Abs.4 Satz 2 SGB X gelten entsprechend.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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